Lizenzen für elektronische Medien

von Isolde Müller


Abstract

1. Das Urheberrecht
2. Elektronische Medien

3. Lizenzrecht

4. Was ist eine Lizenz?

5. Was ist beim Abschluß von Lizenzverträgen zu bedenken?

6. Fazit


 

1. Das Urheberrecht

Der Urheber hat das ihm gesetzlich zustehende, ausschließliche Recht, sein Werk zu verwerten: das Urheberrechtsgesetz zählt die dem Urheber vorbehaltenen Arten der Verwertung auf, die Verwertungsrechte:

Vervielfältigungsrecht, Verbreitungsrecht, Vermieten und Verleihen, Ausstellen, Senderecht, Vortrags- Aufführungs- und Vorführungsrecht und das Wiedergaberecht bei Datenbanken bzw. Datenbankwerken.

Der historische Gesetzgeber von 1936 stellte dazu fest:

"Intellektuelles Schaffen und kultureller Fortschritt sind nur möglich, wenn dabei auf den Leistungen früherer Urheber aufgebaut werden kann. Niemand ist in der Lage, ein neues schutzfähiges Werk aus dem nichts heraus zu schaffen. Er nimmt immer Grundlagen und Anregungen aus den bereits vorhandenen Werken auf und muß umgekehrt dann auch die Bezugnahme und Verarbeitung seiner Leistungen durch andere Urheber dulden."

Daraus entstand das Recht auf Ausübung der im Interesse der geistigen Kommunkation eingeräumten Zitierfreiheit.

Darüberhinaus hat der Gesetzgeber vorgesehen, daß sich der Urheber Beschränkungen seiner Verwertungsrechte gefallen lassen muß. Das sind die sogenannten gesetzlichen Lizenzen, die der Öffentlichkeit eingeräumt werden, ohne das geistige Eigentum des Urhebers zu schmälern.

Zu den wesentlichen Beschränkungen, die vor allem im Bibliotheks- Informations- und Dokumentationswesen von großer Bedeutung sind, zählen u.a. einzelne Variationen der

Vervielfältigung zum eigenen Gebrauch, wie

Im Gegenzug dafür entsteht für den Urheber ein Anspruch auf angemessene Vergütung, in Österreich realisiert durch die Reprographievergütung, die nicht zu verwechseln ist mit der Bibliothekstantieme, der Vergütung für das Verleihen von Werkstücken durch Bibliotheken.

Die Aufgabe des Urheberrechts war und ist es, den Schöpfer eines Werkstückes zu schützen und den Umfang der Verwertungsmodalitäten-bzw. einschränkungen zu regulieren; das uns bekannte und vertraute Urheberrechtsgesetz hatte eine Basis geschaffen, auf der Bibliotheken, Archive, Informations-und Dokumentationseinrichtungen sich zu bewegen hatten.

2. Elektronische Medien

Mit der erfolgreichen Verwirklichung der Informationsgesellschaft, mit der Entstehung der neuen Medien, der elektronischen Medien, setzte jedoch ein Umdenken ein; und es brachte eine Erschütterung in die bisher gewohnte Balance zwischen Urhebern bzw. Rechtsinhabern und der Öffentlichkeit, deren Anliegen auf Zugang zur Information durch die Bibliotheken wahrgenommen wird.

Der käufliche Erwerb eines gedruckten Werkstückes läßt das Eigentum daran entstehen mit allen damit verbundenen Rechten aus dem bürgerlichen Recht, aber auch mit den Rechten aus dem Urheberrechtsgesetz.

Der Erwerb von elektronischen Medien jedoch berechtigt zum bloßen Zugang, zum ACCESS. Der weitere Umgang mit diesem Medium ist aber nicht mehr aus der gesetzlichen Vorgabe abzuleiten, sondern bedarf einer Aushandlung der Zugangsbedingungen im Wege der Lizenz zwischen dem Lizengeber und dem Lizenznehmer.

Mit der Entstehung der elektronischen Medien ist die gewohnte Balance etwas aus den Fugen geraten; das Gewicht hat sich eindeutig auf die Seite der Urheber und der Produzenten elektronischer Informationen verlagert. Das Interesse der breiteren Öffentlichkeit wird- allen Lippenbekenntnissen zum Trotz – als wirtschaftlich relevante Nutzung und Verwertung fremden geistigen Eigentums verstanden. Der Informationsträger tritt nicht mehr als Kulturgut, sondern als Handelsgut in Erscheinung. Der Zugang zur Information wird neu definiert als implizite Schädigung der Rechtsinhaber.

