Die Bibliothekstheke: Herzstück oder Barrikade?

von Robert Klaus Jopp


0. Einführung
1. Die verschiedenen Funktionen von Theken

  1.1 Theken für den Leihverkehr

  1.2 Auskunfts- und Beratungstheken

2. Die Ergonomie von Theken

  2.1 Personal

  2.2 Benutzer

  2.3 Beleuchtung

  2.4 Vorschriften

3. Technische Ausstattung von Theken

  3.1 Feste Einbauten

  3.2 Geräteausstattung

  3.3 Benachbarte Einrichtungen

  3.4 Kontrolle und Steuerung des Gebäudemanagements

  3.5 Flexibilität

4. Konstruktion und Gestaltung von Theken

Text eines Referates, gehalten bei einem Seminar der Arbeitsgemeinschaft der Fachhochschulbibliotheken im November 1999 in Berlin

 

0. Einführung

Die Theke stellt in der Bibliothek den wohl wichtigsten Kontaktort zwischen den Bibliothekaren und ihrer "Kundschaft", den Bibliotheksbenutzern, dar. Der Theke mit ihren unterschiedlichen Funktionen muss daher das besondere Augenmerk gelten. An der Theke wird der Leihverkehr abgewickelt und dort werden weitere Dienstleistungen wie Auskunft und Beratung angeboten. Diese Funktionen erfordern bei der Planung und im Betrieb gründliche Überlegungen zur Ergonomie, zur technischen Ausstattung, zur Konstruktion und schliesslich zur Gestaltung. Bei diesen Überlegungen müssen natürlich auch die stetigen, durch viele unterschiedliche Einflüsse verursachten Veränderungen in den Arbeitsabläufen berücksichtigt werden.

Einige der hier zu erörternden Fragen mögen Bibliothekaren selbstverständlich, ja geradezu als Platituden erscheinen; die Darlegungen möchten jedoch auch Nicht-Bibliothekaren, vor allem Architekten und Entwicklern und Herstellern von Bibliothekseinrichtungen, als Anregung und Orientierung dienen.

1. Die verschiedenen Funktionen von Theken

1.1 Theken für den Leihverkehr

Der zentrale Ort für die Abwicklung der Bestellung ­ sofern nicht zunehmend Online-Bestellungen ermöglicht werden ­, der Aushändigung der bestellten und der Rückgabe der ausgeliehenen Bücher und anderer Materialien aus dem Bestand der Bibliothek wie auch auf dem Wege der Fernleihe aus anderen Bibliotheken, ist die Theke für den Leihverkehr. Hier werden ­ je nach Bibliotheksart ­ auch Leserausweise ausgestellt sowie Benutzungs- und Mahngebühren bezahlt. Auch allgemeine und bibliothekarische Auskünfte können ­ je nach Größe der Bibliothek ­ hier abgefragt werden. Die zum Teil sehr unterschiedliche betriebliche Belastung der Theken für den Leihverkehr steht in engem Zusammenhang mit dem Beginn und Ende von Semestern der Hoch- und Fachhochschulen, Beginn und Ende von Schulferien, von Prüfungszeiten ­ genauer: Zeiten vor Prüfungen ­ sowie mit Tages- und Wochenrhythmen.


Thekenanlage in der Universitätsbibliothek Leipzig. Rechts erkennt man die Rückstellregale

Als Ergänzung zur Theke sind ausreichende Rückstellregale (Abbildung), Stellflächen für Bücherwagen, gegebenenfalls Stationen von Buchtransportanlagen sowie Hintergrundarbeitsplätze erforderlich. Zur Benutzerseite sollten ein oder mehrere Durchgänge vorhanden sein, um schnellen Zugang zu Referenzliteratur sowie vor allem zum Durchgangsbereich der Buchsicherungsanlage zu ermöglichen.

1.2 Auskunfts- und Beratungstheken

Diese Theken dienen zu allgemeinen und bibliothekarischen Auskünften sowie zu ausführlicheren Beratungen bei der Literatursuche. Ihre Funktion gehört ­ je nach Größe der Bibliothek ­ gelegentlich zu denen der zentralen Leihtheke. Diese Funktionen erfordern eine Ausstattung mit Geräten zum schnellen Zugriff auf örtliche und überörtliche Katalogsysteme sowie CD- und Online-Datenbanken aller Art. Als Ergänzung zur eigentlichen Theke ist Regalstellfläche für Auskunftsliteratur, z.B. Adress- und Vorlesungsverzeichnisse, erforderlich.

