Die Diversifizierung von Bibliotheksdienstleistungen als Überlebensstrategie

von Dr. Rafael Ball

Die personelle und finanzielle Krise im deutschen Bibliothekswesen stellt viele Einrichtungen vor die Alternative, die Konzentration auf das Kerngeschäft oder die Ausweitung der bibliothekarischen Arbeitsfelder zu betreiben. Die Entscheidung für eine der beiden Überlebensstrategien hängt von rechtlichen, organisatorisch-strukturellen, personellen und politischen Faktoren ab. Im nachfolgenden Beitrag werden Beispiele genannt, die die Bibliothek als vielfältiges Dienstleistungszentrum einer wissenschaftlichen Einrichtung ausweisen. Es wird gezeigt, daß die Erweiterung und die Diversifizierung von bibliothekarischen Arbeitsfeldern ein sinnvoller Weg ist, das Überleben einer Bibliothek als attraktive, zukunftsträchtige und innovative Dienstleistungseinrichtung zu sichern.

Due to the personnel and financial crisis in German libraries, many institutions are confronted with the alternative of either concentrating on their core business or expanding their fields of library activities. The decision in favour of one of the two survival strategies is dependent on legal, organizational and structural, personnel, and political factors. In the following presentation, examples are given which characterize the library as a diversified service centre of a scientific institution. It will be shown that the expansion and diversification of library activities is an appropriate way to ensure the survival of a library as an attractive, forward-looking and innovative service facility.

Résumé

A cause de la crise financière et la crise de personnel des bibliothèques allemandes beaucoup d'entre elles sont confrontées à l'alternative de se concentrer sur leurs activités principaux ou d'élargir leurs domaines d'activité bibliothécaire. La décision en faveur de l'une ou l'autre des deux stratégies de survie dépend de facteurs juridiques, organisateurs et structurels, politiques et de personnel. L'article qui suit donnera des exemples montrant la bibliothèque d'une institution scientifique en tant que centre de prestations de services variés. Il démontrera que l'expansion et la diversification des domaines bibliothécaires sont un moyen judicieux pour assurer la survie d'une bibliothèque en tant qu'institution prestataire de services attractive, innovative et pleine d'avenir.

1. Einleitung

Die finanzielle Krise und die behauptete oder tatsächliche strukturelle Orientierungslosigkeit im deutschen Bibliothekswesen ist seit vielen Jahren hinlänglich bekannt und ausführlich beschrieben worden(1). Es bedarf kaum der Erwähnung oder näheren Erläuterung, daß durch die massiven Sparmaßnahmen der Kommunen, der Länder und des Bundes das Bibliothekswesen im besonderen Maße betroffen ist. So sind es "vor allen die Ökonomien des Mangels (die auch im Westen zunehmend den Bildungs- und Kulturbereich beherrschen), die - sekundiert von Desinteresse der Politiker und Administratoren - die bestehenden Bibliotheken in ihrer Existenz bedrohen..."(2). Auch der Wunsch nach größerer Vernetzung und besserer Koppelung der Informationsversorgung und der Kooperation der Bibliotheken in Deutschland ist ein zentraler Diskussionspunkt(3). Ebenso stehen die Probleme im Umgang mit den neuen Medien und ihre Integration in die bisherigen traditionellen Aufgaben und Dienstleistungen vor dem Hintergrund der problematischen Finanzsituation zur Diskussion. In dieser Situation (die ausführlich von anderen beschrieben worden ist) stellt sich für sehr viele Bibliotheken die entscheidende Frage: Wie kann das Überleben gesichert, wie kann die Legitimation der eigenen Existenz und des Bestandes erbracht werden und was ist zu tun, um mit Finanzproblemen und Medienkrise sinnvoll umzugehen? Durch die in bibliothekarischen Bereichen häufig anzutreffende "Kultivierung der Bescheidenheit" sind die vielfältigen Herausforderungen sicher nicht zu meistern. Ist die Diversifizierung von Dienstleistungen, die Risikostreuung also, oder doch besser die Konzentration auf das Kerngeschäft, die Mittelkonzentration, der richtige Weg für die Zukunft?(4)

Der folgende Beitrag möchte zum einen den Status-Quo referieren und die bisherigen Kernaufgaben der Bibliotheken kurz erläutern, die rechtlichen Grundlagen der verschiedenen Bibliothekstypen skizzieren und dann die Diversifizierung von Dienstleistungen in wissenschaftlichen Bibliotheken als mögliche Erweiterung des bisherigen Kerngeschäfts vorstellen. Dem Autor ist selbstverständlich bewußt, daß es in Zeiten besonderer Schwierigkeit für das deutsche Bibliothekswesen keine Patenrezepte gibt. Immer wird es spezielle Lösungen für spezielle Situationen unter konkreten Bedingungen geben müssen. Dennoch soll der nachfolgende Beitrag ermuntern, durch die Ausweitung des Service, durch Innovation, durch Ideenreichtum und durch das bewußte eingehen von kalkulierbaren Risiken, die Leistungsfähigkeit und Zukunftsrichtigkeit von Bibliotheken und ihren Dienstleistungen für Wissenschaft und Forschung, also mithin für die Gesellschaft, unter Beweis zu stellen.

2. Rechtliche Grundlagen von Bibliotheksarbeit und das Kerngeschäft der Bibliotheken.

Verschiedene Unterhaltsträger und rechtliche Zuständigkeiten für Bibliotheken entscheiden mit über die zentralen Aufgaben und potentiellen Dienste der jeweiligen Einrichtungen(5). Sind die Unterhaltsträger öffentlicher Bibliotheken etwa Kommunen, Landkreise oder Zweckverbände, handelt es sich bei den entsprechenden Einrichtungen um öffentliche Bibliotheken (Typ Bücherei) oder um wissenschaftliche Stadtbibliotheken (Typ historisch-landeskundlich orientierte Bibliothek). Häufig sind die Länder Träger öffentlicher Bibliotheken. So bei den Landesbibliotheken (Bibliotheken mit bibliothekarischen Landesaufgaben, etwa in Baden-Württemberg und Bayern), bei den Hochschulbibliotheken mit ihren jeweiligen spezifischen Aufgaben für die Hochschule und bei einigen Spezialbibliotheken mit entsprechenden Spezialbeständen und -funktionen. Der Bund ist in Deutschland nur Träger von wenigen bibliothekarischen Einrichtungen, etwa der Deutschen Bibliothek in Frankfurt und Leipzig oder der Bibliothek des Deutschen Bundestags. Bund-Länderfinanziert sind die Staatsbibliothek zu Berlin Preussischer Kulturbesitz (als Stiftung), die zentralen Fachbibliotheken und das DBI (Deutsche Bibliotheksinstitut), das nach der Evaluation durch den Wissenschaftsrat nun vor einer neuen Finanzierung steht(6). Selbstverständlich können auch natürliche Personen Träger von Bibliotheken sein (so etwa bei Fürstenbibliotheken oder anderen Privatbibliotheken), und juristische Personen des privaten Rechtes (Firmen, Vereine und Stiftungen).

