Brockhaus und Meyers Lexikon:
CD-ROMs und Print-Ausgaben


Meyers großes Taschenlexikon in 25 Bänden. 7.Auflage.
Hrsg. u. bearb. von Meyers Lexikonredaktion.
- Mannheim u.a.: B.I.Taschenbuchverlag 1999.
ISBN 3-411-11007-4. DM 253.-

Der Brockhaus multimedial 2000. 2 CD-ROMs.
- Mannheim u.a.: Bibliographisches Institut 16:39 F.A.Brockhaus AG 1999.
ISBN 3-411-06903-1. DM 99.-

Der Brockhaus multimedial 2000 premium. 3 CD-ROMs.
- Mannheim u.a.: Bibliographisches Institut 16:39 F.A.Brockhaus AG 1999.
ISBN 3-411-06902-3. DM 179.-

Der Brockhaus multimedial 2000 Update (Premium-Version). 3 CD-ROMs.
- Mannheim u.a.: Bibliographisches Institut 16:39 F.A.Brockhaus AG 1999.
ISBN 3-411-06904-X. DM 99.-


Zahl und Art der verschiedenen deutschen Lexika sind heute so vielfältig, dass sie kaum der Fachmann unterscheiden kann, geschweige denn der interessierte Laie. Sieht man einmal von den vielen großen und kleinen Fachlexika ab, so ist die Anzahl der Allgemein-Lexika oder Konversationslexika, wie sie früher hießen, immer noch so groß, dass dem Nichtfachmann die Auswahl weiterhin schwerfällt. Soll er sich an den großen Namen Brockhaus, Herder oder Meyer orientieren, oder besser Bertelsmann, Goldmann oder Ullstein in Erwägung ziehen, oder genügen ihm gar die Einfachenzyklopädien von Aral oder Kosmos, wobei letztere in der dreibändigen Kompaktversion von 1999 auch immerhin 98.- DM kostet! Da geht man wohl doch besser zu den großen Namen wie Meyer oder Brockhaus mit ihrer nun schon Jahrhunderte alten Tradition.Dabei hat Brockhaus zwar die längere Erfahrung, aber Friedrich Arnold B. kaufte 1808 ein bereits begonnenes Konversationslexikon für seinen 1805 gegründeten Verlag, während Joseph Meyer in seinem 1826 in Gotha gegründeten Bibliographischen Institut von 1840-1855 selbst ein kollossales Konversationslexikon von 52 Bänden herausbrachte und auch eigene Hand mit anlegte. Beide Verlage gingen dann ähnliche Wege, wurden nach 1945 im Osten enteignet und in volkseigene Betriebe umgewandelt, und gründeten danach im Westen neue Betriebe. Letztere fusionierten 1984 zur Firma Bibliographisches Institut 16:39 F.A.Brockhaus AG mit Sitz in Mannheim. Die östlichen Betriebe wurden nach der Wende reprivatisiert und Tochtergesellschaften des vereinigten Mannheimer Stammhauses.

Damit war ein ungeheures Wissenspotential in einem Verlagsunternehmen vereinigt, deren Erzeugnisse sich gegenseitig befruchten, aber auch in Konkurrenz treten können bei trotzdem unterschiedlicher Ausrichtung. So ist der Verlag gerade dieses Jahr mit zwei großen Lexika herausgekommen: "Der Brockhaus in 15 Bänden" Anfang des Jahres und zur Frankfurter Buchmesse mit der Rizzi-Ausgabe (siehe Rez. in Heft 4/1999 dieser Zeitschrift S.505), die mit ihrer poppigen Aufmachung vor allem die Jugend ansprechen will, und jetzt, als zweites Print-Lexikon, ebenfalls zur Buchmesse "Meyers großes Taschenlexikon in 25 Bänden" in 7. neu bearbeiteter Auflage. Und der Unterschied? Der sollte, gemessen an der Bandzahl enorm sein, ist er aber nicht! Die 25 Bände nehmen auch nur knapp 70März des Platzes des Brockhaus ein, wenn man die geringere Buchhöhe mit einbezieht, noch weniger. Das ist natürlich nur möglich möglich durch einen kleineren Schriftgrad – einem Taschenbuch adaequat – und eine starke Reduzierung des Abbildungsmaterials gegenüber dem Brockhaus.