2. Die Ergonomie von Theken

2.1 Personal

Entscheidende Gestaltungsmerkmale für Theken sind die physischen Bedingungen für die Arbeit der Bibliotheksmitarbeiterinnen und -mitarbeiter. Wesentlich ist das jeweilige Tätigkeitsprofil, das heißt, ob und wann an den verschiedenen Thekenarten im Stehen oder im Sitzen gearbeitet wird, beziehungsweise gearbeitet werden kann. Dabei spielt eine Rolle, welche Handgriffe ausgeführt werden müssen, welche Geräte bedient werden müssen, welche Hilfsmittel, wie zum Beispiel Adressbücher oder Vorlesungsverzeichnisse, aus nicht in unmittelbarer Reichweite des Thekenarbeitsplatzes befindlichen Regalen herangeholt werden müssen und welche Lasten, vor allem in Gestalt von auszugebenden und zurückzunehmenden Büchern, bewegt werden müssen. Bestellte Bücher müssen aus den Rückstellregalen geholt und zurückgegebene auf Bücherwagen ­ vorsortiert oder nicht ­ abgelegt werden.

Zu den Handgriffen zählen zunächst handschriftliche Vermerke auf Anträgen zur Ausstellung von Leserausweisen oder auf Fernleihbestellscheinen, das Entgegennehmen von Mahngebühren und das Ausgeben von Fristzetteln. Dies kann natürlich sowohl im Sitzen wie im Stehen geschehen und hat somit noch keinen zwingenden Einfluss auf die Gestaltung der Arbeitsplätze an der Theke.

Anders steht es mit der Bedienung von Geräten verschiedener Art. Dieses Thema ist in Bezug auf die Gestaltung von Theken insofern recht schwierig zu diskutieren, als neben der Art und der Anzahl der an den Theken eingesetzten Geräte selbst auch deren Bedienungsteile, also Tastaturen und Ähnliches, sich in immer kürzeren Zeiträumen stark verändern. Wichtig ist dabei, aus welchen Sitz- oder Stehpositionen diese Tastaturen bedient werden können oder müssen, wobei die Bibliotheksmitarbeiterinnen und -mitarbeiter nicht einfach dem Marktangebot folgen, sondern auch ergonomische Forderungen aus den eigenen Erfahrungen stellen müssen.

Zugleich muss versucht werden, bei der Gestaltung der Theken auch eine möglichst große Flexibilität zu erhalten, das heißt vorbereitet zu bleiben auf große, unerwartete und daher unvorhersehbare organisatorische und technische Entwicklungen. Ich komme noch darauf zurück.

Ein Problem stellt auch das Bewegen von Büchern auf und neben oder hinter der Leihtheke dar. Kaum jemand macht sich klar, welche Gewichte während eines normalen Arbeitstages bei den Aus- und Rückgabevorgängen zu bewegen sind.

Nach den einschlägigen Berechnungsgrundlagen haben im Durchschnitt etwa 30 Bände auf einem Regalboden Platz, wobei pro Regalboden je nach Formatgrößen etwa 50 ­ 60 kg Gewicht angenommen werden. Jeder Bibliothekar respektive Bibliothekarin ­ an den Leihtheken handelt es sich ja meistens um Bibliothekarinnen ­ kann sich ausrechnen, wieviele Zentner Bücher er oder sie pro Tag zu bewegen hat. Bestellte Bücher müssen aus den Rückstellregalen geholt werden und zurückgegebene Bücher müssen auf den unterschiedlich hohen Böden der Bücherwagen vorsortiert abgelegt oder in Kästen eines Buchtransportsystems untergebracht werden. Bei aller Euphorie in Bezug auf elektronische Hilfsmittel und die "virtuelle Übermittlung von Gedrucktem" bleibt diese Art des Transports von Büchern sicher bis auf Weiteres aktuell; also müssen wir dies bei der Planung und Einrichtung von Theken berücksichtigen. Gibt es kein Buchtransportsystem ­ dessen Vor- und/oder Nachteile an anderer Stelle durchaus noch zu diskutieren wären ­ , so muss bei oder auch unter der Leihtheke Stellplatz für Bücherwagen vorhanden sein, der für die MitarbeiterInnen ergonomisch einigermaßen günstig zu erreichen sein muss. Sollen Bücherwagen unter der Theke untergebracht werden, so ist dies eine Lösung für ausschließlich stehendes Arbeiten an der Theke, weil die Griffhöhe der Bücherwagen nicht geringer als ca.0,9 m und andererseits die Theke nicht höher als 1,05 m sein sollte, sodass sich dann ein Bereich von etwa 0,15 m für ­ zusammengerechnet ­ die Dicke der Thekenplatte und den Abstand zwischen Thekenplatte und Griff des Bücherwagens ergibt.