Je nach Unterhaltsträger und finanzieller Förderung haben die Bibliotheken unterschiedliche, nur teilweise gesetzlich geregelte Aufgaben zu erfüllen. Dennoch ist die Unterhaltung von Bibliotheken eine freiwillige kulturelle Leistung und in keiner Weise staatlich vorgeschrieben oder gesetzlich verankert, im Gegensatz zu Archiven etwa, die einen gesetzlichen Auftrag zu erfüllen haben(7). Allgemeine Aussagen zur Rechtsstellung von Bibliotheken werden meist nur im Bezug auf die wissenschaftlichen Bibliotheken der Hochschulen gemacht. Hier gibt es nur im Rahmen der einzelnen Landeshochschulgesetze und des erlassenen Hochschulrahmengesetzes Rechtsvorschriften und Bestimmungen für die Stellung von Bibliotheken(8). Da Hochschulbibliotheken zudem überwiegend nicht Lehre und Forschung betreiben, können sie sich nicht auf das Grundrecht der Freiheit von Forschung und Lehre berufen. Das bundeseinheitliche Hochschulrahmengesetz läßt überdies das Bibliothekswesen weitgehend ungeregelt. Somit ist die Organisation der wissenschaftlichen Hochschulbibliotheken im wesentlichen eine Ländersache.

Eine gemeinsame Grundtendenz ist jedoch, die Gesamtbibliothek, d. h. die Einheit von Zentral- und Teilbibliotheken, als Betriebseinheit der jeweiligen Hochschule zu sehen. Eine Betriebseinheit ist im Verwaltungsrecht eine Ansammlung von Personen, Sachen oder Mitteln für bestimmte Zwecke ohne eigene Rechtsfähigkeit. Dennoch entscheiden die Betriebseinheiten selbständig über die Verwendung der wissenschaftlichen, künstlerischen und sonstigen Mitarbeiter und Mittel. In den allermeisten Bundesländern gilt also das gesamte Bibliothekswesen einer Hochschule als zentrale Einrichtung, die über die Verwendung der von der Hochschule bereitgestellten sachlichen und personellen Mittel autonom entscheidet(9). Die Frage der Diversifizierung von Bibliotheksdienstleistungen als strategische Entscheidung einer Betriebseinheit muß daher auf der Grundlage der rechtlichen Rahmenbedingungen der jeweiligen Bibliothek gestellt werden.

Nicht jede Einrichtung ist in der Lage, selbständig und autonom über die Ausweitung des Service und der Diversifizierung ihrer Aufgaben zu entscheiden. Andererseits gibt ihr die häufig wenig genaue und detaillierte Aufgaben- und Zielbeschreibung der Bibliotheksarbeit ausreichend Handlungsspielraum, die Grenzen bibliothekarischen Tuns nach eigenen Vorstellungen auszuweiten. Die rechtlichen Rahmenbedingungen werden also in den seltensten Fällen ein Hindernis für die Innovationsfreudigkeit bibliothekarischer Einrichtungen und ihrer Dienste sein.

3. Konzentration auf das Kerngeschäft versus Diversifizierung von Dienstleistungen

3.1 Traditionelle Kernaufgaben von Bibliotheken

Wer von Kernaufgaben der Bibliotheken spricht, muß sich zunächst einmal darüber im klaren sein, wie groß die Vielfalt von verschiedenen Bibliothekstypen sein kann. Evert und Umstätter verzeichnen in ihrem Lehrbuch der Bibliotheksverwaltung allein 72 verschiedene Termini(10). Das mag verdeutlichen, wie unterschiedlich Bibliotheken strukturiert sind und welche verschiedene Aufgaben sie erfüllen. Primär haben Bibliotheken zunächst diejenigen Aufgaben zu erfüllen, die ihnen ihr jeweiliger Unterhaltsträger vorschreibt. Dies ist bei Hochschulbibliotheken vernehmlich die Literatur- und Informationsversorgung für Angehörige der Hochschule in Forschung und Lehre, bei öffentlichen Bibliotheken die informationelle Grundversorgung der Bevölkerung der jeweiligen Kommune und bei Spezialbibliotheken sind es meist besondere Zielvereinbarungen, die die Bibliotheken etwa als Infrastruktureinrichtungung oder Forschungsbibliothek zu erfüllen haben. Dennoch lassen sich einige Kernaufgaben und traditionelle Bereiche definieren, die eine Bibliothek charakterisieren, wenn eine Einrichtung sich denn als solche bezeichnen kann.

Lange noch bevor der Informationsbegriff Einzug in die Diskussion um Bibliotheken gehalten hat, läßt sich die traditionelle Aufgabe einer Bibliothek beschreiben als Aufbau, Pflege, Aufbereitung und Benutzbarmachung eines Literaturbestandes für die einer Bibliothek zugeordneten Benutzer. Dabei handelt es sich (noch) im wesentlichen, und hier mögen mir all jene verzeihen, die einen umfangreichen Diskurs über die mediale Vielfalt von Bibliotheken erwartet haben, um einen Bestand von Monographien, Serien und Zeitschriften in gedruckter Form. Von der Erfüllung dieser zentralen Kernfunktion lassen sich einige Arbeitsbereiche ableiten, die die Realisierung der Kernfunktionen ermöglichen. Die klassische, dreigliedrige Strukturierung von Bibliotheken in Erwerbung, Katalogisierung und Benutzung gibt dieses Bild wieder und soll im nachfolgenden kurz erläutert werden.