Natürlich besteht weiterhin die Forderung, die als Leitidee vom Interessensausgleich zw. Rechtsinhabern und Öffentlichkeit auch in der Präambel des Urheberrechtsvertrages der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) vom Dezember 1996 zutagetritt: ...

"in der Erkenntnis, daß es notwendig ist, zwischen den Rechten der Urheber und dem breiteren öffentlichen Interesse, insbesondere Bildung, Forschung und Zugang zu Informationen, ein Gleichgewicht zu wahren, wie dies in der Berner Übereinkunft zum Ausdruck kommt..."

(vgl. Revidierte Berner Übereinkunft RBÜ, Art.11: Gesetzliche Lizenzen)

Die Bibliotheken aber werden damit in eine Rolle gedrängt, die sie für sich nicht ausgesucht haben, eine Rolle, wie sie in der Begründung des Entwurfs einer legislativen Entschließung zu dem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft definiert wird:

"Die Rolle der öffentlichen Bibliotheken unterscheidet sich grundsätzlich nicht von der einer öffentlichen Fernsehanstalt, die zwar einem bestimmten Zweck dient, aber dennoch nicht als eine vom Markt und von den sich daraus ergebenden Verpflichtungen ausgeklammerte Einheit gesehen werden kann. Vertragsformen, in denen ein Gleichgewicht zwischen den Interessen der Nutzer und dem Schutz des Urheberrechts hergestellt wird, müssen wahrscheinlich gefunden werden."

3. Lizenzrecht

Damit hat eine Rechtsform im Urheberrecht an Bedeutung gewonnen, eine Rechtsform, die nicht wirklich neu ist: das Lizenzrecht, das im Rahmen des bürgerlichen Rechts dem Vertragsrecht zuzuordnen ist.

Lizenzverträge werden in den Rechtsordnungen der europäischen Staaten nicht ausdrücklich geregelt. Der Rechtsbereich des Lizenzvertrags mit seinen vielfältigen Erscheinungsformen ist im wesentlichen ohne konkrete gesetzliche Grundlage durch Rechtsprechung und Rechtslehre entwickelt worden. Es gilt jedoch, daß bei der Gestaltung von Lizenzverträgen auf allgemeine Rechtsgundsätze und verwandte Bestimmungen zurückzugreifen ist.

Im österreichischen Recht können Bestimmungen betreffend Lizenzen aus verschiedenen Gesetzesstellen abgeleitet werden, rein demonstrativ soll an dieser Stelle das ABGB (Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch, Kaiserliches Patent vom 1. Juni 1911 JGS 946 idgF) aufgezeigt werden, obwohl gerade das Lizenzwesen als spezielle Vertragsgattung wahrscheinlich eher dem Handelsrecht zuzuordnen ist.

Das österreichische Urheberrechtsgesetz (Bundesgesetz BGBl 1936/111 über das Urheberrecht an Werken der Literatur und der Kunst und über verwandte Schutzrechte idgF) kennt die Lizenz in der Form von Werknutzungsbewilligungen und Werknutzungsrechten, die der Urheber gemäß § 24 UrhG einräumen kann.

4. Was ist eine Lizenz?

Die LIZENZ ist die Befugnis, fremde gewerbliche Schutzrechte zu nutzen. Der Inhaber von Schutzrechten verzichtet darauf, sein Verbotsrecht gegen den Begünstigten auszuüben und Unterlassungsansprüche geltend zu machen.

Der Lizenzvertrag (LV) ist demnach einerseits ein Gestattungsvertrag, er ist aber in jedem Fall ein Konsensualvertrag. Der LV umfaßt ein Verpflichtungsgeschäft und ein Verfügungs-geschäft.

Der Zweck des LV kann auch in der Form definiert werden, daß es dem vernünftigen kaufmännischen Handeln entspricht, einen durch eine Schutzrechtserteilung oder jedenfalls durch Erfindungsbesitz vermittelten Vermögenswert in möglichst erfolgreicher Weise wirtschaftlich auszuwerten. Die Lizenz hat sich im modernen Wirtschaftsleben zur wichtigsten Form der beschränkten Rechtsübertragung entwickelt.

Im internationalen Bereich hat der Lizenzvertrag eine erhebliche wirtschaftliche Bedeutung erlangt, im Zusammenhang mit Patenten, Marken, Mustern, Urheberrechten und Know-how. Eine Lizenz schafft neuen Wettbewerb, da sie einem anderen Unternehmen Handlungen ermöglicht, die ihm auf Grund des Schutzrechtes ansonsten verwehrt wären.

