Mehrwertdienste durch Virtuelle Kataloge - 5 Jahre Karlsruher Virtueller Katalog

von Uwe Dierolf und Michael W. Mönnich


Abstract

1. Überblick über die Entwicklung der letzten Jahre
2. Nutzung des KVK

3. Mehrwertdienste

4. Dokumentlieferung

5. Weiterentwicklung des KVK


1. Überblick über die Entwicklung der letzten Jahre

Am 26. Juli 1996 fiel der Startschuss für den Karlsruher Virtuellen Katalog. Entstanden als Idee an der UB in der - aus heutiger Sicht - Frühzeit des Internet und realisiert in Kooperation mit der Fakultät für Informatik der Universität Karlsruhe (die Basis des konzeptuell mehrfach neu gestalteten KVK bildete eine Studienarbeit eines Informatikstudenten), hat sich der KVK zu einem der wichtigsten bibliographischen Rechercheinstrumente in Deutschland entwickelt. Die Ursache für den beeindruckenden Erfolg ist zu einem großen Teil darin begründet, dass der KVK als umfassendes Nachweisinstrument aller wichtigen Bibliotheksbestände in Deutschland und im deutschsprachigen Ausland eine Lücke füllte. Bis heute gibt es keine Alternative zum KVK, wenn man auf der Suche nach seltener Literatur ist oder die Standorte von Büchern schnell und bequem feststellen will.

Sicherlich mag es für den einen oder anderen Anbieter von bibliographischen Daten weniger prestigeträchtig sein, lediglich als Datenlieferant des KVK zu fungieren. Andererseits ist es dem Wissenschaftler, der auf der Suche nach Literatur ist, nur schwer zu vermitteln, warum er nacheinander mehrere Verbundsysteme durchsuchen soll. Der Hinweis auf die föderale Struktur des deutschen Bibliothekswesens kann nicht beliebig strapaziert werden, da "die Bibliotheken" als von Steuergeldern finanzierte Dienstleitungseinrichtungen daran interessiert sein müssen, sich dem Kunden gegenüber positiv zu präsentieren. Hier spielt der KVK - zusammen mit dem deutschen Leihverkehr und Subito - eine zentrale Rolle.

Neben dem Bedarf der Nutzer hat sicherlich auch die kontinuierliche Pflege des KVK zur ständig steigenden Nutzung beigetragen, insbesondere die ständige Erweiterung der angebotenen Kataloge, die laufende Verbesserung der Performance und die ständige Optimierung der Suchmaske.

Diese Entwicklung des KVK ist auch äußerlich zu erkennen:

Abbildung 1: Suchmaske des Karlsruher Virtuellen Kataloges von 1996

Abbildung 2: Suchmaske des Karlsruher Virtuellen Kataloges von 2001

Neben diesen für den Nutzer sichtbaren Änderungen wurde auch die zugrunde liegende Technik von der Universitätsbibliothek Karlsruhe ständig optimiert. Zu nennen ist hier u.a.:

2. Nutzung des KVK

Die hohe Akzeptanz des KVK zeigt auch die Nutzungsstatistik, die monatliche Zugriffszahlen ausweist, die derzeit bei rund 1 Mio. Zugriffen liegen. Im Durchschnitt werden pro Anfrage 7,6 Kataloge vom Benutzer ausgewählt. D.h. pro Monat werden von den KVK-Servern ca. 8 Millionen Anfragen verschickt.

Abbildung 3: Nutzung des Karlsruher Virtuellen Kataloges (Juli 2001)

Interessant ist die Verteilung der Zugriffe nach Länder-Domänen. Hier ist festzustellen, dass der Anteil von außerhalb der Bundesrepublik kontinuierlich zunimmt; der KVK wird auch zunehmend vom Ausland als gesamtdeutscher Bibliothekskatalog wahrgenommen.

Abbildung 4: Zugriffe nach Ländern (Juni 2001)

In absoluten Zahlen kommen nach wie vor die Hauptnutzer jedoch aus den wissenschaftlichen Einrichtungen der Bundesrepublik:


Abbildung 5: Hauptnutzer des Karlsruher Virtuellen Katalogs (Juli 2001)

3. Mehrwertdienste

Neben der kontinuierlichen Verbesserung der Funktionalität hat sich im Verlauf der letzten Jahre eine Vielzahl von Anwendungen für neue virtuelle Kataloge ergeben. Teils aus eigenem Interesse, teils für unterschiedliche Auftraggeber, hat die Universitätsbibliothek Karlsruhe verschiedene neue Kataloge erstellt. Unter der URL http://www.ubka.uni-karlsruhe.de/hylib/virtueller_katalog.html findet man eine Übersicht aller virtuellen Kataloge, die insgesamt mehr als 100 Bibliothekskataloge weltweit erreichen.

