Der Brockhaus in 15 Bänden:
CD-ROM- und Print-Ausgaben


Der Brockhaus in 15 Bänden (Standardausgabe). 1.Auflage.
- Mannheim u.a.: Bibliographisches Institut & F.A.Brockhaus AG 1999.
ISBN 3-7653-2801-4. DM 720.-

Der Brockhaus in 15 Bänden gestaltet von James Rizzi.
- Mannheim u.a.: Bibliographisches Institut & F.A.Brockhaus AG 1999.
ISBN 3-7653-2350-0. DM 870.-

Der Brockhaus in Text und Bild. 1 CD-ROM.
- Mannheim u.a.: Bibliographisches Institut & F.A.Brockhaus AG 1999.
ISBN 3-411-70671-6. DM 149.-

Der Brockhaus multimedial. 2 CD-ROMs.
- Mannheim u.a.: Bibliographisches Institut & F.A.Brockhaus AG 1998.
ISBN 3-411-06901-5. DM 199.-

LexiROM 4.0 Editon 2000. 1 CD-ROM.
- Mannheim u.a.: Microsoft, Bibliographisches Institut & F.A.Brockhaus AG 1999.
ISBN 3-411-06936-8. 249.-DM


Den BROCKHAUS im Regal zu haben, ist sicher ein Wunsch vieler Menschen und auch von Bibliotheken. Dieser Wunsch bezieht sich natürlich in erster Linie auf die große 24bändige Enzyklopädie, die bei einem derzeitigen Preis von fast 5000.-DM sich aber nur wenige werden leisten können und dann auch nur einmal in ihrem Leben. Das weiß auch der Verlag, der deshalb, und auch wohl mit Rücksicht auf den Wettbewerb, einen Kompromiß, nämlich den Brockhaus in 15 Bänden, herausgegeben hat, deren 1. Auflage gerade dieses Jahr abgeschlossen und zu einem Preis von 720.-DM zu haben ist.

Nachdem man aber schon positive Erfahrungen mit einer Künstler-Edition der Brockhaus Enzyklopädie in Gestaltung von Hundertwasser und Heller gemacht hat, will man auf diesem Weg fortfahren und auch die Jugendlichen stärker an die immerhin seit fast 200 Jahren bestehende Lexikon-Tradition heranführen. So hat man den 1950 in New York geborenen und dort lebenden, renommierten Künstler James Rizzi gewonnen, zur diesjährigen Frankfurter Buchmesse den Einband der 15bändigen Ausgabe zu gestalten. Rizzi hat zwar als Straßenmaler begonnen, bemalt aber, inzwischen arriviert und anerkannt, jegliches Material, auch dreidimensionales wie Kühlschränke, Flugzeuge und Häuser, und hat Kooperations- verträge mit Condor, Rosenthal, Volkswagen und jetzt auch Brockhaus.

So wie Rizzi weltbekannt wurde durch seine ausgelassenen, lustigen und farbenfrohen Gemälde und Grafiken in seinem so charakteristischen naiven, pop- und comic-artigen Stil, so hat er auch diese 15 Bände eingetaucht in ein flirrend buntes Großstadtleben, inspiriert von seiner Heimatstadt New York, mit farbenfrohen und hüftenschwingenden Wolkenkratzern sowie fröhlichen Gesichtern ausgelassener Menschen unterschiedlicher Hautfarbe aus allen Teilen der Welt unter einem tiefblauen Himmel mit Wolken, Vögeln, Flugzeugen und Ballons, die den einzelnen Band gestalten und trotzdem alle Bände zu einem einheitlichen Ganzen verbinden, um so bunt, frech und fröhlich dem Jugendlichen den Zugang zu dem geballten Wissen des Lexikons zu erleichtern.

Natürlich weist die 15bändige Ausgabe mit ihren etwa 140 000 Stichwörtern auf 7 200 Seiten nur etwa die Hälfte der Enzyklopädie (mit 260 000) auf, dafür kostet sie aber mit 720.-DM auch nur einen Bruchteil der 5 000.-DM-Ausgabe, und die lustige Rizzi-Ausgabe ist jetzt für nur 150.-DM mehr zum Preis von 870.-DM zu haben. Damit wird diese Ausgabe für viele Privatpersonen nicht nur erschwinglich, sondern durch ihre Gestaltung auch attraktiv und ebenso eine Einsteigmöglichkeit für viele kleinere Bibliotheken, die sich die Enzyklopädie nicht leisten können.

