RAK und MAB im Bibliotheksalltag - Anwendung und Konsequenzen

von Michael Mönnich

Der Aufsatz beleuchtet an zwei Beispielen die Einflüsse von Regelwerk und Datenformaten auf die bibliothekarische Arbeit. Zum einen werden Probleme der Recherche in unterschiedlichen bibliographischen Datenbanken am Beispiel des Karlsruher Virtuellen Katalogs genannt, zum anderen wird über die Erfahrungen mit KARIN beim Aufbau des elektronischen Gesamtkataloges der Universität Karlsruhe berichtet. Zum Schluss werden notwendige Konsequenzen für die Weiterentwicklung der Katalogisierungspraxis werden aufgezeigt. The article discusses the influence of cataloging rules and data formats on library practice. The problems evolving when searching different bibliographic data bases are being discussed as well as the experiences made while building a union catalog of the University of Karlsruhe using of RAK and MAB. Out of these, possible consequences for the future practice of cataloging are being proposed.

1) Meta-Recherche in verteilten bibliographischen Datenbanken: KVK

Der Karlsruher Virtueller Katalog1 hat in 6 Jahren als wichtiger Dienst für Endnutzer und Bibliothekare etabliert. Er ermöglicht eine Metasuche über Bibliothekskataloge aus aller Welt,2 Neben den deutschen Bibliotheken und Bibliotheksverbünden enthält die Recherchemaske auch die Kataloge der Library of Congress, British Library, der Nationalbibliotheken von Frankreich, Spanien und Schottland sowie der Verbundkataloge in Frankreich, England, Schweden und Norwegen. Ebenso international wie das Angebot ist auch die Nutzung: rund 40 Prozent der Zugriffe kommen aus Domänen, die nicht ".de" sind, insgesamt sind es ca. 1 Million pro Monat. Anzumerken ist, dass bislang keine Klagen der Nutzer laut geworden sind, dass die Kataloge nach unterschiedlichen Regelwerken erstellt wurden. Die Probleme liegen an anderen Stellen, z.B. bei der Behandlung von Sonderzeichen und Umlauten bei den angelsächsischen Bibliotheken. Hier wird deshalb vom KVK eine Erweiterung der Suchanfrage durchgeführt: von "Müller, Herbert" auf "Müller, Herbert? OR Muller, Herbert?". Ansonsten scheinen die Probleme für das Retrieval durch die unterschiedlichen Katalogisierungsregeln zumindest für die Nutzer des KVK gering zu sein.

Problematischer als die unterschiedlichen Katalogisierungsregeln ist die Uneinheitlichkeit der Systeme bei der Recherche und Titelanzeige anzusehen. Dies kommt besonders zum Ausdruck bei der Suche nach Autoren, wo Suchformalismen von "<Nachname, Vorname>" , "<Nachname> <Vorname> plus Register" (LoC), "<Vorname> <Nachname>" (COPAC, auch optional bei Schweden) bis "<Nachname> plus Register" (Spanien) möglich sind. Hier wäre aus Nutzersicht eine Vereinheitlichung sehr wünschenswert, die über das hinausgeht, was mit dem KVK derzeit möglich ist. Insbesondere betrifft dies die Behandlung von Autorennamen: Invertierung und Indexierung als Phrase (wie bei vielen deutschen Katalogen üblich) oder als Einzelworte. Vermutlich ist letzteres die zukunftsfähigere Lösung, da sie die Möglichkeiten der EDV eher nutzt als die tradierte Methode, die Namen zu invertieren.

Auch eine Normierung für die Gestaltung von Kurztiteln wäre anzustreben, idealerweise auf internationaler Ebene. Dabei müsste neben den üblichen Elementen Autor, Hauptsachtitel und Erscheinungsjahr auch eine eindeutige Kennung enthalten sein.