Bei dem Wichtigsten aber, den Texteintragungen, sind keine Abstriche gemacht, im Gegenteil, mit 150 000 Stichworteintragungen sind jetzt 12 000 mehr gegenüber der letzten Auflage hinzugekommen, und damit hat der Meyer die Nase vorn gegenüber dem Brockhaus mit 140 000 und zwar nicht nur zahlenmäßig, sondern auch was den Inhalt angeht: es scheint, dass gerade diese Neuaufnahmen die jüngsten Entwicklungen und Tendenzen unserer modernen Gesellschaft, insbesondere der Jugendlichen widerspiegeln, vor allem mit ihren Amerikanismen: Begriffe aus der Jugendkultur wie Crashkid, Girlie oder Hipster, aus dem Zeitgeschehen wie Agenda 2000, Euro-Zone, Streetwork oder auch SFOR, aus der Technologie wie Firewall, Homepage, Website oder Jahr-2000-Problem und schließlich aus dem Bereich von Sport und Unterhaltung wie Goalgetter, Grammy, Rapjumping oder Rave zeigen diese Tendenz. Die meisten dieser neu hinzugekommenen Ausdrücke machen das Lexikon modern und unterscheiden es auch vom Brockhaus. Sonst ist, abgesehen von den Äußerlichkeiten, inhaltlich kaum ein Unterscheid festzustellen. Denn die Stichwortartikel sind überwiegend identisch, in der Länge der Texte, Wort für Wort, mit den gleichen Schriftauszeichnungen und Literaturangaben. Das ist nicht verwunderlich bei den über 30 Redaktionsmitgliedern, die zwar im Meyer genannt werden, im 15bändigen Brockhaus dagegen nicht, aber in anderen Ausgaben wieder auftauchen, also wohl ziemlich identisch sind. Schön wäre es auch gewesen, dass, wenn die Namen schon bekannt sind, man auch die Autorenkürzel an den Texten wiedergefunden hätte, wodurch eine engere Beziehung sich zwischen Autor und Leser aufgebaut und die Anonymität abgebaut worden wäre. So stammen wohl bei beiden Lexika die Texte aus der oder den gleichen Federn. Also hat man mit "Meyers großem Taschenlexikon" nicht nur den Marktführer unter den deutschsprachigen Taschenlexika in der Hand, sondern gleichzeitig die Taschenbuchausgabe des 15bändigen Brockhaus, allerdings mit aktueller Hinwendung zu unserer modernen Gesellschaft – und das noch zu einem Preis, der etwa bei 1/3 des gebundenen Brockhaus in der Standard-Ausgabe liegt; natürlich mit dem Handicap eines Taschenbuchs in Klebebindung, das aber wohl in privater Hand nicht einer Dauerbenutzung ausgesetzt ist.Allerdings wird der Informationsgehalt des Lexikons durch einen geringeren Abbildungsteil geschmälert, der auf 1/3 gegenüber dem Brockhaus reduziert ist, was aber andererseits dadurch gemildert wird, dass gegenüber dem Brockhaus viele andere, modernere und zeitgemäßere Abbildungen aufgenommen sind. So werden Jugendbilder heute bereits ergrauter Persönlichkeiten durch zeitgemäßere ersetzt (z.B. Beckenbauer). Auch bemüht man sich, die vorhandenen Fotos zeitlich einzuordnen durch Beigabe des Aufnahmejahres (z.B. bei Curd Jürgens, Papst Johannes Paul II oder Clara Zetkin).

Auffallend ist, dass viele technische Zeichnungen in den Meyer Eingang gefunden haben, wie Schnittzeichnungen von Maschinen (z.B. eines Außenbordmotors) und Geräten oder Produktionsvorgängen (z.B. Zementherstellung), auch Abbildungen von modernen Maschinen sind häufig anzutreffen (z.B. einer Auswuchtmaschine für Autoreifen) , was man sonst alles eher in technischen Nachschlagewerken antrifft. So scheint der "Meyer" in starkem Maße auch der Zunahme von Technik und Naturwissenschaft in unserem Leben Rechnung zu tragen.

Wenig aussagekräftig ist, wie meistens bei solchen Werken, das Bildquellenverzeichnis am Ende des letzten Bandes. Hier werden zwar alle "Leihgeber" aufgeführt, aber nicht welches Bild sie zur Verfügung gestellt haben; beim Brockhaus ist wenigstens noch die Seite angegeben, so dass man raten konnte! Vielleicht möchte der eine oder andere Leser eine der Abbildungen verwenden oder von der CD-ROM herunterladen, wozu es wichtig wäre, den Urheber zu kennen.