So lustig und künstlerisch die äußere Gestaltung auch ist, ihr mußte sich wieder einmal – wie häufig bei Kunstausstellungen auch – die Funktion unterordnen, nämlich die Band- bezeichnung und Buchstabenkennung. Sie stehen oben, im blauen Himmel, etwas dunkler als dieser, ein wenig klein, und je nach Beleuchtung schwer zu entziffern, also nicht "form follows function"! Ansonsten sind die einzelnen Bände vom Umfang (480 Seiten), Gewicht (3 Pfund) und Format (ca.18 x 25 cm) sehr handlich und durch die Fadenheftung auch strapazierfähig gebunden. Sie werden wohl auch noch benutzbar sein, wenn es CD-ROMs schon längst nicht mehr geben wird! Über Aufbau und Inhalt informieren ein Vorwort und Benutzungshinweise am Anfang bzw. Ende des 1. Bandes.

Der Inhalt wird präsentiert auf Seiten im Format 17 x 24 cm in jeweils zwei Spalten mit einem Außenrand von 3 cm. Dieser wird genutzt um kleine Porträts der meisten aufgeführten Persönlichkeiten wiederzugeben, sowie kleine Abbildungen aufzunehmen wie Detailzeichnungen, Diagramme, Pflanzenteile, Wappen u.ä., aber auch um die i.d.R. spalten- breiten Abbildungen zu erweitern.

Hervorragend sind die ca. 15 000 Abbildungen, Grafiken, Tabellen und Übersichten, die den Text illustrieren. Am Ende des 15. Bandes befindet sich ein 13seitiges Bildquellen-verzeichnis, das nach den Quellen geordnet ist und auf die jeweilige Abbildungsseite verweist, aber nicht auf das entsprechende Bild. Umgekehrt ist vom Bild her erst recht keine Identifizierung der Quelle möglich. So stellt das Verzeichnis nur eine Pflichtleistung gegenüber den Lieferanten und Leihgebern dar, aber keine Hilfe für den Benutzer! Zu bedauern ist auch, daß die Fotos der erwähnten Persönlichkeiten generell schwarz-weiß sind, auch wenn es längst farbige gibt. Aber zu entscheiden, wer Farbe bekäme und wer schwarz-weiß, wäre für die Redaktion wohl ebenso schwer gewesen wie sie es für sie war, wen aufzunehmen und wen nicht, wer abgebildet wird und wer nicht, auch in welchem Format. Hier sind keine Grundsätze erkennbar – wenn es sie denn überhaupt gab – so daß es manchmal komisch wirkt, heute noch lebende und in Ehren ergraute Persönlichkeiten mit einem Jugendbildnis repräsentiert zu finden. Ansonsten ist das Abbildungsmaterial durchweg gut und auch in der notwendigen Verkleinerung noch gut les- und identifizierbar. Sehr gut ist auch das Kartenmaterial, das jeweils dem neuesten Stand zu entsprechen scheint.

Die Texte scheinen generell von fachkundigen Autoren geschrieben zu sein, allerdings manchmal sehr knapp gehalten (siehe früheren Hinweis auf die Enzyklopädie), dafür aber höchst aktuell, zumindest an spektakulären Stellen: So wird Gerhard Schröder bereits als Bundeskanzler erwähnt, der Rücktritt Oskar Lafontaines berücksichtigt und ebenso die Kosovo-Militäraktion.

Bei zahlreichen Stichwörtern stehen farbige Infokästen mit zusätzlichen Informationen. Diese Kästen erhalten im oberen Teil jeweils ein Symbol, das eine grobe Zuordnung zu Fachgebieten erlaubt. Jedem Symbol ist eine Farbe zugeordnet, die auch bei allen Tabellen, Übersichten und Grafiken aus diesem Gebiert wiederkehrt.

Den Computerfreund aber kann dieses haptische Vergnügen, einen solchen gedruckten Band in die Hand zu nehmen, durch- oder hin- und herzublättern nicht genügen. Für den PC-Freak gilt Gedrucktes ohnehin eher als verstaubt oder gar out! Er will die Möglichkeiten des Computers nutzen, und da bieten CD-ROM-Versionen natürlich ein Vielfaches, einschließlich bewegter Bilder und Töne.

