Eindrücke von der Internationalen Funkausstellung (IFA)

In Berlin vom 28.August bis 5.September 1999

von Clemens Deider

Die Internationale Funkausstellung hat sich dieses Jahr mit einem neuen Konzept präsentiert. Aus der Messe für Unterhaltungselektronik ist inzwischen eine Messe für die Informationsgesellschaft geworden. Die neuen Schwerpunkte waren "Online World", "Ifa Young World", "Entertainment World", "Mobile Media" und Video-DVD. Mit ihrer Hilfe läßt die digitale Evolution Computertechnik, Film-Funk-Fernsehen, Audio und Telekommunikation miteinander verschmelzen. Für den IFA-Messebesucher war die Vielfalt der Angebote auf ca. 160 000 Quadratmeter kaum zu überblicken. Zu den Neuheiten zählten Flachbildschirme für Fernseher, die als Bildersatz an die Wand gehängt werden können, hochwertige Abspielgeräte für neue Formate in den Bereichen HIFI und Video, neue Handymodelle, schnurlose Telefone, Faxgeräte und Anrufbeantworter sowie zahlreiche neue Dienste für den Internetcomputer im Wohnzimmer oder Büro. Etwa 870 Aussteller aus 36 Ländern stellten sich den Messebesuchern.

Um ein Ergebnis des Messebesuchs vorwegzunehmen: Die IFA '99 hat sich als die Welt des elektronischen Verbrauchers vorgestellt und konkurriert so im stärkerem Maße mit der CeBIT-Home in Hannover. Damit wird zur Diskussion gestellt: "Soll die Internationale Funkausstellung künftig jährlich und nicht wie bisher im Zwei-Jahres-Rythmus stattfinden"? Einmal sollen die Firmen mit der Konsumenten-Computermesse CeBIT-Home nicht mehr zufrieden sein; zum anderen werden die Produktzyklen bei der Unterhaltungs-/Informationselektronik und Telekommunikation immer kürzer, so daß es aus der Sicht der Anbieter durchaus ein Bedarf für eine jährliche Produktpräsentation besteht.

Verbraucher - oder hier "Consumer" genannt - gehören im weitesten Sinne auch zur Zielgruppe der Bibliotheken, als Benutzer auszuleihender Medien, als Abnehmer deren Dienstleistungen und Nutzer bibliothekseigener Geräte.

DVD/Digital Versatile Disc

Bei den Medien ist es die Compact-Disk in der Ausführung der DVD, die als DVD-Video, Speicher für Spielfilme, den Weg zum Kunden schon gefunden hat. Schon 1995 hatte sich das DVD-Konsortium auf einen gemeinsamen Standard der DVD geeinigt. Sie sieht zwar aus wie eine CD (Compact-Disc), besitzt jedoch wesentlich mehr Speicherplatz. Aufgrund dieser enormen Speicherkapazität ist es möglich, beste Bildqualität mit exzellentem Sound zu kombinieren und obendrein noch mehrere Sprachfassungen gleichzeitig auf die DVD zu bannen. Neben der Nutzung als Videospeicher bietet sich die DVD auch als Speichermedium für Software an, wobei das Angebot dort wohl noch recht gering ist. Doch sollten sich die Bibliotheken auf eine Umstellung auf DVD-Speichermedien langsam einstellen, d.h. an den behutsamen Austausch der Videobandkassetten gegen DVD-Video zu denken. Allein im 1. Quartal 1999 sollen in Deutschland rund 18.000 DVD-Player verkauft worden sein, ein Plus von 250 % gegenüber dem selben Zeitraum des Vorjahres. So verglich die Aachener Firma Cinematrix Gmb (52076 Aachen) auf ihren IFA-Stand die Bildqualität von Videoband VHS mit der Qualität von DVDs.

Die Grundig AG (90762 Fürth) war mit zwei neuen DVD-Playern vertreten, dem GDV 110 D und dem GDV 200 D. Gegenüber dem Vorläufer (GDV 100) soll das Laufgeräusch des Spieler GDV 110 D wesentlich niedriger sein. Vielleicht eine Empfehlung für Arbeitsräume von Benutzern in Bibliotheken. Das Topmodel GDV 200 D von Grundig war schon äußerlich als solches erkennbar.