Im Wesentlichen wurden drei Arten von Virtuellen Katalogen entwickelt:

3.1 Regionalkataloge

Regionalkataloge fassen die Bestände von Bibliotheken, die in einer geographischen Region konzentriert sind, zusammen. Dies sind zur Zeit

Abbildung 6: Elektronischer Bodenseekatalog

3.2 Spezialkataloge

Spezialkataloge verbinden Bibliotheksbestände bestimmter Fachgebiete, die räumlich disparat sind:

Abbildung 7: Karlsruher Virtueller Volltextkatalog (KVVK)

3.3 Virtuelle Bibliographien

Eine Neuerung stellt die Virtuelle Deutsche Landesbibliographie dar. Erstmals wird hier eine Virtuelle Bibliographie aufgelegt. Durch die Virtuelle Deutsche Landesbibliographie - sie befindet sich derzeit noch im Testbetrieb - sollen die Nutzer insbesondere bei einer thematischen Suche über mehrere Landesbibliographien hinweg unterstützt werden. Derzeit sind 11 Landesbibliographien über OPACs online abfragbar, hinzu kommen Bibliographien von kleineren Regionen Deutschlands sowie die Landesbibliographien der Nachbarländer. Diese sollen nach und nach in die Virtuelle Deutsche Landesbibliographie integriert werden. Die Virtuelle Deutsche Landesbibliographie startet mit der Rheinland-Pfälzischen Bibliographie und der Landesbibliographie Baden-Württemberg. Auftraggeber für die Virtuelle Deutsche Landesbibliographie ist die AG der Regionalbibliotheken.

4. Dokumentlieferung

Es bietet sich an, einen virtuellen Katalog nicht nur als Nachweisinstrument, sondern auch für die Fernleihe einzusetzen. Konkret realisiert wurde dies in zwei Bereichen: einmal die Nutzung des KVK als Datenlieferant für die bibliographischen Angaben bei Fernleihbestellungen von Bibliothekskunden, zum anderen für die Organisation der Fernleihe einer bestimmten Region.

4.1 Online-Fernleihe

Die Kunden der Universitätsbibliotheken in Karlsruhe und Mannheim können die spezielle KVK-Variante nutzen (http://www.ubka.uni-karlsruhe.de/kvk_fernleihe.html), bei der die bibliographischen Daten aus dem KVK direkt in ein Online-Fernleihformular übernommen werden. Die Fremddatenübernahme funktioniert prinzipiell bei allen Fremdkatalogen, die ein strukturiertes Datenformat anbieten. Zur Zeit unterstützt der KVK den Südwestverbund, den Bayerischen Bibliotheksverbund und den Gemeinsamen Bibliotheksverbund (GBV). Die Unterstützung weiterer Kataloge ist geplant.

4.2 VBRPexpress

Eine landesweite Lösung stellt VBRPexpress dar (http://www.vbrpexpress.de). VBRPexpress ist ein Lieferdienst für Bibliothekskunden in Rheinland-Pfalz. Über VBRPexpress können Bücher, audiovisuelle und digitale Medien (Kassetten, Videos, CD-ROMs) aus rheinland-pfälzischen Bibliotheken online recherchiert und bestellt werden. Der Virtuelle Katalog enthält derzeit ca. 4 Mio. Titel von über 100 öffentlichen und wissenschaftlichen Bibliotheken in Rheinland-Pfalz, davon nehmen 30 als Lieferbibliotheken und mehr als 80 Vermittlerbibliotheken teil.

Im Anschluss an die Recherche im Virtuellen Katalog wählt der Kunde eine Bibliothek aus, an die das Buch geschickt wird. Sobald das bestellte Buch eingetroffen ist, erhält er von der Vermittlerbibliothek eine Nachricht. Der Dienst ist kostenpflichtig, es wird ein Entgelt von 5,- DM pro Buch bei der Abholung fällig.

5. Weiterentwicklung des KVK

5.1 Technik

Dieser Abschnitt ist dem technisch interessierten Leser gewidmet.

5.1.1 Gestiegene monatliche Belastung

Wie bereits erwähnt, führen die ca. 1 Mio. KVK-Anfragen zu ca. 8 Millionen Anfragen an die Kataloge. Wie man im folgenden sieht, ist die Anzahl der Netzverbindungen sogar wesentlich höher, da nur noch selten eine Recherche mit einem HTTP-Request abgewickelt werden kann.