Wer jedoch auf letzteres verzichtet, ist mit dem zur CeBIT '99 erschienenen Brockkhaus in Text und Bild gut bedient. Die Grundlage ist die gleiche 15bändige Ausgabe, also mit 66 000 Artikeln und 140 000 Stichwörtern, wobei die Suchbegriffe auch mit kleinen Tippfehlern erkannt werden. Ein zusätzlicher Vorteil dieser Edition ist es, neben dem, daß sie außer unter Windows auch auf Apple Macintosh läuft, daß sie integriert ist in die mitgelieferte PC-Bibliothek 2.0, für die bereits hochwertige Nachschlagewerke erschienen sind wie etwa die Duden-Bände Rechtschreibung (21.Aufl.), Fremdwörterbuch sowie Synonymenlexikon, außerdem Langenscheidts Taschenwörterbuch Englisch, alle mit Aussprachebeispielen, sowie Meyers Lexikon in drei Bänden, alles unter dem Microsoft-Titel LexiROM 4.0 Edition 2000 für 249.-DM. Erste Ansätze, um Verknüpfungen ins WWW zu machen sind mit Links möglich. Stichwort-und Volltextsuche können in einem Titel oder in allen Titeln der PC-Bibliothek durchgeführt werden. Einträge können aus der PC-Bibliothek in andere Anwendungen kopiert werden, außerdem kann direkt aus anderen Anwendungen heraus auf die installierten Titel der PC-Bibliothek zugegriffen werden. Neu ist ferner, daß das Englisch-Wörterbuch nun vollständig auf die Festplatte kopiert werden kann, so daß man ohne eingelegte CD-ROM eine Übersetzung per Mausklick finden kann.

Aber im Multimedia-Zeitalter erwartet der Computer-Routinier nicht nur "Text und Bild" von einem Lexikon, sondern auch bewegte Bilder und Töne, nicht nur alphabetische Anordnung der Einträge, sondern eine Suchmaschine, die den Inhalt zugänglich macht, ferner daß die Geschichte chronologisch geordnet ist und vor allem, daß durch Web-Links die Informationsfülle wesentlich vermehrt wird. Zudem soll ein Autorensystem die Übernahme von Texten und Abbildungen in eigene Referate ermöglichen.

Vieles davon bietet nun der Brockhaus multimedial, sowie die neueste, auf der Frankfurter Buchmesse '99 erschienene Edition 2000 in zwei Versionen. Die Basis ist wiederum die 15bändige Druckausgabe, obwohl dies weder im Begleitheft noch in der eigens erstellten Presseinformation des Verlages erwähnt, ja anscheinend bewußt verschwiegen wird, vielleicht um keine Konkurrenz zum gerade dieses Jahr abgeschlossenen 15-Bänder oder zu der ebenfalls auf der Buchmesse erschienenen Rizzi-Ausgabe aufkommen zu lassen?

Während die Anzahl von Artikeln (66 000) und Stichwörtern (140 000) bei Print- und CD-ROM-Ausgabe identisch zu sein scheinen, scheint der Bildanteil, wenn er mit 4 200 angegeben wird, um einige tausend reduziert zu sein. Das ist bedauerlich, da gerade die Abbildungen ein wesentliches Plus der Print-Ausgabe darstellen, aber wohl erforderlich, um mit dem Medienangebot dem Titel "multimedial" gerecht zu werden: mehr als 9 Stunden Ton und rund 50 Minuten Videosequenzen soll die CD-ROM enthalten. Das ist natürlich neu und ungewohnt – wenn auch beim Wettbewerb allgemein üblich – aber doch über diesen nicht hinausgehend, wenn man die kurzen Ausschnitte klassischer Musik, Nationalhymnen – in völlig ungewohnter Klavierfassung und ohne Text – vorgelesenen Zitate von Dichtern und Schriftstellern, Einblendungen von Tageschau- und Tagesthemen-Sequenzen oder auch Vogelstimmen hört bzw. sieht. Alles mußte oder sollte – um den ständigen CD-Wechsel zu vermeiden – auf einer Scheibe untergebracht werden.

Der einfache Einstieg erfolgt, wie bei der Print-Ausgabe, über das ABC, nur daß man hier nicht auf einen Band oder zwei, wenn der Buchstabe nicht mit dem Band abschließt, zugreifen muß, sondern mit der Eingabe des gesuchten Wortes in die Suchmaschine im gesamten Alphabet, ja sogar in den Texten selbst recherchieren kann. Darüberhinaus kann die Suche auf die Medienliste ausgedehnt werden, so daß man sofort erfährt, ob ein Bild, ein Video, eine Tonwiedergabe oder ein Kartenausschnitt vorhanden ist. Der Erfolg, ein gesuchtes Wort zu finden, kann trotz aller medialen Angebote, wie schon gesagt, nur halb so groß sein wie bei der 24bändigen Enzyklopädie.

