Unermessliche Dokumentenschätze für die Nachwelt konservieren

Innovative hybride Archivierungslösung von ProServ Datentechnik im Einsatz beim Institut für Stadtgeschichte in Frankfurt


Frankfurter Patriziat. Illustration aus dem
Melemschen Hausbuch, ca. 1550-1611.

Mitten im Herzen Frankfurts, aber dennoch etwas abseits vom hektischen Getriebe der Bankenmetropole, steht das geschichtsträchtige Karmeliterkloster aus dem 13. Jahrhundert. Wunderschön restauriert, mit herrlichen Al-Secco-Wandmalereien, ist es ein Anziehungspunkt sowohl für Frankfurter Bürger als auch zahlreiche Besucher aus dem In- und Ausland. In seinen historischen Mauern beherbergt es heute neben einem Museum für Vor- und Frühgeschichte auch das Institut für Stadtgeschichte. Das Institut - ältestes Amt und mit Gründung 1436 auch ältestes Archiv der Stadt Frankfurt - ist eines der bedeutendsten Kommunalarchive in Deutschland. Aneinandergereiht belegt der Gesamtbestand rund 24 Regalkilometer, die allerdings nicht alle im Klostergebäude, sondern in verschiedenen Außenlagern untergebracht sind. Allein aus der Zeit vor 1866 füllen die Dokumente schon 4.700 Regalmeter. Bis ins Jahr 882 zurück reichen die zeitgeschichtlichen Schätze und umfassen heute 3.200 Urkunden, 45.000 Mappen mit Zeitungsausschnitten zu Personen und Themen der Ortsgeschichte, 1,8 Millionen Bilder sowie 55.000 Bücher. Viele der Dokumente sind beschädigt oder extrem empfindlich - auf Grund ihres Alters, ihrer Materialien, durch Witterungs- und Kriegseinflüsse - und müssen unter kontrollierten Umgebungsbedingungen gelagert, entsprechend vorsichtig behandelt und möglichst wenig berührt werden.

Seine verantwortungsvolle Aufgabe, all diese Dokumente zu historischem und aktuellem Geschehen der Stadt und ihrer Bewohner sicher zu verwahren, für die Nachwelt zu erhalten und auch allen Interessierten zugänglich zu machen, erfüllt das Institut für Stadtgeschichte mit Hingabe. Allerdings zeichnete sich bereits vor einigen Jahren ab, dass die herkömmlichen Archivierungsmethoden durch die Erfordernisse des Internetzeitalters überrollt wurden. Das manuelle System, bei dem sämtliche Dokumente sorgfältig erfasst und auf Karteikarten registriert werden müssen, ist äußerst aufwendig und daher auf Dauer der rasanten Zunahme der Bestände nicht gewachsen, von der Informationsbereitstellung in digitaler Form ganz zu schweigen. Darüber hinaus bietet es keine Möglichkeiten, speziell die alten Originale, bei denen es sich schließlich um unersetzliche Zeugnisse längst vergangener Zeiten handelt, davor zu schützen, immer wieder schädigenden Einflüssen wie Licht und Luft sowie mechanischen Beanspruchungen durch Anfassen ausgesetzt zu werden.

Schrittweise zur digitalen Archivierung

Bereits 1996 wurde daher mit dem Aufbau eines Netzwerks begonnen, und 1998 konnte mit der Digitalisierung der ersten Dokumente gestartet werden, allerdings zunächst nur für kleinformatige Flachware. Ab Ende 1999 war dann auch das Scannen von Negativen möglich. Der weitere Ausbau zur Bearbeitung der größeren Formate sollte jedoch zügig forciert werden. Erste Idee dabei war, einen hochwertigen Fotokopierer anzuschaffen und bei Bedarf gute Kopien zu erstellen. Zeitraubende Suche in Karteikarten und Hantieren mit den Originaldokumenten würden damit jedoch nicht aufhören, und der digitalen Archivierung, bei der eine Verbindung Zwischen den Bildern und Dokumenten mit der Datenbank hergestellt werden muss, wäre man keinen Schritt näher gekommen.

Schnell war daher klar, dass der effiziente Wandel vom Karteikartenerfassungssystem zum digitalen Dokumentenarchiv nur mit einer hoch leistungsfähigen Anlage zu realisieren war. Allerdings sollten auch weitere, aus konservatorischer Sicht wichtige Anforderungen erfüllt werden: Archivalien so wenig wie möglich berühren und nur geringster UV-Strahlung aussetzen, denn Berührung und Licht sind ihre größten Feinde.