Im Bereich des Urheberrechts schützt die Lizenzierung geistiges Eigentum und Investitionen, die für die Entwicklung eines Produkts erforderlich waren.

Die Erscheinungsformen von Lizenzverträgen werden immer vielfältiger, wie die Praxis zeigt.

Im Regelfall begründen die Vertragspartner ein Dauerschuldverhältnis; weiter gegeben wird bei der Lizenzierung aber nur das Nutzungsrecht und nicht der Gegenstand oder das Recht als solches. Es entsteht ein Vertrag sui generis, dessen Kern der Verzicht auf die Ausübung des Verbotsrechtes ist.

In der digitalen Welt also kauft die Bibliothek - wie bereits erwähnt - im Wege der Lizenz den Access zu den elektronischen Medien für eine bestimmte Dauer und zu einem bestimmten Zweck. Der Umfang der Zugangs- und Nutzungsrechte einer elektronischen Zeitschrift hängt also weitgehend von den Bestimmungen und den Voraussetzungen ab, die in der Lizenz für das jeweilige Produkt ausgehandelt wurden.

Wenngleich ein LV als Konsensualvertrag zwischen gleichberechtigten Vertragspartnern ausgehandelt wird, läßt sich nicht leugnen, daß die Seite des Lizenznehmers in eine schwächere Position gedrängt ist, denn der Lizenzgeber hat das ausschließliche Recht, ein Monopolrecht !.

Durch die Notwendigkeit des LV wird die Verhandlungsposition des Urhebers ungleich-gewichtig verstärkt und die Herausbildung von Monopolstrukturen gefördert. Die wirt- schaftlichen Interessen der Urheber werden als höherwertig angesehen als die demokratische Informationsfreiheit.

Für die Ausgestaltung eines LV werden die unterschiedlichsten Interessen der jeweiligen Vertagspartner maßgebend sein. Eine für alle denkbaren Fälle mögliche Vertragsfassung kann nicht angeboten werden. Es empfiehlt sich jedoch angesichts der Fülle der voraussehbaren Probleme unter Berücksichtigung der eigenen Interessen und der potentiellen Lizenz-vertragspartner Vertragsmuster für den Abschluß von Lizenzverträgen zu entwickeln.

Derartige Vertragsmuster liegen bei den Verlagen, die die Vertragsparter von Bibliotheken sind bzw. sein werden, mit Sicherheit auf; was die Bibliotheken dazu beitragen können, ist, vor dem Abschluß bzw. vor der Übernahme eines Vertragsformulars die noch auszuarbeitenden AGB (Allgemeinen Geschäftsbedingungen) einer Bestellung beizulegen.

Auf jeden Fall sollten alle mit der Abwicklung von Lizenzverträgen betrauten Bibliothekare sich bewußt sein über die allgemeinen Vertragsgrundsätze, die das Wesen der Lizenzverträge bestimmen:

Wie jeder andere Vertrag kommt auch der Lizenzvertrag durch überinstimmende Willenserklärung der Vertragspartner zustande. Weder nach nationalem noch nach internationalem Recht ist eine besondere Form vorgesehen.

Und wie jeder andere Vertrag auch kann der LV den Rechtswirkungen der Anfechtbarkeit, der Nichtigkeit oder weiteren allgemeinen Rechtsfolgen im Zusammenhang mit der Unmöglichkeit der Erbringung von Vertragsleistungen, positiver Vertragsverletzung oder Verzug unterliegen.

Dadurch daß der LV ein Vertrag sui generis ist, wird für die Betroffenen eine nicht unerheb-liche Rechtsunsicherheit begründet.

5. Was ist beim Abschluß von Lizenzverträgen zu bedenken?

Als ein auf übereinstimmenden Willenserklärungen beruhender Vertrag unterliegt der Lizenzvertrag den für Verträge geltenden allgemeinen Auslegungsgrundsätzen, sofern es darum geht, Inhalt und Umfang einzelner Vertragpflichten zu bestimmen.

Ausgangspunkt ist der von den Parteien gewählte Wortlaut einer Bestimmung. Ist die Erklärung nicht völlig eindeutig , ist nicht am Buchstaben zu haften, sondern vielmehr der wirkliche Wille der Vertragspartner zu ermitteln.