Bei allen virtuellen Katalogen stellt die Dublettenüberprüfung ein ernstes Problem dar. Da fast alle Kataloge auf der ersten Stufe nur Kurztitel ausgeben, müsste eine sinnvolle Dublettenüberprüfung bereits hier ansetzen. Dazu wäre aber die Einbeziehung einer eindeutigen Identnummer wie zum Beispiel der ISBN oder ISSN in das Ausgabeformat der Kurztitel notwendig. Dies ist aber derzeit fast nirgends der Fall.

2) Aufbau eines elektronischen Gesamtkatalogs

Das Bibliothekssystem der Universität Karlsruhe besteht aus der Universitätsbibliothek als Zentraler Einrichtung und über 150 Fakultäts-, Instituts- und Lehrstuhlbibliotheken, deren Bestandsgröße zwischen 100 und 40000 Bänden liegt. Die Bibliotheken beherbergen überwiegend technisch-naturwissenschaftliche Werke, aber auch Wirtschaftswissenschaften, Philosophie, Pädagogik und Geschichte sowie Kulturwissenschaften.3 Diese Bestände waren möglichst rationell elektronisch zu erfassen und der Öffentlichkeit über Datennetze zugänglich zu machen.

Ziele

Ziel war es dabei, die Erfassung der vorhandenen Literatur soweit als möglich durch Personal der Institute in den Teilbibliotheken vorzunehmen, da die Zentrale nicht über die personelle Kapazität verfügt, um diese umfangreichen Arbeiten vor Ort durchzuführen, insbesondere die retrospektive Erfassung von ca. 1 Million Bänden. Da in den meisten Institutsbibliotheken nicht mit bibliothekarischen Fachkräften, sondern mit studentischen Hilfs- und Sekretariatskräften gearbeitet wird, kam eine Katalogisierung im Südwestdeutschen Bibliotheksverbund (SWB) aus mehreren Gründen nicht in Frage. Der SWB-Verbund war für einen schreibenden Zugriff damals nur über spezielle Terminal erreichbar und die Komplexizität der Eingabe bedeutet einen enormen Schulungs- und Unterstützungsaufwand für die das Bibliothekssystem betreuenden Bibliothekare, da es keine Eingabemasken gibt. Es wurde daher beschlossen, selbst ein Katalogisierungssystem selbst zu entwickeln, das sich möglichst eng an die bestehenden Standards hält. Dazu zählt die Anwendung von RAK als Regelwerk, die Unterstützung der ISBD-Darstellung und der SR-Norm (heute durch Z39.50 de facto abgelöst). Außerdem wurde eine möglichst einfache Eingabe der bibliographischen Daten über Masken mit Fremddatenübernahme aus dem Südwestdeutschen Bibliotheksverbund realisiert. Als Datenformat wurde das damals gültige MAB 1 gewählt. Des weiteren hat sich als sinnvoll erwiesen, dass bei der Datenübernahme aus dem SWB die Identnummern beibehalten wurden.

Einsatz von KARIN

1991 wurde an der Universitätsbibliothek ein DFG-Projekt zur Erprobung der ISO-Norm für bibliographisches Retrieval SR durchgeführt. Auf dieser Basis wurde dann KARIN (KARlsruher INformationssystem) als EDV-System für die Katalogisierung in den Teilbibliotheken der Universität entwickelt und von 1991 bis 2002 eingesetzt. 4

Dies wurde erfolgreich durchgeführt und mit Hilfe von KARIN wuchs der OnLine- INstituts- KAtalog OLINKA im Zeitraum 1991 bis Ende 2001 auf 382.345 Titel und 556.186 Lokalsätze an. Die Quote der Fremddatennutzung betrug insgesamt rund 65 %.

