Der Einsatz von eBooks in der Stadtbibliothek Duisburg

von Dirk Heyermann und Uwe Holler

1. Geräte und Textpakete

Titelübersicht auf dem Gemstar-eBook
Seit dem 1. Februar 2002 verleiht die Stadtbibliothek Duisburg auch eBooks. Im Rahmen eines vom Ministerium für Städtebau und Wohnen, Kultur und Sport des Landes Nordrhein-Westfalen geförderten Projekts (vgl. BuB 54 (2002) 7/8, S. 476-481) stehen den Leserinnen und Lesern 11 Rocket eBooks Pro und 16 Gemstar eBooks GEB 2200 (http://www.gemstar.de) ausleihbar zur Verfügung. Bis Mitte September wurden diese im Schnitt 5,7 bzw. 5,4 mal ausgeliehen. In dieser Zeit war, um möglichst vielen die Möglichkeit zu bieten, dieses neue Medium kennenzulernen, eine Leihfristverlängerung nicht möglich. Somit haben also bis zu diesem Zeitpunkt etwa 150 Personen eBooks ausprobieren können. Inzwischen ist allerdings die Leihfristverlängerung möglich, was ja bei bis zu zwanzig gespeicherten Romantiteln durchaus sinnvoll ist.

Zur Zeit ist der Erwerb von Lizenzen elektronischer Texte nur für ein ganz bestimmtes eBook möglich. Wir konnten daher nicht global Lizenzen für die Stadtbibliothek Duisburg erwerben und diese dann nach Wunsch der Leserinnen und Leser auch auf die eBooks aufspielen, sondern mussten die erworbenen eBooks mit fest zugeordneten Texten bestücken. Wir haben uns entschieden, nicht jeweils eine Mischung verschiedener Texte, sondern thematisch oder nach Genre zusammengehörige Texte auf den Geräten zu speichern. Es gibt daher eBooks mit Unterhaltungsromanen, mit historischen Romanen, mit Kriminalromanen (unter anderem eins, auf dem nur Texte aus dem Grafit-Verlag gespeichert sind), mit Texten aus dem Bereich Wirtschaft oder Gesundheit. Um welche Titel es sich dabei handelt, ist über unseren OPAC zu recherchieren (, indem man in der "Selektiven Suche" im Feld "Signatur" den Begriff "ebook" eingibt.

Um neben der Ausleihe ein Kennenlernen und Ausprobieren in der Bibliothek zu ermöglichen, stehen zusätzlich je zwei Rocket- und Gemstar-Geräte als "Präsenzbestand" in der Zentralbibliothek zur Verfügung. Auf eigens dafür von der ekz.bibliotheksservice GmbH entwickelten Möbeln werden daneben auch noch zwei Compaq- und zwei Palm-Handhelds (PDAs) präsentiert, um die Speicher- und Lesemöglichkeiten als eBooks dieser doch schon ziemlich weit verbreiteten Geräte zu demonstrieren.

2. Ausleiherfahrungen und Lesermeinungen

Die bisherigen Ausleiherfahrungen sind fast durchweg positiv. Dies bezieht sich sowohl auf die rege Nachfrage von Seiten der Benutzer, als auch auf die zunächst befürchteten technischen Anfälligkeiten der Geräte. Lediglich bei einigen Gemstar-Geräten kam es aufgrund einer fehlerhaften Firmware zu Problemen bei der Akkuverwaltung. Dieser Fehler konnte durch ein Update inzwischen weitestgehend behoben werden. Um die Erwartungen und die Erfahrungen, welche die Leser im Umgang mit den eBooks gemacht haben, besser auswerten zu können, geben wir bei der Ausleihe einen anonymen Fragebogen mit und bitten um eine Beurteilung hinsichtlich Bedienungsfreundlichkeit und Lesekomfort. Ferner fragen wir, ob eBooks eine sinnvolle Ergänzung zum Buch darstellen. Zum Schluss sollen die Leser eine Gesamtnote zwischen "Sehr gut" und "Ungenügend" vergeben und haben Platz, um eigene Bemerkungen und Wünsche einzubringen. Seit kurzem haben wir den Fragebogen noch um Alters- und Geschlechtsangaben ergänzt. Angaben hierzu liegen aber noch nicht in ausreichendem Umfang vor.