Speziell für die Auslegung eines Lizenzvertrages aus der Sicht des Lizenzgebers gilt, daß dieser grundsätzlich von dem ihm zustehenden Rechten nur so wenig dem Lizenznehmer überlassen will, wie dieser notwendig zur Durchführung des Vertrages benötigt.

Alle den Lizenzgeber verpflichtenden Vertragsbestimmungen werden bei Zweifelsfragen eng auszulegen sein.

Dem Charakter eines Lizenzvertrages entsprechend und wegen der Bedeutung , der Viel- fältigkeit, der Unsicherheit, die Absprachen , die Klauseln in jedem Lizenzvertrag bergen, stellt sich zurecht die Frage: Ist der Lizenzvertrag ein gewagtes Geschäft?

Im folgenden sollen einige, der in der Praxis üblichen Absprachen zwischen Lizenzgeber und Lizenznehmer erläutert werden, die sich im Streifall als problematisch erweisen könnten.

Aus dem Charakter der Lizenz als Benutzungsrecht an einem Monpolrecht ergibt sich, daß der Lizenzgeber verpflichtet ist, während der gesamten Vertragsdauer diese Monopolposition aufrecht zu erhalten, auf die Bibliotheken bezogen ist damit gemeint, die Bibliotheken. müssen sich darauf verlassen können, daß der Lizenzgeber für die Dauer des Vertrages die entsprechenden alleinigen Rechte dazu hat.

Die Bibliothek benötigt eine Garantie, daß der Verlag die geistigen Eigentumsrechte für das lizenzierte Material besitzt und berechtigt ist, eine Lizenz zu erteilen.

Die Bibliothek muß dem Lizenzgeber gegenüber versichern, daß die lizenzierten Materialien in Übereinstimmung mit den Bedingungen und Voraussetzungen, die sich aus der Lizenz ergeben, genutzt werden. Diese Verpflichtung übernimmt die Bibliothek auch für ihre Benutzer.

Die Bibliothek sollte darauf achten, mit einer solchen Verpflichtung nur eine bewältigbare Verantwortung zu übernehmen , und nicht mehr.

Der seiner Natur nach auf Dauer ausgerichtete Lizenzvertrag kann im Laufe der Zeit Störungen unterworfen sein, auf die die Vertragspartner keinen Einfluß haben: Das sind die Fälle der höheren Gewalt

Die höhere Gewalt wird im allgemeinen als ein von außen kommendes, außergewöhnliches, unvorhersehbares und unvermeidbares Ereignis angesehen

Bei den Fällen der höheren Gewalt ist nicht nur an die relativ seltenen politischen. Katastrophen, wie etwas Krieg usw. zu denken, dazu gehören Naturkatastrophen, staatliche Eingriffe wie Beschlagnahme, Produktionsverbot und ein Fall, der sich eher im Patentwesen als Risiko erweist: der Arbeitsstreik, der interne wilde Betriebsstreik...

Es empfiehlt sich als zweckmäßig derartige Leistungshindernisse bereits im Vertragstext zu berücksichtigen und zwar in der Form, daß eine generelle Formulierung gewählt wird, die durch Beispielsfälle erläutert wird.

Da der Lizenznehmer ohne weiteres zur Vergabe von Unterlizenzen berechtigt ist, bedarf ein entsprechender Ausschluß, der im Interesse des Lizenzgebers gelegen ist, der vertraglichen Vereinbarung. Diese Befugnis kann beschränkt werden entweder in Form eines vertraglichen Verbots oder in Form eines Erlaubnisvorbehalts des Lizenzgebers.

Nicht berechtigt ist der Lizenznehmer zur Übertragung der Lizenz an Dritte, das sollte aus Gründen der Rechtssicherheit eindeutig im Vertrag festgehalten werden.

Aus dem Schutzrechtserteilungsbereich übernommen, im ausschließlichen Interesse des Lizenzgebers gelegen ist der Einbau der Geheimhaltungsklausel im Lizenzvertrag.

In diesem Bereich besteht ein Interesse zur Geheimhaltungsverpflichtung des Lizenzgebers gegenüber Dritten, wenn es um die Übermittlung von geheimem Know-how geht, wenn der Lizenzvertrag Erfindungen zum Gegenstand hat.

Beim Abschluß von Lizenzverträgen im Informationsbereich verbieten derartige Geheimhaltungsklauseln den Bibliotheken, also dem Lizenznehmer, miteinander Preis- und Nutzungsinformationen und andere entscheidende Bedingungen und Abmachungen der Lizenz auszutauschen.

Die Sinnhaftigkeit einer solchen Klausel sollte gründlich überdacht werden.