Panasonic Deutschland GmbH (22525 Hamburg) hat sein DVD-Player-Angebot mit den sogenannten Universal-Playern neu überarbeitet. Das heißt, die Geräte können sowohl Audio- wie Video-DVDs abspielen. Als Prototyp hierfür war der DVD A 7 zu besichtigen. Ferner zeigte Panasonic DVD-RAM-Recorder, also Videorecorder und Camcorder, welche die beschreibbare DVD nutzen, die bisher nur für den Einsatz in PCs angeboten wurden. Zum Herbst '99 sollen sie als 4,7 Gigabyte-Version auch für die Unterhaltungselektronik zur Verfügung stehen.

Auch Philips Consumer Electronics (NL 5616 LW Eindhoven) stellte neue DVD-Player vor. Mit dem schon eingeführten Modell 710 (Unter DM 1000) können auch selbstgebrannte CD-ROMs gelesen werden. Es hat einen S-Videoausgang zusätzlich zu einem RGB-Anschluß. Hervorzuheben ist für den Bibliotheksbetrieb, daß auch diese Geräte sehr leise arbeiten sollen, was bei dem allgemeinen hohen Geräuschpegel der IFA schwer zu beurteilen war. Ein weiteres neu vorgestelltes Gerät, das DVD-Touch 170, kann an einen Touchscreen angeschlossen und dann interaktiv genutzt werden. Für Fachbesucher stellte Philips den ersten Prototypen eines DVD-Video-recorders vor, der im Jahr 2000 in Serie produziert werden soll.

Als erster Pionier versteht sich die Pioneer Electronics Deutschland GmbH (47877 Willich) bei den beschreibbaren DVDs mit der Weiterentwicklung der DVD-R als DVD-WR. Das Prototypsystem soll gleichfalls als Videorecorder verwendbar sein.

Bei der Sony Deutschland GmbH (50829 Köln) gab es eine der umfangreichsten DVD-Angebotspaletten zu bewundern. Vom Flagschiff DVP-S 7700 bis zum neuen Einsteigermodell DVP-S 325 wurden sechs DVD-Spieler vorgestellt. Damit bietet Sony ebenfalls ein Gerät unter DM 1000,- an, wobei an der Verwendungsbreite gegenüber anderen Sony-Geräten Abstriche zu machen sind. Sony setzt damit, ähnlich wie Panasonic, ein deutliches Signal, daß DVD ein größeres Publikum ansprechen will.

Anders als herkömmliche DVD-Spieler kann Sonys neuestes Modell DVP-F 11, mit den Maßen 21,5 x 6,0 x 31,4 cm, senkrecht in jedem Bücherregal untergebracht werden; der neuartige, senkrechte Direkteinschub der Disk macht es möglich. Dieser soll den Vorzug haben, daß die Scheibe nicht versehentlich schief eingelegt werden kann.

Um bei Sony zu bleiben, Sony führt die erste bespielbare MiniDisc mit 80 Minuten Laufzeit im Angebot. Für sie wurde eine neue Magnetschicht entwickelt, die einen kleinstmöglichen Spurabstand gestattet. Bei steigender Tendenz halten laut Sony ihre MiniDiscs einen Marktanteil von 40 Prozent. Nachdem im Mai 1999 vorgestellten neuen tragbaren MiniDisc-Recorder und -Player stehen jetzt auch MiniDisc-Autoradios zur Verfügung. Von denen hört das Topmodell MDX-C 8900 R aufs Wort. Sprachgesteuert startet der neue Tuner die gewünschte MiniDisc. Inwieweit Bibliotheken MiniDisk bei ihrer Bestandspflege berücksichtigen sollten hängt wohl von ihrem Benutzerprofil ab. Für Bibliotheken selbst sind große Speicherkapazitäten und hohes Alter der Speichermedien von großem Interesse. Deshalb sei hier die einseitig beschreibbare GIGAMO 3,5", die Magneto-Optische Disk mit 1,3 Gbyte erwähnt, die durchschnittlich 50 Jahre als Archiv dienen können soll.

Bei der französischen Firma Thomson spielte das DVD-Gerät Scenium DTH-3600 die Hauptrolle, ein voll ausgestattetes Gerät, einschließlich MPEG-2-Decoder.

