Die Bibliothek des Goethe-Instituts in New York

Praktikumsbericht eines Studenten vom Fachbereich IK

von Alexander Schultheis

 

Einzigartig für ein New Yorker ausländisches Kulturinstitut ist es, dass der Bestand seit 1995 in den großen amerikanischen Verbund von OCLC eingearbeitet wird. Diese Entscheidung hat große Auswirkung auf die Ausleihzahlen der Bibliothek, denn so kann der Bestand von Bibliotheken und ihren Benutzern in ganz Amerika und Kanada eingesehen und ausgeliehen werden. Die Bibliothek bedient somit mit ihrem Bestand nicht nur den lokalen Bereich.

Ganz Amerika ist durch "Interlibrary Loan" (Fernleihe) zusammengeschlossen. Zwei Beispiele sollen aufzeigen, wohin die Bücher gehen:

1.) Jungwirth, Nikolaus: "Die Puebertaet der Republik. Die 50er Jahre der Deutschen." an University of North Carolina Library, Charlotte, North Carolina

2.) Yorck von Wartenburg, Marion: "Die Stärke der Stille. Erinnerungen an ein Leben im Widerstand" an: Lexis and Clark Library, Portland, Oregon

Die Bibliothek ist somit voll in den Leihverkehr integriert.

Außerdem ist die Regionalbibliothek Mitglied in dem New Yorker Bibliothekszusammenschluss METRO, in dem sich 1.200 Bibliotheken der Metropole New York zusammengeschlossen haben. Es gibt verschiedene Arbeitsgruppen bei METRO. Die GI-Bibliothek befindet sich in der Sektion Multi-Cultural Library Services. Dies ist sehr wichtig, da so die Bibliothek einen Einblick bekommt, was alles in New York an Bibliotheksaktivitäten angeboten wird.

Während meiner Praktikumszeit sind, zum Beispiel, Vertreter des polnischen Kulturinstituts in die GI-Bibliothek gekommen um zu sehen, was dort angeboten wird, und es war öfter zu hören, dass die GI-Bibliothek gerne als Vorbild für andere Kulturinstitute gesehen wird.

Zurück zu METRO, das für seine Mitglieder interessante Workshops anbietet, von denen ich eine Vielzahl informativer und lehrreicher besucht habe, wie z.B.:

1.) NewFirstSearch von OCLC - Bei diesem Workshop wurde die neue Search-Maske von NewFirstSearch von OCLC vorgestellt. Dieses Interface bietet Zugang zu über 60 Datenbanken und wurde im Oktober 1999 zum ersten Mal einem Fachpublikum präsentiert.

2.) Copyright Law - Dieser Workshop fand in der New York Public Library statt. Der Workshop bestand aus drei Sitzungen, in denen aufgezeigt wurde, was Intellectual Freedom ist und was Bibliothekare in Amerika beachten müssen, wenn Medien ausgeliehen werden, die dem Copyright unterliegen.

3.) Internet Search Strategies - Bei diesem Workshop, veranstaltet im Headquarter von METRO, wurde aufgezeigt welche Suchmaschinen es gibt und welche Suchstrategie bzw. welche Vorüberlegungen getroffen werden müssen, damit man zu einem sinnvollen Ergebnis kommt.

4.) Cataloging Options bei OCLC - Dieser Workshop zeigte die verschiedenen Katalogisierungsmöglichkeiten beim OCLC-Verband auf. Besonders interessant fand ich das Abrechnungssystem. Wenn man ein Katalogisat bezieht, kostet dies Geld. Gleichzeitig bekommt die Bibliothek aber auch Geld, wenn ein Katalogisat für OCLC erstellt wird (original cataloging).

Besonders wertvoll und interessant fand ich eine Konferenz in Buffalo, die von der New York Library Association vom 27. bis 31. Oktober 1999 veranstaltet wurde (NYLA http://www.nyla.org). Dort habe ich sehr viel über Fundraising, Marketing und sehr viel über Metadaten gehört. Über dieses Thema werde ich meine Diplomarbeit schreiben.

Desweiteren habe ich die wichtigsten Bibliotheken in New York besucht, die jeder Bibliotheksinteressierte in seinem Leben gesehen haben sollte, wie z.B.

Nachdem ich mich nach zwei Wochen eingelebt hatte, konnte ich viele bibliothekarische Arbeiten ausführen: Telefon-, Fax- oder E-Mail-Anfragen beantworten, Hilfe beim Navigieren im Internet geben, Bücher lokalisieren helfen, etc. Nachdem ich mit den Aufgaben des Goethe-Instituts vertraut war, wollte ich wissen, ob und welche andere ausländischen Kultureinrichtungen es in New York noch gibt. In dieser großen Stadt, die niemals schläft und sämtliche Menschen aus den verschiedensten Ländern zusammen kommen, ist diese Frage schnell mit Ja zu beantworten. Es gibt eine große Anzahl.

Gleichzeitig musste ich jedoch erfahren, dass deutsche Einrichtungen wegen Haushaltskürzungen gefährdet sind und von offizieller Seite (Konsulat und Botschaft) sogar die Existenz der GI-Bibliothek in Frage gestellt wird. Als in die Zukunft denkender junger Mensch musste ich diesem Faktum nachgehen und die Situation des GI´s mit anderen Kulturorganisationen vergleichen.

Ich suchte daher die schweizerische, französische, österreichische, italienische und polnische Kulturvertretung auf, immer mit den Fragen, wie sieht die Bibliothek aus, welcher Service wird angeboten und was machen die anderen Länder mit ihrer Kulturpräsenz. Nach den Besichtigungen musste ich ganz klar feststellen, dass die Regionalbibliothek des Goethe-Instituts auf dem Markt sehr etabliert ist und zu den führenden gehört.

