Konferenz "Mensch & Computer 2001"
5. bis 8. März 2001 in Bad Honnef

von Dr. Helmut M. Artus

Seit Stanley Kubricks Film-Klassiker "2001" aus dem Jahr 1968 steht die Jahreszahl 2001 als unheilvolle Chiffre für die Dämonisierung des Verhältnisses zwischen Mensch und Computer. In dem Science-Fiction-Film findet ein erbitterter Zweikampf zwischen Mensch und Maschine statt, bei dem es um Leben und Tod geht: ein showdown im Weltraum.

Die Zeiten haben sich geändert und die Visionen auch. Unser Alltag wird nicht von herrschsüchtigen Computer-Giganten bestimmt wie in "2001" oder "Colossus" (1969), sondern von vielen kleinen smarten Maschinen, die sich in fast alle Lebensbereiche eingeschlichen haben. Ihre Herrschaft ist unscheinbarer und versteckt sich hinter den tausend Erleichterungen des Alltags, ist aber darum nicht weniger totalitär. Der Computer unterdrückt nicht (wie in den Science Fiction-Horrorvisionen), sondern bringt seinen Herrn und Meister in eine Fülle von Abhängigkeiten.

Pünktlich zum Beginn des neuen Jahrtausends findet jetzt (vom 5. bis 8. März 2001) in Bad Honnef bei Bonn die Konferenz "Mensch & Computer 2001" statt, die den Auftakt einer ganzen Serie von Konferenzen bilden soll, die sich mit der Rolle des Computers in allen Bereichen der Gesellschaft befassen.

Zwar trägt sie die ominöse Jahreszahl 2001 schon im Namen, aber gegenüber früheren Themen und Visionen hat sich heute die Fragestellung radikal verschoben: von der Bedrohung durch den Computer zu seiner Integration in die Alltagswelt, von der Konfrontation Mensch/Maschine zur Partnerschaft, von der Angst zur freud- und phantasievollen Nutzung.

Bei dieser Konferenz geht es schwerpunktmäßig um die Benutzbarkeit der intelligenten Maschinen. Die Ausbreitung der Informationstechnik macht praktisch alle Menschen auf irgendeine Weise zu Benutzern von Computern. Man kann förmlich eine "Explosion der Mensch-Computer-Interaktion" feststellen. Über die Nutzung im Arbeitsleben hinaus kommt Computerfunktionalität in immer mehr Lebensbereichen zum Einsatz, als elektronischer Handel (kurz: E-Commerce), E-Government und E-Demokratie, beim Lehren und Lernen (E-Learning), bei Informations- und Kommunikationsdiensten, in Haushalt, Freizeit, Medizin, Spiel und Kunst (digitale Medien, Edutainment).

Es ist unmöglich, in einer kurzen Beschreibung der thematischen Vielfalt der Konferenz auch nur einigermaßen gerecht zu werden. Trotzdem seien einige Bereiche hier besonders hervorgehoben.

Unter dem Motto "Benutzbarkeit für Alle" wird die Veralltäglichung der Computerisierung und ihr Vordringen in alle Lebens- und Arbeitsbereiche abgehandelt: Da ist die Rede von interaktiven Online-Installationen im Museum, von natürlichsprachlicher Software für Bibliotheken und dem Computereinsatz in Call-Centern u.v.a.m.

Computer im schulischen und außerschulischen Lernprozess bilden ebenso einen thematischen Schwerpunkt wie mobile Systeme verschiedenster Art.

Bei der Visualisierung geht es nicht nur um die eher triviale Verbindung mit Design bzw. Kunst, sondern auch um eine Bereicherung von Informationstechnologie und Wissensrepräsentation durch Visualisierung.

Auch die Bedeutung der Computerisierung für Arbeitsplatz und Alltag behinderter Menschen, vor allem Blinder, wird thematisiert. Doch auch die allgemeineren Beiträge über die Steuerung von Geräten durch Gesten u.ä. wird man in diesem Kontext sehen können.

Nicht zu vergessen ist schließlich die Freude an der Benutzung in allen möglichen Bereichen und Anwendungen. Damit ist nicht nur der schon sprichwörtliche fun gemeint, dem eine ganze Generation ihren Namen verdankt, sondern auch Kreativität, nicht nur Spiel und chat, sondern auch lustvolles Arbeiten.

So vielfältig wie die Themen sind die Präsentationsformen. Neben 34 Vorträgen sowie 25 Poster- und Videopräsentationen, die ein eher rezeptives Auditorium erheischen, stehen 22 Workshops und 6 Tutorien, also eher interaktive und kommunikative Präsentationsformen.

Den geistigen Horizont, innerhalb dessen die Konferenz und ihre Nachfolgerinnen sich bewegen sollten, hatte eine "Task-Force" aus Vertretern der Gesellschaft für Informatik bereits im Dezember 1998 bei einem Treffen in Bonn abgesteckt. In dem damals erarbeiteten "Memorandum" ist folgendes zu lesen:

Dieser Auszug deutet gewissermaßen einen Paradigmenwechsel in der Informatik an, zeigt aber zugleich, wie schwer sich die technisch orientierten Wissenschaftsdisziplinen damit tun, ihren Objektbereich auch als psychisch und sozial bestimmten zu begreifen. Die vereinzelten psychologischen und soziologischen Aspekte bei der Konferenz "Mensch & Computer 2001" fallen entsprechend restriktiv und "maschinennah" aus. Kritische Fragestellungen, wie man sie aus Technology Assessment oder Wissenschafts- und Technikforschung gewöhnt ist, bleiben diesmal noch außen vor. Das Anliegen der Konferenz ist affirmativ: Förderung der Computerisierung durch Verbesserung und erhöhte Nutzerfreundlichkeit, nicht: Reflexion, Skepsis oder Kritik.

Obwohl noch nicht voll entfaltet, war es doch der eben erwähnte Paradigmenwechsel, der die Konferenz (und alle, die ihr nachfolgen sollen) erst möglich machte. Um Platz für sie zu schaffen, musste erst eine traditionsreiche Tagungsreihe eingestellt werden. Die Veranstalter der Konferenz - nämlich der Fachausschuss "Ergonomie in der Informatik" der Gesellschaft für Informatik (GI) und der Fachausschuss "Mensch-Computer-Interaktion” - haben die Initiative ergriffen, um das wichtige Querschnittsthema "Mensch & Computer" mit allen interessierten Personen und Organisationen gemeinsam neu anzugehen. Dafür lief die Reihe der Software-Ergonomie-Tagungen - neun Tagungen seit 1983 - jetzt zugunsten der "Mensch & Computer"-Konferenzen aus.

Wenn das hohe Interesse von Referenten und Besuchern im Vorfeld der Konferenz nicht täuscht, dann war die Entscheidung richtig.