Wald-Wissen auf Knopfdruck
- die Einführung von LIBERO beim Wiener Bundesamt für Wald

von Rüdiger Maier

Die Bibliothek des Bundesamtes und Forschungszentrums für Wald (BFW) in Wien besteht seit 1874 und zählt zu einer der ältesten und bedeutendsten forstlichen Fachbibliotheken in Europa. Mit Hilfe des Bibliotheksverwaltungssystems LIBERO werden die umfangreichen Bestände kostengünstig und einfach verwaltet und öffentlich zugänglich gemacht.

Das Bibliothekssystem LIBERO

Die Firma LIBERO Software Pty. Ltd. (Brisbane, Australien) ist seit über 15 Jahren Entwickler und Lizenzgeber des Produktes LIBERO. Die im deutschen Pleidelsheim ansässige LIB-IT GmbH Bibliotheks EDV-Systeme wurde 1996 von der heutigen Geschäftsführerin Dagmar Causley gegründet. Ziel ist die Ausstattung von Bibliotheken jeder Größe mit Standardsoftware. Das Unternehmen beschäftigt derzeitig zwölf festangestellte (davon sieben ausgebildete Diplom-Bibliothekarinnen und -Bibliothekare) und drei freie Mitarbeiter. International sind ca. 35 Mitarbeiter mit Entwicklung, Vertrieb und Betreuung von LIBERO beschäftigt.

Zwischen der deutschen LIB-IT GmbH und LIBERO Software Pty. Ltd. besteht ein Partnerschaftsvertrag. Neben den weltweiten exklusiven Distributionsrechten (außer Australien) sind der LIB-IT GmbH entscheidende Einflussrechte bei der Weiterentwicklung und Anpassung von LIBERO an die europäischen Bibliotheksstandards eingeräumt. Um die Zukunft der Kundenbetreuung sicherzustellen, gibt der Partnerschaftsvertrag beiden Gesellschaften gegenseitig das Ersterwerbsrecht. Während die Verantwortung für Entwicklung und Softwarepflege überwiegend bei der Firma LIBERO Software Pty. Ltd. liegt, ist LIB-IT GmbH für das gesamte Marketing, den Vertrieb, die Datenkonvertierung und den First-Level-Support in Europa zuständig.

"Ich habe hier vor über 20 Jahren damit begonnen, die Bestände zu digitalisieren und damit der interessierten Öffentlichkeit besser zugänglich zu machen", umreißt HR Dipl.-Ing. Dr. Daryoush Voshmgir, Leiter der Abteilung für Dokumentation, Publikation und Bibliothek die lange Geschichte der Digitalisierung des erst kürzlich umbenannten Bundesamtes (früher: Forstliche Bundesversuchsanstalt, Waldforschungszentrum). Die Anfänge der Literaturdokumentation reichen hier in das Jahr 1950 zurück. Sie war bis einschließlich 1980 auf der Basis von Zettelkatalogen, Klassifikationssystemen und Ablage nach Sachthemen organisiert. Im Rahmen eines Forschungsauftrages wurde 1985 eine dialogorientierte Literaturdatenbank aufgebaut, mit deren Hilfe Literaturzitate nach mehrdimensionalen Kriterien suchbar waren. Der Gesamtbestand der Bibliothek umfasst heute 16.218 Buch- und 30.082 Zeitschriftenbände sowie ca. 9.275 Sonderdrucke.

Kostengünstig und leistungsfähig

1996 begann die Suche nach einer Ablösung für das bis dahin eingesetzte Siemens-System Golem. "Das System war in der Erhaltung sehr kostspielig und deckte die Bibliotheksverwaltung nicht ab. Daher suchten wir ein umfassendes System mit einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis", erläutert Voshmgir. Nach eingehender Prüfung der Angebote entschied man sich für das Bibliotheksverwaltungsprogramm LIBERO, das auf der Datenbank Caché von InterSystems aufsetzt. Das System verbindet die Bibliotheksverwaltung mit der Literaturdokumentation und schneidet auch bei der Übernahme der Altdaten wie bei der Leistungsfähigkeit besonders gut ab. "Wir haben festgestellt, dass fortschrittliche Anwender in der ganzen Welt dieses System einsetzen und haben uns zugetraut, damit zu den österreichischen Pionieren zu zählen", schildert Voshmgir die Hintergründe der Entscheidung.

