Abbildung 1: Modellaufnahme
Reichsratstraße mit Blick (aus Richtung
Rathaus) auf den neuen Zugang zur
Bibliothek (mittlere Brücke) und
hinunter in den Freihandbereich

Wichtige Etappe auf dem Weg zu einem neuen Speicher für die UB Wien

von Willi Treichler

Kürzlich fand in der UB Wien die Präsentation der siegreichen Wettbewerbsprojekte für einen neuen unterirdischen Speicher für die Universitätsbibliothek Wien statt. Die Vorgaben für das Wettbewerbsverfahren waren sehr anspruchsvoll: einerseits galt es, unter einem Teil des Straßenkörpers der Reichsratstraße (rückseitige Parallellstraße zum Dr. Karl Lueger-Ring) eine möglichst große Nutzfläche für ein Freihandmagazin und darunter für geschloßene Magazine zu gewinnen, andererseits die neuen Räume unter Wahrung denkmalpflegerischer Auflagen an das bestehende Universitätsgebäude und die sich darin befindliche Universitätsbibliothek optimal anzubinden. Die prämierten Vorschläge haben diesen Umständen in besonderer Form Rechnung getragen; am meisten vermochte indes das Projekt von Günter Kaufmann und Oliver Kaufmann (Wien), Ingenieur: Vasko + Partner (Wien) die Jury zu überzeugen (Abb. 1).

Günter und Oliver Kaufmann ist es gelungen, die bestehenden Teile der Universitätsbibliothek, allen voran der berühmte Große Lesesaal, in überzeugender Weise mit dem neu zu erstellenden fünfgeschossigen unterirdischen Speicher (Abb. 2) zu verknüpfen. "Scharnierstelle" ist ein neu geschaffenes zentrales stützenfreies Foyer, in dem die Verbindungen über flach geneigte Rampen zu den einzelnen Funktionsbereichen zusammenlaufen. An der Schnittstelle zwischen Foyerbereich und Freihandbereich befindet sich neu die Entlehnabteilung, die sich dank Lufträumen zu den oberen Bereichen öffnet und durch Wanddurchbrüche eine räumliche Verbindung zum neuen Tiefspeicher herstellt.
Kennzahlen
Gesamtnutzfläche Zubau15.000 m2
Total Regalbodenlänge 160.000 lfm
davon Freihandaufstellung 13.000 lfm
Fertigstellung 2005
Das Freihandmagazin, das die oberste Ebene des Tiefspeichers bildet, weist durch das zweischalige Glasdach zur Reichsratstraße eine optimale natürliche Belichtung auf, die mit schwenkbaren Metalllamellen reguliert wird. Durch die Versetzung der einzelnen Geschossdecken kann Tageslicht bis in die unterste Ebene eingeführt werden.


Abbildung 2: Querschnitt; links neuer Tiefspeicher
mit 5 Geschossen, rechts Hauptgebäude der
Universität (Trakt Reichsratstraße), hoher Raum
oben: Großer Lesesaal

 

Das Projekt überzeugt auch durch die gelungene Aufwertung der architektonisch ebenfalls bedeutenden rückwärtigen Fassade des Ferstel'schen Universitätsbaus: zusätzlich zu den bestehenden kleinen Eingängen wird ein neuer zentraler Eingang geschaffen, der einerseits als repräsentativer Bibliothekseingang und andererseits als Durchgang zum Arkadenhof dient. Durch den von der Reichsratstraße möglichen Einblick (oder Tiefblick) in die neue Freihandbibliothek entsteht quasi ein Dialog zwischen Außenraum und Bibliothek, wie er bislang in den dekorativen Elementen der historischen Fassade nur angedeutet ist; kurz: die Funktion der Bibliothek im Gebäude wird neu auch von außen ables- und erlebbar. Die Reichsratstraße selber lädt durch einen verbreiterten Gehsteig und durch Bäume vermehrt zum Flanieren ein.

Es bleibt zu hoffen, dass der eben vergebene Planungsauftrag auch zu einer raschen Bauausführung führen wird, sodass die UB Wien in einigen Jahren endlich über den dringend notwendigen Speicherraum sowie über eine modernisierte Benutzungsinfrastruktur verfügen wird.


Zum Autor

Dr. Willi Treichler

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