Interview mit Dr. Georg Ruppelt zur IFLA-Tagung 2003 in Berlin

Sprecher der Bundesvereinigung Deutscher Bibliotheksverbände

Dr. Georg Ruppelt (links) im Gespräch mit Dr. Christoph-Hubert Schütte.
B.I.T.online: Herr Ruppelt, wir befinden uns im Vorfeld des IFLA-Kongresses. Wie ist bisher die internationale Reaktion auf die Einladung nach Berlin? Gibt es schon viele Anmeldungen? Gibt es auch Reaktionen anderer Art?

Dr. Ruppelt: Ja, ich will Ihnen ganz offen gestehen, dass bei aller Euphorie, die wir seit einigen Jahren im Hinblick auf die IFLA hatten, bei aller guten Zusammenarbeit im nationalen Organisationskomitee (NOK), bei den vielen Ideen, der Vorbereitung und den vielen Kontakten jetzt am Anfang dieses Jahres sich doch bei uns allen eine gewisse Sorge sehr breit gemacht hat. Die Sorge ist natürlich international bedingt. Wir alle wissen, was im Nahen Osten passiert ist.

Hinzu kam und das ist jetzt unsere akute Sorge tatsächlich, die Verbreitung von SARS. Eine Angelegenheit, die unmittelbare Auswirkungen auf Kongresse haben kann. Wir haben das in anderen Fällen gesehen. Wir haben gesehen, dass Kongresse in anderen Ländern auch deswegen abgesagt worden sind und das sind so Momente, wo bei aller Begeisterung für die gute Idee, die wir haben und die bei aller Begeisterung für die gute Sache, für die wir uns einsetzen, wo wir dann doch so ein bisschen unruhig werden. Denn es hängt natürlich ein riesengroßer Etat an dieser ganzen Geschichte und wenn wir die Sorge haben mussten, dass uns evtl. die Besucherzahlen wegbrechen, dann ist das natürlich auch gleichzeitig die Sorge um die finanziellen Grundlagen dieser Veranstaltung, aber auch der Verbände, die sie tragen. Ich kann heute sagen, dass diese Sorge sicherlich berechtigt war, dass sie aber insofern unberechtigt war, als diese Dinge nicht eingetreten sind. Wir haben nach allem was die ersten Auswertungen grober Art zeigen, etwa den gleichen Anmeldelevel wie in Glasgow. D. h. die Frühbucher, die bis Ende April buchen mussten, lagen auf etwa der gleichen Höhe wie in Glasgow.

Allerdings haben wir eindeutige Einbrüche, es sind wenig Meldungen aus Südostasien - logischerweise und das muss ich leider auch sagen: Wir haben offenbar einen Rückgang der amerikanischen Meldungen. Das mag damit zusammenhängen, dass auch in Amerika die Zuschüsse für Reisen ins Ausland für IFLA-Besucher noch erheblich reduziert worden sind. Das hat sicherlich interne verwaltungsmäßige Gründe; ich glaube und ich hoffe nicht, dass es sich in irgendeiner Weise um politische Gründe handelt, die auf das Verhältnis der USA zu Deutschland zurückzuführen sind. Aber dazu weiß ich zu wenig bisher, das ist nur der grobe Überblick.

Wie gesagt, die Sorge ist geringer geworden. Wir sind auf demselben Level und wir hoffen, dass wir in Berlin etwa mit 3000-3500 Gästen rechnen können. Das wäre ein Riesenerfolg, ein schöner Erfolg! Es wären sicherlich mehr geworden oder es würden sicherlich mehr werden, wenn diese teuflische Seuche in den Griff zu bekommen gewesen wäre. Aber so ist leider eben gerade aus Südostasien doch mit einem erheblich verminderten Besucherstrom zu rechnen.

B.I.T.online: Das sind die äußeren Bedingungen. Merken Sie aber nicht aus den Reaktionen und aus den Gesprächen im internationalen Bereich, dass das Interesse am Deutschen Bibliothekswesen doch da ist?

Dr. Ruppelt: Das Interesse am Deutschen Bibliothekswesen ist zweifellos da und zwar nicht nur am Deutschen Bibliothekswesen, sondern an Deutschland überhaupt. Berlin ist, das darf man wohl so sagen, nicht nur wegen des Bibliothekswesens ein touristischer Renner. Berlin ist ein Zentrum des Tourismus, in das Touristen aus allen Orten gerne kommen und man darf nicht übersehen, dass ja die IFLA aus gutem Grund auch ein sehr reichhaltiges, ein sehr schönes Begleitprogramm anbietet, das den Gästen von auswärts die interessanten Stellen, die Schönheiten eines Landes näher bringt und das hat unser IFLA-NOK nun auch sehr gut vorbereitet und es gibt wunderbare Reisen in Deutschland selbst und Besichtigungstouren, nicht nur bibliothekarischer Art. Das trifft auf alle Fälle zu.