Die postrelationale Datenbank Caché

LIBERO setzt auf der postrelationalen Datenbank Caché von InterSystems auf, die als e-Datenbankmanagement-System speziell für e-Business-Applikationen geeignet ist. Die in den USA in Cambridge, MA, angesiedelte InterSystems Corporation ist mit über vier Millionen Anwendern weltweit der führende Anbieter von hochleistungsfähigen Datenbanksystemen für e-Applikationen. Das Flaggschiff-Produkt Caché ist eine postrelationale Datenbank mit multidimensionalem Daten- und Applikations-Server.

Caché ist von vornherein so konzipiert, dass es gerade die komplexen Anforderungen der realen Welt optimal abbilden kann. Entwickler schätzen die hohe Produktivität der integrierten Entwicklungsumgebung auf Basis moderner Objekt-Technologie. Die mit Caché erstellten Objekte unterstützen alle gängigen Programmiersprachen wie beispielsweise Java, C++ und ActiveX. Gleichzeitig ermöglicht das transaktionsorientierte multidimensionale Datenmodell von Caché, mittels SQL, ODBC und JDBC direkt auf die Datenbasis zuzugreifen. Die Datenbank ist in fünf verschiedenen Varianten erhältlich: von Caché PC für Standalone-Systeme mit einem Benutzer bis zu Caché Enterprise für den unternehmensweiten Einsatz. Die Preise reichen von 240 Euro bis zu 1.465 Euro pro Benutzer.

Wichtig bei der Entscheidung war auch die Fähigkeit des Systems, sowohl Bibliotheks- als auch Dokumentationsaufgaben zu erledigen. "Damit ersparen wir uns in vielen Fällen die doppelte Erfassung von Daten, was sonst viel Zeit kostet", weiß der Bibliotheks- und Dokumentations-Experte. Das System wurde für fünf Arbeitsplätze angeschafft (einmalige Anschaffung: ca. 25.000 Euro), die jährliche Pflege- und Update-Kosten belaufen sich auf etwa 4.000 Euro "Das System war damit sowohl in der Anschaffung wie auch in der Pflege deutlich kostengünstiger als andere Lösungen", so Voshmgir. Im Juni 1998 begann man nach einer halbjährigen Testphase mit dem Vollbetrieb.

Das System ist modular aufgebaut und gliedert sich in die Bereiche Erwerbung, Katalogisierung, Zeitschriften-Verwaltung, Entlehnung und Web-OPAC (stellt den Katalog der Bibliothek im Inter- und Intranet zur Verfügung). Gudrun Schmidberger, Leiterin der Bibliothek im BFW: "Die Bibliotheksverwaltung mit LIBERO ist sehr offen und erlaubt durch das eigenständige Setzen von Parametern eine ausgezeichnete Anpassung an die Gegebenheiten der einzelnen Bibliothek". In der Katalogisierung hat der Benutzer nämlich die Wahl zwischen einer parametrisierbaren Bildschirmmaske oder einem "Full-Screen-Editor" zur Eingabe im MAB/Marc-Format. Zusätzlich ist eine Unterstützung der Eingabe durch Templates (Katalogisierungsvorlagen) gegeben. Das System kann bis zu vier verschiedene Bibliotheksformate parallel (MAB2, UniMarc, USMarc, UKMarc) verarbeiten, die von der Bibliothek beliebig ergänzt werden können.

Laufende Erweiterung notwendig

Das System verfügt über eine Standard-ODBC-Schnittstelle für den Zugriff auf die gesamte Datenbank mit Hilfe eines Reportgenerators. Der Bibliothek wird somit die Erstellung eigener Statistiken, Briefe und Listen jeglichen Layouts ermöglicht. Für den Druck aus LIBERO wird standardmäßig das Desktop-Tool Seagate Crystal Reports verwendet. "Der Ausdruck mit Crystal Reports erfordert doch einige Übung und sollte noch verbessert werden", berichtet Schmidberger und gibt damit die Erfahrungen der Bibliotheksmitarbeiter weiter.

Der WebOPAC, der den Katalog der Bibliothek im Inter- und Intranet zur Verfügung stellt, greift direkt auf die Datenbank zu und erlaubt so auch Vorgänge wie Vormerkung und Benutzerkontoabfragen. Gesucht wird mit bis zu fünf Suchfeldern in verschiedenen Indexen mit UND, ODER sowie NICHT-Verknüpfung. "Die Anwender wünschen bei der Suche im WebOPAC noch mehr Freiheiten bei Recherchen nach Suchbegriffen sowie erweiterte Möglichkeiten, um das Ergebnis der Suche ausdrucken zu können, ohne auf komplizierte Anwendungen von ‚Reportwritern’ zurückgreifen zu müssen. Wir würden es auch sehr begrüßen, wenn hier die Umsetzung der Weiterentwicklung manchmal schneller voran gehen könnte", formuliert Voshmgir einen Wunsch an die Entwickler.