Bedienungskomfort:

Die Bedienung der eBooks bereitet keine Probleme und wird zum überwiegenden Teil als leicht verständlich empfunden. Diese Beurteilung bezieht sich sowohl auf die Gemstar- als auch auf die Rocketgeräte. Sechs Leser fanden den Umgang mit den eBooks zwar nicht komfortabel aber erlernbar und lediglich zwei Leser beurteilten die Bedienung als umständlich.

Lesekomfort:

Auch das Lesen am Display wird von einem Großteil der eBook-Entleiher als vollkommen problemlos angesehen. Lediglich Extremsituationen, wie z.B. starker Lichteinfall, führen zu Beeinträchtigungen beim Lesekomfort. Auffallend häufig wird allerdings das hohe Gewicht der eBooks bemängelt. Dies ist insofern nicht verwunderlich, da das Gemstar-eBook ca. 970 Gramm und das Rocket-eBook ca. 630 Gramm wiegt. Bei zukünftigen Gerätegenerationen sollte demnach eine deutliche Gewichtsreduzierung angestrebt werden.

Sinnvolle Ergänzung zum Buch?

Dass das eBook beim interessierten Leser ankommt, kann man an unserer dritten Fragen erkennen. Über 70 Prozent der Befragten sahen im eBook eine sinnvolle Ergänzung zum Buch, welche ihnen zahlreiche Vorteile bietet. 10 Prozent verneinen dies, da sie die Technik für noch nicht ausgereift halten und knapp 5 Prozent konnten mit dem eBook überhaupt nichts anfangen.

Gesamtnote

Die gesammelten Lesererfahrungen drücken sich in folgender Gesamtbenotung aus.

Kritik und Wünsche

Dass die aktuellen eBook-Modelle zu schwer sind und die Leser sich leichtere Modelle wünschen, wurde ja schon beim Punkt Lesekomfort angesprochen. Weitere häufig genannte Kritikpunkte sind der Preis, das Titelangebot und die Flexibilität in Bezug auf die Übertragung der Titel auf andere eBooks.

Größenvergleich von eBook- und Buch-Formaten
Die Leser empfinden die eBooks als zu teuer. Dies bezieht sich sowohl auf die Gerätekosten, als auch auf die Buchtitel. Ein Gemstar-eBook kostet zur Zeit 649 Euro. Nun hat Mobilität bekanntlich ihren Preis, dieser ist aber in Anbetracht der gebotenen Leistung und ausschließlichen Verwendung als eBook-Lesegerät eindeutig zu hoch. Das Gerät verfügt über keinerlei Zusatzfunktionen, wie etwa eine Druckausgabe oder einen Kalender. Vielleicht kann die Übernahme von Vertriebsmethoden aus dem Mobilfunkbereich zu einem angemessenen Anschaffungspreis führen, beispielsweise beim Abschluss von Zeitschriftenabonnements. Auch die Hoffnung, elektronische Texte seien wesentlich günstiger als ihre gedruckten Pendants, erfüllt sich nicht. Aktuelle Titel sind vollkommen identisch im Preis. Lediglich Buchausgaben, welche sich inzwischen als Taschenbuchausgabe im Handel befinden, kosten in der Regel ca. 0,50 bis 1,00 Euro weniger als das Taschenbuch. Dazu muss man allerdings noch die Telekommunikationskosten für den Buchdownload hinzu addieren.

