Durch Fortbildung zur Zertifizierung?
Fortbildungsforum 2002 in Augsburg

von Anna-Maria Huesmann

Beim 92. Bibliothekartag in Augsburg organisierte die Kommission Aus- und Fortbildung des BIB in einer Zusammenarbeit mit dem Komitee Information und Qualifikation der DGI das Fortbildungsforum 2002. Das Ziel: Darstellung von aktuellen Entwicklungen auf dem Gebiet der Fortbildung. Vorgestellt wurde ein Projekt zur Zertifizierung von Information Professionals und es wurden zwei Fortbildungskonzepte - aus einer wissenschaftlichen und aus einer öffentlichen Bibliothek - präsentiert.

Das erste Thema stellte Frau Petra Hätscher vor. Sie ist stellvertretende Direktorin der UB Konstanz. Zu Ihren Arbeitsschwerpunkten gehören die Digitale Bibliothek und die Personalentwicklung. Frau Hätscher stellte die Weiterbildungsmaßnahmen der UB Konstanz dar. Dieses Fortbildungskonzept wurde aus der Praxis für die Praxis entwickelt. Es enthält kein theoretisches Konzept, sondern orientiert sich am alltäglichen (kurz-, mittel- und langfristigen) Bedarf der MitarbeiterInnen. Dabei wird auf zwei Schwerpunkte fokussiert: die interne Fortbildung und die Workshops zu sozialen Kompetenzen mit externen Schulungsleitern. Eine Besonderheit stellen die sogenannten "Donnerstagsveranstaltungen" dar. Jeden Donnerstag finden einstündige Vorträge von BibliotheksmitarbeiterInnen zu fachlichen und allgemeinbildenden Themen statt, die von allen interessierten MitarbeiterInnen besucht werden können.

Das Zertifizierungsverfahren für Informationsspezialisten wurde von der zweiten Referentin - Frau Dr. Sabine Graumann vorgestellt. Frau Dr. Graumann leitet bei NFO Infratest (Germany) in München den Bereich Information und Dokumentation. Sie war langjährige Vizepräsidentin der Deutschen Gesellschaft für Informationswissenschaft und -praxis in Frankfurt am Main und dort für die Einführung der Zertifizierung von Informationsspezialisten in Deutschland verantwortlich. Frau Dr. Graumann hat den Nutzen der Zertifizierung für eventuelle InteressentInnen herausgearbeitet. Eine allgemein anerkannte Bestätigung ihrer IuD-Qualifikation können langjährig im Beruf Tätige (mindestens zwei Jahre) und Quereinsteiger erlangen. Mit dieser Qualifikation können sie ein europaweit geltendes Qualitäts- und Gütesiegel erwerben, um damit u.a. bei Gehaltsforderungen und tariflichen Höhergruppierungen zu argumentieren. Das weitere Ziel der Zertifizierung ist es, vergleichbare Qualifikationen zu dokumentieren, die für die Aufnahme einer Beschäftigung in Ländern, welche die Zertifizierung anerkennen, möglich ist. Frau Dr. Graumann hat des weiteren das Zertifizierungshandbuch und das Zertifizierungsverfahren an einigen Beispielen detailliert vorgestellt. Die nächste Zertifizierung findet am 7. Juni 2002 statt. Interessenten können sich noch anmelden.

Das dritte Referat wurde von Frau Ulrike Krass gehalten. Frau Krass kommt aus der Stadtbibliothek Freiburg und ist dort als stellvertretende Leiterin tätig. Frau Krass berichtete als eine Vertreterin des öffentlichen Bibliothekswesens über das Fortbildungskonzept der Stadtbibliothek Freiburg. Die Stadtbibliothek Freiburg organisiert externe Fortbildungsveranstaltungen, interne Schulungen mit externen ReferentInnen und interne Schulungen mit internen ReferentInnen. Das Ziel der Fortbildung in der Stadtbibliothek Freiburg ist es, ihre MitarbeiterInnen weiter zu qualifizieren um eine bessere Verknüpfung der internen Arbeitsabläufe zu bewirken. Ein weiteres Ziel ist es, die Einordnung des eigenen Aufgabenfeldes in das Gesamtsystem besser zu gestalten und das Gefühl dafür herbeizuführen. Als Ergebnis der Fortbildung soll neben der fachlichen, methodischen und sozialen Weiterqualifizierung auch das Gruppengefühl verstärkt und identitätsstiftende Erlebnisse geschaffen werden. Zu diesem Zweck werden, ähnlich wie in der UB Konstanz, Fortbildungen von KollegInnen für KollegInnen durchgeführt. Im Rahmen von "Seitenblicken" stellen einzelne Abteilungen, Sachgebiete und MitarbeiterInnen den KollegInnen aus anderen Abteilungen ihr Arbeitsgebiet vor. Zu den Besonderheiten der Fortbildung der Stadtbibliothek Freiburg gehören gemeinsame Besuche bei Informationseinrichtungen in der Stadt und außerhalb von Freiburg.

Die beim Fortbildungsforum 2002 vorgestellten Themen waren für die Teilnehmenden von großem Interesse. Nach jedem Referat wurde miteinander intensiv diskutiert. Auch kontroverse Meinungen wurden im Forum vertreten. Viele Fragen an die Referentinnen zeigten, dass in der bibliothekarischen Praxis das Thema "Fortbildung" sehr aktuell ist und ein großer Bedarf an Erfahrungsaustausch besteht. Die von Frau Dr. Huesmann (Niedersächsische Landesbibliothek Hannover) moderierte Veranstaltung wurde in ihrem informellen Teil fortgeführt. Die Referentinnen beantworteten Fragen, die aus Zeitknappheit nicht im Forum gestellt werden konnten. Der informelle Teil gab auch den fast 60 Fortbildungsbeauftragten und InteressentInnen Gelegenheit dazu, ihre Erfahrungen auszutauschen und sich mit Tipps zu versorgen. Das Fortbildungsforum wurde als eine Veranstaltung begrüßt, welche eine direkte Kontaktaufnahme zu Personen, die in den jeweiligen Bibliotheken für die Fortbildung zuständig sind, erlaubt.

Die Kommission Aus- und Fortbildung des BIB führt auf Ihrer Homepage eine Liste mit Namen und Kontaktmöglichkeiten von Personen, die bei den vorausgegangenen und bei dem diesjährigen Fortbildungsforum ihre Daten zu Austauschzwecken zur Verfügung gestellt haben. Geplant ist es, das Fortbildungforum bei den nächsten Bibliothekartagen fortzusetzen.