Der Service reicht von der traditionellen Ausleihe, dem Erstellen von Datenbanken, Newsletter bis zur Bibliothekskonferenz ausländischer Bibliotheken in New York.

Alle anderen Institute sind umgezogen oder befinden sich in der Aufbauphase für ihre Bibliotheken. Das heißt, eine Bibliothek wird im Internetzeitalter immer wichtiger. Kulturarbeit ist besonders in New York wichtig, da hier sämtliche Nationen zusammen kommen. "Europa braucht Amerika, aber Amerika braucht auch Europa" (Helmut, Kohl: Rede vor dem Chicago Council on Foreign Relations am 19.06.1997).

Die Bibliothek bereitet auch Ausstellungen vor und oftmals ist es so, dass der "Kleine" dem "Großen", in diesem Fall dem Metropolitan Museum of Art, bei einer deutschlandspezifischen Recherche helfen kann (ask the experts!). Die Bibliothek funktioniert hervorragend.

Nun, was muß sich ändern? Nach meinen Erfahrungen müssen die GI-Bibliotheken in Zeiten der knappen öffentlichen Kassen das Fundraising, welches in Amerika schon sehr lange erfolgreich angewandt wird, in Angriff nehmen. Geld muss in Zukunft von Privatpersonen, aber auch von der Industrie, dazugegeben werden.

Bummelt man so durch New York, findet man an jedem Haus die Namen derjenigen Firmen, die der Bibliothek, dem Museum oder der Ausstellung finanzielle Unterstützung gegeben haben.

Diese Art von Kulturförderung ist in Amerika ganz normal. Deutsche Firmen sollten sich darüber Gedanken machen. Ist es nicht auch von Interesse, dass wir unsere deutsche Kultur mit der Kultur in dem jeweiligen Land zusammen bringen, damit auch in Zukunft das Deutschlandbild in den USA positiv sein wird?

Bibliotheken werden in Zukunft hier eine stärkere Rolle einnehmen als je zuvor. Im neuen Jahrhundert wird die Bibliothek mehr und mehr zum Treffpunkt für Menschen, die Informationen und den Kontakt zur Bibliothek suchen.

Es ist einfach falsch, wenn davon ausgegangen wird, dass Bibliotheken in Zukunft verschwinden, da ja sämtliche Informationen im Netz zu finden sind. Computer können nicht Bibliothekare ersetzen, die den Kunden bei der Informationssuche beraten und mit Rat und Tat zur Seite stehen (personal touch).

Was kann ein deutscher Student in einer so einmaligen Stadt wie New York lernen? Erst einmal ist Manhatten mit seinen Gebäuden, Menschen und dem Flair einzigartig auf der Welt. New York ist eine Stadt, die jedem etwas geben kann. If you can make it here, you can make it everywhere! Morgens kämpft jeder um einen Sitzplatz im Bus, mittags sieht man zu, dass man ein billiges Sandwich ergattern kann und abends laufen Trauben von Menschen von ihrem Arbeitsplatz nach Hause. Sitzt man dann so um 20 Uhr in einem Lokal, dann kann man sehr schnell Kontakt mit anderen Menschen bekommen. Jeder Mensch ist anders und die Geschichte, warum der- oder diejenige in New York ist, auch. New York erweitert ungemein den Horizont, was den Umgang und die Kommunikation mit Menschen unterschiedlicher Herkunft und Kultur angeht. Wer in New York nicht kommuniziert, der ist verloren.

Was konnte ich am Goethe-Institut lernen? Ich habe verstanden was es heißt, deutsche Kulturarbeit in einer Bibliothek zu leisten. Das hochentwickelte amerikanische Bibliothekssystem ist mir vertrauter geworden. Ich habe auch erfahren, wie der tägliche Arbeitsablauf an einer deutschen Mittlerorganisation funktioniert und habe verstanden, dass es sehr wichtig ist, mit den Menschen zu sprechen und ehrlich seine Meinungen zu vertreten. In der heutigen Zeit ist das leider nicht mehr selbstverständlich. Termine, Erfolgs- und Zeitdruck, lassen die menschliche Seite oft in den Hintergrund geraten. Gerade im 21. Jahrhundert, dem sogenannten Informationszeitalter, wird diese Komponente wichtiger denn je, sonst werden sehr viele Menschen vereinsamen, da sie niemanden haben, dem sie etwas im Vertrauen sagen können.

Wer nach New York und an das Goethe-Institut gehen möchte, soll diese Chance unbedingt nutzen. Jeder Besucher der Metropole New York wird andere Eindrücke und Erfahrungen mitnehmen. New York ist eine Stadt mit sehr vielen Gesichtern, es ist auch eine teure Stadt. Wer die Chance hat, soll sie ergreifen, für das spätere Leben hilft die Stadt New York und das Goethe-Institut sehr.

Ich möchte mich am Ende dieses Berichtes bei den Mitarbeitern des Goethe-Instituts in New York, besonders bei dem Bibliotheksteam, bedanken, bei meinen Professoren an der FH Hannover, dem DAAD-Förderungsprogramm und ganz besonders bei meinen Eltern und meiner Schwester, die mir diesen wunderbaren und lehrreichen 3 1/2 monatigen New York Aufenthalt ermöglicht haben.

Zum Schluss noch ein kleines Lob an mich selbst: vom 1. Februar bis 15. April 2000 werde ich an das GI zurückkehren, da man mir dort eine Stelle in der Bibliothek angeboten hat. Ich werde die Schwangerschaftsvertretung für die Bibliotheksleiterin sein.


Zum Autor

cand. bibl. Alexander H.T. Schultheis

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