3.1.1 Bestandsbildung, Bestandserhaltung und Erwerbung

Die Konstitution und die laufende Erweiterung eines Bibliotheksbestandes ist das zentrale Ziel der Erwerbung. Dabei ist es gleichgültig, ob die Erwerbung der Literatur einer Bibliothek durch Kauf, Geschenk, Tausch oder in anderer Form vollzogen wird. Die dabei anfallenden Teilarbeitsgebiete sind im wesentlichen identisch. Zu ihnen gehören die Auswahl der Literatur, die Bestellung, Lieferkontrolle und Inventarisierung des erworbenen Materials. Die fachliche Auswahl der Literatur ist dabei bestimmt von der Art der Bibliothek, ihrer Größe, ihrer rechtlichen Grundlage (und damit von ihrem Auftrag), der zugeordneten Benutzergruppe und der möglichen fachlichen Eingliederung in Sondersammelgebiete. Die fachliche Auswahl der Literatur wird entweder durch Wissenschaftler der Fachbereiche oder durch Fachreferenten geleistet.

3.1.2 Katalogisierung

Nachdem die Literatur ausgewählt, bestellt und geliefert worden ist und nachdem das entsprechende Material inventarisiert und damit als Eigentum der Bibliothek gekennzeichnet ist, kann die Aufnahme in den Katalog als Nachweis für den Benutzer erfolgen. Die traditionelle Dreigliederung der Bibliotheken in Erwerbung, Katalogisierung und Benutzung trennt die Katalogisierung als eigenen großen Arbeitsbereich ab. Es wird jedoch zunehmend überlegt, ob nicht die bereits im Rahmen der Erwerbung erstellten Bestellkatalogisate als endgültige Katalogisate umgewandelt für die Benutzerbedürfnisse ausreichend sind. Überdimensionierte Katalogisierungsabteilungen könnten dann geschlossen werden. Moderne, fortschrittliche Bibliotheken haben diesen Schritt bereits vollzogen und Erwerbung und Katalogisierung zu einer Abteilung verschmolzen. Dennoch ist die Katalogisierung ein sehr wichtiger Schritt als Schnittstelle zwischen bibliotheksinterner Verfahrensweise mit Literatur und dem Zugriff der Benutzer auf die vorhandenen Bestände. Die Katalogisierung ermöglicht das Wiederauffinden der Literatur durch die Benutzer und liefert zugleich eine sachliche und fachliche Erschließung der Materialien.

Aber das Erheben und der Eintrag von Budgetdaten in die Bestellkatalogisate wird zunehmend wichtiger, um Entscheidungsträgern Controlling-Daten liefern zu können. D. h., Informationen zu Ausgaben, Zuordnung, Fachbereichen, Literaturart etc. für das betriebswirtschaftliche Controlling sind heute bereits wichtiger als formalbibliothekarische Eintragungen wie getrennte Paginierung, Einheitssachtitel und weitere formalistische Verrenkungen. Es wurde bereits erwähnt, daß die Katalogisierung in eine formale Katalogisierung und eine sachliche, inhaltliche Erschließung unterschieden wird. In den meisten Bibliotheken erfolgt die Formalerschließung durch bibliothekarische Fachkräfte (Diplombibliothekare, Assistenten), während die sachliche, inhaltliche Erschließung durch sogenannte Fachreferenten betrieben wird, ehemalige Wissenschaftler, die im Bibliotheksbetrieb Literatur ihrer Fachgebiete bearbeiten(11).

3.1.3 Benutzung

Im Benutzungsbereich wird nun deutlich, wie gut die Bestände einer Bibliothek wirklich erschlossen sind. Hier ist die Schnittstelle zwischen Bibliothek und Benutzer, hier wird klar, ob die Auswahl der Literatur richtig war, ob die formale und sachliche Erschließung hinreichend und den Bedürfnissen der Benutzer entsprechend ist und ob die Maßgaben der Benutzerfreundlichkeit ausreichend beachtet worden sind. Nichts ist deprimierender und frustrierender, als ein hervorragender Bibliotheksbestand, der durch eine falsche Erschließung und benutzerunfreundliche Kataloge derart verschlüsselt und unbenutzbar geworden ist, daß er zum Selbstzweck formalbibliothekarischer Autisten verkommen ist. Auch in der Benutzung gibt es mehrere Aufgaben- und Funktionsbereiche zu unterscheiden. so sind die Präsenzbenutzungsbereiche, z. B. die Lesesäle, in denen Literatur nicht ausgeliehen, sondern nur vor Ort benutzt werden kann, Informationsschalter, in denen die Benutzer Auskünfte zu und über Literatur erhalten, sowie die Magazinbereiche, in denen die Literatur verwahrt und nach entsprechenden, sehr unterschiedlichen Bestell- und Liefermodalitäten an den Benutzer ausgeliehen werden kann. Weitere Unterscheidungen und Einzelheiten wollen wir uns hier ersparen.

3.2. Zukünftige Aufgaben und innovative Dienstleistungen in Bibliotheken

Die kontinuierliche Veränderung des bibliothekarischen Umfeldes in Forschung, Wissenschaft und Gesellschaft zwingt auch das Bibliothekswesen zu fortwährender Veränderung. Zwar hat es den Anschein (und es wird vielfach behauptet), daß gerade Bibliotheken wenig veränderungsfreudig oder sogar veränderungsfähig seien, doch wenn man die Entwicklung bibliothekarischer Strukturen, Arbeitsweisen und Hilfsmittel ansieht, kann diese Behauptung eindeutig widerlegt werden. Einen jüngsten, deutlichen Innovationsschub verursachte die Digitalisierung von Informationen. Neben das gedruckte Informationsmedium (bzw. dessen photomechanische Äquivalente wie Microfiche, Mikrofilm und Mikrokarte) treten Informationen in elektronischer Form. Und es ist eine Selbstverständlichkeit, daß Bibliotheken auf diese Veränderungen reagieren und reagieren müssen. Wenn nicht mehr Zeitschriften gekauft, sondern e-journals geleast werden, wenn nicht mehr Bücher inventarisiert, sondern CD-ROMs installiert werden müssen, wenn nicht mehr das Eintragen auf Katalogkarten, sondern die sachliche Erschließung in elektronischen Bibliothekssystemen erfolgt, dann haben sich Bibliothek und Bibliotheksarbeit grundlegend gewandelt. Auch Bibliotheken, mögen sie noch so traditionsbewußt sein, werden auf heutige Herausforderungen nicht mehr mit Methoden und Mitteln von vor 30 Jahren reagieren. Damit sind Bibliotheken zwar noch nicht innovativ (schon gar nicht proaktiv), dennoch sind sie zeitgemäß. Die Veränderungen von Arbeitsprozessen, Techniken und Verhaltensweisen ist in Bibliotheken in den meisten Fällen eine reine Reaktion auf die sich verändernde Umwelt.