Zunächst wurde KARIN als OS/2- Clientsystem angeboten, das ab Herbst 1997 durch eine WWW-Version ergänzt wurde, für deren Nutzung lediglich ein WWW-Browser notwendig war.5 Bei WWW-Karin werden Fremddaten nicht mehr vom SWB, sondern direkt aus den OPACs der baden-württembergischen Universitätsbibliotheken übernommen. Die Buchdaten wurden online mit KARIN im Institutskatalog der Bibliotheksbestände der Universität Karlsruhe erfasst, die Datenhaltung erfolgte zentral auf dem UNIX-Server der Universitätsbibliothek. In den ersten Jahren wurde auch noch der Druck von Katalogkarten aus KARIN heraus unterstützt. Begleitend für die Anwender von KARIN wurde ein Handbuch erstellt.6

Am 28. März 2000 trat in Baden-Württemberg ein novelliertes Universitätsgesetz in Kraft, das in Paragraph 30 (1) vorschreibt: "Die Universitätsbibliothek koordiniert die Erwerbung, Erschließung und Bereitstellung der Bestände des Bibliothekssystems. Die Erschließung erfolgt im regionalen Katalogisierungsverbund ..." In der Konsequenz dessen und aus den Erfahrung, die mit RAK und MAB gemacht wurden, wurde die Katalogisierung mit KARIN eingestellt und damit begonnen, die bereits erfassten Daten in den SWB zu überführen. Da, wie erwähnt, bei der Katalogisierung mit KARIN stets darauf geachtet wurde, soweit als möglich zum SWB kompatibel zu sein, erwies sich dies als relativ unproblematisch.

Insgesamt ist der Einsatz von KARIN in Karlsruhe als großer Erfolg zu werten, da es gelang, die Mehrzahl der in der Universität vorhandenen Zettelkataloge mit geringem Aufwand seitens der Zentralbibliothek in elektronische Form zu überführen.

3) Erfahrungen mit RAK und MAB

Datenerfassung

Die Erfassung der bibliographischen Daten erfolgt bei KARIN in 22 Feldern im Titelbereich und 9 Feldern im Lokal- und Exemplarbereich, wobei mehrere davon multipel sind. Die Daten werden über zwölf Titel- und sieben Lokalindizes erschlossen. Die über die Anzahl der Indizes hinausgehende Differenzierung bei der Erfassung entstand teilweise aus den Bedürfnissen für den Zetteldruck, teilweise aus der bibliothekarischen Tradition heraus.

Aus heutiger Sicht kann man rückblickend konstatieren, dass für den Einsatzbereich von KARIN weniger Felder ausgereicht hätten und insbesondere die starke Differenzierung bei den Titelelementen hätte unterbleiben können. Allerdings wäre dann die Überführung in den SWB nicht so einfach und auch die regelgerechte Umsetzung der ISBD bei der Anzeige wäre nicht regelgetreu möglich gewesen.

Die Erfahrung in den Institutsbibliotheken der technischen und naturwissenschaftlichen Fakultäten zeigte, dass es dort eine hohe Akzeptanz nur für die Erfassung in folgenden Datenfeldern gibt:

Unter Beachtung der Precision beim Retrieval wie auch der Vermittelbarkeit an das Personal in den Teilbibliotheken sollten folgende Felder ausreichend sein:

Alle Felder müssen indexiert werden.

Maschinelle Verarbeitung der MAB-Daten

Die durch MAB vorgegebene hierarchische Strukturierung der Daten hat sich in mehrfacher Hin­sicht als großes Problem erwiesen. Sie erzwingt bei der Eingabe von Daten die Bedienung von teilweise mehrfach ver­schachtelten Eingabemasken, um zum Beispiel Stücke von Serien mit den damit verknüpften Stammdateien zu MAB-konform zu erfassen. Die Bedienung konnte dem bibliothekarisch wenig geübten Personal, das zudem nicht regelmäßig mit dem System arbeitet, nur schwer vermittelt werden. Hinzu kam, dass auch der Entwicklungs- und der Pflegeaufwand dadurch deutlich erhöht wurden.

