Die Gutenberg-Konferenz in Mainz

Kongressbericht von Rafael Ball

Vom 2. bis zum 8. Juli 2000 fand in der GutenbergStadt Mainz die internationale Gutenberg-Konferenz statt. Unter dem Titel "Medienrevolution 1450 ­ Medienrevolution 2000" versammelten sich mehr als 350 internationale Wissenschaftler und Praktiker aus den Bereichen Literaturwissenschaft, Geschichte, Bibliothekswesen, Buchhandel, Verlag, Soziologie und Kunstgeschichte. Veranstalter der diesjährigen internationalen Konferenz waren das Institut für Buchwissenschaft der Universität Mainz in Zusammenarbeit mit der internationalen Gutenberg-Gesellschaft sowie das Sokrates-Symposium der Europäischen Gemeinschaft und die Society for the History of Authorship, Reading and Publishing (SHARP).

Diese bislang einmalige Zusammenarbeit der verschiedensten an Buchherstellung, Buchbearbeitung und Buchverwaltung beteiligten Fachgruppen, stellt den wissenschaftlichen Höhepunkt der Veranstaltungen der Stadt Mainz im GutenbergJahr dar. Ausgehend von Gutenbergs Erfindung des Drucks mit beweglichen Lettern aus dem Jahre 1450 (Gutenberg ist der "Man of the Millenium"), wurde die Gutenberg`sche Medienrevolution der heutigen Medienrevolution durch Digitalisierung, Elektronifizierung und Vernetzung globaler Inhalte gegenübergestellt oder parallelisiert. Entsprechend vielgestaltig waren Vorträge und Themen, die den Besuchern in vielen Parallelsessions über fünf Tage lang präsentiert wurden. Das Themenspektrum reichte vom Early Printing in Thailand mit speziellen Aspekten der Druckgeschichte in besonderen geographischen Regionen, über Fragen der konkreten Buchbehandlung wie Papier und Buchbindung, bis hin zu Aspekten des frühen Urheberrechts und der Stellung der Autoren im Vergleich zu Buchproduzenten. Auch typographische Aspekte und Buchdesign wurden in einer eigenen Session diskutiert. Ein großer Bereich war auch den Fragen moderner Medien im Verhältnis zu Buch, Autor und Leser gewidmet. Hier kamen auch zunehmend die Fragestellungen aus der bibliothekarischen Praxis zur Diskussion. Hier wurde berichtet, wie die neuen Medien die traditionellen Kategorien der bibliothekarischen Services verschieben oder die 42-zeilige Bibel in digitaler Form aufbereitet werden kann. Spezielle Sessions beleuchteten die Position des Buchhandels zwischen Autor und Bibliothek, so etwa berichtete James Dearnley von der Loughborough University über die Auswirkungen der Aufhebung der Preisbindung auf dem britischen Buchmarkt. Seine eher positiven Darstellungen wurden von Brigitte Ouvry-Vial von der Universität Paris scharf kritisiert, die in ihrem Vortrag "Small Publishers in France and the Politics of Literature? Choice, Double-Bind?" darüber zu berichten wusste, wie die Aufhebung der Preisbindung kleine Verlage aus dem Geschäft verschwinden lässt.

Die internationale Gutenberg-Konferenz 2000 kann als sehr erfolgreicher Beitrag im Gesamtset von Buch, Bibliothek und Verlag angesehen werden. Deshalb ist es überraschend, dass die bibliothekarische Welt an dieser internationalen Konferenz nur mit bedauerlich geringer aktiver und passiver Präsenz aufwarten konnte.