Hofrat Dr. Franz Kroller zum Gedenken


* 7. Juli 1923     | 16. November 2000

Hofrat Dr. Franz Kroller, ehemaliger Direktor der Universitätsbibliothek Graz, ist tot. Noch im Jahr 2000 war er an dieser, seiner Bibliothek als Seniorenreferent im Einsatz, er beschäftigte sich ebenfalls noch in diesem Jahr mit dem neuen EDV-System Aleph, mit den zahlreichen CD-ROM-Datenbasen im Intranet, mit den elektronischen Zeitschriften im Internet und mit dem Phänomen der Digitalisierung von wertvollen Handschriften, Büchern, Zeitschriften und Nachlässen.

Franz Kroller war durch mehr als 50 Jahre in verschiedenen Funktionen an der Universitätsbibliothek Graz tätig und hat diese bis heute geprägt. Er trat 1947 zuerst als Werkstudent in die Fakultätsbibliothek für Rechts- und Staatswissenschaft ein, nach Abschluss des Studiums der Rechtswissenschaften 1949 kam er an die Universitätsbibliothek, wo er von 1952 bis 1971 als stellvertretender und von 1972 bis 1988 als leitender Direktor tätig war. Er führte die Kollegenschaft mit feinem Empfinden ­ und Sensibilität für jeden einzelnen, er zeigte stets Interesse für alle bibliothekarischen Fragen im Großen wie im Kleinen. Ins Zentrum seiner Arbeit in der Bibliothek stellte er stets den Benützer, für diesen bemühte er sich jederzeit, in einer angenehmen Umgebung umfassende Information bereitzustellen. Auch erkannte Franz Kroller, dass es wichtig ist, vom Benützer zu lernen, zu erkennen, was er braucht, und er hatte für individuelle Benützerwünsche stets ein offenes Ohr.

Während der Tagung der Arbeitsgemeinschaft der Bibliotheksdirektorinnen und direktoren an der Universitätsbibliothek Klagenfurt am 16. und 17. November 2000 haben wir vom plötzlichen Tod unseres verehrten und so geschätzten Kollegen erfahren. Wir empfanden es als besonderes Zeichen seiner stetigen Verbundenheit zum Bibliothekswesen, dass alle Vertreter der Universitätsbibliotheken mit den Verantwortlichen des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur beisammen waren, als uns die traurige Nachricht erreichte.

Franz Kroller beeinflusste von Graz aus das österreichische und internationale Bibliothekswesen nachdrücklich in unterschiedlichsten Funktionen:

So hatte er im damaligen Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung viele beratende Funktionen ausgeübt und zwar im Bereich der Ausbildung der Bibliothekarinnen und Bibliothekare, in Belangen des Rechts für das Universitätsorganisationsgesetz von 1975 und für das Medien- und Urheberrecht, sowie auf dem Gebiet des Bibliotheksbaus, wo er auch international hohes Ansehen genoss. Er war im Planungsteam für die Nationalbibliotheken in Rom, Teheran und Zagreb. In den 90er Jahren wurde er nach Bern zur Beratung für den großen Bibliotheksneubau der Schweizerischen Landesbibliothek geholt. Auch die großen Umbauten der Universitätsbibliothek Graz des letzten Jahrzehnts waren von Franz Kroller in die Wege geleitet worden. Er interessierte sich auch nach seiner Pensionierung am 31.12.1988 noch sehr für die Realisierung dieser Bauten und war stets ein wertvoller Gesprächspartner. Seine Beratungen zeichneten sich durch hohe Fachkompetenz, stets gelebtes Einfühlungsvermögen und guten, verständnisvollen Kontakt zu den Architekten aus.

Franz Kroller war von 1971 bis 1988 Vortragender und Vorsitzender der Prüfungskommission der Grundausbildung für den Bibliotheks-, Dokumentations- und Informationsdienst;

­ von 1977 bis 1981 Vorsitzender der Sektion "Bibliotheksbau und -einrichtung" bei der Weltvereinigung der Bibliotheken (International Federation of Library Association and Institutions ­ IFLA),

­ von 1976 bis 1982 war er Präsident der Vereinigung Österreichischer Bibliothekare (VÖB),

­ von 1983 bis 1988 war Franz Kroller Präsident der Vereinigung europäischer wissenschaftlicher Bibliotheken (LIBER ­ Ligue des Bibliothèques Européennes de la Recherche),

­ von 1973 bis 1999 auch Lektor an der Karl-Franzens-Universität und lehrte alle Bereiche des Bibliotheks- und Informationswesens. Gerne besuchten Studierende jeden Alters und aller Fakultäten seine Vorlesungen. Seine in diesen Zeitraum fallende Pensionierung bedeutete keineswegs die Abkehr vom Bibliothekswesen;

­ von 1989 bis 2000 leitete Franz Kroller das neu gegründete Seniorenreferat an der Universitätsbibliothek Graz, er gab umfassende Einführungen zu Beginn jedes Semesters und beriet die Seniorenstudierenden bei der Literatursuche für ihre Abschlussarbeiten;

­ in der Zeit von 1953 bis 1999 verfasste er etwa 200 bibliothekswissenschaftliche Publikationen und war Autor und Mitherausgeber von Büchern zum Bibliotheksbau.

Franz Kroller hat für seine beruflichen Leistungen viele Auszeichnungen erhalten ­ nur einige seien hier genannt:

­ das Österreichische Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst I. Klasse;

­ das Große Goldene Ehrenzeichen des Landes Steiermark;

­ das Ehrenzeichen der Landeshauptstadt Graz in Gold. Erst vor einem Jahr, 50 Jahre nach seiner Promotion zum doctor iuris, hat Franz Kroller gemeinsam mit seiner Frau Elfriede das "Goldene Doktordiplom" der Juridischen Fakultät der Karl-Franzens-Universität Graz erhalten. Beider Freude über diese Ehrung haben viele von uns miterleben dürfen.

Wir alle wissen, dass Franz Kroller ein halbes Jahrhundert österreichische und internationale Bibliotheksära nachdrücklich gestaltet und geprägt hat. Jeder von uns, der ihm begegnet ist, hat seine besonderen Erinnerungen,

­ an seinen stillen Humor,

­ an seine unaufdringliche Weisheit und Güte,

­ an sein unendlich vielschichtiges Interesse am Bibliothekswesen mit der hohen Verpflichtung, für die Benützer und Benützerinnen der Bibliothek jederzeit da zu sein und das Beste zu tun.

Vielen Dank Franz Kroller von uns allen für Dein stets gelebtes Vorbild als Bibliothekar im Dienste für die Kunden und Benützerinnen unserer Bibliotheken.

Dr. Sigrid Reinitzer,
Bibliotheksdirektorin der
Karl-Franzens-Universität Graz


Anmerkung:

Die Festschriften und Glückwünsche zu seinen runden Geburtstagen ab dem sechzigsten sind bibliographisch aufgelistet bei Fuhlrott, Rolf: Hofrat Dr. Franz Kroller 75 Jahre. ­ In: B.I.T.online 1(1998) Nr.3, S.198.