Weinheimer Bibliothekartreffen vom 3.-7. Juli 2000

von Werner Schlacher

Am 6. Weinheimer Bibliothekartreffen des Verlags Wiley-VCH nahmen rund 40 Teilnehmer aus dem deutschsprachigen Raum teil, wobei sowohl Vertreter von Universitäts- als auch großen Firmenbibliotheken und Repräsentanten wissenschaftlicher Vereinigungen und Verlage anwesend waren. Im Mittelpunkt standen die unterschiedlichen Strategien, die von den Bibliotheken einerseits und den Verlegern andererseits verfolgt werden, um der viel diskutierten Krise auf dem Zeitschriftenmarkt entgegen zu wirken. An den Bibliotheken (ETH-Zürich, Deutsche Bibliothek Frankfurt) geht die Tendenz dahin, durch die Bereitstellung von Dokumentenservern ihren Wissenschaftlern eine Publikationsmöglichkeit zu schaffen, die sie von den Mechanismen des Marktes weitgehend unabhängig macht. Bibliothekare/-innen sehen darin die Möglichkeit, den monopolistischen Bestrebungen der großen Verlagshäuser wirkungsvoll zu begegnen und diese zu einer Revision ihrer bisherigen Vorgangsweise zu bewegen. Von seiten der Wissenschaftler wurde argumentiert, dass derartige Publikationswege nur für bestimmte Veröffentlichungen (Pre-Prints) denkbar wären, da sich der Wissenschaftsbetrieb nach wie vor an der Präsenz in den anerkannten Journalen orientiert und jede/-r Wissenschaftler/-in davon abhängig ist. Von den Verlagsvertretern wurde angemerkt, dass über Dokumentenserver verbreitete wissenschaftliche Information keiner nachvollziehbaren Qualitätskontrolle unterliegt und daher nicht mit dem Publizieren in wissenschaftlichen Zeitschriften verglichen werden kann.

Der zweite thematische Schwerpunkt dieser Veranstaltung galt der Entwicklung neuer Kostenmodelle für Bibliotheken, wobei die unterschiedliche Interessenlage ebenfalls deutlich zum Ausdruck kam. Während die Bibliotheken eine nachhaltige Kostenreduktion anstreben, versuchen die Verlage durch Erweiterung und Verbesserung des Angebotes (neue Zeitschriftentitel, verbesserte, aber kostenpflichtige Serviceleistungen im elektronischen Bereich etc.) Marktanteile zu gewinnen bzw. Umsatzzuwächse zu erzielen. In den auf Grund der Unterschiedlichkeit der Standpunkte sehr heftig geführten Diskussionen, wurden zwar die einzelnen Positionen deutlich, konkrete Kompromissvorschläge und Lösungen zu den anstehenden Problemen konnten bedauerlicherweise jedoch nicht gefunden werden.


Zum Autor

Dr. Werner Schlacher ist stellv. Hauptabteilungsleiter der Buchbearbeitung sowie Abteilungsleiter der Sachkatalogisierung und RSWKZentralredaktion der UB Graz

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