Die Toshiba Europa GmbH (41460 Neuss), die zu den ersten Entwicklern der DVD zu zählen ist, stellte vier DVD-Spieler vor, von denen zwei neu sind. Das Einsteigermodell für etwas unter DM 1000,- (SD 2109) und ein Profigerät (SD 3109) mit zwei DVD-Einschüben. Letztes hat mit DM 1400,- auch seinen Preis. Mit den zwei Einschüben können zwei DVDs oder auch CDs hintereinander abgespielt werden. Ein Mischbetrieb d.h. in sequentieller Abfolge der zwei Arten (z.B. DVD, CD) soll möglich sein. Für Bibliotheken mit "artenreichem" CD-Bestand vielleicht von Interesse. Weiter kündigt Toshiba das erste CD-RW Laufwerk mit integrierter DVD-ROM-Funktion als Weltneuheit an.

Steht die DVD-Video schon bei den Händlern im Regal - bei Bibliotheken auch? -, findet die Einführung der DVD-Audio gerade statt. Sie speichert nichts als Musik, eventuell noch einige Angaben über Komponisten oder Musiker in Textform. Die Super-Audio-Compact-Disc (SACD), von Sony und Philips gemeinsam entwickelt, soll ähnlich gute Werte wie die DVD-Audio erreichen. Für den Nutzer liegt der wesentliche Unterschied zwischen beiden darin, daß die DVD-Audio zur Wiedergabe einen neuen DVD-Audio/Video-Player benötigt, während die SACD abwärts-kompatibel zur CD ist. Aber um alles, was in der SACD steckt, zu hören, braucht es jedoch einen entsprechenden Player, der dann auch wieder alle "normalen" CDs abspielen kann.

Fernsehen

Für das Fernsehen wurden auf der IFA wichtige Fortschritte präsentiert; die sogenannte "Multimedia-Home-Plattform" und die terrestrische Übertragung digitaler Signale. Zur neuen Fernsehwelt gehören ferner Set-Top-Boxen, die digitale Satellitensignale aufarbeiten und darüber hinaus auch die Möglichkeiten des Internet-Surfens über TV-Geräte ermöglichen. Auch die Geräte selbst entwickeln sich weiter. Plasma-Flachbildschirme, TV-Geräte mit eingebautem Internet-Empfangsteil, Audio-/Video-Kombinationen usw.

Die neue Generation von Fernsehgeräten bringt immer mehr Komfort. Nicht nur die Bildröhre ist völlig eben, die Bildqualität kann bei entsprechendem Programmaterial (DVD-Spielfilm) gesteigert werden. Durch ihren modularen Aufbau dürften die meisten Geräte für längere Zeit ihre Zukunft gesichert haben. Näher auf Bedienungskomfort einzugehen verbietet die Menge der Angebote und Anbieter.

Für den echten Filmgenuß waren allenthalben TV-Geräte mit flacher Bildröhre zu sehen. Wer es größer haben möchte, dem wurde das Bild in Plasma-TV angeboten. Wem das zu teuer ist muß auf Rückbildprojektoren zurückgreifen, um ein heimisches Kinoerlebnis zu erhalten.

Der richtige Aufschwung aber wird von der Digitalisierung des Fernsehens erwartet; vorerst nur über Kabel und Satellit möglich. Die Vorteile der Digitalisierung sind exzellente Bildqualität und die Übertragbarkeit eines Vielfachen von TV-Programmen über dieselben Kanäle. Analog ausgelegte TV-Geräte benötigen die schon früher erwähnten Set-Top-Boxen, die inzwischen von mehreren Herstellern separat erhältlich sind und an vorhandene Fernsehgeräte anzuschließen sind. Das TV-Gerät "Aconda" von Loewe (96317 Kronach) kommt ohne zusätzliche Set-Top-Box aus und liefert auf Wunsch die ganze Vielfalt des Internets und eine Vielzahl digitaler Setalliten-TV-Programme ins Haus.

Internet

Ein Schritt weiter geht Loewe mit dem TV-Gerät der Familie Xelos. Extrem flache Bildröhre, scharf bis in die Bildecken, integrierbaren Sat-Aufrüstungssatz machen den Xelos @ media bei entsprechender Ausstattung zu einem passiven bzw. aktiven Internetgerät. Die passive Version des Xelos @ Media online, entspricht dem Loewe-Aconda, nur daß die externe Online-Box des Xelos-Gerätes im Aconda eingebaut ist. Beide Versionen verfügen nur über einen abgemagerten PC.

