Erste Schritte im Management


Beryl Morris
[Dt. Übers. und Bearb.: Evelin Morgenstern]
(dbi-Materialien; 191) (Arbeitshilfen für Spezialbibliotheken; 11)
- Berlin: Deutsches Bibliotheksinstitut, 1999. 188 S.
ISBN 3-87068-991-9.

Der Rezensent musste sich durch drei verschiedenartige Einführungen "durchkämpfen", ehe er zu den eigentlichen Ausführungen kam. Nummer 1: "Vorwort der Herausgeberin" der Reihe, in der das Heft in Großbritannien erschien, Nummer 2: "Einleitung des Autors", Nummer 3: "Vorwort zur deutschen Ausgabe". Einführungen sind notwendig, verfehlen aber ihr Ziel, eine kurze "Gebrauchsanweisung" zu sein, wenn sie ausufern und den Leser verunsichern. Der Einstieg in das Thema wäre wesentlich erleichtert worden, wenn der Inhalt der sieben Seiten in einer einzigen "Einleitung" Aufnahme gefunden hätte.

Zusammenfassung dieser sieben Seiten: Die meisten Managementbücher sind für Leute geschrieben worden, die schon mehrere Jahre eine leitende Funktion innehaben, oder die Autoren gehen davon aus, dass die Leser eine Managementtätigkeit im kommerziellen Sektor haben. Diese Veröffentlichung aber "wurde für Manager in Bibliotheken und anderen Informationseinrichtungen geschrieben, und zwar von Autoren, die selbst im Informationsbereich eine leitende Funktion ausgeübt haben". (S. 11) "Sieben verschiedene Aspekte beim Management von Bibliotheken/Informationsagenturen" sollen in einzelnen Kapiteln abgehandelt werden (S. 11):

  1. Managementfähigkeiten und -stile
  2. Personalmanagement
  3. Management von effektiven Teams
  4. Leistungsmanagement
  5. Qualitätsmanagement und Dienstleistungen
  6. Selbstmanagement
  7. Management für die Zukunft.

Der Autor weist den Leser leider nicht darauf hin, dass seine Wahl für diese sieben Kapitel den sechs Kernbereichen entstammen, für die ein Manager qualifiziert sein muss (diese finden sich in einer Abbildung erst auf S. 20). Die Bearbeiterin und Übersetzerin sagt dem Leser nicht, warum sie die Kapitelüberschriften des Originals umgearbeitet hat (z.B. wird Kap. 1 verniedlicht zu "Management – eine ebenso schwierige wie reizvolle Aufgabe", die eindeutige Überschrift des Kap. 5 wird zum Slogan "Servicequalität bieten", Kap. 7 wird zur Aufforderung "Die Zukunft meistern") und warum sie in einem Falle die Reihenfolge verändert hat (Kap. 4 und 5 werden getauscht).

Der sich verändernde Kontext, in dem das Bibliotheksmanagement stattfindet (S. 17-19) – massenhafte Anwendung moderner Kommunikations- und Informationstechnologien, zunehmende Sparzwänge, Globalisierung von Wirtschaft und Wissenschaft, "anspruchsvollere, kritischere Kunden und die dringende Notwendigkeit, das Dienstleistungsangebot so zu gestalten, dass der Nutzer unseren Service aus freien Stücken wählt" (S. 19) – erfordert gegenüber den 70er und 80er Jahren ein vollkommen neues Management; und es erfordert eine Qualifizierung zum Bibliotheksmanager.

Im Vordergrund der Ausführungen stehen die praktischen Aspekte des Managements. Der Leser erhält in allen Kapiteln viele hilfreiche Ratschläge in klarer und eindeutiger Sprache. Das ist auch ein Verdienst der Übersetzerin, da die Beispiele und Andeutungen nicht ohne weiteres übernommen werden konnten und durch Erläuterungen für deutsche Leser anwendbar gemacht werden mussten (S. 15).

Für Studenten der Bibliotheks- und Informationswissenschaft und für den jungen Manager in jedem Bibliothekstyp, und nicht nur in einer Spezialbibliothek, ist es eine ausgezeichnete "lockere" Einführung in den Gegenstand. Für alle, die schon länger als Manager arbeiten, ist es ein gutes Nachschlagewerk.

Nicht zufrieden ist der Rezensent mit dem Anhang. Der erste Teil enthält unter dem Titel "Weiterführende Literatur" englischsprachige Literatur, die wohl wenig sinnvoll für den beabsichtigten Leserkreis ist. Der zweite Teil unter dem Titel "Weiterführende Literatur (deutschsprachig)" verzeichnet 42 Titel, unter denen sich keine einzige bibliothekswissenschaftliche Veröffentlichung befindet. Das ist beschämend. Es gibt mehrere Bücher (auch aus dem DBI!) und zahlreiche Zeitschriftenartikel und Konferenzbeiträge, die hier aufgeführt werden müssten. Zwei Beispiele: In Meg Pauls "Strategien für Spezialbibliotheken" (1) werden Anwendungsmöglichkeiten moderner Managementverfahren für Spezialbibliotheken beschrieben. Die behandelten Themen basieren auf betriebswirtschaftlichen Strategien, die in Industrieunternehmen entwickelt wurden. Einige Themen: Der Wert der Spezialbibliothek für das Unternehmen, die Bewertung von Arbeitsabläufen und Dienstleistungen, die Verbesserung von Arbeitsabläufen und Dienstleistungen, das Lobbying, verschiedene finanzielle Aspekte, Marketing und Promotion. Ulrich Hofmanns "Qualitäts- und Technologiemanagement in Bibliotheken" (2) ist wegen des hohen Abstraktionsniveaus, der theoretischen Diskussion und der fast ausschließlich verwendeten betriebswirtschaftlichen Terminologie sicherlich "nur" ein Fachbuch für den Theoretiker. Sein Ziel: "Im Rahmen dieser Arbeit sollen die Entscheidungsunterstützungsbedarfe auf die Handlungssituationen eines strategischen technologiegestützten Qualitätsmanagements einer Dienstleistungsproduktion am Beispiel der Bibliotheken als öffentlichen Informationsdienstleistungsbetrieben abgebildet werden." (S. 1-2)

Dieser Band ist der letzte der "Arbeitshilfen für Spezialbibliotheken", der in der Verantwortung eines bei einem Deutschen Bibliotheksinstitut angesiedelten "Beratungsdienstes Wissenschaftliche Spezialbibliotheken" erscheint (S. 16). Das ist schade, denn diese Arbeitshilfen haben sich in der bibliothekarischen Praxis bewährt. Der Rezensent dieses Bandes kommt angesichts der von ihm besprochenen Titel zu einem ganz pragmatischen Schluss: Eine Weiterführung der Reihe ist dringend erforderlich.


Anmerkungen

1. Paul, Meg: Strategien für Spezialbibliotheken / Meg Paul; Sandra Crabtree. Berlin: Deutsches Bibliotheksinstitut, 1996. VIII, 98 S. (dbi-Materialien; 148) (Arbeitshilfen für Spezialbibliotheken; 7)

2. Hofmann, Ulrich: Qualitäts- und Technologiemanagement in Bibliotheken. Wiesbaden: Harrassowitz, 1998. XII; 172 S. (Bibliotheksarbeit; 6).


Anschrift des Rezensenten
Prof. em. Dr. Dieter Schmidmaier
Sanddornstraße 8
D-12439 Berlin