Auch mit den nächsten beiden Punkten, die eng miteinander verzahnt sind, steht und fällt der zukünftige Erfolg des eBook-Marktes. Dabei handelt es sich um das völlig unzureichende Titelangebot und die mangelhafte Flexibilität im Umgang mit bereits erworbenen Titeln. Das im Vergleich zum herkömmlichen Buchmarkt verschwindend kleine Titelangebot ist sicher der wesentliche Aspekt, warum die eBook-Technologie nicht aus den Startlöchern kommt. In Bezug auf die Gemstar- und Rocket-eBooks sucht man populäre, für Bibliotheken relevante Sachliteratur praktisch vergebens, von Fachliteratur ganz zu schweigen. Lediglich im Bereich der Belletristik verfügt man über eine gewisse Auswahl, welche aber in Gesamtrelation zum Printangebot wiederum eigentlich keine Auswahl darstellt. Bei den anderen eBook-Plattformen, wie z.B. Adobe - (http://www.adobe.com/products/ebookreader) oder Microsoft-eBook-Reader (http://w(ww.microsoft.com/reader) sieht es nicht viel besser aus. Ein reichhaltiges Angebot findet man dagegen im Bereich der Groschenromane. Readersplanet (http://www.readersplanet.de) hat sich speziell auf diese Sparte konzentriert und bietet auf PDA-Basis Unterhaltungsliteratur der leichtesten Art ab 0,99 Euro an. Einen ausgebauten Bestand an deutschsprachiger Fachliteratur findet man praktisch nur bei ciando (http://www.ciando.com) und auch nur für den Acrobat- oder den Adobe-eBook-Reader, was wiederum einen Einsatz auf einem stationären PC/Apple oder in kleinster mobiler Form, einem Notebook bewirkt. Der Adobe-eBook-Reader verfügt jedoch über eine spezielle Renderingtechnik, welche die Leseanmutung am Bildschirm verbessern soll. Allen Angeboten gemeinsam ist die ausschließliche Lesefähigkeit auf dem Lesegerät, das dem eBook-Titel zugewiesen ist. Ein Überspielen auf ein anderes Gerät ist nicht möglich. Dies führt momentan noch dazu, dass Bibliotheken, die eBooks in den eigenen Ausleihbestand integrieren möchten, die zugehörige Hardware mitentleihen müssen oder einfach, wie in einer Kooperation der Universitäts- und Stadtbibliothek Köln mit ciando geschehen, Downloadgutscheine an die Studenten verteilen. (http://www.wiso-buero.uni-koeln.de/wm/ws01-02/wm3/wm3s10.html). Die Bücher gingen wohlgemerkt in den Besitz der Studenten über! Man sieht, eBooks und Bibliothek passen zur Zeit noch nicht optimal zueinander. Dies trifft unter Umständen auch auf die Bezahlmodalitäten beim Erwerb der Titel zu. eBooks werden in der Regel direkt bei der Transaktion bezahlt, sprich mit Kreditkarte. Kameralistisch geführte Bibliotheken stoßen hier schnell an ihre Grenzen. Bei einigen Anbietern, wie z.B. dibi (http://www.dibi.de), ist es jedoch möglich, sich ein dem jeweiligem eBook zugehöriges Konto per Vorkasse einrichten zu lassen.

3. Fazit und Ausblick

Die heutigen eBooks sind noch weit davon entfernt, eine ausgereifte markt- und bibliotheksgerechte Technologie darzustellen. Dies wird nur der Fall sein, wenn das Titelangebot wesentlich verbreitert wird und Verlage und eBook-Hersteller dem Kunden mehr Flexibilität bei lizenzrechtlichen Fragen der erworbenen Titel ermöglichen. Dann könnten sich auch Bibliotheken zu "Texttankstellen" entwickeln, wo sich Leserinnen und Leser eBook-Texte auf ihre privaten eBooks für eine bestimmte Ausleihfrist überspielen können. Im Idealfall als Titeldownload für eingetragene Bibliothekskunden übers Internet.

Ferner hat sich am Beispiel anderer Medien (Videofilme, CDs, DVDs) gezeigt, dass ein Massenmarkt für ein neues Medium nur dann erschlossen werden kann, wenn ein einheitliches Format vorliegt. Dies ist auch für eBooks anzustreben. Verkauffördernd wären sicherlich auch günstigere Gerätepreise und die Weitergabe geringerer "Herstellungskosten" von Seiten der Verlage an die Verbraucher.

Trotz aller derzeitigen Unzulänglichkeiten sollten sich unserer Meinung nach Bibliotheken offensiv mit den neuen Publikationsformen auseinandersetzen. Zukünftig könnten eBooks das permanente Platzproblem in Bibliotheken lindern und auch Probleme der Bestandserhaltung und -aktualisierung wären theoretisch leichter lösbar.


Zu den Autoren

Dirk Heyermann

ist seit Juli 2000 als Lektor für Recht und Wirtschaftswissenschaften in der Stadtbibliothek Duisburg tätig.
Geboren 1965, Studium 1989 bis 1992 an der FHBD Köln, Zusatzausbildung zum Informationsbroker. Tätigkeiten u.a. bei der IHK Köln (Sachbearbeiter für Informations- und Kommunikationstechnik) und in der Stadtbücherei Witten.

E-Mail: d.heyermann@stadt-duisburg.de
Tel.: (0203) 283-2919

Uwe Holler

ist seit 1989 Leiter der Zentralbibliothek und Lektor für Sprachwissenschaften.
Geboren 1953, Studium 1972 bis 1975 am Bibliothekar-Lehrinstitut Köln.
Seit Oktober 1975 in der Stadtbibliothek Duisburg (Lektorat und Informationsabteilung).

E-Mail: u.holler@stadt-duisburg.de
Tel.: (0203) 283-4228