Deutlich davon zu unterscheiden ist Innovation als Aktion, als Agieren, als proaktives Verhalten, als Vorwegnehmen von Entwicklungen und Erschließen neuer Arbeitsfelder. Hier allerdings gibt es im Bibliotheksbereich erst wenige positive Beispiele. Noch wird zu wenig gedacht, zu wenig ausprobiert, noch sind Entscheidungsträger zu risikoscheu. Im Nachfolgenden sollen künftige Aufgaben und innovative Dienstleistungen in Bibliotheken als Diversifizierung des Bibliotheksservice diskutiert und als möglicher Ausweg aus der Krise aufgezeigt werden.

3.2.1 Innovation als Reaktion

Immer wieder wird Bibliotheksarbeit als maßnehmend und selten oder gar nicht als maßgebend erfahren. Man reagiert auf die Herausforderung der Zeit, auf die Anforderungen der Benutzer, auf die Vorgaben der Unterhaltsträger, auf die Möglichkeiten der Technik. Was getan wird, um diese Maßgaben zu erfüllen, ist gut und nicht schlecht. Man verändert dabei die Bibliothek kontinuierlich, strukturiert um, schafft neue Möglichkeiten, Leistungen und gar Bibliotheken. Doch diese Geschäftigkeit darf nicht darüber hinwegtäuschen, daß dieses Handeln Reaktion auf die Umwelt ist, daß es selten von Bibliotheken ausgeht, sondern daß es ein bloßes Nachlaufen , ein Reagieren also, auf die veränderten Rahmenbedingungen bedeutet. Wichtigster Punkt sind hierbei die neuen Medien. Am Übergang von der elektronischen über die digitale zur virtuellen Bibliothek(12) beschreibt etwa Thomas Hapke die Bibliothek der Zukunft und das Handling der elektronischen Zeitschriften(13). Auch die Neugestaltung der informationellen Prozeßkette von Autor, Verlag, Buchhandlung oder Agentur und Bibliothek ist Anlaß für Innovationsfreudigkeit in Bibliotheken.

Die Neudefinition dieser Informationskette, als digitale Herausforderung empfunden, wird häufig mit der Forderung "Partnerschaften zwischen den Akteuren" begründet(14). Dabei werden auch neue Formen der Informationsversorgung durch den Zusammenschluß und die Neuverteilung von Teilnehmern dieser Kette entstehen. Das Zusammenspiel von Wissenschaftlern, Verlagen und Bibliotheken sowie Informationsvermittlungsstellen ist dabei ein Zentralpunkt. Dabei könnte die Kooperation von wissenschaftlichen Fachgesellschaften und Bibliotheken künftig neue Schwerpunkte setzen. Man denke nur etwa an die Global-Info-Initiative des BMBF(15). Bei einer Umfrage an amerikanischen Universitätsbibliotheken wurden folgende wenige Punkte als künftige Aufgaben bibliothekarischer Tätigkeit herauskristallisiert(16):

- Die Transparenz der Erwerbungspolitik für alle an der Informationskette Beteiligten,

- die Steigerung der Erwerbung elektronischer Medien,

- der Ausbau von Bibliothekskonsortien zur Beschaffung elektronischer Medien,

- die Lösung des Archivproblems digitalisierter Information und

- die Substitution von Printholdings durch die Versorgung via Document Delivery.

Bereits 1986 betonte Hermann Havekost von der Universitätsbibliothek Oldenburg die Bedeutung eines integrierten Informationssystems aller Informationsträger der Hochschule als künftiges Ziel bibliothekarischer Anstrengungen(17). Zu einem sehr ähnlichen Ergebnis kam die Expertengruppe, die der Ministerpräsident von Baden-Württemberg nach Beratungen mit Präsidenten und Rektoren der Universitäten 1987 mit der Erstellung eines Konzeptes für die künftige Bibliotheksarbeit beauftragt hatte(18). Auch dort wird betont, was bereits Havekost aus Oldenburg herausgearbeitet hatte. " Das Ziel dabei muß sein, die mannigfaltigen und größtenteils autonomen Entwicklungen bezüglich Informationskanälen und Informationsquellen so zu steuern und deren Ergebnisse so zu verknüpfen, daß ein einheitliches, effektives und für den einzelnen Wissenschaftler transparentes Informations- und Dokumentliefersystem entsteht"(19). Die gleiche Untersuchung unterstreicht, daß von der Bibliothek ein großer Teil von neuen Dienstleistungen durch funktionelle Erweiterung der Institution kostengünstig und wirksam übernommen werden könne.

Die in der Zusammenfassung genannten zukünftigen Aufgabenbereiche einer Hochschulbibliothek besitzen eine überraschende Aktualität(20). Neue Medien und neue Techniken erfordern allerdings auch häufig neue Organisationsformen. Die alte klassische Dreigliederung wie oben beschrieben ist für viele Bereiche moderner Bibliotheksarbeit nicht mehr geeignet. "Die bisherige Trennung zwischen Buchbearbeitung und Benutzung oder zwischen EDV-Abteilung und Benutzung wird sich aufheben"(21).

Die Beispiele für künftige Bibliotheksarbeit als innovative Reaktion auf sich verändernde Umgebungen ließe sich beliebig fortsetzen. Ob es nun der World-Kat, also der Weltkatalog an Nachweisen ist, den der scheidende Präsident von OCLC als "Traum- und Superziel" bibliothekarischer Anstrengung vorstellt(22), oder ob es so wichtige und bedeutende Maßnahmen wie die Konservierung und die Restaurierung von alten und vom Verfall bedrohten Buchbeständen sind, die so leicht bei der Euphorie um elektronische Medien vergessen werden(23), all diese Aktivitäten sind wichtige und wertvolle bibliothekarische Routinearbeiten, können aber nicht als innovatives Element bibliothekarischer Serviceerweiterung verstanden werden.