5.1.2 Gestiegene Komplexität der Anfragen

Die Komplexität der Anfragen hat gegenüber den Anfängen des KVK deutlich zugenommen. Moderne Kataloge basieren inzwischen fast durchgehend auf einem Sitzungskonzept. Hierzu bedienen sie sich moderner Web-Techniken wie z.B. Cookies oder Javascript. Für den KVK bedeutet das, dass i.d.R. eine KVK-Suchanfrage aus mehreren HTTP-Requests besteht. Im einzelnen können folgende Schritte anfallen:

Nur in seltenen Fällen genügt heutzutage noch das Stellen einer Suchanfrage. Der KVK wickelt alle oben aufgeführten Aufgaben im Rahmen einer sog. Post-Processing-Routine ab.

5.1.3 Einführung eines Proxy-Konzepts

Der gestiegene Einsatz des beschriebenen Post-Processing erforderte eine geänderte Ablauflogik. Ziel des KVK war und ist es, dem Benutzer möglichst rasch erste Ergebnisse zu liefern. Dazu versucht der KVK möglichst schnell die in einer Recherche aufgeführten Kataloge parallel zu befragen. Erste KVK-Ergebnisse sieht ein Benutzer erst, nachdem alle Kataloge das Pre-Processing durchlaufen haben.

Früher wurde der Sitzungsaufbau im Rahmen des Pre-Processing durchgeführt. D.h. ein in diesem Punkt langsamer Katalog bestimmt das Antwortzeitverhalten des gesamten KVK.

Heute wird einer der KVK-Server als sog. Proxy benutzt - d.h. der KVK stellt sich selbst die Anfrage, was bewirkt, dass der KVK-Hauptprozess direkt - also ohne auf den eigentlichen Sitzungsaufbau warten zu müssen - weitere Kataloge befragen kann. Den u.U. langwierigen Prozess des Sitzungsaufbaus sowie das u.U. mehrschrittige Abhandeln des Post-Processing erledigt der sog. KVK-Proxy.

5.1.4 Katalogspezifische Anfragebeschränkung

Da einige Katalogbetreiber der gestiegenen Anfragenlast auf Grund veralteter Maschinen und/oder Konzepte nicht gewachsen sind, wurde der KVK auch hinsichtlich der Beschränkung paralleler Anfragen pro Katalog erweitert.

Vor einigen Monaten sorgte die Beschränkung des WWW-Servers dafür, dass nicht mehr als 120 KVK-Anfragen gleichzeitig bearbeitet werden konnten.

Dieses Verfahren wirkte sich zunehmend in den Spitzenzeiten am frühen Vormittag negativ aus. Es kam häufig eine Fehlermeldung des KVK-WWW-Servers, mit dem Hinweis, dass keine weiteren Prozesse geöffnet werden können. Diese für den Benutzer sehr unbefriedigende Situation bleibt nun aus, da das Limit auf Seiten des WWW-Servers einem katalogspezifischen Limit gewichen ist.

5.1.5 Projektspezifisches Layout der Trefferliste

Der KVK ist hiermit in der Lage, auch die Trefferliste im Design des Projekts bzw. der Projektsuchmaske zu präsentieren. Diese neue Möglichkeit rundet den Einsatz des KVK als Instrument zur Entwicklung von Spezialkatalogen ab.

5.2 Neue Kataloge

Im Jahr 2001 wurde die Auswahl der Kataloge um die Verbundkataloge von Schweden und Norwegen erweitert.
Als weitere wichtige deutsche Bibliothek kommt noch die Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz (Berlin) hinzu.
Der Bereich der Buchhandelskataloge wird um das Zentrale Verzeichnis Antiquarischer Bücher (ZVAB) sowie den Grossist Libri ergänzt.

5.3 Fremddatenübernahme

Die Datenübernahme von Volltiteldaten in die Online-Fernleihformulare soll auch für weitere als die in 4.1 aufgeführten Kataloge angeboten werden.


Zu den Autoren

Dipl.-Inform. Uwe Dierolf arbeitet seit März 1995 an der UB Karlsruhe. Er ist Leiter der EDV-Abteilung. Seine Aufgabenschwerpunkte sind die Internetdienste der UB Karlsruhe sowie die UB-internen Büroinformationssysteme.

Universitätsbibliothek Karlsruhe
Postfach 6920
D-76049 Karlsruhe
E-Mail: Dierolf@ubka.uni-karlsruhe.de
WWW: http://www.ubka.uni-karlsruhe.de/dierolf
Tel: (0721) 608-6076 (Fax -4886)

Dr.rer.nat. Michael W. Mönnich ist seit 1991 an der UB Karlsruhe beschäftigt. Er ist Leiter des Organisationsbereichs Medienbearbeitung sowie 2. Stellvertreter des Bibliotheksdirektors. Er betreut u.a. das Fachreferat Informatik.

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E-Mail: Moennich@ubka.uni-karlsruhe.de
WWW: http://www.ubka.uni-karlsruhe.de/~moennich
Tel: (0721) 608-3108 (Fax -4886)