Editorial
IFLA 2003 in Berlin

Nun haben wir es endlich wieder geschafft, dass die IFLA-Generalkonferenz nach mehreren Anläufen und nach 20 Jahren wieder einmal und zwar als 69. Konferenz in Deutschland stattfindet, sogar mit neuem Namen als Weltkongress Bibliothek und Information, diesmal in der neuen und alten deutschen Hauptstadt Berlin, unter der Schirmherrschaft des Bundespräsidenten.

Das Thema Bibliothek als Portal: Medien - Information - Kultur liefert ein schönes Bild und spiegelt Wunschdenken und Wirklichkeit gleichermaßen wider. Es will den Wandel im Medien- und Wissensmanagement aufzeigen, die Informationsinhalte und -nutzung stärken und für Kultur und menschliche Werte einstehen und damit die Bibliotheken als kulturelle Einrichtungen weiterentwickeln und auch in die Pflicht nehmen.

Es wird also den TeilnehmerInnen ein hochinteressantes Angebot unterbreitet, und es ist zu hoffen, daß es auch von vielen, besonders von den jüngeren KollegenInnen, vor allem aber auch aus Deutschland, genutzt wird, zumal die Konferenz von einer hochkarätigen Ausstellung im Berliner ICC flankiert wird. Hoffentlich werden die Interessenten nicht von den hohen Teilnehmergebühren von bis zu fast 500,- Euro abgeschreckt, denn bei den leeren öffentlichen Kassen können sie kaum mit Unterstützung rechnen! Der Autor erinnert sich gerne und dankbar an seine aktive IFLA-Zeit, da es der Wunschtraum vieler BibliothekareInnen war, an einer solchen internationalen Konferenz teilnehmen zu können oder gar in den Gremien mitwirken zu dürfen, und dabei, par excellence, mit KollegenInnen aus fremden Ländern und Kulturen Freundschaft zu schließen. Leider steht heute davor eine hohe Preishürde, und helfende öffentliche Hände wie früher die DFG, die verschiedenen Ministerien oder heimatliche Universitäten oder das DBI haben nichts mehr hinzuzusetzen oder existieren schon gar nicht mehr, und auch eine schon erhoffte Nachfolgeinstitution wurde im Keime erstickt!

Es ist daher vielleicht nicht der günstigste Zeitpunkt, eine solche internationale Großkonferenz hier abzuhalten, da das zentrale deutsche Bibliothekswesen vor einem Scherbenhaufen steht? Oder doch? Vielleicht wird gerade dadurch das Bibliothekswesen in Deutschland und seine großen Leistungen wieder stärker in das Bewußtsein der Politiker gerückt, dass es wie ein Phönix aus der Asche - oder dem Scherbenhaufen - erstehen kann?

Jedenfalls wird den Teilnehmern, und auch den Politikern, diese Leistungen durch einen von der Bundesvereinigung Deutscher Bibliotheksverbände (BDB) herausgegebenen Band Portale zu Vergangenheit und Zukunft. Bibliotheken in Deutschland umfänglich geschildert. Damit wird eine gute Tradition anlässlich der IFLA-Konferenzen in Deutschland fortgesetzt: 1968 konnte in Frankfurt der ZfBB-Band Bibliotheksneubauten in der Bundesrepublik Deutschland präsentiert werden und 1983 in München ein Folgeband für die Jahre 1968-1983, die beide eindrucksvoll die Leistungen auf dem Gebiet des Bibliotheksbaues in der Bundesrepublik dargelegt haben. Jetzt in Berlin folgt eine noch umfassendere Präsentation des Bibliothekswesens im gesamten Deutschland.

Aber auch diese Zeitschrift möchte ihren bescheidenen Beitrag zu dem großen internationalen Bibliotheksereignis des IFLA-Weltkongresses leisten und damit auch die TeilnehmerInnen begrüßen, in dem sie in englischer Sprache eine Darlegung zu den vielfältigen Beziehungen zwischen der IFLA und dem deutschen Bibliothekswesen von dem Sprecher der BDB Dr. Georg Ruppelt und anschließend ein Interview mit ihm veröffentlicht. Aber auch die weiteren Fachbeiträge haben wir IFLA-nah gewählt: so von Dr. Rafael Ball Wissensmanagement an Universitäten, von Prof. Dr. Wolfgang Ratzek Synopse einer Informations- und Wissensgesellschaft sowie von Prof. Dr. Hermann Rösch Bibliothekarische Informationsvermittlung im Web. Natürlich fehlen nicht Tagungs- und Ausstellungsberichte so von der CeBIT in Hannover, der ASpB in Stuttgart, der Online Information in London oder der Bildungsmesse in Nürnberg. Eine Reihe von Rezensionen und Kurzinformationen runden das Bild wieder ab, das Ihnen, liebe Leser und Leserinnen, interessanten Stoff für diesen Sommer bieten möge.

Ihr Dr. Rolf Fuhlrott
Chefredakteur