3.2.2 Innovationen als Aktion

Von den oben genannten innovativen Aktivitäten bibliothekarischer Leistungen in Form von Reaktionen auf veränderte Rahmenbedingungen unterscheiden die sich im nachfolgend skizzierten Innovationen als Aktion grundsätzlich. Aktive, agierende Innovationen und Erweiterungen bibliothekarischer Leistungsangebote reagieren nicht auf unmittelbare Veränderungen der Umgebung. Bestenfalls sind sie eine Antwort auf mittelbare gesellschaftlich-politische, großräumige Veränderungen. Vor diesem Hintergrund sind Aktionen immer proaktiv gestaltete Aktivitäten, die niemals einem Trend gerecht zu werden versuchen, sondern immer antizipatorisch(24) wirken. Sie sind, um in der Analogie der oben genannten Diktion zu bleiben, nicht maßnehmend am Gegebenen, sondern maßgebend für anderes. Somit sind innovative Aktionen bibliothekarischen Handelns immer proaktive Neuerungen, die mit Einfaltsreichtum und bewußtem Eingehen von Risiken einhergehen.

Nachfolgend seien einige Beispiele für die Übernahme weiterer infrastruktureller Dienstleistungen im Wissenschaftssektor genannt:

- die Integration des Übersetzungs- und Sprachendienstes einer Hochschule oder Forschungseinrichtung in den organisatorischen und strukturellen Verantwortungsbereich der Bibliothek,

- die Übernahme von Verlagsfunktionen durch eine Bibliothek (Beispiel Universitätsbibliothek Oldenburg)(25),

- die Etablierung eines proof-readings für wissenschaftliche Manuskripte,

- die Organisation und feste Installierung von Ausstellungen und Vorträgen in der Alleinverantwortlichkeit der wissenschaftlichen Bibliotheken,

- die Etablierung eines neues Erwerbungsmanagements unter Einbeziehung von Lieferanten und Document-Delivery-Systemen,

- die Ausgründung von Funktionsbereichen unter Mitarbeiterbeteiligung,

- die Etablierung neuer Sammelgebiete, etwa die Integration von Softwaresammlungen in den Bestand einer Bibliothek(26),

- die Übernahme von Archivdiensten durch den Bibliotheksbereich,

- die Erschließung von Archivmaterialien und die Bereitstellung von Findbüchern und Datenbanken,

- die Etablierung eines Dossierdienstes für Geschäftsführung bzw. Hochschulleitung und deren politische und historische Fragestellungen,

- das Führen einer Publikationsdatenbank aller Mitarbeiter einer Einrichtung(27),

- die Übernahme von teilqualitativer und quantitativer Bewertung von Publikationsverzeichnissen bei Berufungen oder Einstellungen.

Beispiele für öffentliche Bibliotheken seien hier am Rande erwähnt(28). Weitere Neuerungen könnten im Bereich proaktiven Handelns die komplette Umgestaltung der Rechtsform einer Bibliothek sein. Durch die Umwandlung in eine privatwirtschaftlich organisierte GmbH aus eigener Initiative könnten sich manche Bibliotheken, sofern sie dies im Rahmen ihrer gesamtrechtlichen Integration in das entsprechende vorhandene Bildungssystem ermöglichen können, neue Formen, Möglichkeiten und Perspektiven eröffnen(29).

4. Voraussetzung und Bedingungen für die Diversifizierung von Dienstleistungen

Die Ausweitung bibliothekarischer Arbeitsfelder kann natürlich nicht in einer ad-hoc-Entscheidung beschlossen werden. Wichtige Voraussetzungen und Bedingungen müssen für die Realisierung erweiterter Dienstleistungen im Bibliotheksbereich gegeben sein:

- rechtliche Voraussetzungen:
wie bereits im Kapitel 2 angesprochen, kann nur im Rahmen der jeweils gültigen, rechtlich-gesetzlichen Möglichkeiten eine Erweiterung von bibliothekarischen Arbeitsbereichen realisiert werden.

- organisatorische Voraussetzungen:
die Organisationsstruktur der betroffenen Bibliothek muß den erweiterten Dienstleistungen angemessen sein. Dies setzt flexible Strukturen, ein Mindestpersonal, entsprechendes Know-How und gute technische Rahmenbedingungen voraus(30) .

- Mitarbeiterqualifikation:
die Einführung neuer Arbeitsfelder und die Diversifizierung von Dienstleistungen geht vor allem (und fast ausschließlich), über eine verstärkte Motivation der Mitarbeiter. Ohne deren Einsatz und Engagement und ohne die Bereitschaft, Dinge über das bibliothekarische Kerngeschäft hinaus mit zu tragen, werden die besten Ideen und Ansätze keine Realisierung finden können und zum Scheitern verurteilt sein. Die Mitarbeiter müssen offen sein für Neues und eine positive Einstellung zu proaktivem Verhalten entwickelt haben(31).

Nur so werden sie mit neuen Bedingungen entsprechend engagiert und interessiert umgehen(32). Dabei hat die Mitarbeitermotivation nur bedingt mit der beschränkten Möglichkeit finanzieller Anreize im Rahmen des BAT für Bibliothekare zu tun. (Auf das weite und von vielen Seiten bearbeitete Feld von Motivationsfaktoren im Arbeitsprozeß soll hier nicht eingegangen werden). Dennoch ist es um die Mitarbeiterqualifikation in Deutschland nicht zum Besten bestellt. Dies zeigen viele Beispiele aus der Literatur. Denn es ist der Nachvollzug der veränderten Bedingungen innerhalb der bibliothekarischen Tätigkeit, der durch verbesserte Ausbildung, erweiterte Qualifikation und Fortbildung der Mitarbeiter geleistet werden muß. "Surfing the stacks in an electronic age" beschreibt die Veränderung der erforderlich werdenden beruflichen Qualifikation bibliothekarischer Mitarbeiter unter veränderten Rahmenbedingungen. Gleichzeitig warnt dieser Beitrag davor, der elektronisch-digitalisierten Welt nachzujagen und die bewährten und nach wie vor wichtigen (und unabdingbaren) Qualifikationen im Bereich traditioneller bibliothekarischer Arbeit zu vernachlässigen. "I worry about the loss of the reference skills I had so admired in my former colleague"(33). Eine Trennung von traditioneller, bibliothekarischer Ausbildung und der Qualifikation im Bereich elektronischer Medien sei weder sinnvoll noch wünschenswert. Die in der American Library Association für Ausbildung zuständige Kathleen de la Peña McCook, spricht sich deutlich gegen eine solche Veränderung in der Ausbildung aus(34).