Ganz anders der Xelos @ Media aktiv. Er verfügt über die Elektronik eines PC mit Festplatte, ist optimal nachrüstbar mit schnurlosem, integrierten ISDN-Anschluß und einem DVD-Laufwerk. Auf der Festplatte kann eigene Software abgelegt werden, die den Xelos @ Media zu einem aktiven Internetgerät für Homebanking, Nutzung von Windows 95 und Offline-Diensten, wie z.B. Dia-Show, macht. Die integrierte ISDN-Karte verweist auf die Notwendigkeit eines Telefonanschlusses, sei es mit Kabel oder schnurlos. Verfügt der Gerätenutzer noch nicht über einen ISDN Anschluß macht es auch ein zusätzliches Telefonmodem. Loewe steht für eine Reihe von Herstellern, die das Internet über das Fernsehgerät in die Wohnung holen und damit die Benutzeranzahl vergrößern, die auch Bibliotheksbenutzer sein können. Die ganze Industrie bewegt sich in die Richtung eines einfachen Internet-Terminals, das seine Nutzungssoftware je nach Notwendigkeit aus dem Netz bezieht.

Dies macht auch die met @ box 500 möglich. Sie wird einfach an das vorhandene TV-Gerät, die Kabelanschlußdose und die Telefondose angeschlossen, und schon kann die Reise in die bunte Welt des WWW beginnen; so eine Webzeile der Firma Met@box (31135 Hildesheim) für ihre Set-Top-Box. Das Herzstück der Box bildet die eingebaute BOT-Empfängerkarte. Sie ermöglicht den kostenlosen Empfang der von der met@TV-Redaktion ausgestrahlten Internetseiten. BOT steht für Broadcast On Television. Die BOT-Technologie nutzt die horizontale Austastlücke des Fernsehsignals. Auch werden neue Wege für den Datenversand in größeren Mengen versprochen. Mit BOT, das Met@box in Kooperation mit der Deutschen Telekom entwickelt hat, können Point to Multipoint Datenübertragungen europaweit kostengünstig angeboten und schnell durchgeführt werden; d.h. kostengünstig, wenn von einer Bibliothek zeitgleich an mehrere Bibliotheken/ Zweigstellen Daten übertragen werden sollen. Eine BOT-Empfängerkarte, die in der Set-Top-Box met@box 500 integriert ist, kann in den ISA-Steckplatz des PC eingesetzt werden. Sie unterstützt die Betriebssysteme Win95, Win3.1 sowie OS/2. Die Daten werden nur an definierten Benutzergruppen mit modernster Verschlüsselungstechnik ausgestrahlt.

Mit viel Optimismus wollen Bertelsmann, Mobilcom und Schneider AG dem Web-TV mit der Mobilcom-Box JAVA Network Technology (JNT-) Vision (Schneider Rund-funkwerke, 86842 Türkheim) auf die Sprünge helfen. Dieses Topmodell, Schneider Vision, kann laut Firmenangabe DVDs, MP3-Dateien und Real-Audio-Clips abspielen. Ferner verfügt es über einen Anrufbeantworter, Telefon- und Telefaxfunktion. Weiterhin können SMS-Nachrichten an Handys ebenso verschickt werden wie Pager-Mitteilungen oder E-Mails. So ist JNT-Vision mehr eine Multi-mediazentrale als nur eine einfache Surfstation für das (digitale) Fernsehen.

Ein ähnliches Angebot gab es auch bei der Informatec AG (86167 Augsburg) mit der "JNT-Surfstation" zu sehen. Ohne spezielle PC-Kenntnisse soll dem Benutzer der Zugriff zum Internet und vielem mehr geboten werden.

"Interaktivität" war das Schlüsselwort für die Zukunft des Fernsehens, mit dem die Informatec AG nach eigener Aussage mit "Cross TV" einen völlig neuentwickelten Standard auf der IFA '99 präsentierte. Eine Mischung von herkömmlichem Fernsehprogramm mit digitaler Funktionalität und dem interaktiven Angebot des Internets charakterisiert diesen Standard. Dies führt auf der Seite der Fernsehzuschauer zur Möglichkeit, interaktiv auf die im Cross TV-Modus gesendeten Filme oder Talkshows einzuwirken.

Mit dem multimedialen Touch-Tischterminal X Touch will die Firma SFG (96237 Ebersdorf-Frohnlach) die Internetnutzung befördern. Zu dem PC-Basis-system mit einem 12-Zoll-TFT-Bildschirm mit dem Touchsystem von Micro Touch werden dazu optional angeboten:

Münzprüfer, Chipkartenleser/-schreiber, CCD-Kamera sw oder Farbe, Spielknöpfe/Joystick, 120 MB SuperDisk, CD-Rom, DVD- oder CD-R-Laufwerk, ISDN-Karte, SmartMediaCard, Miniaturdrucker. Geldkarten- bzw. EC-Kartenmodule mit Pinpad sind für den bargeldlosen Zahlungsverkehr per Internet vorgesehen.

