Librarianship and information work world wide 2000
General editor Maurice Line; editors Graham Mackenzie, Paul Sturges


- London; Melbourne; Munich; New Providence, N.J.: Bowker-Saur, 2000. XIV, 301 S.
ISBN 1-85739-263-9. DM 428,-

Dieser neunte Band ist leider der letzte erfolgreicher Berichterstattungen über den Stand und die Entwicklungstendenzen der Bibliotheks- und Informationswissenschaft.

Der "General editor" Maurice B. Line begründet im Vorwort das für die Leser unerwartete Ende einer erfolgreichen Reihe von Publikationen. Es sei kaum noch möglich, gute Autoren zu finden, die willens und in der Lage seien, über den internationalen Stand zu einem eng umrissenen Thema zu berichten. Er und Graham Mackenzie würden den Job altershalber gern an Jüngere übergeben, aber leider fände sich niemand, und Paul Sturges sähe sich allein überfordert. Die Zukunft liege im Online Service, weil modern "though at present there is no sign of anything resembling it on the Web" und "the consolation is that the publishers are looking for some kind of alternative that might serve similar purposes" (S. XIII).

Der Nutzen dieser Fortschrittsberichte ist unbestritten. Die 99 Beiträge in neun Bänden zu wesentlichen Gesichtspunkten der Bibliotheks- und Informationsarbeit sind eine enorme Leistung der Herausgeber und Autoren. Regelmäßig wurde über drei Bibliothekstypen (Nationalbibliotheken, Wissenschaftliche Bibliotheken, Öffentliche Bibliotheken), über das Bibliotheksmanagement, über die Sammlungen und über Fragen der Erziehung und Ausbildung in der Bibliotheks- und Informationswissenschaft referiert. Erhebliche Lücken weist die Berichterstattung insbesondere zum Stand und zu den Entwicklungstendenzen in einzelnen Kontinenten und/oder Ländern auf.

Dieser letzte Band umfasst zehn Beiträge.

Die ersten vier Kapitel und das neunte Kapitel setzen die solide Berichterstattung früherer Bände fort: Das Bibliothekswesen und die Informationsarbeit im Kontext (Donald E. Riggs), die Nationalbibliotheken (Tatjana Arapac), die Wissenschaftlichen Bibliotheken (Philip Payne, Elizabeth Waller), die Öffentlichen Bibliotheken (Brigitte Kühne) und das Bibliotheks- und Informationsmanagement (Michael Cotta-Schønberg). Das trifft bedingt auch auf das fünfte Kapitel über den Zugang zu Dokumenten und zur Dokumentenlieferung (Edward Lim, Janette Burke) zu, über den zum zweitenmal in den zehn Jahren seit Erscheinen des ersten Bandes berichtet wird sowie auf das siebente Kapitel, in dem - ebenfalls zum zweitenmal - über die bibliographische Kontrolle (Ann Matheson) Bericht erstattet wird.

In drei Kapiteln werden neue Themen behandelt.

Kapitel 6 beschäftigt sich mit einem Dauerthema, das sich seit den 80er Jahren in der bibliotheks- und informationswissenschaftlichen Literatur etabliert hat: Die nationale Informationspolitik und -planung (Guiseppe Vitiello). Die Ausführungen können leider nicht befriedigen. Der Autor versäumt es, seinen Bericht auf früher erschienenen Überblicksdarstellungen aufzubauen, z.B. der vorzüglichen, 1994 erschienenen Analyse von Michael Hill "National information policies and strategies"(1). Hill ist es gelungen, die Inhalte gekonnt zusammenzufassen und die wichtigsten Publikationen entsprechend zu werten. Die Darstellung Vitiellos zu Definitionen und Inhalten der nationalen Informationspolitik sind dagegen unvollständig und erscheinen wahllos herausgegriffen. Wie wichtig die Behandlung dieses Themas ist, zeigen die erst kürzlich erschienenen Beiträge von Estela Morales zur Informationspolitik in Lateinamerika (2) und von Mercedes Caridad Sebastían et al. (3) zur Informationspolitik in Spanien.

Kapitel 8 beschäftigt sich mit dem Wissensmanagement (Michael Koenig). Koenig gibt in seiner exzellenten Zusammenfassung zuerst eine treffende Definition, erläutert danach einzelne Schwerpunkte und stellt in den Mittelpunkt die "transformation of library and information work" (S. 208-214) und die "transformation of LIS education" (S. 215-218).

Die Ausführungen zum Copyright in Kapitel 10 (Graham Cornish) fußen auf den Publikationen von P. Pedley (Copyright for library and information service professionals, 1998), R. Wall (Copyright made easier, 1998) und G. Cornish (Copyright: interpreting the law for libraries, archives and information services, 3rd ed., 1999). Der Verfasser weist auf die Vielzahl von Problemen hin, die durch die massenhafte Anwendung moderner Informations- und Kommunikationstechnologien, insbesondere das Internet, entstanden sind und zeigt, welche Lösungen sich aus internationaler Sicht anbieten.

Die Kapitel von Michael Koenig und Graham Cornish sind zugleich eine lehrbuchmäßige Zusammenfassung des behandelten Gegenstandes und können uneingeschränkt den Studenten der Bibliotheks- und Informationswissenschaft empfohlen werden.

Ehe der Rezensent sich zu einem besonderen Schlusswort hinreißen lässt, hält er es lieber mit Montaigne, der in einem Essay schreibt: "Beim Abschied wird die Zuneigung zu den Sachen, die uns lieb sind, immer ein wenig wärmer".


Anmerkungen

1. Hill, Michael: National information policies and strategies: an overview and bibliographic survey. London, 1994. XIV, 245 S. - S. 137-226 umfasst eine annotierte Bibliographie.

2. Morales, Estela: The information right and the information policies in Latin America. In: IFLA journal 27 (2001) 1, S. 28-33.

3. Sebastían, Mercedes Caridad: Information policies in Spain: towards the new "Information Society" / Mercedes Caridad Sebastían; Eva María Méndez Rodrígez; David Rodrígez Mateos. In: Libri 51 (2001) 1, S. 49-60.


Anschrift des Rezensenten:
Prof. em. Dr. Dieter Schmidmaier
Ostendorfstraße 50
D-12557 Berlin