Für die Realisierung aber von innovativen Aktionen zur Erweiterung bibliothekarischer Arbeitsfelder ist eine aktive Fortbildung erforderlich. Das dies nicht das bloße Erlernen von technischen Fertigkeiten beim Umgang mit dem Computer bedeutet, unterstreicht Barbara Jebwabsky: "Damit wird auch deutlich, daß bibliothekarische Fortbildung mehr meint als das Einüben neuer technischer Fertigkeiten bedingt durch die ständige Fortentwicklung von Technik und Computereinsatz in Bibliotheken"(35). Dennoch zeichnet Jebwabsky ein sehr düsteres Bild von der Fortbildung bibliothekarischer Mitarbeiter in Deutschland. Zu wenig, zu unqualifiziert und zu wenig koordiniert, sind die Kritikpunkte an den Fortbildungsangeboten. Und dies gerade, obwohl die Motivation zur Fortbildung bei den bibliothekarischen Mitarbeitern nach wie vor ungebrochen scheint. "Wir konnten feststellen, daß - trotz so mancher Erschwernis durch den Arbeitgeber - die Motivation unserer Mitglieder hoch ist, Energie, Zeit und Geld in ihre berufliche und persönliche Weiterentwicklung zu investieren"(36). Daß die bibliothekarische Grundausbildung nicht hinreicht für die vielfältigen Anforderungen im täglichen Beruf, zeigen Barth und Brugbauer. "Wenn heute eine erfolgreiche Berufsausübung bei sich laufend verändernden Rahmenbedingungen ein kontinuierliches, berufsbegleitendes Lernen voraussetzt, verliert die antizipatorische Fachausbildung zunehmend an Bedeutung gegenüber einer permanenten berufsbegleitenden Fortbildung"(37).

"Das umfangreichste Schulungsprogramm in der Geschichte des deutschen Bibliothekswesen..."(38), das die Berufsvereinigung deutscher Bibliotheksverbände vor dem Hintergrund der elektronischen Medien in Bibliotheken fordert, scheint also noch nicht angelaufen.

5. Zusammenfassung

Die personelle und finanzielle Krise als veränderte Rahmenbedingungen im deutschen Bibliothekswesen stellen viele Einrichtungen vor eine große Herausforderung. Legitimationsfragen und Rechtfertigungsdruck zwingen zur Alternative: Konzentration auf das Kerngeschäft oder Ausweitung der bibliothekarischen Arbeitsfelder. Die Entscheidung für eine der beiden Überlebensstrategien hängt von vielen Faktoren ab. So ist erstens die rechtliche Einbindung der Bibliothek und ein eventuell daraus resultierender gesetzlicher Auftrag zu beachten, zweitens muß die organisatorische und strukturelle Flexibilität der Einrichtung gewährleistet sein, drittens sollten Anzahl, Qualifikation und Motivation der Mitarbeiter für die Erweiterung der Arbeitsfelder hinreichend sein, und viertens muß die Leitungsebene der Bibliothek innovationsfreudig sein. Die Erweiterung von bibliothekarischen Arbeitsfeldern kann dabei als Reaktion auf die sich veränderte Umwelt erfolgen (Innovation als Reaktion); sie ist darin maßnehmend. Sie wird aber nur dann maßgebend sein können, wenn sie als Aktion, als Agieren und proaktives Handeln neue Dienstleistungsbereiche erschließt. Die wenigen genannten Beispiele zeigen, daß sich die Bibliothek als Dienstleistungszentrum einer wissenschaftlichen Einrichtung durchaus profilieren und durch ihre vielfältigen Aktivitäten gleich mehrfach innerhalb einer wissenschaftlichen Einrichtung verankern kann. Dasein und Daseinsberechtigung von Bibliotheken werden dann immer weniger in Frage zu stellen sein, ihr Überleben nicht nur gesichert, sondern ihre Dienste dringend und zwingend für den Wissenschaftsbetrieb notwendig werden. Die Erweiterung und Diversifizierung von bibliothekarischen Arbeitsfeldern ist ein sinnvoller Weg, die Zukunft einer Bibliothek als attraktive, zukunftsträchtige und innovative Dienstleistungseinrichtung zu sichern.

Anmerkungen und Literatur

(1) Man beachte nur den neuesten Bericht zur Etatsituation der wissenschaftlichen Bibliotheken 1997/98. (Griebel, Ralf; Tscharnatke, Ulrike: Etatsituation der wissenschaftlichen Bibliotheken 1997/87. In: ZFBB, 1998, 45, 6, S. 603-631)) oder die Preisindices für die wissenschaftliche Buchproduktion. (Reinhardt, Werner; Griebel, Ralf: Harrassowitz - Preisindex für die wissenschaftliche Buchproduktion 1996. In: Bibliotheksdienst, 1998, 32, S. 22-29)

(2) Raulff, Ulrich: Öffentliche Bibliotheken im neuen Europa. Vortrag in Budapest am 25. September 1997. In: Zeitschrift für Bibliothekswesen und Bibliographie, 1998, 45, Nr. 1, S. 51-58, hier S. 51)

(3) Konzepte zu virtuellen Fachbibliotheken und zum Sondersammelgebietsprogramm der DFG sind vor diesem Hintergrund zu sehen (Putz, Reinhard: SSG-Programm, virtuelle Fachbibliotheken und das Förderkonzept der DFG. In: Bibliotheken 1998, 22, Nr. 3, S. 303-308). Vgl. dazu auch: Deutsche Forschungsgemeinschaft: Weiterentwicklung der überregionalen Literaturversorgung. Memorandum. In: ZFBB, 1998(45), 2, S. 135-164). - Mittler, Elmar: Wissenschaftliche Bibliotheken in Deutschland - von der Kooperation zur Konkurrenz? In: AvH-Magazin 1997, 70, S. 3-12.

(4) Auf dem Kolloquium "Marketing und Controlling in wissenschaftlichen Bibliotheken", 1998 in Düsseldorf abgehalten, ist diese Frage gestellt, aber offensichtlich nicht ausführlich diskutiert worden. Eine Antwort, abgesehen von Einzelfallstudien, gibt Beate Tröger in ihrer Zusammenfassung des Kolloquiums nicht. (Tröger, Beate: Risikostreuung oder Mittelkonzentration? Marketing und Controlling in wissenschaftlichen Bibliotheken. In: Bibliotheksdienst 1998, 32, H. 12, S. 2086-2095).

