EBST ­ PROFESSIONAL. Ein vollautomatisches Einbandstellensystem

von Stefan Remberg, Andreas J. Werner, Karin Wess


1. Grundeinstellungen
2. Auftragsarten von EBST

3. Auftragsverwaltung

4. Auftragsbearbeitung

5. Abschicken eines Auftrages zum Buchbinder

6. Zurückbuchen der Bände vom Buchbinder

7. Archiv 2000

8. EBST-Suchmodus

9. Bewertung nach einem Jahr Arbeiten mit EBST professional

  Im Herbst 1997 wurden zwischen der Einbandstelle der Stadt- u. Universitätsbibliothek Frankfurt a.M. und der Buchbinderei Remberg (Ebsdorfergrund u. Giessen) erste Gespräche über eine Automatisierung von Geschäftsgängen in einer Einbandstelle geführt. Die Einbandstelle der StUB erstellte bis zum Frühjahr 1998 ein Pflichtenheft, in das wertvolle Anregungen der Landes- u. Hochschulbibliothek Darmstadt aufgenommen wurden. Im Sommer 1998 konnte ein erster Prototyp der "Unterarbeitsgemeinschaft Erwerbung" des HEBIS-Verbundes vorgestellt werden. Eine verbesserte Version wurde auf der 50. Frankfurter Buchmesse im Oktober 1998 präsentiert. Im Winter 1998 wurde das System in enger Zusammenarbeit mit der Einbandstelle weiter verbessert, so dass am 1.1.1999 die Arbeit mit EBST planmäßig aufgenommen werden konnte. Im Laufe des Jahres 1999 wurde EBST um weitere Module ergänzt, wie das "Archiv 2000", die Statistik und den Suchmodus. Im Oktober 1999 konnte auf der 51. Frankfurter Buchmesse "EBST Professional" vorgestellt werden

1. Grundeinstellungen

Für eine Auftragsbearbeitung müssen zwei Grundeinstellungen vorgenommen werden, die zur Automatisierung der Programmabläufe notwendig sind: Eingabe der Buchbinderstammdaten und Hinterlegung der Preise. Die Preise resultieren aus der Ausschreibung oder aus Vereinbarungen mit dem Buchbinder.

2. Auftragsarten von EBST

Um eine korrekte Auftragserstellung zu ermöglichen, werden die Aufträge in den dazu passenden Auftragsarten hinterlegt: Monographien, Zeitschriften, Zeitungen, Reparaturen und Sonderfälle. Diese fünf Module ermöglichen eine differenzierte Auftragsbearbeitung. Zu jeder dieser Auftragsarten gehört eine spezielle Auftragsmaske.

3. Auftragsverwaltung

Zunächst wird der gewünschte Buchbinder aufgerufen. Danach muss eine Auftragsnummer vergeben werden. Der Auftrag wird benannt, z.B. "Ganzleinen". Das Auftragsstadium ("im Haus in Arbeit") wird festgelegt. Das Konto wird ausgewählt, das Fachgebiet festgelegt. Für statistische Zwecke gibt es die Möglichkeit, den Auftragstyp zu definieren, z.B. Erstbindung oder Bestandserhaltung.

4. Auftragsbearbeitung

In der Auftragsbearbeitung wird zunächst der vorher angelegte Auftrag ausgewählt. Je nach zu bearbeitender Vorlage wird der Auftragstyp geöffnet. Die Einteilung in unterschiedliche Auftragstypen ist deshalb notwendig, weil Zeitschriften im Gegensatz zu Monographien eine elektronische Musterpappe benötigen. Für jede laufende Zeit-schrift wird beim erstmaligen Eingeben eine Kartei angelegt, die bestimmte Standards enthält (Titel, Signatur, Einbandfarbe, Bemerkungen usw.).