Dies gilt in ähnlicher Form für die Führung von Stammdateien in KARIN. Da Körperschaften bei der technisch-naturwissen­schaftliche Literatur der Universität Karlsruhe eine große Bedeutung besitzen, zeigte sich schnell, dass die Vermittlung der komplexen Regeln für Ansetzungen und Verweisungen nur sehr schwer ver­mittelbar sind. Daher wurde nach einiger Zeit beschlossen, auf das Anlegen von Stammdateien für Autoren und Körperschaften zu verzichten, obschon das System es vorsah.

Datenkonversion

Als extrem hinderlich erwies sich MAB auch bei dem Bestreben, die in Instituten bereits vorlie­genden Daten maschinell zu überführen. Bereits vor Einführung von KARIN gab es an der Universität mehrere Institutsbibliotheken, die eigene EDV-Systeme entwickelt hatten, um ihre Bibliotheksdaten zu verwalten. Da diese Daten bereits vorlagen, sollten sie aus Zeit- und Kosten­gründen offline in OLINKA eingespielt werden. Dazu wurde eigens ein Modul für die Dublettenkontrolle entwickelt.7 Insgesamt wurden 30.000 Datensätze maschinell importiert.

Ohne Ausnahme hatten alle Institute ihre Bestände in einer "flachen" Datenstruktur ohne Hierarchien erfasst. Es zeigte sich, dass der Nachbearbeitungsaufwand ganz er­heblich war, insbesondere bei den mehrbändigen Werken und Stücken von Serien, die einen großen Anteil der Bestände ausmachen. In der Konsequenz ging man nach den ersten schlechten Erfahrungen dazu über, die vorhandenen Bibliotheksdatenbanken kleinerer Institutsbibliotheken auszudru­cken und die Daten in der Zentralbibliothek manuell mit KARIN zu erfassen.

Ergebnisse

Katalogisierung ist zu teuer

Insgesamt zeigt die Erfahrung mit KARIN, dass es unter Beachtung der selbst gesetzten Rahmenbedingungen RAK-Konformität und Unterstützung von MAB trotz großer Anstrengungen nicht gelang, ein System zu realisieren, das es der studentischen Hilfskraft oder der Sekretärin im Institut ermöglicht hätte, wirklich rationell damit zu arbeiten. Dies gilt in noch stärkerem Maße, wenn man den Betreuungsaufwand einbezieht, den die Bibliothekar/Innen der Zentralbibliothek leisten dabei mussten. Während der Phase der Retrokonversion der Institutsbestände war dieser Aufwand noch sinnvoll, doch für den laufenden Betrieb - pro Woche erwerben die meisten Bibliotheken nur wenig mehr als 1 oder 2 Bücher - war der Zeitaufwand nicht länger zu rechtfertigen. Daher wurde bereits vor der Umstellung auf die SWB-Katalogisierung dazu übergegangen, die Neuerwerbungen von kleinen Institutsbibliotheken generell als Titelblattkopie melden zu lassen und dann in der Zentrale von Diplombibliothekar/Innen zu erfassen.

Dieses Vorgehen stößt in den Instituten zurecht häufig auf Unverständnis, dort würde man lieber selbst schnell die Katalogisate erstellen und die anfallende Arbeit abschließen, was in der Tat ökonomischer wäre. Es wird mit Befremden konstatiert, dass die Bibliothekare ihre Regeln so kompliziert gestaltet haben, dass ein durchschnittlicher Universitätsmitarbeiter sie sich nicht in vertretbarer Aufwand anzueignen vermag. Dadurch kann in der Universitätsöffentlichkeit der Eindruck entstehen, man wolle sich in den Bibliotheken mit Arbeit versorgen, was als sehr problematisch zu werten ist.