Fujitsu (80807 München) warb für einen preiswerten Internetanschluß mit dem "Schüler-PC", einer Initiative von Fujitsu/Intel/Eltern for Family, unter dem Namen Mycra PIII500. Er soll auf die Bedürfnisse der Schüler abgestimmt sein, und wird zu einem Preis von DM 1999,- angeboten. Er ähnelt in seinen Leistungsdaten dem IBM Aptiva ES 8.

Die Deutsche Telekom Mobil (53227 Bonn) demonstrierte mit dem Handy NOKIA 7110 den Internetzugriff über ihr Mobilfunknetz T-D1. Weltweit verfügbare Informationen aus dem Internet können über das Mobilfunknetz empfangen und auf dem Handy-Display abgelesen werden (Dienste abhängig vom Netzbetreiber). Der neue globale Standard WAP (Wireless Application Protocol) macht es möglich. Jede Textinformation, die irgendwo im Internet zugänglich ist, kann prinzipiell abgerufen werden. Auch andere Verbindungen von Telefon über Fax bis E-mail stehen offen. Trotz weniger Tasten als ein Computer hat, ist die Texteingabe aufgrund einer automatischen Worterkennung schnell und bequem, was durch ein erweiterbares Wörterbuch noch unterstrichen wird.

Als zukunftweisende Kuriosität zeigte das Quelle-Versandhaus einen High-Tech-Kühlschrank der Firma Elektrolux mit eingebautem Flachbildschirm, ähnlich dem auf der CeBIT '99 von NCR vorgestellten Microwellen-Herd mit Flachbildschirm. Alle im Kühlschrank gehaltenen Vorräte können am Bildschirm überprüft werden. Sollte etwas fehlen genügt ein Knopfdruck, und die Bestellung wird über das Internet aufgegeben. Selbstverständlich läßt es sich während der Küchenarbeit im Internet surfen, z.B. Anbieter von Kochrezepten über die Bibliothek ermitteln usw.

Musik aus dem Internet

Im Zeitalter des Internets kommt auch die Musik über dieses Netz. Grundig (90762 Fürth) trägt diesem Fortschritt Rechnung und präsentierte den MP 3 Player Mpaxx. MP3 steht für Motion Picture Expert Group, Layer 3. Dieses digitale Verfahren speichert und überträgt komprimierte Video- und Audiosignale. Geladen wird Musik aus dem Internet oder von einer CD über die Festplatte eines PCs auf eine Multimedia-Card von Infineon Technologies (81609 München). Die Flash-Speicherkarte ist nicht größer als eine Briefmarke und soll 100.000 mal beschrieben werden können.

Auch Samsung (65824 Schwalbach/Ts) zeigte einen neuen MP3-Spieler, der neben Musik gleichzeitig als Diktiergerät und Telefonverzeichnis Verwendung findet. Hier wird ebenso via PC auf eine briefmarkengroße auswechselbare Speicherkarte gespeichert.

Um sich vor unerwünschten Kopien zu schützen und Internet-Musik-Piraten das Handwerk zu legen, arbeitet das Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen ISS, Bereich angewandte Elektronik (91058 Erlangen / Niels Rump) an der Entwicklung eines kopiersicheren Audio-formats, dem "Liquid Audio".

Text aus dem Internet

soll ab Oktober über den Bertelsmann Buchclub mittels des schon mehrfach vorgestellten und besprochenen Rocket-eBook (B.I.T.online Heft 2/1999 S. 173 f; Erlanger Poetenfest 26.8.-31.8.1999) bezogen werden können. Wie schon zur CeBIT '99, wo auf dem Bertelsmann-Stand völlige Unkenntnis über das Rocket eBook herrschte, wurde auf der IFA von kaum informiertem Standpersonal das Image des E-Books nicht gerade gefördert. Die Werbung für den Buchclub hatte wohl Vorrang, und für den Gebrauch wurde man auf den Termin Oktober und den zuständigen Buchclub-Laden verwiesen.

