Zeitschriften & Patente als Inhouse-eCommerce-Anwendung

Verwaltung und Nutzung der Zeitschriften bei Henkel

von Manfred Hauer

Ob man es wahrhaben will oder nicht, egal wie viele Daten im Internet verfügbar sind, nach wie vor sind gedruckte Fachzeitschriften die wesentliche Informationsquelle für wissensintensive Berufe. Die schwarzen Zahlen der Verlagsbranche bestätigen diese Einschätzung. An diesen Lesegewohnheiten wird sich auch in den nächsten Jahren nicht sehr viel ändern, wiewohl alle großen Verlage seit Jahren zusätzlich auch elektronische Angebote entwickeln. Während einige Leser vielleicht mit drei Fachzeitschriften pro Monat auskommen, so lesen viele Entscheidungsträger oder Wissenschaftler meist sieben und mehr Fachzeitschriften pro Monat. Darauf zu verzichten, würde bedeuten, sich von der Weiterentwicklung des Fachwissens abzukoppeln ­ verhängnisvoll...

Die Henkel KgaA, als Chemie-Konzern ein typisch wissensintensives Unternehmen, entschied sich bei der Zeitschriftenverwaltung für den Einsatz von Information Center. Insbesondere für die Module IC Media Circulation, IC Address & Contact und IC Media Directory der AGI ­ Information Management Consultants in Neustadt an der Weinstraße. Es geht bei Henkel in Düsseldorf um 3500 Zeitschriftentitel ­ mit teilweise über hundert Exemplaren pro Ausgabe ­ und 5000 Leser. Viel, gewiss, aber in großen forschenden Unternehmen normal.

Zuständig ist bei Henkel die Zeitschriftenstelle, sie ist Teil des dortigen Information Center. Zwei Dinge sind bei der Zeitschriftenverwaltung ständigen Änderungen unterworfen: die Zeitschriften und mehr noch die Mitarbeiter. Häufige interne Umzüge, Namensänderungen von Personen und Abteilungen, Änderungen von Rufnummern und Mail-Adressen und Änderungen der Kostenstellenzuordnung müssen zeitnah registriert werden. Weil Zeitschriften täglich eintreffen und ausgeliefert werden, ist die Liste meist aktueller als die offizielle Mitarbeiterliste in SAP. IC Address & Contact enthält diese Daten. Etwas ruhiger geht es bei den Publikationen zu, doch auch dort werden Periodika häufig umbenannt, Erscheinungsweisen geändert, Nummern zusammengelegt, Sonderhefte herausgegeben ­ und manchmal nicht komplett geliefert. IC Media Directory übernimmt die inhaltliche Erschließung der Zeitschriftentitel, verwaltet Internet-Adressen und Basis-Informationen für die internen Zeitschriftenumläufe.

Henkel unterscheidet Umlaufleser, dabei gibt es privilegierte Plätze am Anfang und am Ende der Liste, Einzelleser erhalten ihre Publikation exklusiv (vorwiegend Tageszeitungen) und Direktleser werden ohne Umweg über die Zeitschriftenstelle beliefert. Die Umlaufzettel für normale Umläufe und Einzelleser werden jeweils tagesaktuell berechnet, d.h. nach Priorität, Gebäude und Raum sortiert und in MS-Word auf ein A5-Format (also A4 quer mit je 2 Listen) gedruckt. Der Druck ist so optimiert, das keine Lücken entstehen, also kein Papier weggeworfen wird. Ähnlich ist es bei den Etiketten für Einzelleser. Jede Umlaufliste hat einen eindeutigen Schlüssel, der gleichzeitig als Barcode gedruckt wird. Dies macht die Rückbuchung von Umläufen sehr einfach und schnell. Fehlen in einem Umlauf noch Hefte, wird das rückgebuchte Heft automatisch neu in den Umlauf ­ diesmal für andere Leser ­ eingeschleust.