Leihtheke in der Universitätsbibliothek Stuttgart mit Stellplätzen für Bücherwagen unter der Theke

Bei einzelnen Buchtransportsystemen, zum Beispiel einfachen Förderbändern, können Be- und Entladestationen unter der Theke angeordnet werden, wobei eine sitzende Tätigkeit wegen des Platzbedarfs der Anlage und der damit verbundenen Einschränkung des Fußraumes praktisch ausscheidet und in diesem Bereich praktisch keine Flexibilität mehr gegeben ist.

Referenzliteratur sollte, wenn die Leihtheke zugleich auch als Auskunftstheke dienen soll, möglichst auf der Theke untergebracht werden; aus Platzgründen wird man allerdings meist nur die örtlichen Vorlesungs- und Adressverzeichnisse dort unterbringen können. Um unnötige Wege und Bewegungen für das Personal zu vermeiden, sollte man weitere Auskunftsliteratur möglichst in Griffweite unterbringen. Über die online-Verfügbarkeit von Auskunftsmitteln wird noch bei der Erörterung der Geräteausstattung von Theken zu sprechen sein.

Rückstellregale für bestellte Bücher und andere Materialien sollten zugunsten von möglichst kurzen Wegen in der Nähe der Theke aufgestellt werden, wobei für deren Anzahl keinerlei Standards benannt werden können.

2.2 Benutzer

Für die Benutzer ist es wichtig, dass sie an der Theke ihre Taschen abstellen können, zu entleihende Bücher ohne besondere Mühe entgegennehmen, zurückzugebende Bücher ohne besondere Mühe abliefern können und darüberhinaus ein Stück Tischfläche vorfinden, auf der sie sich ­ im Stehen ­ Notizen aller Art im Zusammenhang mit dem Leihvorgang oder Auskünften machen können. Es sind hier sicherlich auch unterschiedliche Anforderungen und Verhaltensweisen der Benutzer in wissenschaftlichen und öffentlichen Bibliotheken zu berücksichtigen, unter anderem auch die unterschiedliche Körpergröße der Benutzer: In öffentlichen Bibliotheken müssen natürlich auch die Kinder berücksichtigt werden.

2.3 Beleuchtung

Die Frage der Beleuchtung von Theken muss leider als Stiefkind der Bibliotheksplanung bezeichnet werden. Oft haben hier gestalterische Vorstellungen der Architekten Vorrang vor funktionalen Gesichtspunkten; auch die Anbieter von Systemtheken machen kaum einmal Vorschläge zur Beleuchtung. Das Problem stellt sich insbesondere bei Theken, an denen die Bibliotheksmitarbeiter im Sitzen Leihvorgänge bearbeiten und zugleich auch für Auskünfte Bildschirmgeräte benutzen.


Universitätsbibliothek Leipzig. Arbeitsplatz an der Leihtheke mit EDV-Ausstattung (man beachte die Abschirmung des Terminals!)

Die Sehaufgaben und die daraus abzuleitenden Anforderungen an die Beleuchtung sind recht unterschiedlich und daher auch schwierig zu meistern. Die Benutzer sollten an der Theke eine Schreibfläche in etwa 1,00 ­ 1,05 m Höhe haben, während für sitzende Tätigkeit eine Tischplattenhöhe von etwa 0,70 m ergonomisch richtig ist. Auf beiden Höhen sollte wegen der oft kleingedruckten und daher schwer lesbaren Auskunftsliteratur eine Beleuchtungsstärke von etwa 500 lx gewährleistet sein, wobei natürlich die Beleuchtung weder für die Benutzer noch für das Bibliothekspersonal Blendungserscheinungen mit sich bringen darf. Blendfrei muss auch die Beleuchtung im Bereich der Bildschirme sein, wobei blendfrei auch heißt: Die Beleuchtung im Nachbarbereich der Theke darf keine Reflexe auf Bildschirmen erzeugen, was bei der empfohlenen Kombination von Allgemeinbeleuchtung und Arbeitsplatzbeleuchtung und einer sinnvoll guten Ausleuchtung des Eingangsbereiches nicht immer ganz einfach zu verwirklichen ist, weil in diesem Bereich auch ästhetische Gesichtspunkte eine Rolle spielen.