Identnummer für Titelaufnahmen sinnvoll

Es hat sich auch gezeigt, dass eine vernünftige Dublettenkontrolle auf Basis von RAK und MAB nicht möglich ist. Insbesondere der maschinelle Abgleich von Stücken von Serien und mehrbändigen Werken ist extrem schwierig. Sehr hilfreich wäre es daher, eine eindeutige Kennung für Titelaufnahmen festzulegen (oder wenigstens für Serienaufnahmen). Man kann hier zum einen auf die ISBN zurückgreifen wo diese vorhanden ist und zusätzlich Mechanismen wie DOI oder Kombinationen aus ISBN und anderen Elementen nutzen, um eine Identnummer für Titelaufnahmen zu erzeugen. Dasselbe gilt für Stammdateien von Autoren und Körperschaften. Denkbar wäre es, dass Stammdaten nur noch von zentralen Einrichtungen wie der DDB oder den Verbundzentralen eingepflegt werden und die übrigens Bibliotheken diese nur als Fremdleistung nutzt.

4) Anforderungen an die künftige Katalogisierung

Die wichtigste Herausforderung für die bibliothekarische Fachgemeinschaft stellt heute die Anpassung der tradierten Katalogisierungspraxis an die Gegebenheiten der modernen Informationstechnologie dar. Dabei sind vier Aspekte von besonderer Bedeutung:

Nutzerfreundlichkeit der Kataloge

Jede Art von Erschließungsarbeit dient primär dem Bibliothekskunden einen möglichst effizienten Zugang zu den in der Bibliothek vorhandenen Materialien zu ermöglichen. Jedwede Veränderung an der Katalogisierungspraxis muss daher heute zuerst unter der Aspekt geprüft werden, ob eine Verbesserung für die Nutzung der OPACs gegeben ist. Dabei ist stets zu berücksichtigen, dass sich mit der Weiterentwicklung der Informationstechnik auch Verhalten und Erwartungshaltung der Nutzer verändern. Die Ablösung terminalbasierter OPACs durch WWW-Frontends steht hierfür ein Beispiel. Es ist daher wichtig, die Gestaltung der Benutzschnittstellen (GUI) von stark genutzten, internetbasierten Informationssystemen wie der Suchmaschine Google oder dem Online-Buchändler Amazon im Auge zu behalten.8 Diese Systeme zeigen, dass Automatismen zur Unterstützung der Recherche wie automatische Korrektur von Rechtschreibfehlern bei der Eingabe, implizite Freitextsuche über alle Felder, Relevanzranking von Treffern und unscharfen Suchen unter Einbeziehung von Nutzungszahlen möglich sind und auch nachgefragt werden. Diesen Service werden die Kunden künftig auch bei der Nutzung von OPACs erwarten.

Die Beispiele zeigen, wie auch Untersuchungen an OPACs aus der Vergangenheit, dass die Möglichkeiten stark ausdifferenzierter Suchmasken von den Kunden der Bibliotheken wenig genutzt werden. Die stark differenzierte Erfassung, wie es die derzeit üblichen Regelwerke vorsehen, ist demzufolge weitgehend überflüssig, da sie beim Retrieval kaum eine Rolle spielt.

Dies gilt um so mehr, als sich bereits jetzt abzeichnet, dass durch das stetig anwachsende Angebot digitaler Informationen im Netz der Einsatz von systemübergreifenden Suchsystemen zunehmen wird. Solche (Meta-)Recherchedienste nutzen systembedingt nicht die volle Erschließungstiefe jedes einzelnen Zielsystems aus, sondern beschränken sich meist auf die allen Zielsystemen gemeinsamen Indizes. Als Beispiele seien hier der KVK, die virtuellen Fachbibliotheken oder Fachportale der Fachgesellschaften genannt, die eine Recherche in mehreren OPACs mit Suchen in Fachdatenbanken, Volltexten oder Internetsuchmaschinen verbinden.