Natürlich trifft auch zu, dass die ausländischen Kollegen am Deutschen Bibliothekswesen interessiert sind. Einmal was die historische Seite anbelangt. Natürlich sind Bayrische Staatsbibliothek und Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz Namen, die für sich sprechen. Es gibt aber natürlich auch das Interesse an der modernen Bibliothekstruktur und hier hat ja Deutschland durch seine Verbünde, ja Deutschland durch seine informationstechnische Entwicklung, durch seine Dokumentenlieferdienste sicherlich ein Wort mitzureden und hat etwas anzubieten, das auch für andere Länder von Interesse sein könnte und von dem andere Länder auch etwas lernen könnten, wie wir auch von anderen Ländern eine Menge lernen können.

B.I.T.online: Und wie ist das Interesse der deutschen Kolleginnen und Kollegen?

Dr. Ruppelt:Das Interesse der deutschen Kolleginnen und Kollegen ist sehr gut. Es gibt eine große Zahl von Anmeldungen, also sehr viel mehr als von ausländischen Städten, wie hoch die im Einzelnen sind, kann ich Ihnen tatsächlich noch nicht sagen. Das Interesse ist in anderen Bereichen groß, wir haben eine Flut von Rückmeldungen für Volonteers, also für Freiwillige, die, wenn sie bestimmte Aufgaben auf der IFLA übernehmen, den Eintritt nicht bezahlen müssen. Da gibt es vom Bibliotheksdirektor bis zum Studenten der Informatik eigentlich ein breites Spektrum. Wir haben so viele Meldungen gehabt, dass wir wirklich nur einen Bruchteil berücksichtigen konnten. Also das Interesse ist groß.

Man wird auch danach gefragt: es trifft in Deutschland auch immer noch ein wenig auf Unverständnis über die für im Vergleich zum Deutschen Bibliothekartag etwa relativ hoch liegenden Eintrittspreise. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen und die Frau Kollegin Schleihagen hat das ja mehrfach im Netz und auch auf vielen vielen Vortragsveranstaltungen klar gemacht, dass das ja sozusagen eine Rundum-Versorgung ist. Sie sind, wenn Sie Teilnehmer an der IFLA sind, bei allem dabei. Und es gibt dann nicht denjenigen, der sozusagen als Deluxe-Klasse an der Eröffnungsveranstaltung oder an dem Festabend oder an gerade auch sehr teuren und sehr aufwendigen Veranstaltungen teilnimmt und der andere, der sich das nicht leisten kann, dann eben nicht, sondern hier ist, und das ist auch die Politik der IFLA, so verstehe ich sie jedenfalls, für den Eintrittspreis das gleiche zu erhalten und das ist, wenn Sie sich es mal genauer ansehen, schon eine ganze Menge.

B.I.T.online: Wichtig auf der IFLA-Tagung ist ja auch die Firmenausstellung. Haben sich auch internationale Firmen beteiligt oder sind es überwiegend deutsche Firmen?

Dr. Ruppelt: Die Anmeldungen der Firmen sind hervorragend gelaufen. Wir hatten bereits in Glasgow dreiviertel der Ausstellungsfläche sozusagen verkauft. Es ist jetzt nicht mehr viel übrig geblieben, soweit ich weiß ist die gesamte Fläche verkauft. Wir hätten wahrscheinlich sogar noch mehr verkaufen können. Das heißt natürlich, nicht wir als NOK, sondern der Professionel Congress Organizer. Das Verhältnis ausländisch zu deutsch kann ich Ihnen auf Anhieb nicht sagen. Fest steht aber, dass es eine Mehrzahl von internationalen Firmen gibt, die traditionell ohnehin bei jedem IFLA-Kongress dabei sind, aber hier speziell jetzt in Berlin ein großes Interesse haben. Also von daher kann ich nur sagen, dass das Angebot schon jetzt im Voraus gesehen ein riesiges, ein großes ist und ich denke, wir können, wenn nicht noch irgendetwas Schlimmes dazwischen tritt, von dieser Seite her sehr zufrieden sein.

B.I.T.online: Vielen Dank Herr Ruppelt. B.I.T.online wünscht Ihnen einen großen Erfolg bei der IFLA-Tagung.