Die Bibliothek der Staatlichen Pädagogischen Universität "Sulchan-Saba-Orbeliani" in Tiflis gestern, heute und morgen

von Tina Dshatschwadse

Die heutige Orbeliani-Universität in der georgischen Hauptstadt Tbilissi (Tiflis) ist im Jahre 1935 als "Puschkin-Institut" gegründet worden, an dem damals eine nur zweijährige Ausbildung zum Lehrer angeboten wurde. Schon bei der Gründung des Instituts stellte sich die Frage nach der Gründung einer Institutsbibliothek, für die in den folgenden Jahren wenigstens ein Raum zur Verfügung gestellt wurde.

Die Büchersammlung beschränkte sich zunächst nur auf etwa 100 Bände, später kaufte man von dem in georgischen Fachkreisen bekannten Antiquar Samadaschwili sowie von Privatpersonen weitere Bücher, so dass der Bestand bis 1941 kontinuierlich anwuchs. Immerhin arbeiteten zu jenem Zeitpunkt sechs Bibliothekarinnen, obwohl die Bibliothek weder über Lesesaal noch Magazin verfügte. Die Leserschaft beschränkte sich zunächst auf etwa 400 Personen, Professoren, Pädagogen und Studierende.

Nach Kriegsbeginn musste die Bibliothek wiederholt ihr Domizil wechseln, von 1942 bis 1959 insgesamt sechsmal. Erst im Jahre 1960 erhielt sie ihren heutigen Standort im 3. Stock des Hauptgebäudes der Orbeliani-Universität an der Tschawtschawadse-Straße 32 im Zentrum der georgischen Hauptstadt. Der Lesesaal besitzt eine Fläche von 750 m²; der Gesamtbestand umfasst etwa 500.000 Bände. Vor zwei Jahren wurde der Bestand gesichtet und inhaltlich wie physisch unbrauchbar gewordene Bücher ausgeschieden.

Die Universität hat heute über die frühere Aufgabe der Lehrerbildung ein breit gefächertes wissenschaftliches Profil. Es existieren Lehrstühle für verschiedene Sprachen, Geographie und Tourismus, Geschichte, Recht, Kultur und Ästhetik, Pädagogik und Psychologie, Bibliothekswesen und Bibliographie, Mathematik, Informatik, Physik, Chemie sowie Biologie. Die Bibliothek muss Lehre und Forschung in diesen Fachgebieten mit Literatur versorgen. Daher hat die Bibliothek vielfältige Anforderungen bei der Modernisierung des Buchbestandes und in dessen formaler und sachlicher Erschließung zu erfüllen. Vor einiger Zeit hat die Bibliothek mit der elektronischen Titelaufnahme begonnen. Dies geschieht durch die Übernahme der größtenteils in georgischer Schrift handgeschriebenen Titelaufnahmen auf Katalogzetteln.

Darüber hinaus werden den Lesern auf Wunsch umfangreiche bibliographische Informationen zu speziellen Themen auf der Grundlage des Bibliotheksbestandes angeboten. Die Benutzung der Bibliothek ist allgemein kostenlos.

Der Literaturbestand gliedert sich in verschiedene Sprachen: neben dem Georgischen sind dies vor allem Russisch, dann die Sprachen der Nachbarländer Armenisch und Aserbaidschanisch , ferner Deutsch, Englisch, Französisch und andere Sprachen.

Unterschieden wird zwischen "Grundbestand" und "Hilfsbestand". Ersterer ist im Magazin untergebracht und dort nach der Dezimalklassifikation aufgestellt, der andere steht im Lesesaal und in der bibliographischen Abteilung. Bis 1990 war hier mehr Literatur in russischer Sprache als in georgischer verfügbar; dies ändert sich jetzt allmählich. Neue Bücher werden bei Buchhändlern, Antiquaren und auch von Privatpersonen gekauft, ein Teil kommt auch als Geschenk.

Besonders dringend gebraucht werden Sachbücher in englischer, deutscher oder französischer Sprache als Grundlage für das Studium der europäischen Sprachen in Kombination mit den Grundfächern, um mit der wissenschaftlichen Entwicklung im Ausland Schritt halten zu können. Hervorgehoben sei die deutschsprachige Literatur, die in Georgien sehr geschätzt wird und von einer wachsenden Zahl von Benutzern auch gelesen werden kann. Aufgrund nachhaltiger Hilfe aus Deutschland, Österreich und der Schweiz hat dieser Bestand deutlich zugenommen und Dank der Vermittlung von Prof. Engelbert Plassmann von der Humboldt-Universität in Berlin, während mehrerer Monate Gastdozent an der Orbeliani-Universität, konnte die Bibliothek mit zahlreichen Bänden neuer Fachliteratur ausgestattet werden. Auch durch Henner Grube, ekz-Bibliotheksservice in Reutlingen, sowie durch die Schenkung eines Teils der Privatbibliothek von Frau Helga Kallenbach in Berlin, sowie durch Schenkungen aus Österreich und der Schweiz kamen zahlreiche Bände in die Bibliothek.

Die großen Probleme der Bibliothek stehen in engem Zusammenhang mit der problematischen wirtschaftlichen und politischen Lage Georgiens. Der Kauf ausländischer Literatur stößt an sehr enge finanzielle Grenzen. Die Bibliothek der Orbeliani-Universität teilt diese Sorgen mit den anderen wissenschaftlichen Bibliotheken des Landes und der Georgischen Nationalbibliothek. Sie ist dankbar, wenn sie unter den gegenwärtigen harten Bedingungen auf die Hilfe ausländischer Institutionen und Berufskollegen und -kolleginnen zählen kann.


Zur Autorin

Tina Dshatschwadse ist Bibliotheksdirektorin der

Obeliani Universität
Tschawtschawadse Str. 32
Tiflis
Republik Georgien