Zwischen Autor und Leser:
Karlsruher Verlage von der Stadtgründung bis heute.

Hrsg. v. Stadtmuseum Karlsruhe.
- Karlsruhe: INFO Verlag 1999.
ISBN 3-88190-235-X. DM 20.-

Viele wissen sicherlich, daß Baden-Württemberg neben Bayern die höchste Anzahl an Verlagen aufzuweisen hat, nur wenige aber werden Karlsruhe als eine ausgesprochene Verlagsstadt identifizieren.

Dies mehr in das Bewußtsein der Öffentlichkeit zu tragen, war mit das Ziel einer Ausstellung, die das Karlsruher Stadtmuseum von Juli bis Oktober 1999 im Prinz-Max-Palais durchgeführt hat., unter dem allerdings ein wenig irreführenden Titel Zwischen Autor und Leser, zwischen denen es ja bekanntlich mehr gibt als nur Verlage, z.B. auch Buchhändler, Bibliotheken u.a. Gezeigt wurden neben hochformatigen Schautafeln zahlreiche Originale aus Archiven, Bibliotheken und Museen der vergangenen drei Jahrhunderte. Die Schautafeln wurden verkleinert und in die Form eines begleitenden Kataloges gebracht, wodurch das extreme Format von 15 cm Breite und 42 cm Höhe entstand, ein Format, das niemand und auch keine Bibliothek im Bücherschrank oder Regal ordentlich aufbewahren kann. Ungewöhnliche Formate ist man sonst häufig von Architekten oder Künstlern gewohnt, aber nicht gerade vom buchproduzierenden Gewerbe!

Aber um auf den Inhalt zurückzukommen, die Verlage werden in ihrer Entstehung und Geschichte eingebunden in die Entwicklung des Fürstenhofes und der Stadt. Etliche Highlights des Verlagswesens gibt es da zu entdecken. Hatte doch schon die Mutter der Stadt, das damalige Residenzstädtchen und der heutige Ortsteil Durlach ein Offizin, in der bereits 1529/30 erste Teile von Luthers Bibelübersetzung gedruckt wurden. Bereits vier Jahre nach der Stadtgründung von 1715 holte der Markgraf Karl-Wilhelm den Hofbuchdrucker Maschenbauer aus der alten in die neue Residenz, was den Beginn einer eindrucksvollen Verlagsentwicklung markiert.

Es war die Zeit der Aufklärung, in der sich dann der folgende Markgraf Karl-Friedrich (1738-1811), unterstützt von seiner hochgebildeten Frau Karoline Louise für die allgemeine Verbreitung von Wissen und Bildung einsetzte. Die Folge war ein steigendes Lesebedürfnis, ja eine Lesewut wie es in Karlsruhe genannt wurde, die befriedigt und gefördert wurde durch die von einer ebenso wachsenden Anzahl von Verlagen erstellten Nachdrucke der Werke berühmter und zeitgenössischer Autoren, worüber sich auch Goethe und Schiller beschwert haben sollen. Die Arbeit der Verleger jedenfalls boomte, und es entstanden Almanache, Kalender, gelehrte Taschenbücher und vieles andere, das in Lesegesellschaften verschlungen wurde. Berühmt wurde die schließlich auf 258 Bände angewachsene "Sammlung der besten deutschen prosaischen Schriftsteller und Dichter", die beim Verleger Schmieder bereits ab 1774 erschien. Aber auch Original-Dichtung wurde verlegt wie das Werk des wohl bekanntesten und bedeutendsten Karlsruher Dichters Johann Peter Hebel, dessen Gesamtwerk schon bald nach seinem Tode bei C.F.Müller herausgegeben wurde.

Dergleiche Verleger hatte schon 1808, nachdem die kleine Markgrafschaft im Zuge der Außenpolitk Napoleons zum Großherzogtum aufgestiegen war, das Privileg erhalten, den übersetzten und bearbeiteten Code Napoléon als neues Badisches Landrecht zu verlegen.

1825 wurde die Polytechnische Schule als älteste Hochschule ihrer Art in Deutschland gegründet, aus der dann die Technische Hochschule und schließlich die Universität erwuchs, und 1862 wurde die Gewerbefreiheit in Baden eingeführt, beides wesentliche Grundlagen für einen industriellen Aufschwung. Der Bedarf an Fachliteratur wuchs und die verschiedenen Verlage trugen dem so stark Rechnung, daß Karlsruhe bald in den Ruf einer Stadt der Fachbuchverleger gelangte, zumal schon seit 1818 bis heute das Adreßbuch der Stadt hier verlegt wird und in jüngster Zeit noch ein überregional tätiger Telefonbuchverleger hinzu kam. Darüberhinaus war das 19.Jahrhundert auch gekennzeichnet durch eine Ausweitung und Spezialisierung des Schulwesens, was sich auch in der Schulbuchproduktion niederschlug, womit sich dann Anfang der 20er Jahre dieses Jahrhunderts der Verlag Braun profilierte und Karlsruhe zur Schulbuchstadt machte – weshalb sie das Fachbuchimage nie mehr ganz loswurde. Dies dauerte bis in die 70er Jahre als die allgemein bekannte Zentralisierung auf wenige Schulbuchverlage erfolgte.

Aber Karlsruhe war auch immer eine Stadt der Zeitungsverlage. Bereits 1803 erhielt der Verleger C.F.Müller das Privileg zur Herausgabe des "Carlsruher Wochenblattes" und im Laufe des 19.Jahrhunderts wurde die Karlsruher Presselandschaft außerst vielfältig – bis 1933. Diese Vielfalt konnte nach dem 2.Weltkrieg nie wieder erreicht werden. Eine Zeitung eroberte sich ein Monopolstellung, allerdings nur mit lokaler oder regionaler Ausstrahlung; Konkurrenzversuche scheiterten bislang.

Die Darstellung der Verlagsentwicklung wird abgeschlossen mit einiges Skizzen zur Herstellung von Druckerzeugnissen. Was dort aber unter den Überschriften ‚Drucktechnik‘, ‚Hochdruck‘, ‚Tiefdruck‘, ‚Flachdruck‘ oder gar ‚Kommunikation‘ und ‚Informationsfluß‘ gesagt wird, ist weniger als ein Lexikon-Eintrag bietet! Hier zeigt sich deutlich, daß, wie eingangs erwähnt, die Ausstellungstafeln zu einem Katalog nur zusammengefügt wurden und die im Impressum angegebene Redaktion sich nur auf die Tafeln beschränkt und nicht auf die Publikation.. Hier hätte man mit wenig mehr Aufwand mehr machen können, vielleicht ein Standardwerk für Karlsruhe. Auch die abschließende 15seitige Chronik ändert nichts an diesem Eindruck. Es ist deshalb auch müßig, sich über ein fehlendes Personen- oder Verlagsregister oder gar fehlende Quellenangaben zu beklagen. Die Publikation wird daher wohl nur von lokaler Bedeutung und nur am Ort zu finden sein.

Anschrift des Rezensenten
Dr. Rolf Fuhlrott
Berliner Straße 9a
D-76185 Karlsruhe
E-Mail: fuhlrott@ubka.uni-karlsruhe.de