(5) Grundsätzliche Beiträge zum Bibliotheksrecht und zur Rechtsstellung von Bibliotheken z. B. in: Bickelhaupt, Helmut: Bibliotheksrecht. - Frankfurt am Main: Stadt- und Universitätsbibliothek, 1975. (Studienhefte der Bibliotheksschule Frankfurt am Main; 8) oder in: Kirchner, Hildebert: Grundriß des Bibliotheks- und Dokumentationsrechts - 2., durchges. Aufl., - Frankfurt am Main: Klostermann, 1993.

(6) Vgl. dazu u. a.: Wissenschaftspolitische Stellungnahme zum Deutschen Bibliotheksinstitut (DBI) Berlin. Geschäftsstelle des Wissenschaftsrates, Drs. 3248/97, Köln 197, http://www.dbi-berlin.de/dbi_inf/wr/wr/stelnahm.html

(7) Wie in der Schweiz ist auch in Deutschland die Archivierung von Materialien gesetzlich geregelt. Die Ausweitung der Dienstleistungen von Archiven ist daher nur in engen (gesetzlichen) Grenzen möglich. Zwar bezeichnen inzwischen auch die Archivare ihre Arbeiten als Dienstleistungen, dennoch sind die "wesentlichen divergierenden Ziele der Archivare, Bibliotheken und Dokumentare" zu unterscheiden (Schöntag, Wilfried: Die Aktenerschließung am Beispiel des Staatsarchivs Luzern; VSA-Arbeitstagung ’96. In: Arbido, 1996, Vol. 11, Nr. 11, S. 14)

(8) Vgl. dazu: Gisela Evert, Walther Umstätter: Lehrbuch der Bibliotheksverwaltung. Stuttgart: Anton Hirsemann 1997, S. 125-126.

(9) Detaillierte Informationen über die Grundlagen der Rechtsstellung der Hochschulbibliotheken in den einzelnen Bundesländern finden sich in: Kremers, Hartwig: Rechtliche Grundlagen des Bibliothekswesen der wissenschaftlichen Hochschulen. In: Das Bibliothekswesen der wissenschaftlichen Hochschulen. Rechtliche, organisatorische und ökonomische Aspekte. Referate gehalten im Kurs III/9 des Fortbildungsprogramms für die Wissenschaftsverwaltung (Projekt im Rahmen des OECD-Hochschulverwaltungsprogrammes 1984 in Augsburg). Essen, 1984, S. 5-36.

(10) Gisela Evert, Walther Umstätter: a. a. O., S. 19

(11) Die traditionelle Funktion der Fachreferenten wird in zunehmenden Maße obsolet. Die Auswahl von Literatur geschieht schon jetzt in vielen Bibliotheken durch Buchhandlungen aufgrund exakter Profilangaben der Wissenschaftler. Auch die Bestellung von Literatur durch Wissenschaftler selbst bedarf keiner weiteren sachlichen Prüfung. Formalbibliothekarische Kontrollen, etwa auf mögliche vorhandene Dubletten, andere Ausgaben, Nachdrucke und andere Auflagen können von Diplombibliothekaren durchgeführt werden. Die traditionelle Schwerpunktaufgabe eines wissenschaftlichen Fachreferenten, die sachliche Erschließung von Literatur, wird immer weniger wichtig, da moderne elektronische Suchsysteme das Auffinden und Recherchieren von Literatur für die Benutzer auch ohne sachliche Erschließung erleichtern. Es stehen zudem weitere elektronische Systeme zur Verfügung, die durch automatisierte Indexierungssysteme und formalisierte Logiken intellektuelle Erschließungsarbeiten der Fachreferenten überflüssig machen. Auch die Entwicklung von Thesauri und von übergeordneten Suchsystemen und -systematiken ist im Zuge des Einsatzes moderner elektronischer integrierter Bibliothekssysteme obsolet geworden. (Vgl. dazu: Gödert, Winfried, Liebig, Martina: Maschinelle Indexierung auf dem Prüfstand. In. Bibliotheksdienst, 1997, 31, 1. S. 59-68 -Tröger Beate: Und wie halten Sie es mit der Internet-Erschließung? In: Bibliotheksdienst, 1998, 32, 11, S. 1922-1930)

(12) Griffin, Steven: Taking the initiative for digital libraries. In: The electronic library, Oxford, 1998, Vol. 16, Nr. 1, S. 24-27

(13) Hapke, Thomas: Elektronische Zeitschriften in der Bibliothek der Zukunft: In: Auskunft, Herzberg, 1995, Vol. 15, Nr. 2, S. 150-166

(14) Schmidt-Praul, Ingo Erik M: Die digitale Herausforderung der Buchwelt. Neue Allianzen und neue Rollen für Bibliotheken, Verlage und Buchhandlungen: In. 7. Deutscher Bibliothekskongreß, 87. Deutscher Bibliothekartag in Dortmund 1997. Von Gutenberg zum Internet. Frankfurt am Main, Klostermann 1997, S. 157

(15) s. dazu: HTTP//WWW.global-info.org/

(16) Fennessy, Eamon T.: Are you still keeping paper titles even if you have electronic access?. In: Against the Graine, Charleston, 1997, Vol. 9, Nr. 6, S. 69

(17) Havekost, Hermann: Genesis eines Bibliothekssystems. In: ABI-Technik, 1986, 6, Nr. 2, S. 85-90

(18) Die Informationssysteme der Universitäten in Baden-Württemberg; Gegenwärtige und zukünftige Aufgaben nach dem Einsatz neuer Medien und Techniken. In: Zeitschrift für Bibliothekswesen und Bibliographie.1987, Vol. 34 (4), S. 257-275

(19) Die Informationssysteme der Universitätsbibliotheken in Baden-Württemberg, a. a. O. S. 264

(20) Zusammenfassend definieren die Autoren der Expertengruppe folgende Aufgabenbereiche für eine Hochschulbibliothek: Erfassung, Bereitstellung und Bewertung von den an der Hochschule erstellten Informationen, eigene Forschungskooperationen, Erfassung von Forschungsvorhaben, Zusammenarbeit mit Spezialisten in Rechenzentren und Bibliotheken, help-desk für Schulung, Beratung, Vermittlung, Patentberatung, Patentinformation, Technologietransferstelle, Produktion neuer Medien, Zusammenarbeit mit Fachinformationseinrichtungen.