Komplexe Anforderungen

Intensive Recherchen unter den Anbietern zeigten bald, dass die meisten den Forderungskatalog nicht vollinhaltlich erfüllen konnten. Scansysteme, wie in der Reprographie gängig, arbeiten beispielsweise mit Lichtemissionen von 5.000 bis 6.000 Lux, eine Helligkeit, die besonders die alten Stücke unwiederbringlich verändern würde. Außerdem erfordern diese Systeme spezielle Umgebungsbedingungen wie abgedunkelte, reflex- und streulichtfreie Räume. Auch den Mitarbeitern wäre nicht zumutbar gewesen, ohne Tageslicht, aber mit ständigen Spitzenbelastungen an Lichteinwirkung zu arbeiten. Da die meisten Geräte Einzugsscanner sind, werden Dokumente einer hohen mechanischen Belastung ausgesetzt bzw. empfindliche oder schon beschädigte Stücke können gar nicht digital erfasst werden. Sind die Scanner zudem nur mit einer Kamera ausgestattet, lässt auch die Scanqualität mit der Größe der Dokumente nach und sinkt bis auf 170 dpi Auflösung bei A0-Formaten. In der ProServ Datentechnik GmbH mit Hauptsitz in Karben, einem etablierten Anbieter von durchgängigen Hard- und Softwarelösungen rund um die großformatige Dokumentenbearbeitung, -verteilung und -verwaltung, fand man jedoch schließlich den Partner, der ein System bereitstellen konnte, das nicht nur den Anforderungen voll entsprach, sondern darüber hinaus noch weitere Funktionalitäten bot, die speziell den schonenden Umgang mit den unterschiedlichsten Archivalien unterstützen und durch gleichzeitige Langzeitarchivierung auf Mikrofilm für optimale Effizienz sorgen: das Hybridsystem TriAS+. Zusätzlicher Aspekt bei der Entscheidung für ProServ war, dass das Unternehmen auch über eine eigene Serviceorganisation verfügt und damit höchste Sicherheit für den reibungslosen Systembetrieb gewährleisten kann.

Maßgeschneiderte Lösung

Das universelle System TriAS+ von ProServ arbeitet bei normalem Tageslicht und bietet als Flachbett-, Buch- oder Durchlaufscanner größtmögliche Flexibilität bei der Wahl des Digitalisierungsverfahrens. Wellige, beschädigte oder empfindliche Dokumente werden plano auf einer Platte abgelegt und - durch eine Glasscheibe geschützt - berührungslos eingescannt. Dabei können die Vorlagen bis zu 250 mm dick sein und auch Objekte aus anderem Material, wie z.B. Siegel, enthalten. Die Rücken kostbarer Bücher lassen sich durch eine Buchwippe, die sich selbsttätig stufenlos anpasst, oder Spezial-Buchstützen, bei denen der Öffnungswinkel exakt einstellbar ist, vor Schaden bewahren. Eine spezielle Lampe leuchtet die Buchfalz gezielt aus.

Drei CCD-Kameras ermöglichen beste Qualität und liefern auch bei A0-Dokumenten die hohe Auflösung von 400 dpi. Für gleichmäßige Ausleuchtung sorgt eine spezielle 32-W-Kaltlichtlampe, die sich lediglich für den kurzen Scanvorgang einschaltet und keinerlei UV-Strahlen erzeugt. Dadurch bleiben auch die kostbarsten Dokumente unbeschädigt, und die Bediener profitieren von angenehmen, blendfreien Arbeitsbedingungen.

Was bei anderen Systemen einen zweiten Arbeitsgang und damit auch nochmalige mechanische Beanspruchung der Archivalien erfordern würde, erledigt das TriAS+-System in einem Schritt: Eine integrierte Mikrofilmkamera erlaubt gleichzeitig mit der Digitalisierung die Langzeitdokumentation auf Mikrofilm. Das gestaltet nicht nur den gesamten Archivierungsprozess wesentlich effizienter, auch die Restauratoren begrüßen, dass auf diese Weise die wertvollen Stücke zusätzlich geschont werden können.

Aktuelle Anfragen verbinden mit Archivierungsroutine

Seit Mai 2001 - nach zügiger Integration in die IT-Umgebung und eingehender Schulung der Bediener durch Pro-Serv - ist das TriAS+-System beim Frankfurter Institut für Stadtgeschichte erst in Beitrieb, aber schon jetzt ist es aus dem Tagesbetrieb nicht mehr wegzudenken. Sukzessive kann nun der Wandel vom überholten Karteikartensystem zur zukunftsweisenden digitalen Archivierung bei gleichzeitiger Langzeitarchivierung auf Mikrofilm vorangetrieben werden.