Was hat das mit eCommerce zu tun? Viel, denn es geht um Millionen.

Jeder Leser kann weiterhin telefonisch sein Konto durch die Zeitschriftenstelle verwalten lassen, er kann aber auch sein Leserkonto alleine verwalten, d.h. neue Titel in IC Media Directory recherchieren, abonnieren und auch wieder abbestellen. Zeitschriften sind oft teuer, also ist jede Buchung auch ein Kaufakt, d.h. entsprechend der Leserpriorität und den Kosten des jeweiligen Titels wird die Kostenstelle belastet. Monatlich generiert ein Agent Listen, welche in SAP die Kostenstelle belasten. "Normale" Zeitschriften werden pauschal belastet, teure Publikationen werden auf die Anzahl der Leser umgerechnet und nach realen Kosten verbucht.

Für inzwischen über 1000 Zeitschriften sind die URL-Adressen in IC Media Directory verfügbar. Papier und Web ergänzen sich. Alle Mitarbeiter können auch elektronisch auf die jeweiligen Verlagsangebote zugreifen.

Eine andere sinnvolle elektronische Ergänzung kommt von Swets & Zeitlinger ­ einer global agierenden Zeitschriftenagentur, die 200.000 verschiedene Titel an ihre 30.000 Kunden liefert. Deren Angebot Swet Scan liefert via eMail die aktuellen Inhaltsverzeichnisse ­ sie fließen in IC Media Directory zusätzlich ein. Mittels Volltextrecherche und einschlägiger Views kann jeder, schon bevor der Umlauf eintrifft oder Monate danach, einschlägige Artikel recherchieren. Wöchentlich treffen 45.000 Titel der Aufsätze ein, also rund 2 Mio. pro Jahr. Dieser Ansatz erweist sich als effizienter als Inhaltsverzeichnisse selbst einzuscannen oder gar mit OCR nachzubearbeiten. Swets & Zeitlinger erfasst alle Titel manuell und korrekt ­ an 18 Standorten weltweit. Die Urheberrechte der Verlage werden nicht verletzt. Wenn die Titelrecherche nicht genügt, liefert die Recherche-Abteilung des Henkel Information Centers Online-Recherchen in weltweiten Datenbanken wie z.B. Chemical Abstract mit einer ausführlichen Indexierung und aussagekräftigen Zusammenfassungen. Hier hat der normale Internet-Benutzer keinen Zugang.

Doch nicht nur die Kommunikation mit den internen Kunden, den Lesern, verläuft auf elektronischem Wege, sondern auch die Schnittstelle zu den Lieferanten. Sie werden über fehlende Hefte, Abbestellungen, zusätzliche Bestellungen oder sonstige Wünsche weitgehend automatisiert benachrichtigt.

Dennoch, der bisher sehr gute persönliche Kontakt zu den Lesern und Lieferanten soll bleiben ­ denn Vertrauen entsteht nur bedingt über Bildschirme und Vertrauen ist die Basis jeden Geschäfts.

Eine so maßgeschneiderte Zeitschriftenverwaltung (die Patentumlaufverwaltung ist auch integriert) ist nicht billig, doch bereits in knapp 6 Monaten sind die Kosten allein auf der IT-Seite armortisiert. Da Online-Buchungen weitgehend automatisch den richtigen Umlauf finden, d.h. die Entscheidungsstrukturen der Zeitschriftenstelle abbilden, wird der Workflow effizienter. Durch die deutlich verbesserte Kostentransparenz werden die Leser kostenbewusster agieren, Überflüssiges wird früher abbestellt, Sinnvolles früher erkannt. Knowledge Management bei Henkel rechnet sich und ist keine nebulöse Marketing-Propaganda ­ Zeitschriften sind ein bewährtes Element in der KM-Strategie.


Zum Autor

Dipl.-Inf.wiss. Manfred Hauer M.A.

AGI ­ Information Management Consultants
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