Keller, Alice:
Konsortien in Bibliotheken: eine praktische Einführung


- Zürich: ETH-Bibliothek, 2002. 80 S.
(Schriftenreihe der ETH-Bibliothek; B Bibliothekswesen; 4)
ISSN 1423-6966 - ISBN 3-9521386-6-5

"Consortia" ist ein Begriff, der sich in den Bibliotheken anglophoner Länder Ende der 80er Jahre des vergangenen Jahrhunderts für die "kooperative Lizenzierung von elektronischen Medien" (S. 7) herausgebildet hat. Konsortien stellen eine völlig neue Art der Zusammenarbeit von Bibliothekaren, Wissenschaftlern und Verlegern dar und gehen weit über die traditionelle Kooperation und Koordinierung bibliothekarischer Arbeit hinaus.

Die Autorin versucht mit Erfolg, die Aufgaben und die Arbeitsweise von Konsortien darzulegen, ihre Vor- und Nachteile sichtbar zu machen, Lizenz- und Preismodelle zu erklären sowie die Arbeitsabläufe zur Produktlizenzierung zu beschreiben. Der Ansatz ist erfreulicherweise international, da die Autorin die Erfahrungen der International Coalition of Library Consortia ICOLC sowie der Konsortien in Großbritannien, der Schweiz, Österreichs und Deutschlands (insbesondere des länderübergreifenden Beratungsgremiums für Konsortialführer German, Austrian and Swiss Consortia Organisation GASCO) nutzt.

Die einzelnen Kapitel, die in logischer Abfolge die wesentlichsten Gedanken zu Konsortien behandeln, sind erfreulich kurz gehalten, ohne dass Wesentliches verloren geht.

Einer Einführung in Begriffe, Ziele und Zwecke von Konsortien (Kap. 1-3) folgen Ausführungen zum Lizenzvertrag (Kap. 4), zur Preisgestaltung im Konsortium (Kap. 5) sowie zu Produkten für ein Konsortium (Kap. 6. "Für Konsortialgeschäfte eignen sich vor allem kostspielige digitale Produkte oder Medien, deren Titelangebot durch Zusammenschluss zu einem Konsortium erheblich erweitert werden kann." S. 33).

Die technische Infrastruktur und die Organisation eines Konsortiums (Kap. 7-8) schließen einen ersten Teil ab, der sich im weitesten Sinne mit dem Bibliotheksmanagement beschäftigt.

In einem zweiten Teil folgen Überblicke über internationale Konsortien sowie Konsortien in Großbritannien und in den deutschsprachigen Ländern (Kap. 9-11. "Es gibt wohl kaum eine Region der Erde, in der sich Bibliotheken nicht zusammenschließen, um gemeinsam die Lizenzierung von elektronischen Produkten voranzutreiben. Wichtig ist, dass Ziel und Zweck von Bibliothekskonsortien nicht überall gleich sind". S. 47).

Die Zukunft von Konsortien (Kap. 12) sehen nach Meinung der Autorin verschiedene Experten eher skeptisch (z.B. können Verlage in Einzelverhandlungen gezielter auf die einzelnen Bedürfnisse der Bibliotheken eingehen), auch in einer Delphistudie äußern sich mehrere Teilnehmer eher zurückhaltend.

Konsortien - nur eine temporäre Erscheinung? Nach Lektüre dieses schmalen Buches ist dies kaum vorstellbar, zu sehr werden die Vorteile von Konsortien sichtbar. Die Autorin warnt allerdings auch davor, Konsortien als Allheilmittel ins Spiel zu bringen, "um die Erwerbungsmittel zu schonen oder gar zu senken". Die Erfahrungen zeigen, dass zumindest in den ersten Jahren zusätzliche Kosten erforderlich sind.

Aus dem ursprünglichen Skript zu einer Weiterbildungsveranstaltung der Initiative Fortbildung für wissenschaftliche Spezialbibliotheken unter dem Titel "Konsortien - erst recht für die Kleinen (Spezialbibliotheken)?" ist ein ausgezeichneter Überblick für alle geworden, die eine Einführung in das Thema benötigen. Vorzüglich geschrieben und gestaltet - Layout, Marginalien und Typographie in besonderer Weise -, ist die Publikation ein exzellentes, auf dem neuesten Stand befindliches Lehrbuch, das Studenten der Bibliotheks- und Informationswissenschaft und Managern in den Bibliotheken und Verlagen gleichermaßen empfohlen werden kann.


Anschrift des Rezensenten:
Prof. em. Dr. Dieter Schmidmaier
Ostendorfstraße 50
D-12557 Berlin