Benutzbar ist das Lexikon gut. Gut lesbar sind die Bandangaben oben auf dem Buchrücken sowie unten die Alphabetabschnitte. Die Stichworteintragungen, die am Anfang der Texte stehen, sind fett hervorgehoben und um einen Buchstaben aus dem Text herausgerückt, so dass sie leicht auffindbar sind. Das erste und letzte Stichwort zweier gegenüberliegenden Seiten sind in etwas größerem Schriftgrad in die Kopfzeile der jeweiligen Seite neben die Paginierung genommen. Alphabetisiert werden alle Buchstaben der Stichwörter in gegebener Reihenfolge, auch wenn das Stichwort aus mehreren Wörtern besteht. Weitere Detailinformationen geben die "Hinweise für den Benutzer" am Ende des ersten Bandes. Ein Verweisungssystem soll helfen, den Inhalt des Lexikon allseitg zu erschließen. Bei zahlreichen Stichwörtern wird am Ende des Artikels mittels eines Buchzeichens auf weiterführende Literatur hingewiesen – was, wie immer, dem einen genügt, dem anderen aber zu wenig oder zu alt ist!

Zum Schluss soll die Aufmerksamkeit des Lesers noch auf zwei originelle Ideen gelenkt werden, die allerdings so originell auch nicht mehr sind, wenn andere es schon gemacht haben (wie Bertelsmman mit seinem Goldmann Taschenlexikon 1998): dem 25bändigen Taschenlexikon von Meyer liegt eine CD-ROM mit dem gesamten Text von 150 000 Stichwörtern und 450 Porträts bei. Auf Ton, Video oder Animation allerdings muss der Benutzer verzichten. Dafür bekommt er andere Porträtfotos, meist zeitgemäßere, als in der gedruckten Ausgabe geliefert Die ganze CD-ROM-Beigabe hat den (oder nur den) Vorteil, dass man den Text eines ordentlichen Lexikons auf die Festplatte laden und die CD-ROM beiseite legen kann, so dass man ihn immer zur Recherche und vor allem zur Bearbeitung zur Verfügung hat. Man kann so einzelne Texte in sein eigenes Manuskript übernehmen, verändern und bearbeiten, was sicher manche Anwender gerne tun möchten.

Die zweite originelle Idee ist die einer chronologischen Übersicht über das 20. Jahrhundert in einer beigegebenen etwa 20seitigen Broschüre. In drei gegenüberliegenden Rubriken (Spalten) werden herausragende Ereignisse aus Politik und Gesellschaft, Kunst und Kultur, sowie Wissenschaft, Technik und Umwelt zu jedem Jahr herausgestellt und z.T. mit einer Spalte von Abbildungen visualisiert: ein schneller, handlicher Überblick über das letzte Jahrhundert.

Zusammengefasst kann man sagen, dass Meyers großes Taschenlexikon nicht nur ein preiswertes, handliches und gut lesbares Lexikon ist, das sicher mit zu den besten der Branche gehört, sondern auch Antworten auf moderne Fragen der heutigen Zeit und Gesellschaft gibt und deshalb (auch wegen des Kaufpreises) für Studenten besonders geeignet ist. Viele, die keine allzu große Investition in ein solches Werk, auch wegen des heute schnelleren Veraltens, tätigen wollen und es auch nur gelegentlich zu Rate ziehen, sind mit diesem Lexikon gut bedient.Und nun schon wieder neue Brockhaus-Scheiben wird der erstaunte Leser fragen nach den gerade im letzten Heft dieser Zeitschrift (S. 505) besprochenen CD-ROMs! Aber angesichts der Konkurrenz, bei der der Leser schon für 100 DM ein Abonnement z.B. der Encarta Plus kaufen kann und dann immerhin einen aktuellen 29-Bänder im Laufwerk hat oder auch von Bertelsmann die 20bändige Discovery für 100 DM auf Silberscheiben bekommt, hat auch Brockhaus nicht ruhen lassen: auf seine Basis Version "Brockhaus multimedial", aufgebaut auf "Brockhaus in Text und Bild", sind nun nacheinander die Erweiterungen Brockhaus multimedial 2000 und Brockhaus multimedial 2000 Premium erschienen.

Diese beiden neuen Ausgaben sind verbesserte und erweiterte Versionen der Basis "Brockhaus multimedial" um 25 000 Stichworte auf 165 000, vor allem aus dem schon beim Meyer Lexikon erwähnten populären und kulturellen Bereich: die noch beim 15bändigen Brockhaus fehlenden, aber beim Meyer auftauchenden Begriffe aus der Jugendkultur sind jetzt hier auch eingefügt mit einem integrierten Fremdwörterlexikon.

Das Herzstück ist nach wie vor das Alphabet, in dem man über eine Stichwortliste suchen kann und im Trefferfall erfährt, ob die gefundene Texteintragung untergliedert ist (Kapitel oder mehrere Personen gleichen Nachnamens), Multimediabeigaben hat (Fotos,Videos,Audios) oder Links aufweist z.B. Verweisungen oder URLs im Web, wovon 2000, in der Premium Version sogar 4 000 vorhanden sein sollen.