Üblicherweise wird ein Lizenzvertrag ins einzelne gehende ausdrückliche Absprachen über Inhalt und Umfang der Gebührenpflicht des Lizenznehmers als seiner Hauptpflicht enthalten.

Es wird in der Praxis schwierig sein, den Nutzungswert einer zu vereinbarenden Lizenz zu bestimmen. Zu viele Unsicherheitsfaktoren bestehen für künftige, bzw. im Vertragszeitraum stattfindende Nutzungen , Erfahrungswerte werden herangezogen werden, aber am Ende des Jahres oder der Vertragsdauer steht fest unter Umständen, daß die Gebühr zu hoch war, sicher nicht zu gering.

Meist wird daher eine feste Summe als Lizenzgebühr vereinbart: die Pauschallizenz, die "lump sum".

Vereinbaren die Parteien eines Lizenzvertrages eine derartige Pauschalgebühr, empfiehlt es sich, im Vertragstext genau abzuklären, was mit der Pauschalgebühr abgegolten werden soll. Das gilt insbesondere für den Fall, daß das Lizenzverhältnis vorzeitig beendet wird und die Parteien sich Gedanken über die Rückzahlung bereits gewährter Leistungen machen müssen.

In Einzelfällen, vor allem bei Großanbietern, kann es zur Absprache von natürlich eleganter formulierten Warenbezugsverpflichtungen in bezug auf bestimmte elektronische Medien kommen, das bedeutet, man übernimmt das Nutzungsrecht an Medien, die häufig genutzt werden und im Paket mit dazu solche, die anderfalls nicht bezogen worden wären.

In diese Definition hinein läßt sich auch das Problem des Verbots der Stornierung von gedruckten Medien anpassen.

Zusätzlich zu diesen Aspekten sind beim Abschluß von internationalen Lizenzverträgen die Risiken, die Möglichkeiten zur Absicherung im Rahmen von Vertragsverhandlungen und die wesentlichen Regelungsgegenstände zu überlegen:

Vor allem wird es bei internationalen Lizenzverträgen zweckmäßig sein, zu bestimmen, welches nationale Recht auf den Vertrag angewendet werden soll. Ohne eine dahingehende Vereinbarung sind die Parteien dem Meinungsstreit ausgeliefert, der im internationalen Privat-und Prozeßrecht in vielen Punkten zur Frage des anzuwendenden Rechts und der gerichtlichen Zuständigkeit besteht.

Auf Grund der Parteiautonomie steht den Vertragsparteien die freie Rechtswahl zu. Haben sich die Parteien über das anzuwendende Recht geeinigt, so unterliegt der Vertrag dem von ihnen gewählten Recht. Wird keine Rechtswahl getroffen, unterliegt der Vertrag dem Recht des Staates, mit dem er die engsten Verbindungen aufweist.

Bei dem Charakter des Lizenzvertrages als gewagtes Geschäft, um den Begriff noch einmal aufzunehmen, sollte es dem Bibliothekar bewußt sein, daß er sich für das nationale Recht entscheiden soll, in dem die Institution ihren Sitz hat. Sollte es zu einem Streitfall kommen, können sich die Lizenzgeber sicher die teureren Anwälte leisten!

Hinsichtlich der Regelung des Rechtsweges ist die Klausel zu finden, daß für alle Streitigkeiten aus diesem Vertrag das Gericht am Sitz des Unternehmens des Lizenzgebers zuständig sein soll. Auf Grund der Vertragsfreiheit sollte auch hier eine abweichende Gerichtsstandsvereinbarung getroffen werden, zu bevorzugen sein wird wohl der Gerichtsstand am Ort oder zumindest im Land, in dem sich die Bibliothek befindet unter Berücksichtigung, daß gute Anwälte nicht billig sind.

Eine Gerichtsstandsvereinbarung kann auch in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen wirksam getroffen werden.

Bei lizenzvertraglichen Vereinbarungen mit internationalen Beziehungen wird mitunter zw. den Vertragsparteien für Fälle späterer Meinungsverschiedenheiten anstelle des gegebenen Gerichtswegs vereinbart, daß ein Schiedsgericht etwaige Meinungsverschiedenheiten der Parteien verbindlich klären soll.

Um eine optimale Vertragsgestaltung zu erreichen, ist es ratsam, sich mit Erfordernissen, Gestaltungsvoraussetzungen und -wirkungen vertraut zu machen vor der Konzeption einer Schiedsgerichtsklausel. Durch eine derartige Schiedsgerichtsvereinbarung kann eine Beschleunigung einer rechtlichen Klärung bestehender Streitigkeiten herbeigeführt werden.