Eine weitere Möglichkeit das Internet zu nutzen verspricht die Digitalkamera/Digitalrecorder "Internet VIEWCAM" (mpeg 4) von sharp (SHARP/ Europe 20097 Hamburg). Die Kamera speichert alles was aufgenommen wird, Video und Ton, im MPEG4-Format direkt auf eine "Smart-Media"-Card. Damit ersparen sich Programmierer und Content-Provider das Grapping von Analog-Videos bzw. das Konvertieren bisherigen Digitalformate.

Weil damit der PC/Laptop nur noch als Internet-Terminal fungiert, keine Konvertierung leisten muß, können Filme oder Bilder schnell Online gestellt werden. Für Bibliotheken bietet sich die Kamera evtl. als schnelle Datenübermittlerin an, die mobil, da nur handgroß, fast überall einsetzbar ist, wie vorher schon digitale Video-Still-Kameras. Eine Smart-Media-Card speichert bis zu 32MByte, das heißt eine Stunde Video oder 576 Standbilder. Als europäischer Spezialist für japanische Mikroelektronik, hier für digitale Speicherkarten (ATA Flash Card, Compact Flash Card, Smart Media Card, Multimedia Card) bot sich die Glyn GmbH & Co KG (65510 Idenstein/Ts., www.GMN.de) an.

Die erste multifunktionale VSB (Video-Still-Digitalkamera (VDC 300) war auf der IFA '99 bei der Mustek Computer GmbH (41460 Neuss) zu finden, sie wird angeboten für Netzwerkkonferenzen, als Videokamera mit direkter Ausgabe am Fernseher oder PC-Monitor, für kreative Video-Clips oder als klassische Digitalkamera zur digitalen Bilderfassung. Zielgruppe sind u.a. PC- und Web-Benutzer, d.h. evtl. auch Bibliotheken.

Aus dem Vorangegangenen läßt sich entnehmen, daß die Nutzung des Internets immer mehr an Bedeutung gewinnt. Doch Probleme gibt es immer wieder mit dem Bezahlen von Waren oder Dienstleistungen. Zum Jahresende 1999 stellt die Telekom ihr Inkasso via T-Online (Btx) zum Leidwesen mancher Anbieter ein, die mit dieser Online-Bezahlfunktion für Datenbanken und Chats jährlich beträchtliche Summen erwirtschaftet haben. Bibliotheken haben diese Möglichkeit trotz mancher Hinweise wohl nie in Betracht gezogen. Als Alternative wird nun zum Ende des Jahres '99 das Internet-Abrechnungssystem net 900 auf den Markt kommen. Mit diesem Produkt können sogenannte Micropayments via Internet realisiert werden. Dieses System soll von der Telekomtocher Telecash-Kommunikationsservice an Händler vermarktet werden, die z.B. über T-Online kostenpflichtige Dienstleistungen anbieten. Der Nutzer ruft dann Datenbanken, Zeitungsarchive oder Spiele ab, die er mit der Telefonrechnung bezahlt. Statt der Händler könnten Bibliotheken für ihre via Internet angebotenen Dienstleistungen Gebühren direkt bei dem Benutzer erheben. Das Payment-System basiert auf Telefonnummern mit der 0190er-Vorwahl. Net 900 nutzt den Verbindungswechsel und die Telefonabrechnung. Die entsprechend installierte Software vorausgesetzt, zeigt ein Fenster am PC-Monitor das Betreten gebührenpflichtiger Seiten an, die der Benutzer über einen "Ja-button" bestätigen muß. Das System kappt dann die bestehende Verbindung zu T-Online und ruft eine 0190-Nr. auf. Bei jedem dieser Wechsel baut das System eine neue Verbindung zum Provider auf, was jeweils mit sechs Pfennigen noch zu entgelten ist. Es sei denn, die Deutsche Telekom folgt dem Beispiel der Telecom Italia, die mit ihrem Online-Dienst TIN.it ein gebührenfreies Internet-Angebot mit der Bezeichnung Club Net eingeführt hat. In Großbritannien hat AOL Mitte August den gebührenfreien Internet-Zugang Netscape Online gestartet. Bei net 900, von der medias res GmbH (41068 Mönchengladbach) auf der IFA '99 vorgestellt, läuft transparent ein Gebührenzähler mit; bei längeren Klickpausen tritt ein Gebührenschoner in Aktion.