Bei erneutem Eingeben der gleichen Zeitschrift wird diese Musterpappe automatisch wieder abgerufen, sodass lediglich die Eingabe der aktuellen Bandangaben erforderlich ist. Für alle Auftragstypen gilt, dass die erstellten Bände gezählt werden. Ordnet man dem Band zusätzlich eine vordefinierte Scannernummer zu, die bis zur Rückbuchung im Band bleibt, bietet das folgende Vorteile: bereits beim Registrieren werden die Scannernummern , wie auch die Einheiten, gezählt. Somit ist eine komfortable Kontrolle gewährleistet. Darüber hinaus hat der Buchbinder über die Scannernummer den direkten Zugriff zu den Bindedaten. Wieder zurück in der Einbandstelle wird der Band mit Hilfe derselben Scannernummer aufgerufen und zurückgebucht oder gegebenenfalls reklamiert. Um die Eingabe kontrollieren zu können, aktiviert man die Schaltfläche , die eventuell erfolgte Doppeleingaben anzeigt und damit Korrekturen ermöglicht.

Um Sonderfälle, die repariert oder restauriert werden müssen, effektiver bearbeiten zu können, wurden von der Einbandstelle der StUB Ffm. in Absprache mit Buchbindern Buchtypen festgelegt. Bei diesen Buchtypen wurden genaue Angaben hinterlegt, die die Bindeart eindeutig beschreiben, und Pauschalpreise vereinbart:

Pappband Werner: Pappband aus handgefertigtem Marmorpapier
Pappband Karin: Reparatur, in Mylar- Folie eingeschlagen
Pappband Julian: Pappband mit aufgezogenem Originalüberzug, in Mylar-Folie eingeschlagen
Einband Corina: blau/ weißer Kartonumschlag für einlagige Hefte
Pappband Michael: Büttenpappband 1119-312, blauer Punkt
Pauschale Leo: Papierzerfall, der entsäuert und eingebettet wird
Pauschale Gerburg: Reparatur, Originaleinband erhalten
Einband Thorsten: Halbledereinband mit marmoriertem Papier
Pappband Frank: Pappband 1126-014 (Schmedt-Katalog) mit farblich passendem Leinenstreifen, Originalumschläge erhalten und einbinden Die Auftragsbearbeitung der Sonderfälle geschieht in gleicher Weise wie die der übrigen Auftragstypen, ebenso das Zurückbuchen.

4.2 Auftragsbearbeitung Outsourcing

Um Rückstände von reparaturbedürftigen Bänden aus dem Magazin zügig abbauen zu können, wurde in der Einbandstelle der StUB das Outsourcing- Verfahren eingeführt. Das heißt, der Buchbinder übernimmt die Einbanddatenverwaltung für diese Art von Aufträgen. Er holt das bereitgestellte Bindegut mit und erstellt innerhalb von 4 Tagen eine Signaturen-Liste, die zwecks Überprüfung der Signaturenprägung und als Nachweis an die Einbandstelle gefaxt wird. Eventuelle Korrekturen der Signatureneinteilung werden dem Buchbinder sofort mitgeteilt. Darüber hinaus erstellt der Buchbinder eine Diskette von den Signaturen, die in EBST professional im Auftragstyp "Sonderfälle" eingespielt wird und somit als Auftrag vorhanden ist. Für den Buchbinder gelten folgende Binderichtlinien: die Bände werden neu als Ganzgewebebände , farblich dem Original entsprechend, aufgebunden. Halblederbänden werden als solche wieder neu gebunden. Wenn nötig, wird der Buchblock überarbeitet, er wird nur im Ausnahmefall beschnitten. Die Bände erhalten grundsätzlich eine Signaturenprägung in weiß, farbige Punkte, die auf bestimmte Einschränkungen in der Benutzung hinweisen, werden ebenfalls vom Buchbinder über die Signatur geprägt. Auch für das Outsourcing-Verfahren wurde mit den Buchbindern ein Pauschalpreis vereinbart. Besonders eilige Reparaturen aus dem Handbuchbzw.Handmagazinbereich werden wegen der benötigten Musterpappen und Bindeanweisungen in der Auftragsbearbeitung eingegeben, haben aber ebenfalls den gleichen Pauschalpreis wie die Reparaturen im Outsourcing-Verfahren.

5. Abschicken eines Auftrages zum Buchbinder

Zum Abschicken eines Auftrages muss zunächst das Auftragsstadium verändert und das Abholungsdatum eingetragen werden. Nach dem Einlegen einer beschrifteten 3,5-Zoll Diskette betätigt man die Schaltfläche , die den Kopiervorgang des Auftrags auslöst. Der Buchbinder besitzt ein Modul zum Einlesen der auf der Diskette befindlichen Bindedaten.