Erschließung von Multimedia

Die Erschließung von Multimedia-Objekten einschließlich Internetressourcen wird an Bedeutung zunehmen und stellt für die Bibliotheken eine große Aufgabe dar, wenn sie diesen Bereich ebenso abdecken wollen wie den der traditionellen Printmedien. Die Universität Karlsruhe beispielsweise erstellt bereits jetzt in großem Stil multimediale Objekte, für deren bibliographische Beschreibung nur unzureichend entwickelte Standards existieren.

Dass die für Zettelkataloge in den 60er Jahren entworfenen bibliothekarischen Regelwerke für die Erschließung multimedialer Objekte hier nur sehr bedingt geeignet sind, zeigt sich, wenn man die von der DLmeta Initiative in Baden-Württemberg 9 entwickelte Document Type Definition (DTD) für die Beschreibung multimedialer Objekte mit den diesbezüglichen Regelungen von RAK vergleicht. Die DTD der Dlmeta Initiative bietet in mehr als 150 Attributen Platz für die technischen Beschreibung verschiedener Multimediatypen wie Video oder Audiodateien.

In diesem Bereich besteht mit Sicherheit erheblicher Handlungsbedarf und es ist zu fragen, ob man nicht eher in diesem Bereich Arbeit investierten sollte als für die Verbesserung der tradierten bibliographischen Beschreibungen von Printmedien.

Wirtschaftlichkeit der Katalogisierung

Hier ist die Vereinfachung des Katalogisierungsprozesses anzustreben, da die Einarbeitungs- und Handlingzeiten für Katalogisierungssysteme derzeit als zu hoch anzusehen sind. Dies zeigt eine Erhebung, die im Rahmen der Kosten-Leistungs-Rechung in der Universitätsbibliothek Mannheim im November 2001 durchgeführt wurde. Sie hat ergeben, dass die Formalkatalogisierung eines Buches Kosten in Höhe von 19,89 EUR verursacht. Da die Erwerbung mit 10,12 EUR zu Buche schlägt, kostet der Erwerb und Eintrag in den Katalog insgesamt 30,01 EUR pro Buch.10 Im Zeitalter von Globalhaushalt und Kosten-Leistungs-Rechnung wird es für die Bibliotheken in Zukunft schwer werden, diese Kosten Höhe gegenüber ihren Unterhaltsträgern zu rechtfertigen.

Sicherlich ist nicht nur das Regelwerk für die hohen Kosten verantwortlich, sondern auch die im Bereich des SWB teilweise intensiv gepflegte Kommunikationskultur der an der kooperativen Katalogisierung beteiligten Mitarbeiter. Dennoch würde eine damit verbundene Reduktion der angebotenen Datenbankfelder den Aufwand bei der Eingabe deutlich verringern. Ohne eine Vereinfachung von Regelwerk und Datenformat wird man die Gesamtkosten jedenfalls nicht wesentlich senken können.

Maschinelle Weiterverarbeitung bibliographischer Daten

Es wurde bereits ausgeführt, dass die Einführung einer eindeutigen Kennung für bibliographische Datensätze notwendig ist. Damit würde der Austausch bibliographischer Daten in einem Maß befördert, das über die Verbesserungen durch einen Umstieg von RAK auf AACR resp. einen Wechsel von MAB nach MARC hinausgeht.

Ein anderer Punkt ist die Notwendigkeit, die in OPACs gehaltenen Bestandsangaben zu Zeitschriften in eine maschinell auswertbare Form zu überführen. Dies wäre eine wichtige Voraussetzung für eine rationelle Dokumentlieferung.

Wesentlich ist auch, dass sich die Bibliotheken von der durch MAB vorgegebenen hierarchischen gegliederten Datenstruktur lösen. Diese bereiten bei der maschinellen Aufbereitung von Daten erheblichen Zusatzaufwand, der in anderen Bereichen investiert werden kann. Bei einer Änderung der Katalogisierungspraxis darf zudem nicht außer Acht gelassen werden, wie später mit den bereits vorhandenen Daten verfahren werden soll. Eine manuelle Nachbearbeitung dieser Altdaten wäre wohl kaum leistbar und muss daher maschinell möglich sein. Dies erscheint bei einem Wechsel auf AACR/MARC, die fast ebenso fein ausdifferenziert sind wie RAK/MAB, schwer vorstellbar. Möglich wäre es aber, ein "Downsizing" der Datenstrukturen durchzuführen, indem die Erfassung vereinfacht, die Anzahl Kategorien verringert und die Hierarchien abgebaut werden.