(21) Hapke, Thomas: a. a. O., S. 153

(22) Chepesiuk, Ron: ATG-Interviews K. Wayne Smith, President and CEO-OCLC. In: Against the Graine, Charlestone, 1998, Vol. 10, Nr. 1, S. 48-51

(23) Tauschert, Uwe: Preservation and Konservation: Maßnahmen zur Erhaltung von Bibliotheksbeständen im internationalen Vergleich. Wolfenbüttel, 1990.

(24) Eine der wenigen proaktiven und antizipatorischen Dienstleistungen einer klassischen wissenschaftlichen Bibliothek ist der planvolle Bestandsaufbau. Nur hier ist die Leistung "nicht abgeleitet vom Tagesbedarf einer konkreten Benutzerschaft, sondern orientiert sich an Wertkritierien" (Kanthak, Gerhard: Überlegungen zur Erwerbungspolitik der vereinigten Staatsbibliothek zu Berlin. In: Mitteilungen: Staatsbibliothek Preussischer Kulturbesitz. Berlin 1990, 22(2), S. 119-144, hier S. 122).

(25) Zu den innovativen verlegerischen Aktivitäten der Universitätsbibliothek Oldenburg siehe: http://www.bis.uni-oldenburg.de/bisverlag/unipubl.html

(26) Filipp, Helmut; Waudig, Dietmar: Erfassung und Erschließung von Softwareinformationen. In: NFD, 1991, 42, S. 283-287

(27) Vgl. dazu Ball, Rafael: Bibliotheksdienstleistungen als Controlling-Instrumente? In: Wissenschaftsmanagement, 1999, 1, im Druck

(28) Schneider, Werner: Ein wichtiger Beitrag zur Zukunftssicherung. Das Münchner Bibliothekskonzept von 1997. In: Buch und Bibliothek, 1998, 50, 2, S. 108-111. Dort werden proaktive Innovationen für den Bereich der öffentlichen Bibliothek am Beispiel der Münchner Stadtbibliothek erörtert. Nicht alles, was dort erwähnt und erläutert wird, ist auf wissenschaftliche Bibliotheken übertragbar. Demnach gibt es gerade im Bereich von öffentlichen Bibliotheken viele wertvolle Anregungen.

(29) Kurth, Sabine: Öffentliche Bibliotheken als GmbH. In: NFD 1998, 49, S. 483-488. In diesem Beitrag diskutiert die Autorin Voraussetzungen, Einführung Vor- und Nachteile und Möglichkeiten der Umwandlung einer Stadtbibliothek in eine GmbH. "Wenn all diese Punkte bedacht werden, ist die GmbH nicht nur für Bibliotheken eine lohnende Alternative, sondern auch für die weiteren Wirtschaftsunternehmen eine interessante Kooperationsform" (S. 488).

(30) Lapp und Neubauer etwa beschreiben die notwendigen flexiblen Strukturen in einer Spezialbibliothek. (Lapp, E.; Neubauer, W.: Informations und Kommunikation in der naturwissenschaftlich-technischen Forschung: Haben wir die richtigen Bibliothekskonzepte? Jülich, Forschungszentrum 1992).

(31) Definition, Erläuterung und ausführliche Beispiele für proaktives Verhalten finden sich in: Arbeitshilfen für Spezialbibliotheken, Bd. 7. Strategien für Spezialbibliotheken / von Meg Paul und Sandra Crabtree. 1996. siehe außerdem: Lettes, Lucy: Be proactive. In: Information Outlook, 1999, Vol. 3, Nr. 1, S. 25-30

(32) Häufig gibt es viele irrational begründete Abneigungen gegen die Einführung von Innovationen. Hauschildt zeigt, wie mit gezielten Innovationsmanagement der Widerstand Einzelner oder ganzer Gruppen positiv überwunden werden kann: Hauschildt, Jürgen: Innovationsmanagement als Kampf gegen individuelle und soziale Widerstände. In: Wissenschaftsmanagement 1997, 5, S. 241-246

(33) Darrah, Betsy: Surfing stacks in an electronic age. In: The Reference Librarian, New York, 1998, Nr. 59,. S. 121-129, hier S. 122

(34) De la Peña McCook, Kathleen; Tackle, Lester June: Keeping the library in library education. In: American libraries, Chicago, 1998, Vol. 29, Nr. 3, S. 59-63

(35) Jebwabsky, Barbara: Zur Situation der bibliothekarischen Fortbildung in der Bundesrepublik Deutschland. In: ZFBB, 1997, 44, Heft 1, S. 21-52 hier S. 50

(36) Chmielus, Claudia: Bibliothekare - fit für die Zukunft!? In: Bibliotheksdienst, 1993, 27, Heft 9, S. 1352-1367 hier S. 1365.

(37) Barth, Jörg; Brugbauer, Ralf: Zwischen Fachreferat, Management und Informationstechnologie: In: ABI-Technik, 1998, 18, 2, S. 126-130, hier S. 128.

(38) Bibliotheken im Zeitalter der Datenautobahn und internationaler Netze. Bundesvereinigung deutscher Bibliotheksverbände. Göttingen 1995

Zum Autor:

Dr. Rafael Ball
Ist Leiter der Zentralbibliothek des Forschungszentrum Jülich.
Forschungszentrum Jülich GmbH
Zentralbibliothek
D-52425 Jülich
E-Mail:
r.ball@fz-juelich.de
URL: http://www.kfa-juelich.de/zb

 

Abb. 1

Traditionelle Bibliotheksdienstleistungen

Þ Erwerbung
Þ Katalogisierung
Þ Benutzung

von Literatur verschiedener Art


 

Abb. 2

Neue Bibliotheksdienstleistungen unter veränderten
technischen und politischen Rahmenbedingungen

Þ Integration elektronischer Informationsdienste und digitaler Medien
Þ Digitalisierung von Meta-Informationen
Þ Nutzung elektronischer Document-Delivery-Systeme
außerhalb des traditionellen Leihverkehrs


Abb. 3

Proaktive, innovative Arbeitsfelder in Bibliotheken

Þ Übernahme von Dienstleistungen,
die bislang außerhalb der Bibliotheksverantwortung erbracht wurden
Þ Bereitstellung von Controlling-Instrumenten für das
Wissenschaftsmanagement (Publikationsdatenbank
der Wissenschaftler , teilqualitative und quantitative
Bewertung von Publikationsverzeichnissen)
Þ Übernahme fachbereichsübergreifender Aufgaben
(Verlag, Publikationswesen)
Þ Etablierung neuer Sammelgebiete