Dass dies bei der Menge vorhandener Archivalien und den laufend dazukommenden Dokumenten eine langfristige Aufgabe ist, versteht sich von selbst. Daher wird eindeutig zwischen den wissenschaftlichen Routinearbeiten und der Sicherheitsverfilmung, bei denen die Bestände gesichtet, bewertet und anschließend verzeichnet werden, und den täglich eingehenden Nutzeranfragen unterschieden. Vorrang hat das Tagesgeschäft. Mit seinem umfassenden Schatz an historischen und aktuellen Zeitbelegen ist das Institut für Stadtgeschichte die unerschöpfliche Quelle für alle Informationen, die das öffentliche Leben Frankfurts und seiner Bürger dokumentieren. Daher sieht das Institut es auch als primäre Aufgabe, Anfragen nach Text- und Bilddokumenten von allen Interessierten - Privatleuten, Historikern, Agenturen, Zeitungs- oder Fernsehredaktionen - so schnell und vollständig wie möglich zu erfüllen. Dauerte früher die Bearbeitung zwischen vier und sechs Wochen, liegt sie jetzt bei digitaler Aufbereitung nur noch zwischen einem Tag bis maximal einer Woche, sodass auch die zumeist extrem knappen Redaktionsschlusstermine gehalten werden können. Und immerhin erwarten inzwischen mehr als 75% der Anforderer, die Dokumente in digitaler Form zu erhalten. Auf mittlere Sicht wird dies wahrscheinlich dazu führen, das traditionelle Fotolabor abzubauen und die dort beschäftigten Mitarbeiter bei der digitalen Bearbeitung einzusetzen.

Kommt heute eine Bildanfrage herein, werden auch gleich die digitale Speicherung und die Langzeitarchivierung auf Mikrofilm erledigt. Zunächst erstellt der Bearbeiter eine so genannte Verzeichnung, d.h. die textliche Beschreibung, die die Archivalie in den Gesamtzusammenhang zu einem Ereignis bringt. Diese Informationen werden in die Datenbank eingestellt, wo sie für jederzeitigen Abruf bereitstehen, und das Archivstück wird gescannt und gleichzeitig mikroverfilmt. Der Anforderer erhält anschließend seine gewünschten Informationen und Bilder als Datei per E-Mail. Von den vorhandenen 1,8 Millionen Bildern wurden auf diese Weise schon ca. 2.000 in den knapp zwei Monaten seit Inbetriebnahme des TriAS+-Systems bearbeitet und digital archiviert.

Etablierung als öffentliche Informationsquelle

Offensichtlich hat sich das Institut für Stadtgeschichte durch die zügige Bearbeitung aller Dokumentenanfragen bereits einen hervorragenden Ruf erworben und wird zunehmend als öffentliche Datenquelle anerkannt: Das täglich wachsende Anfragevolumen spricht eine deutliche Sprache. Dipl.-Ing. Wolfgang Faust, der maßgeblich die Entscheidung für das ProServ-System beeinflusst hat und für Netzwerkbetrieb und Einsatz des Archivierungssystems verantwortlich ist, freut sich mit seinen Mitarbeitern über den sichtbaren Erfolg: Zum einen wird das Meinungsbild der Öffentlichkeit äußerst positiv beeinflusst, zum anderen wirkt sich die steigende Inanspruchnahme auf den wirtschaftlichen Erfolg des Instituts aus.

Den Informationsauftrag vorbildlich erfüllen

Realisiert werden konnte diese innovative Archivierungs- und Mikrofilmlösung dank der vollen Unterstützung des Institutsleiters, Herrn Prof. Dr. Dieter Rebentisch. Sein Verständnis für die Anforderungen einer digitalen Welt ermöglichte, eine Technologie zu integrieren, die in idealer Weise den öffentlichen Bedarf an schnellen Informationen mit sicherer Langzeitarchivierung kostbarer Geschichtsdokumente verknüpft. Mit dieser zukunftsweisenden Lösung ist das Frankfurter Institut für Stadtgeschichte nicht nur hervorragend für seine anstehenden Aufgaben gerüstet, sondern auch Vorbild für andere kommunale oder industrielle Einrichtungen mit ähnlicher Ausrichtung. Auf längere Sicht wird beispielsweise angestrebt, von der passiven zur aktiven Informationsbereitstellung zu gelangen, das hieße etwa, die zu einem Thema oder einer Epoche gehörigen Schätze zu digitalisieren und im Rahmen von Ausstellungen einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen, ohne die wertvollen Originale zu gefährden.

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