5) Zusammenfassung

Die zur Zeit geführte Diskussion über das Für und Wider eines Umstiegs von RAK auf AACR geht aus Sicht einer technischen Hochschule an den realen Problemen vorbei und verschleiert den Blick auf die notwendigen Arbeiten im Bereich der bibliothekarischen Erschließung. Aus der Erfahrung mit KARIN ergibt sich, dass RAK (und MAB) für Nicht-Bibliothekare trotz EDV-Unterstützung nicht anwendbar sind, wenn man auf eine Kompatibilität zu bestehenden Katalogdatenbanken Wert legt.

Anzustreben ist daher die Einführung eines schlanken Regelwerkes, auf dessen Basis mit EDV-Unterstützung auf einfache Weise sowohl Bücher als auch die zunehmende Anzahl von Multimedia-Objekten erschlossen werden können. Bei der Neugestaltung des Regelwerks muss dabei die Optimierung der OPACs bezüglich Komfort für die Nutzer im Vordergrund stehen. Die Daten schließlich müssen in einer Struktur abgelegt sein, welche die maschinelle Verarbeitung in der Bibliothek mit möglichst geringem Aufwand ermöglicht.

Dieser Aufsatz erscheint in modifzierter Form in dem Sammelband "RAK versus AACR: Beiträge zur aktuellen Regelwerksdiskussion"/ hrsg. von Petra Hauke. - Bad Honnef: Bock & Herchen, 2002 [erscheint vorauss. August 2002].


Zum Autor

Dr. Michael W. Mönnich

Universitätsbibliothek Karlsruhe
D-76049 Karlsruhe
Tel. 0721/608-3108
Fax 01212 / 5118 720 25
Sekretariat: 0721/608-4886
Michael.Moennich@ubka.uni-karlsruhe.de
http://www.ubka.uni-karlsruhe.de/~moennich


Anmerkungen

1. http://kvk.uni-karlsruhe.de

2. DIEROLF; Uwe; MÖNNICH, Michael: Mehrwertdienste durch Virtuelle Kataloge: 5 Jahre Karlsruher Virtueller Katalog. In: B.I.T.online 4 (2001), Heft 3, S. 261 - 266.

3. ECKL, Liselotte; MÖNNICH, Michael: Das Bibliothekssystem der Universität Karlsruhe. In: EUCOR-Bibliotheksinform. 3 (1993) S. 44-50.

4. BÖCHERER, Wolfgang; KRISTEN, Herbert; MAURER, Axel; SCHÜTTE, Christoph-Hubert: Integration heterogener EDV-Systeme am Beispiel eines Katalogisierungs-, Recherche- und Informationssystems. In: ABI-Technik 12 (1992) S. 187-198.

5. MÖNNICH, Michael: Katalogisierung im WWW: Neues Angebot der Universitätsbibliothek. In: RZ-News 1998, Jan./Febr. S. 18-19.

6. MÖNNICH, Michael: Karlsruher Informationssystem KARIN für Institutsbibliotheken. In: EUCOR-Bibliotheksinformationen 2 (1993) S. 17-20.

7. REICHART, Markus; MÖNNICH, Michael: Dublettenkontrolle in bibliographischen Datenbanken. In: Bibliothek, Forschung u. Praxis 18 (1994) S. 193-216.

8. http://www.google.de ; http://www.amazon.de

9. http://www.dlmeta.de

10. Die Betriebskosten des SWB-Verbunds sind in der Rechnung nicht enthalten.