Business Models for Distribution, Archiving
and Use of Electronic Information:
Towards a Value Chain Perspective
Mark Bide, Mark Bide & Associates


- Luxembourg: Office for Official Publications of the European Communities 2001, 79 pp.
ISBN: 92-894-0854-5. Euro 8,-

Die EU hat eine Consulting Firma beauftragt, um eine kleine Broschüre von gut 70 Seiten zu schreiben, in der die Geschäftsmodelle für die Verteilung, Archivierung und die Nutzung von elektronischen Informationen vorgestellt werden. Tatsächlich wurde diese Studie von EBLIDA (European Bureau of Library, Information and Documentation Associations1), dem rührigen europäischen Zwei-Personen-Büro begleitet und im Rahmen des ECUP+ Projektes (European Copyright User Platform2) erstellt. Das ECUP-Projekt ist eine Initiative, die im Rahmen des Telematikprogramms der EU (1996-1999) gegründet wurde und in zahlreichen Anschlussprojekten, so auch im TECUP-Projekt (http://gdz.sub.uni-goettingen.de/tecup/) fortgeführt wird. Die Studie setzt auf das Konzept der Wertschöpfungskette auf und geht im Wesentlichen auf Erfahrungen aus Großbritannien zurück und ist von daher nur bedingt auf das deutsche Bibliothekswesen übertragbar. Dem System der Wertschöpfungskette folgend wird untersucht, welchen Beitrag verschiedene bibliothekarische Aktivitäten zur Wertschöpfung leisten, welche Mehrwerte für die Benutzer geschaffen werden und wer diese Mehrwerte letztlich schafft. Die Studie setzt dabei auf die traditionelle Definition der Wertschöpfungskette von Porter (1985)3 auf und überträgt diese Theorie auf die Informationswirtschaft. Dies erfolgt in wenigen Sätzen, ebenso wie die Abhandlung von Copyright-Fragen.

Die Rolle der Bibliotheken wird im Kapitel 3, dem Hauptteil der Broschüre beleuchtet. Dabei werden bekannte Dinge zusammengefasst, komprimiert, knapp und gut, aber eben nicht neu oder revolutionär. Die Übergangsphasen von der traditionellen zur elektronischen Bibliothek werden kurz angerissen, Zahlungsmodalitäten und der Finanzzyklus von elektronischen Informationsmedien kurz besprochen, der Unterschied zwischen Zugriff und Erwerbung andiskutiert und dann in einer übersichtlichen aber doch banalen Matrix als Businessmodell für die Wertschöpfungskette der Bibliothek und ihrer elektronischen Informationen vorgestellt. Die angelsächsische Literatur liebt Appendices und so kommt auch diese Broschüre nicht ohne einen Anhang mit Standarddefinitionen aus, die ganz geeignet sind aber eben auch nicht umwerfend. Auch ein kleiner Fragebogen über die Nutzung von Bibliotheken hängt an, der vielleicht von der einen oder anderen Bibliothek genutzt werden wird. Auch eine Case-Study darf nicht fehlen und so führen uns Mark Bide & Associates das Projekt "Elektra" vor, eingefangen in die zuvor geschilderte Matrix des Business Modells.

Nichts Neues im Westen und bei der EU schon gar nichts, könnte man nach der Lektüre dieser wenigen Seiten vermuten und in der Tat eignet sich dieses Heft allenfalls zum Nachschlagen von wenigen zentralen Ideen und Gedanken, für die eine oder andere Definition oder auch für Menschen mit wenig Zeit zur Durchführung einer kleiner Benutzerumfrage mit Hilfe des beigefügten Fragebogenentwurfs. Vielleicht taugt dieses Heft aber auch als Argumentationshilfe für alle diejenigen Bibliotheken, deren Existenz bedroht ist und deren Trägereinrichtungen handfeste Argumente verlangen für Nachweis von Effizienz und Sinnhaftigkeit bibliothekarischer Aktivitäten. Immerhin für diese Informationen sind die 8 Euro gut angelegt, und so wie der Oberstudienrat in der "Zeit" all das liest, was er immer schon gewusst hat, so kann der geübte Informationsmanager nach der Lektüre dieses Heftes mit ruhigem Gewissen zum business as usual übergehen, weil er weiß, dass er schon alles wusste, was Mark Bide & Associates hier für ECUP, TECUP und EBLIDA zusammengestellt haben.

Rafael Ball

 


Anmerkungen

1. http://www.eblida.org

2. ECUP+ is to follow-up the results achieved under the first contract (ECUP I) but also to extend ist scope to the establishment of a Copyright Focal Point for participants under the Libraries Programme and members of EBLIDA. http://www.eblida.org/ecup/ecupinfo.html

3. Porter, Michael E., "Competitive Advantage". 1985, Ch. 1, pp 11-15. The Free Press. New York.