"Internet gratis. Garantiert!" Mit dieser Schlagzeile wirbt das Medienbüro Zucker (10119 Berlin) der Novaville AG (10243 Berlin) für einen kostenfreien Internetzugang, weder Telefon- noch Internetgebühren sind zu zahlen. Ein Grund für das DBI, im Interesse der Bibliotheksbenutzer und Bibliotheken dort etwas genauer hinzusehen. Die Novaville AG wendet sich mit einem Softwarepaket personal ad in erster Linie an die Werbewirtschaft. In enger Zusammenarbeit mit Internet-Service-Providern (ISP) verteilt Personal ad interaktionsfähige, multimediale Werbemittel online personalisiert an private Haushalte.

Personalisiert bedeutet, der Teilnehmer bzw. Empfänger von Werbeinformationen gibt in die Software p.ad Client seine persönlichen Interessen als Teilnehmerprofil ein; zum Beispiel Literatur, Musik, Sport, Reisen. Anhand dieses Profils werden für den Teilnehmer interessante Werbeinhalte bereitgestellt. Das Profil soll off- und online jederzeit geändert werden können. Mit den daraus resultierenden Werbeeinnahmen soll die gebührenfreie Telefon- und Internetnutzung finanziert werden. Der Nutzer sieht also als "Gebühr" für seine Internetnutzung nur Werbung, die für ihn von Interesse ist. Für den Werbenden bedeutet dies Werbung ohne Streuverlust. Mit einem Hinweis auf diese auch für Bibliotheksbenutzer gegebenenfalls mögliche kostenfreie Internetnutzung könnten Bibliotheken neue Benutzer gewinnen und die Angebotsqualität ihrer Medien und Dienstleistungen nicht unwesentlich verbessern. Auch die Bibliotheken selbst könnten von diesem Angebot Gebrauch machen. Notwendig hierfür ist ein Provider, der dieses Zusammenspiel von Werbenden und Benutzern/Personal ad-Teilnehmern koordiniert.

Noch ein Wort zu den werbenden Produkt- und Dienstleistungsanbietern. Die interaktionsfähige Werbung kann von Region zu Region unterschiedlich platziert werden, d.h. sie kann bundesweit angeboten, aber z.B. auch nur auf das Liefergebiet des Anbieters beschränkt werden. Neben der Werbung sind Zusatzdienste, wie regionale Kulturinformationen, personalisierte Stellenangebote usw., möglich.

Wie weit sich die Angebote von Net 900 (medias res GmbH) und Personal ad (Novaville AG) - Gebührenerheben für Produkte/Dienstleistungen und Werbung - kombinieren bzw. ineinander verzahnen lassen, müßte geprüft werden.

Dieses Internetscenario von Netz, Netznutzung durch den Konsumenten/ Bibliotheksbenutzer, den Bibliotheken als Anbieter im Netz und die Möglichkeit für besondere Dienstleistungen Gebühren erheben zu können, sollte die Bibliotheken zur intensiven Nutzung des Internets aufrufen. Besonders dann, wenn nach Angaben der Bertelsmann-Stiftung in Gütersloh bisher nur ungefähr ein Drittel der deutschen Bibliotheken über einen Internetanschluß verfügt. Dem trägt die Stiftung zusammen mit der ekz.bibliotheksservice GmbH (72764 Reutlingen) damit Rechnung, daß sie ein Fortbildungsprogramm als Fernkurs für Bibliotheksmitarbeiter/innen mit Teilnehmerzertifikat anbieten wird. Produktinformationen sollen ab Herbst 1999 bei der EKZ/Reutlingen abrufbar sein (Tel.: 07121/144-105/ www.ekz-bibliotheksservice.de, Dienstleistungen/Fortbildung: Frau Angelika Holderried). Denn es ist nicht allein damit getan, daß Geräte in den Bibliotheken stehen. Vielmehr sind kundige Bibliothekarinnen/Bibliothekare gefragt, die selbst das Internet beherrschen, um neben der eigenen Nutzung auch Bibliotheksbenutzern am Ort Hilfestellung leisten zu können. Den Trend eines extensiveren wie intensiveren Gebrauchs des Internets wird auch die Einrichtung eines deutschen Internet 2 fördern. Nach europaweiter Ausschreibung durch den DFN-Verein (Deutsches Forschungsnetz) erhielt die Deutsche Telekom AG den Zuschlag zur Errichtung und zum Betrieb des national Backbone für das Gigabit-Wissenschaftsnetz G-WiN/ Internet 2.

