Klotz-Berendes, Bruno:
Notfallvorsorge in Bibliotheken.


[Hrsg.von der Kommission des EDBI für Bestandserhaltung. Red. Bearb.: Ulla Usemann-Keller]
- Berlin: Ehemal. Dt. Bibliotheksinstitut 2000. 81 S.
ISBN 3-87068-994-3. (DBI-Materialien; 194) DM 12,00

Das (sogenannte Ehemalige, d.h.aufgrund nicht nachvollziehbarer Beschlüsse in Auflösung befindliche) Deutsche Bibliotheksinstitut hat mit diesem Bändchen zur „Notfallvorsorge in Bibliotheken“ ein eigentlich schon lange überfälliges praktisches Handbuch vorgelegt, das auf den Schreibtisch und zur Pflichtlektüre jedes für den Betrieb und die Sicherheit in vor allem größeren Bibliotheken (Mit-) Verantwortlichen gehören sollte.

Notfallvorsorge gehört, wenn überhaupt, dann zu den Reizthemen der Bibliothekare, weil niemand gern in Betracht zieht, dass irgendetwas Gefährliches oder Bedrohliches in der Bibliothek passieren könnte, auf das man sich beizeiten vorbereiten müsste. Ein beliebtes Argument (u.a. des Direktors einer großen zentralen Bibliothek) ist: „Bücher brennen nicht“; Notfallübungen in Bibliotheken werden von betroffenen Technischen Abteilungen mit der Begründung abgelehnt, dass dabei „… die Studenten nur Unsinn machen würden“. Systematische Vorbereitungen der Mitarbeiter auf Notfälle - und in nicht zu langen zeitlichen Intervallen aktualisierte Alarmpläne - gibt es nur in den seltensten Fällen, obgleich dies zu den wichtigsten Maßnahmen der Notfallvorsorge zählt.

Das Büchlein ist übersichtlich gegliedert und behandelt zunächst grundlegende Aspekte eines Notfallplanes; dabei werden ausführliche Anregungen gegeben für die Zusammensetzung eines Planungsteams - die sich allerdings, so fürchtet der Rezensent, in der Praxis unter anderem aus mangelnder Einsicht in die Notwendigkeit meist nicht umsetzen lassen. Anschließend werden die unterschiedlichen Gefährdungsmöglichkeiten einer Bibliothek und die Gefahren für die verschiedenen Medienarten erörtert, daraus abgeleitet dann unter 3. die organisatorischen Maßnahmen im Umgang mit den unterschiedlichen Gefährdungen. Hier wird besonders die Bedeutung der Mitarbeiterschulung und der Bildung von Rettungsteams hervorgehoben; auch auf die Bedeutung der Arbeitsschutzbestimmungen für die Arbeit der Rettungsteams (zum Beispiel erlaubte Gewichte beim Heben und beim Transport von zu rettenden Büchern und anderen Gegenständen sowie der Schutz der Retter vor unter Umständen bei einem Brand entstehenden Giftstoffen).

Es folgen Vorschläge zu Vorsorgemaßnahmen für die Sicherung der Bestände, wobei der Hinweis auf das Vorsehen oder gar Bereitstellen von Notmagazinen in den meisten Bibliotheken als schlichtweg unrealistisch empfunden werden dürfte. Anders der Vorschlag zur Bereitstellung von Notfallboxen mit Schutzausrüstung, Säuberungs- und Verpackungsmaterial, Büromaterial und Dokumentationsausrüstung sowie technischer Ausstattung (z.B. Taschenlampen und dergleichen), darüberhinaus Abdeckplanen und Transportkisten.

Ein Unterkapitel ist der Sicherung von Dateien gewidmet, wobei es inzwischen zur Routine der mit den EDV-Systemen befassten Mitarbeiter gehören dürfte, die örtlichen Dateien mehr oder weniger täglich zu sichern.

Wichtig ist auch die Festlegung einer nach Prioritäten der Verantwortlichkeit geordneten Telefonkette. Darüberhinaus wird die Aufstellung eines Verzeichnisses von wichtigen Institutionen und Transportunternehmen - auch von Bundeswehreinrichtungen als schnell verfügbaren Hilfskapazitäten - und in diesem Zusammenhang Vereinbarungen vor allem mit möglichst in der Nähe befindlichen Tiefkühleinrichtungen (Kühlhäuser, Lebensmittelfirmen u. dgl.) wegen der Möglichkeit des Einfrierens von nassen Büchern dringend empfohlen; auch hierfür muss eine - immer wieder zu aktualisierende! - Telefonliste vorhanden sein. Das Bändchen enthält Vorschläge für die Gestaltung der genannten Telefonlisten, die natürlich den örtlichen Verhältnissen angepasst sein müssen.

Unter 4. werden Maßnahmen zur Bergung der geschädigten Materialien beschrieben. Die Bergung muss mit einer Beurteilung der Schadensart und der daraus abzuleitenden Maßnahmen beginnen. Bei der Bergung muss auf die richtige Behandlung und Verpackung beschädigter Bücher geachtet werden. Entsprechend dem Grad der Durchnässung beziehungsweise Durchfeuchtung muss die Art der Trocknung festgelegt und durchgeführt werden, um Schimmelpilzbildung durch Restfeuchte zu verhindern. Einige spezielle Schadensarten und ihre Behandlung werden unter 5. erörtert. Unter 7. wird ein Muster für einen Alarmplan sowie eine Checkliste für konservatorische Sofortmaßnahmen angeboten.

Eine umfangreiche Literaturauswahl schließt das sehr lesens- und beherzigenswerte Bändchen ab. Hoffen wir, dass die gegebenen Anregungen und Empfehlungen nicht nur Papier bleiben, sondern in die Tat umgesetzt werden können!


Anschrift des Rezensenten:
Architekt Robert Klaus Jopp
Gänsheidestraße 15/A
D-70184 Stuttgart