Direkt in die Lexikonartikel bewegt man sich auch von einer Zeitleiste. Diese bietet auf 30 Bildschirmseiten rund 750 Ereignisse aus der Menschheitsgeschichte seit 120 000 v.Chr. bis 1997. Man klickt auf die entsprechende Abbildung einer Person oder eines Ereignisses und wird zu Text und Medien geführt. Zur weiteren Information verweisen 9 000 Literaturangaben (bei der Edition 2000 sogar 12 500) auf weiterführende Sekundärliteratur, deren Anzahl auch ein Indiz für die Qualität eines Lexikon ist. Aber bei 66 000 Artikeln bedeuten 12 500 Literaturangaben nur etwa 20%, wenn man nur 1 Zitat je Artikel unterstellt. Das ist zu wenig, besonders wenn man noch ihre Aktualität betrachtet und dabei den Eindruck hat, daß nicht immer das Wichtigste und Neueste zitiert wird. Aber hier kann sich der Computer-Freund ja trösten, hat er doch die Möglichkeit in Fachdatenbanken im Internet das Aktuellste umfassend zu finden.

Allerdings führt im Brockhaus multimedial noch kein Link aus den Artikeln direkt ins World Wide Web. Nur der Menüpunkt "Online" bringt nach Eingabe von Registriernummer und Passwort eine Lexikonerweiterung durch Verbindung mit dem "Aktuellen Lexikon" der Süddeutschen Zeitung und mit aktuellen Berichten der Zeitschrift Stern – was jeder auch ohne CD-ROM über das Internet erreichen kann – sowie einer von der Brockhaus Redaktion erarbeiteten Chronik, die die wichtigsten Ereignisse des Jahres, in verschiedene Themengebiete aufgeteilt, monatlich archiviert und ständig erweitert. Erst die 2000-Editionen bringen erste, echte Web-Links.

So ist es auf jeden Fall informativ, meistens auch erfolgreich, durch den Brockhaus zu klicken. Man spürt, daß Fachleute für die einzelnen Themen am Werke waren, um das Gebiet fachgerecht darzustellen, manchmal ein wenig knapp, aber das kann individuelles Empfinden des Rezensenten sein, der, besonders wenn er nicht erfolgreich war, immer den 24-Bänder im Hinterkopf hatte. Auch die Literaturangaben führen nicht immer so sehr viel weiter. Die neuen Links im Internet sind noch ein wenig schwach ausgeprägt. Das Medienangebot enthält, was man eben von einem multimedialen Lexikon erwartet, aber auch nicht mehr, wobei der Bildteil mit seinen oft nur Schwarz-Weiß-Fotos nicht den höchsten Standard hat und, wie gesagt, mengenmäßig gegenüber der Druckausgabe stark abfällt.

Lustig und unterhaltend ist die Benutzung noch durch ein Lexikonquiz und ein Audioquiz, bei denen man sein Wissen testen und bewerten kann. Erheiternd sind auch die Kuriosa, die teilweise schon zu seltsamen Fragen und Antworten führen, bei denen man sich fragt, ob sie in einem solchen Lexikon stehen müssen, z.B. wenn gefragt wird, wer der gefräßigste deutsche Kanzler war, wann erstmals die Salami in einem Kochbuch erschien, oder schließlich wer die meisten Tore in einem deutschen Länderspiel schoß?

Nun denn, alles in allem ist der 15bändige Brockhaus in Print- und CD-ROM-Version ein Kompromiß für die, die sich die Enzyklopädie nicht leisten können, also die meisten Privatpersonen und viele kleinere Bibliotheken. Die Rizzi-Ausgabe wird viele Jugendliche anlocken, besonders in Bibliotheken. Die mulitmedial Ausgaben sind eine preiswerte Lösung für die, die mit dem PC umgehen können – und wer kann das heute (noch) nicht – und sie sind eine Lösung, die vielen Ansprüchen genügen, ordentliche Zusatzinformationen durch Multimedia liefern, auch durch Quiz und Kuriosa unterhaltsam sind, in der Internet-Anbindung noch manche Wünsche offen lassen – so daß gesagt werden kann: die 24bändige Enzyklopädie auf CD-ROM wird dringend erwartet.

Anschrift des Rezensenten
Dr. Rolf Fuhlrott
Berliner Str.9a
D-76185 Karlsruhe
E-Mail: fuhlrott@ubka.uni-karlsruhe.de