Erforderlich ist, daß die Parteien eindeutig und unmißverständlich ihren Willen im Vertrag dokumentieren.

6. Fazit

Am Ende der Darlegung dieser eventuell problematischen Bereiche bleibt weiter die Frage:

- Ist der Lizenzvertrag ein gewagtes Geschäft?

Es ist sicherzustellen, daß die Informationsgesellschaft zu einem Werkzeug wird, mit dem eine Gesellschaft geschaffen werden soll, in der niemand ausgegrenzt wird. In der Informationsgesellschaft sollte es um Menschen gehen, sie sollte für die Menschen und von den Menschen genutzt werden, um die Informationen innewohnenden Kräfte freizusetzen, und nicht, um ein Ungleichgewicht zw. den Informationsreichen und den Informationsarmen zu schaffen.

Damit eine echte integrative Demokratie bestehen kann, muß die gesamte Bevölkerung einen chancengleichen Zugang zur Information haben, damit sie in wirksamer und gerechter Weise ihre Wahl treffen kann.

Das Grünbuch: Urheberrecht und verwandte Schutzrechte der EU-Kommission vom 19.7.1995 führt aus:

Selbstverständlich muß der Bildungs- und Kulturauftrag von öffentlichen Bibliotheken oder Universitäten, die mit der Aufgabe größtmöglicher Verbreitung von Werken und Daten betraut sind, mit dem berechtigten Schutz der Rechtsinhaber in Einklang gebracht werden. Diese Einrichtungen sind ein Bindeglied in der Kette vom Autor zur Öffentlichkeit. Sie ermöglichen die Verbreitung von Wissen und gewähren einem größtmöglichen Personenkreis Zugang zu kulturellen Werken und Informationen.

Das Urheberecht sieht einen von den Bibliotheken nachdrücklich unterstützten Schutz des geistigen Eigentums der Urheber vor. Sowohl im Bereich gedruckter wie digitaler Medien besteht die Notwendigkeit, das Gleichgewicht zwischen den Rechten der Autoren und Hersteller und den Bedürfnissen einer breiten Öffentlichkeit, insbesondere für Bildung, Forschung und Informationszugang zu wahren, wie dies in der Berner Übereinkunft und im WIPO-Urheberrechtsvertrag gefordert wird. Dieses Prinzip des Ausgleichs soll auch im Zeitalter der elektronischen Information seine Gültigkeit behalten.

Es gilt daher, mit der neuen Vertragsform, dem Lizenzvertrag, dem synallagmatischen Vertrag umgehen zu lernen, es gilt aber auch, eine gemeinsame Basis zu finden mit den Rechtsinhabern, mit den Produzenten des Kulturguts der Zukunft , dies im Bewußtsein dessen, daß für die Bibliotheken als die klassischen Bewahrer und Vermittler von Informationen seit jeher der Benutzer im Vordergrund steht.

Vielleicht kann dies auch für die Beziehung zwischen Bibliotheken und Verlagen geltend gemacht werden, nämlich, daß neben der wirtschaftlichen Bedeutung der Informations-gesellschaft auch der Aspekt des "sozialen Zusammenhalts" nicht vernachlässigt werden darf.

People first heißt es im Grünbuch der EU: "Leben und Arbeiten in der Informationsgesellschaft: Im Vordergrund der Mensch"


Literatur
  1. Henn, Günter: Patent- und Know-how-Lizenzvertrag. 3.Aufl., Heidelberg 1992.
  2. Licencing Digital Resources: How to avoid the legal pitfalls ?
    Lizenzierung digitaler Ressourcen: Wie können rechtliche Fallen vermieden werden? Zweisprachige Ausgabe. Copyright by European Commission, Luxembourg and EBLIDA, TheHague, The Netzerlands, 1998. (Deutsche Übersetzung: Vereinigung Österreichischer Bibliothekarinnen und Bibliothekare in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Bibliotheksinstitut, 1999)
    Für den Abschluß von Lizenzverträgen im Informationsbereich kann diese Arbeitshilfe empfohlen werden.
  3. Liebmann, Hanno: Lizenzverträge in der EU. - In: ÖBL 1998, S. 167-177.


[Dr. Müller] Zur Autorin

Dr. Isolde Müller, Informationsvermittlung UBIS

Universitätsplatz 3
A-8010 Graz
E-Mail: isolde.mueller@kfunigraz.ac.at