Medien-Informationsmanagement: Praxis - Projekte - Präsentationen.


Hrsg. Ralph Schmidt.
- Potsdam: Verlag für Berlin-Brandenburg, 2000. 306 S.
ISBN 3-932981-76-6. DM 48,-

Der Rezensent hoffte, in diesem Buch Definitionen mit Beispielen aus der Praxis, Ergebnisse von Projekten sowie Präsentationen verschiedener Institutionen zu finden. Der sprachlich elegante und buchmarktwirksame Zusatz zum Sachtitel "Praxis - Projekte - Präsentationen" verspricht dies wohl auch.

In einem nichtgezeichneten Vorwort erfolgt dann die Aufklärung über die wahren Absichten des Herausgebers und der Autoren: Die Dokumentation von Arbeitsabläufen, Fallbeispielen und Praxisberichten zum Informationsmanagement in der Medienbranche als Ergebnis des Projekts MoDelDoc - Mobilization campaign based on Delphi-Studies for the promotion of image and transfer of documentary skills and professions in competence centres for the multimedia line (S. 6). Dieses Projekt wird aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds - Gemeinschaftsinitiative ADAPT und der Forschungsagentur :rais, Hamburg gefördert. Ziel des Projekts ist es, "Unternehmer und andere Entscheidungsträger der New Media-Branche davon zu überzeugen, dass medienproduzierende Unternehmen ohne die Einbindung dokumentarischer Kompetenz auf Dauer nicht arbeiten können." (S. 6) Um bei den potentiellen Lesern keine falschen Hoffnungen zu wecken, gehörte diese Zielstellung eigentlich in Kurzform in den Titel der Veröffentlichung. Im Vorwort ist übrigens nicht mehr von Praxis, Projekten und Präsentationen die Rede.

Unter Medien-Informationsmanagement versteht der Herausgeber "die Organisationstätigkeit in Unternehmen und Institutionen der Medienwirtschaft, -wissenschaft und -politik, die durch Planung, Überwachung, Koordination und Steuerung interner und externer Informationsressourcen und -prozesse die Beschaffung, Bewertung und Vermittlung von Daten, Materialien und Erkenntnissen sicherstellt, die für Aufgaben der Medienanalyse, -verwertung und -produktion benötigt werden." (S. 5) Das Buch behandelt die Neuorientierung der Mediendokumentation: "Medien-Informationsmanagement ist die Fortsetzung der Mediendokumentation mit neuen Methoden der Informationsorganisation." (Rückseite des Umschlags) Es vermittelt einen Eindruck von diesen Veränderungen in der Praxis und zeigt Methoden und Techniken in der Organisation von Medieninformationen auf.

Teil 1 umfasst zehn Beiträge aus drei "Hamburger Kolloquien der Mediendokumentation" der Jahre 1998, 1999 und 2000. Diese Kolloquien werden seit fünf Jahren jeweils im Wintersemester durchgeführt und stellen ein Forum für die fachliche Fortbildung und den Erfahrungsaustausch zwischen Praktikern, Studierenden und Dozenten der Medien-Informationsarbeit dar. Die Beiträge werden ohne Einführung in die Rahmenthemen der jeweiligen Kolloquien abgedruckt, ohne Hinweis darauf, in welchem Rahmen der jeweilige Beitrag gehalten wurde und welches Ziel das entsprechende Kolloquium verfolgte. Die Beiträge stehen unverbunden nebeneinander und behandeln sowohl allgemeine Themen (z.B. Recherchestrategien im investigativen Journalismus - exzellent! - und Thesen zur Arbeit von Mediendokumentaren in EDV-Unternehmen) als auch einzelne Projekte und Institutionen (z.B. 50 Jahre Deutsche Wochenschau - ebenfalls exzellent! - und Erfahrungen und Erfolge bei der Reorganisation des Pressearchivs der Kieler Nachrichten).

Die Teile 2 bis 4 enthalten 28 Berichte zu mehrmonatigen Praktika von Studenten des Hamburger Fachhochschulstudiengangs Mediendokumentation zu den Gebieten "Mediendokumentation von Presse und Bild, Funk und Film sowie in Wirtschaft und New Media". Hierbei handelt es sich - breit gefächert - um Einblicke von der konventionellen Dokumentationsarbeit in Presse-, Schall- und Bildarchiven bis zum Informationsmanagement in Multimedia-Betrieben - vom Archiv der Hannoverschen Allgemeinen, den Dokumentationen im Axel Springer Verlag und der Bilddokumentation im Stern bis zum digitalen Pressearchiv der Gruner + Jahr Textdokumentation, den Rechercheverfahren in der Krankenversicherung DAK und der Pressearchivführung bei AOL Bertelsmann Online - sehr interessante, z.T. erstmalige Beschreibungen von neuen Tätigkeitsfeldern in der Mediendokumentation. Zu deren Nutzen für die Lehre und Forschung am Hamburger Fachhochschulstudiengang Mediendokumentation wird aber keine Stellung bezogen. Auf diese Weise werden nützliche Beiträge leider zum Sammelsurium, da eine Wegweisung durch den Band und ein Nachwort mit Auswertungen fehlen.

Für ein dringend benötigtes Hand- und/oder Lehrbuch zum Medien-Informationsmanagement ist diese Veröffentlichung ein erster kleiner Schritt. Im Vorwort (S.6) wird das Medien-Informationsmanagement zurecht als "Desiderat modernen Medienschaffens" bezeichnet.


Anschrift des Rezensenten:
Prof. em. Dr. Dieter Schmidmaier
Ostendorfstraße 50
D-12557 Berlin