Und alles aus einer Steckdose! Bei Siemens kommen Internet, Telefon und Fernsehen in Zukunft aus einer Steckdose, der Homeway-Dose. Ein neuartiges Verkabelungssystem faßt die Anschlüsse für Telekommunikationsgeräte, Kabelfernsehen, Satelliten-TV und Internet in einer Dose zusammen. Die Grundidee des auf der IFA als Weltneuheit vorgestellten Homeway-Systems ist: In jedem Raum eines Büros oder einer Wohnung stehen jeweils Anschlüsse für Telefon und Fernsehen zur Verfügung. Wenn man z.B. die Räume einer Wohnung oder eines Büro austauscht, braucht man keine Kabel mehr neu verlegen zu lassen, sondern nur die Anschlüsse der Steckdosen auszutauschen.

In der Homeway-Zentrale laufen alle Verbindungen von außen zusammen und werden von dort in die verschiedenen Räume verteilt. Das Homewaykabel hat eine hohe Bandbreite, für die Datenverarbeitung stehen bis zu 100 MHz zur Verfügung.

Die Homeway-Dose macht den Zugriff auf alle eingespeisten Dienste möglich. Je nach Nutzung kann man unterschiedliche Einsätze für Telefondienste oder Fernsehen installieren. Die Anschlüsse lassen sich bei Bedarf mit wenigen Handgriffen austauschen.

Homeway erfüllt die Anforderungen, die Betreiber wie Astra oder die Deutsche Telekom gemeinsam mit der Wohnungswirtschaft in ihren Empfehlungen formuliert haben. Ein solches Homeway-System stände sicher auch Bibliotheken gut an, die damit eine höhere organisatorische Flexibilität in ihren Gebäuden und Diensten erreichen könnten.

Zum Schluß noch SWIFT, das "Radio zum Lesen"; ein Multimedia-Radio, von Sony auf der IFA als "Textman" vorgestellt. SWIFT (System for Wireless Infotainment Forwarding and Distributing) ist ein neuer Datendienst, den Rundfunkstationen nutzen, um Textinformationen anbieten zu können. Dieser Dienst ist an den Hörfunksender gebunden, d.h. nur wenn der Sender diesen Dienst anbietet, er gehört wird, können seine Infos empfangen werden. Mit SWIFT können Bilder und Textinformationen parallel zu einem Radioprogramm übermittelt werden. Nach Einführungsprojekten in Berlin und Sachsen (1997), wurde in Sachsen die notwendige Infrastruktur aufgebaut. Radio PSR (04129 Leipzig) ist der erste Radiosender Deutschlands, der SWIFT im Regelbetrieb anbietet. Und Sony stellte das dazugehörige zigarettenschachtelgroße Endgerät rechtzeitig zum 20jährigen Jubiläum des Walkman auf der IFA '99 vor.

Wie weit Bibliotheken sich all den Wünschen der Benutzer öffnen wollen oder sollen, wie etwa die Anschaffung von 3D-Brillen, die LCD-Brille 3D-Relevator für das dreidimensionale Sehen (Elsa, 52070 Aachen), bleibt ihnen überlassen.

Mehr Informationen sind zum Teil im Internet unter den jeweiligen Homepages der Firmen zu finden.

Fazit

Neue Medien, neue Geräte, neue Entwicklungen der Netze, wie sie auf der IFA gezeigt wurden, verlangen auch von den Bibliotheken die ihm gebührende Aufmerksamkeit, wollen Bibliotheken als Bildungseinrichtung und Verwalter der Medien ihre Benutzer fester an sich binden bzw. neue gewinnen. Die IFA zeigte wie Inhalte - Texte, Bilder/Filme, Spiele Software - auf unterschiedlichsten Medien festgehalten, über verschiedene Netzwege verteilt und mit Hilfe von Nutzungs-geräten unterschiedlichsten Qualitätsgrades bzw. Komfort behandelt und dem Bibliotheksbenutzer nahegebracht werden können. Das Verschmelzen von den Endgeräten PC und TV im Zusammenspiel mit dem Internet stellt neue Anforde-rungen an die bibliothekarische Auskunfts-/Beratungsqualität, an Geräte und mehr noch an die bibliothekarischen Mitarbeiter. Mag zwar noch einige Zeit ins Land gehen, die Richtung ist eingeschlagen; und so schnell können Bibliotheken nicht sein, daß sie der Entwicklung fortlaufen.


[Clemens Deider] Zum Autor

Diplom-Volkswirt Clemens Deider ist als Wiss. Angestellter am Deutschen Bibliotheksinstitut Berlin zuständig für das Arbeitsgebiet Neue Medien und Technologien

DBI Berlin
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