Er weiß aber auch, dass alle entsprechenden Systeme laufend weiter entwickelt werden müssen, da auch die Ansprüche der Nutzer zunehmen. Daher ist die gute Zusammenarbeit mit dem Hersteller besonders wichtig. Und hier seien LIBERO und LIB-IT vorbildlich: Auf dem jährlichen Anwenderworkshop und auch während der sonstigen Zeit werden Wünsche und Beschwerden der Anwender sehr ernst genommen. Seit über drei Jahren hilft auch eine telefonische Hotline bei der Lösung der meisten Anwenderfragen.

Hohe Erwartungen der Nutzer

Selbstverständlich ist sich Dagmar Causley, Gründerin und Geschäftsführerin von LIB-IT, der wachsenden Ansprüche der Nutzer bewusst: "Das Bibliothekswesen ist derzeit in einer Umbruchphase. So sehen wir etwa den deutlichen Trend zum Zusammenwachsen von Bibliothek und Dokumentation, dem wir mit der neuen Release unseres Systems besondere Rechung tragen". Erleichtert werden solche Anpassungen durch die der Applikation zugrundeliegende Datenbank Caché, das postrelationale e-Datenbank-System von InterSystems. Im Mittelpunkt stehen die Caché Server Pages, die durch die Integration von Code- und Tag-basierender Programmierung eine schnelle Entwicklung von dynamischen Web-Applikationen ermöglichen. Ein weiteres Thema ist die Unified Data Architecture, die mit ihrem multidimensionalen Datenmodell die Vorzüge objektorientierter und relationaler Technologie kombiniert und dadurch nicht nur die Entwicklung, sondern auch die Performance der Anwendungen erheblich beschleunigt.

Die Liste der Neuerungen in der neuen Release ist lang und umfassend. So steht nun etwa mit Open Search eine Software zur Gestaltung von Informationsportalen für Bibliotheken zur Verfügung. Dagmar Causley: "Damit wird es dem Nutzer möglich, aus allen zur Verfügung gestellten Quellen gleichzeitig zu seinem Suchbegriff zu suchen. Suchen macht nämlich nur Spaß, wenn man auch findet". Diese Weiterentwicklung erlaubt also protokollunabhängige Simultanrecherchen in beliebigen Bibliothekskatalogen, Online-Datenbanken und anderen Internetquellen.

NetVue wiederum ist eine neuartige Software zur Bildwiedergabe in Online-Katalogen für Bibliotheken. Neu ist auch der SDI-Service (Selective Dissemination of Information): Er erstellt ein Profil des Benutzers (gesuchte Autoren, Begriffe etc.). Damit wird es möglich, den Nutzer automatisch über die ihn interessierenden Themen und Autoren zu informieren.

Verbessert wurde darüber hinaus die Verwaltung der Zeitschriften. Im WebOPAC finden sich zwei neue Sprachen (spanisch, holländisch). Ein eigenes Buchungsmodul für Ressourcen/Materialien erlaubt die Reservierung von Räumen und Geräten (Beamer, Kopierer etc.). "Das sind Probleme, die im Alltag der Bibliotheken laufend auftreten und für die wir nun eine Lösung anbieten", so Causley.

Der Verkauf des Systems laufe sehr gut, auch die Präsentation auf der diesjährigen CeBit sei ausgezeichnet angenommen worden.

Kürzlich konnte das Unternehmen eine große Ausschreibung über Bibliothekssoftware für Baden-Württemberg gewinnen. Und selbst in Mauritius ist man auf das System aufmerksam geworden: Ein Unternehmen mit 700 Mitarbeitern ist dort nun Vertriebspartner für LIBERO in Mauritius und weiten Teilen des südlichen Afrikas. Neue Distributoren gibt es auch in Italien. In Holland und Frankreich sei man noch auf der Suche. Gute Aussichten für Bibliotheksbenutzer!

Weiterführende Links:
http://fbva.forvie.ac.at
www.libit.de
www.intersystems.de