6. Zurückbuchen der Bände vom Buchbinder

Nach Rückgabe des fertigen Auftrages wird zunächst das Auftragsstadium in "zurück im Haus" geändert. Danach werden die Bände in der dafür vorgesehenen Maske "Zurückbuchen" anhand der Scannernummer aufgerufen und zurückgebucht oder gegebenenfalls reklamiert.

Alle zurückgebuchten oder reklamierten Bände werden vom System gezählt und angezeigt. Als besonderen Luxus geben bei fehlenden oder zurückgebuchten Bänden Dialogfenster, die über Schaltflächen erreichbar sind, Auskunft über deren Verbleib.

7. Archiv 2000

Das Archiv 2000 enthält folgende Funktionen: Archiv, Auftragserstellung, Suchmodus und Standortauswahl. In der Funktion Standortauswahl kann ein beliebiger Standort definiert werden. Die Archiv-Funktion bietet die Möglichkeit, Bände mit Signatur, Titel und Standort einzugeben, die zur Auftragsbearbeitung vorgehalten, aber noch nicht bearbeitet werden. Durch Verknüpfung von Archiv und Suchmodus liegen Rückstände nicht mehr undefiniert in Regalen, sondern sind im System festgehalten. Ein schneller Zugriff auf den Titel ist möglich.

Die Auftragserstellung aus dem Archiv erfolgt nach dem Öffnen eines neuen Auftrags in der Auftragsverwaltung, indem eine vorher festgelegte Pauschale, z.B. Pappband Werner, ausgewählt wird. Die schon im "Archiv" verwendeten Scannernummern werden in das dafür vorgesehene Feld eingescannt, die dazu gehörigen Daten, wie Signatur, Band, Jahr, Hefte und Buchnummer erscheinen automatisch. Ist der Auftrag beendet, wird er über die Schaltfläche "Auftrag abschicken" in die Auftragsbearbeitung des EBST professional transferiert. Dort wird er nach Zurücklieferung zurückgebucht.

8. EBST-Suchmodus

Der Suchmodus ist ein sehr hilfreiches Modul der EBST-Gruppe. Dieses Modul kann extern z.B. an der Information oder Ausleihe installiert werden, sodass von dort aus über das Netzwerk in EBST recherchiert werden kann.

Um das Netz nicht unnötig zu belasten, werden die Daten im Suchmodus nur einmal beim Starten geladen oder gegebenenfalls manuell über eine Schaltfläche aktualisiert. Der Suchmodus verfügt über eine Echtzeitsuche, die dem Benutzer schon bei der Eingabe der Suchkriterien anzeigt, ob Daten, die den Kriterien entsprechen, vorhanden sind. Wenn der entsprechende Band gefunden wurde, wird zu den Angaben über das Buch das Stadium angezeigt (z.B. Beim Buchbinder).

9. Bewertung nach einem Jahr Arbeiten mit EBST professional

Im Routinebetrieb hat sich EBST Professional als ein sehr zuverlässiges Sy stem erwiesen. Da alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in die Entwicklungsarbeit mit einbezogen waren, wurde gegenüber dem System eine hohe Akzeptanz erreicht. EBST macht die Arbeit effizienter, die Abteilung konnte sich weitgehendst vom Papier befreien, die Geschäftsgänge wurden beschleunigt. Besonders hervorzuheben ist, dass EBST unkompliziert weitere Entwicklungsarbeiten des Systems ermöglicht hat und weiter ermöglichen wird. Das regte alle in der Abteilung Beschäftigten an, über Veränderungen in den Geschäftsgängen nachzudenken und neue Geschäftsbereiche zu entwickeln. Auch die Zusammenarbeit mit den Buchbindern hat eine neue Qualität bekommen. EBST bietet neue Formen der Zusammenarbeit und reduziert die Fehlerquote. Unter Einbeziehung von E-mail und online wurde der Geschäftsverkehr mit den Buchbindern beschleunigt.


Zum Autor

Dr. Andreas J. Werner
Stadt- und Universitätsbibliothek
Frankfurt am Main
E-Mail: werner@stub.uni-frankfurt.de