Als müßig muss die in der Vergangenheit immer wieder aufgekommene Diskussion darüber bezeichnet werden, ob die Benutzung von Bildschirmgeräten an Bibliothekstheken in den Gültigkeitsbereich der DIN 66234 beziehungsweise der vom Bundesverband der Unfallversicherungsträger herausgegebenen "Sicherheitsregeln für Bildschirm-Arbeitsplätze im Bürobereich" (GUV 17.8) fällt. Es kann natürlich sein, dass in wenigen Jahren die heute benutzte Technik der Leihverbuchung ersetzt werden kann durch Selbstverbuchung; das Gewicht der Tätigkeit an der Theke wird sich dann aber weiter in Richtung auf Auskunftstätigkeit verschieben, wobei sich der zeitliche Anteil der Benutzung von Bildschirmgeräten im Vergleich zur gegenwärtigen Situation kaum verändern dürfte.

2.4 Vorschriften

Es gibt einige Vorschriften, die sich zwar nicht unmittelbar auf Bibliothekstheken beziehen, aber bei deren Gestaltung dennoch zu beachten sind. Es sind dies die Arbeitsstättenverordnung mit den entsprechenden Arbeitsstättenrichtlinien (§ 7 bzw. ASR 7/3), die DIN 5035 Innenraumbeleuchtung mit künstlichem Licht, die DIN 66234 Bildschirmarbeitsplätze sowie die vom oben erwähnten Bundesverband der Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand ­ BAGUV ­ herausgegebenen "Sicherheitsregeln für Büro-Arbeitsplätze" (GUV 17.7) und die "splätze im Bürobereich" (GUV 17.8).

3. Technische Ausstattung von Theken

3.1 Feste Einbauten

Zu den "festen Einbauten" in beziehungsweise an Theken sind Verkabelungen für Medien, Geräte zur Ausleihverbuchung und zur Buchsicherung sowie Stationen von Transportsystemen zu rechnen.

Am wichtigsten sind sicherlich die Medienanschlüsse mit den erforderlichen Bodenauslässen, Kabelführungen und Auslässen in der Tischplatte. Bodenauslässe können insofern ein Problem darstellen, als Theken bei Änderungen der Organisation gelegentlich auch versetzt werden können müssen.

Bei Neubauplanungen ist zu empfehlen, sogenannte Hohlraumplatten im Boden zu verlegen, die es ermöglichen, Kabelanschlüsse in einem relativ engen Raster herzustellen, auch Verkabelungen im Boden zu verändern und zu ergänzen. Für die heute angebotenen Buchsicherungssysteme ­ immer häufiger auch kombiniert mit dem jeweiligen Ausleihsystem ­ sind De- und Reaktivierungsplatten für die in den Büchern, an den CDs oder an den Ton- und Videokassetten angebrachten Magnetstreifen oder -etiketten bündig in die Thekenplatten einzubauen. Dabei sind sorgfältig die erforderlichen Arbeitsvorgänge und Handgriffe zu überlegen, weil die Stellen, an denen diese Platten eingebaut werden müssen, natürlich später nicht ohne weiteres verändert werden können.

Insbesondere in Bibliotheken mit großen Beständen und hohen Ausleihzahlen, also zum Beispiel Hochschul- und Landesbibliotheken, die über ein Buchtransportsystem verfügen, werden die Trassen dieser Transportsysteme oft bis an die Leihtheke herangeführt. Dies können Förderbänder, Rollenbahnen von Kastenförderanlagen wie auch Schienen von automatischen Behälterförderanlagen sein. Gelegentlich wurden Förderbänder auch bis unter die Theke geführt, das heißt in sie eingebaut, was eine spätere Veränderung der Theke natürlich sehr aufwendig macht. Man wird heute im Allgemeinen Transportsysteme von der Leihtheke konstruktiv abgekoppelt halten.

