Accessibility - Websitegestaltung für Blinde und Sehbehinderte - Annette Bresser.
Konzeption eines E-Learning-Portals und seine Realisation für die Bereiche Information und Neue Medien - Sandra Kuhn ; Heike Mattheis.
Electronic Commerce - Chancen für Bibliothekare? - Anke Reinhard.

Der vierte Band des Innovationsforums enthält wie in den Jahren zuvor die mit dem B.I.T.online-Innovationspreis prämierten Prüfungsarbeiten von Fachhochschulen. Diese behandelten überwiegend Themen der Digitalisierung und Online-Anbindung von Bibliotheken, auch dieses Mal wird dieses Feld beackert, indem zweimal Fragen der Konzeption der Online-Auftritte von Bibliotheken und einmal Marketingfragen behandelt werden.

Alle drei im Band enthaltenen Diplomarbeiten führen zunächst allgemein ins Thema ein, werden dann konkreter und diskutieren oder konzipieren dann breit praktische Lösungen. Die Fachhochschulen machen hier ihrem englischen Titel "university for applied sciences" alle Ehre:

• In der ersten Arbeit wird die Zugänglichkeit von Bibliotheks-Webseiten für Blinde und Sehbehinderte zum Thema gemacht. Erfahrungsgemäß haben hier Homepages ihre Schwächen, sie sind meist auf die am meisten verbreiteten Browser und auf diejenigen Benutzergruppen ausgerichtet, welche wenig Schwierigkeiten im Umgang mit Inhalten des WWWs haben. Daher ist es sehr hilfreich, dass hier das Computer- und Internetverhalten der betreffenden Zielgruppe eingehender dargestellt wird, Kriterien für die Gestaltung von Websites genannt und Bedingungen für das E-Commerce mit dieser Zielgruppe geschildert werden. Abschließend werden noch die Homepages der DDB und der LoC hinsichtlich der Accessibility für die Zielgruppe untersucht.
• Die zweite Arbeit geht auf das interaktive Lernen im Netz, das so genannte "E-Learning" und die Gestaltung von entsprechenden Portalen ein. Das E-Learning wird von anderen Bereichen des Lernens abgegrenzt und definiert, sodann wird diese Lernform für den Hochschul- und Unternehmensbereich näher behandelt. Zum Schluss wird ein Konzept für ein entsprechendes Portal (Inhalte, technische Gestaltung, Marketing und Zielgruppenpflege) erstellt, das ohne weiteres - gefüllt mit entsprechenden Inhalten - von Bibliotheken übernommen werden könnte. Eine öffentliche Bibliothek, welche sich auf ein bestimmtes Thema spezialisiert hat, wie beispielsweise Stuttgart auf den Themenkreis Beruf - Karriere - Wirtschaft, könnte also in diesem Feld hier leicht ein Portal mit den entsprechenden Inhalten aufbauen.
• Last not least behandelt die dritte enthaltene Arbeit den Electronic Commerce im Bereich der Bibliotheken. Macht es einen Sinn, einen Bereich aus der Wirtschaft auf öffentliche Institutionen wie Bibliotheken zu übertragen? Wenn man im Blick hat, dass im Bibliotheksmanagement der Trend vom Marketing der Bibliothek selbst hin zum Marketing von einzelnen Informationsdiensten geht, dann ist es sinnvoll, sich dieses Feld im Bereich der Wirtschaft näher anzusehen und dann zu überlegen, was übertragbar wäre. Hierbei hilft die Lektüre dieser Arbeit, sie schildert knapp die eCommerce-Lösungen in der Wirtschaft und behandelt die Übertragungs- möglichkeiten auf den Informationssektor. Hier bleibt der Text freilich dem Allgemeinen verhaftet, allein, die Perspektive ist klar und man kann sich auf dieser Grundlage dann genauer um die Umsetzung in Bezug auf einzelne Dienste bzw. Benutzergruppen kümmern.

Allen hier veröffentlichten Texten ist eigen, dass sie Themengebiete grundsätzlich erschließen, d.h. es wird nicht ein spezialisierter Ausschnitt eines Problems behandelt, sondern Zugänglichkeitskriterien, Portalgestaltung und Marketing von Diensten so abgehandelt, dass man nach der Lektüre mit der Umsetzung der eigenen Gegebenheiten beginnen könnte.

Ein Umstand, der bei der Lektüre auffiel, eher aber als eine Kritik an den Lehrenden denn an den Autorinnen verstanden werden soll, ist die Tatsache, dass außer bei der ersten Arbeit englischsprachige Literatur nur im geringen Maße verwendet wurde. Bei entsprechenden Prüfungsarbeiten von Universitäten wären je nach Fachgebiet ein Drittel bis neun Zehntel der verwendeten Literatur in englischer Sprache gewesen. Wenn auch dadurch bedingte inhaltliche Lücken bei der Lektüre nicht auffielen: Gerade bei innovativen Arbeiten sollen auch englische Werke in die Bearbeitung mit einbezogen werden.

Der Wissenstransfer von den Fachhochschulen hin zu jenen, welche im Berufsfeld tätig sind, könnte besser sein. Wie in vielen Bereichen findet man auch an Fachhochschulen des Bibliothekswesens bzw. Informationsmanagements keine Textserver, auf denen Prüfungs- arbeiten regelmäßig abgelegt würden, so dass Interessierte sich über die behandelten Themen und Trends informieren könnten. Lediglich in Köln und Berlin werden einzelne Prüfungs- arbeiten in Reihen online publiziert.¹

Praxis braucht Wissenstransfer, um Schritt mit der Entwicklung zu halten. Nicht nur Fortbildungsveranstaltungen und Zeitschriften, auch Volltexte sollten hier eine Rolle spielen! So ist es sehr verdienstvoll, dass in dieser Buchreihe herausragende Arbeiten veröffentlicht werden.

Anschrift des Rezensenten

Dr. Jürgen Plieninger
Bibliothek des Instituts für Politikwissenschaft
Universität Tübingen
E-Mail: juergen.plieninger@uni-tuebingen.de

1. Es handelt sich zum einen um die Kölner Arbeitspapiere zur Bibliotheks- und Informationswissenschaft, deren Bände als PDF-Dokumente unter http://www.fbi.fh-koeln.de/fachbereich/papers/kabi/index.cfm zum Herunterladen angeboten werden, zum anderen um die Berliner Handreichungen zur Bibliothekswissenschaft, zum Teil als HTML-, zum Teil als PDF-Dokumente unter http://www.ib.hu-berlin.de/inf/handrei.htm erreichbar.