Eine Profi-Suche ermöglicht neben der Stichwortsuche auch eine Themensuche in etwa 60 vorgegebenen Themenbereichen, sowie eine Einschränkung nach weiteren Kriterien wie aktuellen Beiträgen, solchen mit Weblinks oder Medienbeigaben oder auf bestimmte Personen bezogen.

Wichtig zu erwähnen ist, dass über einen Funktions-Button Artikel und Medien kopiert und/oder gespeichert werden können, um sie eventuell in eigene Anwendungen zu übernehmen, wobei auch die Schriftgrößen verändert werden können.Bildessays liefern zusammen mit Bild und Text, der vorgelesen wird, zu 8 Wissensgebieten tiefere Informationen.

Das Angebot an Illustrationen wurde von 4 200 auf 10 000, bei der Premium Version sogar auf 12 000 erhöht, die dazu noch durch monatliche Onlineergänzungen verändert und erhöht werden können. Allerdings krankt das ganze Abbildungsmaterial, wie schon beim Lexikon erwähnt, an der zeitlichen Fixierung. Hin und wieder tauchen Zeitangabe auf, aber meistens nicht, was dann besonders bei Ereignisvideos vermisst wird.

Die Literaturangaben wurden von 3 500 auf 12 500 beträchtlich erhöht, denen in der Premium Version noch 845 Quellentexte beigegeben wurden, darunter z.B. das gesamte Grundgesetz.

Eine Zeitleiste verknüpft auch bei diesen Versionen wieder die Meilensteine der Menschheitsgeschichte mit den Lexikonartikeln und reicht hier sogar bis in das Jahr 2006. Im wesentlichen sind in der Zukunftsperiode feststehende Präsidentschaftswahlen, Ausstellungen und Olympische Spiele zu finden, aber auch Spekulationen wie die Fertigstellung der Trans- rapidstrecke zwischen Hamburg und Berlin.

Neben der deutlichen Erweiterung der Textsubstanz und der multimedialen Ausstattung weisen die neuen Versionen des "Brockhaus multimedial" zahlreiche Weiterentwicklungen auf, die die Suche noch einfacher und effektiver gestalten. Gleich beim Programmstart macht automatisch ein "Tipp-Assistent" auf praktische Features aufmerksam, der aber auch jederzeit abgeschaltet werden kann.

Eine neue "Smart-Suche" verbessert die Eingabemöglichkeiten mit erhöhter Toleranz, so dass ungenaue Schreibweise, Doppelwörter oder die Suche nach Personen unter ihrem Vornamen möglich wird. Existiert der gesuchte Begriff nicht als Stichwortartikel, so wird automatisch eine Volltextsuche durchgeführt. Wer die Stichwortartikel mit eigenen Anmerkungen versehen möchte, kann diese über die "Notizbuchfunktion" direkt ins Lexikon schreiben.

Die Benutzeroberfläche der Version 2000 orientiert sich stark an den Standards der gängigen Web-Browser. Die Softwareentwicklung lag bei der Joanneum Research Forschungsgesellschaft in Graz. Alle Beteiligten werden im Impressum genannt, das unter dem Funktions-Button abrufbar ist, so auch die Mitglieder der Textredaktion, identisch mit dem Abdruck in Meyers großem Taschenlexikon, wodurch sich der Kreis hiermit schließt.

Besitzer der ersten Version des "Brockhaus multimedial" können ihre Software mithilfe eines Updates auf den Stand des "Brockhaus multimedial 2000 Premium" bringen.

Haben wir bei den Print-Ausgaben das Meyer Lexikon umfangmäßig, inhaltlich und nicht zuletzt wegen seiner Modernität und Zeitnähe vorne liegen sehen, so hat das Blatt sich jetzt mit dem Erscheinen der beiden neuen Brockhaus multimedial Versionen wieder gewendet. Inhalt und Modernität des Meyer sind aufgegangen und mengenmäßig überboten in und durch den Brockhaus. Zudem bietet besonders die Premium Version mit ihren zusätzlichen und neuen Features die Möglichkeit, das Suchen und Finden einfacher und effektiver zu machen. Darüberhinaus ist das Lexikon mit seinen zunehmenden Web-Links- und Update-Möglichkeiten ständig anpassungsfähig und erweiterbar. Es ist also ein ideales und zugleich preiswertes Nachschlagewerk, das nicht nur für den Privatmann – sofern er denn PC-versiert ist – empfehlenswert ist, sondern zunehmend auch für Bibliotheken geeignet sein könnte.


Anschrift des Rezensenten
Dr.-Ing. Rolf Fuhlrott
Berliner Str. 9a
D-76185 Karlsruhe
E-Mail: fuhlrott@ubka.uni-karlsruhe.de