3.2 Geräteausstattung

Die Ausstattung der Theken mit Geräten stellt in letzter Zeit immer höhere Ansprüche an die Flexibilität, weil die Entwicklung insbesondere der Medientechnik immer schneller geht und weil sich damit auch die Anzahl, die Größe und damit der Platzbedarf für die Bedienungs- und Sichtgeräte ständig und schnell verändern. Es kann jetzt und hier nicht beurteilt werden, wie diese Entwicklung weiter verlaufen wird und verlaufen kann, als sicher kann ­ nicht nur nach meiner Auffassung ­ aber gelten, dass der Sinn von Bibliotheken weiterhin sein wird, Bücher zu beherbergen und Platz zum Lesen anzubieten und dass die elektronischen Hilfsmittel sich als nützlich erwiesen haben, um Informationen über Literatur aller Art aufzufinden, was aber natürlich das Selbst-Lesen nicht ersetzen kann.


Beispiel für einen Bildschirmarbeitsplatz nach DIN 4549 (links).
Ergonomisch günstigere Gestaltung eines Bildschirmarbeitsplatzes (rechts).

Von Verkabelungen war bereits die Rede; wichtig zu erörtern bleibt die Aufstellung der Geräte, das heißt die ergonomisch richtige Position von Bildschirmen, Tastaturen und anderen Bedienungseinrichtungen. In der DIN 66234 Teil 6 wird von einer senkrechten Position des Bildschirms in Bezug zur Blickrichtung des beziehungsweise der am Bildschirm Tätigen ausgegangen; neuere Erkenntnisse zeigen allerdings, dass eine geneigte und tiefere Position des Bildschirms ergonomisch wesentlich sinnvoller ist, insbesondere wenn man die gleichzeitige Benutzung von Gedrucktem oder auch Geschriebenem in Betracht zieht.


Ergonomisch günstige Gestaltung eines Benutzerarbeitsplatzes in der UB Leipzig

In manchen Bibliotheken, zum Beispiel in der Universitätsbibliothek Leipzig, findet man schon solche teilweise im Tisch versenkte Bildschirmgeräte, die ein wesentlich weniger ermüdendes Arbeiten ermöglichen.

3.3 Benachbarte Einrichtungen

Nicht ganz unproblematisch war bislang die Nähe von Buchsicherungsschleusen zu Bildschirmgeräten und anderen elektronischen Einrichtungen. Die gegenseitigen Störmöglichkeiten müssen bei der Planung in Zusammenarbeit mit den beteiligten Firmen sorgfältig geprüft werden.

Nicht unwichtig ist bei der Planung von Theken das Umfeld. So muss genügend Stellplatz für Bücherwagen vorhanden sein, es müssen ­ je nach Erfordernis ­ Hintergrundarbeitsplätze vorhanden sein und auch Bereitstellungsregale für bestellte Bücher müssen ausreichend und gut erreichbar vorhanden sein. Auch die Anbindung an Buchtransportsysteme muss gewährleistet sein.

3.4 Kontrolle und Steuerung des Gebäudemanagements

Zusätzlich zu bibliothekarischen Funktionen kann es auch erforderlich sein, Steuertableaus für Einrichtungen des Gebäudemanagements im Bereich der Theke unterzubringen: Zum Beispiel Bedienungstasten für Sonnenschutz- und Brandschutzanlagen, auch für Beleuchtung.

3.5 Flexibilität

Ganz wichtig ist es, bei der Position, der Gestaltung und der technischen Ausstattung von Theken ein größtmögliches Maß an Flexibilität zu gewährleisten, weil die technische Entwicklung immer wieder einschneidende organisatorische Veränderungen nach sich zieht, die sich insbesondere im Bereich der Theken niederschlägt.

4. Konstruktion und Gestaltung von Theken

Es haben sich bis heute Beispiele von festen, das heißt fest eingebauten, gemauerten oder gar betonierten Theken erhalten. In vielen neuen Bibliotheken findet man "Designer-Theken"; Theken dieser Art entsprechen häufig vorwiegend den gestalterischen Vorstellungen der Architekten und weniger den funktionellen und organisatorischen Erfordernissen der Bibliotheken. In zumindest einem Fall hat es sogar offenen Streit zwischen den Bibliothekarinnen und dem Architekten gegeben, weil der meinte nicht zulassen zu dürfen, dass Bildschirmgeräte auf der Theke aufgestellt werden. Das Problem: Nicht wenige Architekten verstehen nur ungenügend die Funktionsabläufe in Bibliotheken und die Notwendigkeit, auf organisatorische Veränderungen kurzfristig reagieren zu müssen. Es liegt auf der Hand, dass fest eingebaute Theken große Schwierigkeiten bei der Anpassung an moderne Technik aller Art bereiten können.

Daraus folgt, dass es sicher im Allgemeinen zweckmäßiger ist, Thekenkonstruktionen zu wählen, die auch spätere Standortveränderungen ohne nennenswerten Aufwand ermöglichen. Dies ist nicht nur eine Frage der Konstruktion der Theke selbst, sondern auch eine Frage der Kabelführung im Boden sowie der Konzeption der Beleuchtung, wovon schon vorher die Rede war. Diesen Überlegungen kommen sicherlich die Baukastensysteme der verschiedenen Anbieter von Bibliothekseinrichtungen entgegen, deren Komponenten sich in der Regel schnell und unkompliziert verändern und neuen Anforderungen anpassen lassen.

Ein weiterer Aspekt der Konstruktion der Theken ist die Möglichkeit, respektive die Notwendigkeit, die Arbeitsposition des Bibliothekspersonals je nach Erfordernis verändern zu können. Damit ist die Möglichkeit des Wechsels zwischen sitzender und stehender Tätigkeit gemeint. In jeder Bibliothek gibt es "ruhige" Zeiten und Spitzenzeiten, zu denen jeweils besser im Sitzen oder im Stehen gearbeitet werden kann. Konsequenz: Die Höhe der Theke sollte, könnte oder müsste der jeweiligen Situation angepasst werden. Die beiden Alternativen, die sich hier anbieten, bestehen darin, dass man entweder nebeneinander liegende Thekenteile mit unterschiedlichen Höhen oder aber höhenverstellbare Thekenteile einbaut. Bei letzteren stellt sich zwar die Frage der höheren Kosten ­ gleich ob es sich bei der Verstellmechanik um Handbetrieb oder elektrischen Antrieb handelt ­, aber eine solche Konstruktion kann den Wechsel von der einen Tätigkeitshaltung zur anderen ganz erheblich erleichtern, muss natürlich immer in Beziehung gesetzt werden zu der zu erwartenden Benutzungsfrequenz.

Zur psychologischen Wirkung der Theke: Geschwungene oder runde Theken wirken in der Regel einladender, kommunikativer als gerade Theken, die nicht selten eher als Barriere erscheinen.

Die Materialwahl für die Oberfläche der Theke sollte immer der starken Beanspruchung durch Abrieb durch Bücher und andere Medien Rechnung tragen; ästhetische Gesichtspunkte müssen hier aber durchaus nicht zurücktreten, zumal gerade die Theken in den Materialkanon der Bibliothek eingebunden werden sollten.

Das Problem ist insbesondere seit der Einführung von bündig in die Tischfläche eingebauten Metallplatten zur Aktivierung bzw. Deaktivierung von Buchsicherungssystemen und gleichzeitiger Ausleihverbuchung aufgetreten, weil damit die Bücher und anderen Medien auf der Tischplatte hin- und hergeschoben werden müssen. Als dauerhaftes Material hat sich für diese Beanspruchung immer wieder Naturholz ohne Lackierung oder Versiegelung, allenfalls geölt, bewährt; auch z.B. Corean, ein Produkt aus kunststoffgebundenem Steinmehl, dürfte dem hohen Verschleiß gut standhalten.

Kunststoffbeschichtete Oberflächen werden wegen der bald auftretenden Verschleißspuren relativ schnell unansehlich.

Mit diesen Darlegungen ist beabsichtigt, die Aufmerksamkeit auf ein bislang meist etwas vernachlässigtes Thema zu lenken. Wenige andere Arbeitsplätze sind so bibliotheksspezifisch wie auch ergonomisch und arbeitspsychologisch so empfindlich wie die an den unterschiedlichen Theken ­ und demgegenüber sind kaum andere Arbeitsplätze so "schutzlos" den Gestaltungswünschen der Architekten ausgeliefert.


Zum Autor

Robert Klaus Jopp ist Architekt und Bibliotheksbauberater.

Gänsheidestraße 15/A
D-70184 Stuttgart