Rex, Joachim: Die Berliner Akademiebibliothek:
die Entwicklung der Bibliothek der Akademie der Wissenschaften in drei Jahrhunderten, anhand der Quellen dargestellt

- Wiesbaden: Harrassowitz, 2002. XIII, 295 S. (Beiträge zum Buch- und Bibliothekswesen; 44)
ISBN 3-447-04539-6

In den letzten Jahren sind im Handbuch der Historischen Buchbestände in Deutschland und als Einzelpublikationen interessante Arbeiten zur Geschichte Berliner Bibliotheken erschienen, z.B. über die Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz, die Bibliothek des Deutschen Bundestags (1), die Zentral- und Landesbibliothek (2) und die Bibliothek der Freien Universität (3). Zu diesen Publikationen gesellt sich nun eine Untersuchung zur Entwicklung der Bibliothek der Akademie der Wissenschaften vom 18. bis zum Ende des 20. Jahrhunderts.

Die Bezeichnungen für die Berliner Akademiebibliothek wechselten im Laufe der Jahrhunderte, aber "immer handelt es sich um die um 1700 mit der Akademie zusammen entstandene, von Leibniz als Arbeits- und Gebrauchsbibliothek für die Akademie bestimmte Akademiebibliothek in ihren verschiedenen Daseins- und Erscheinungsformen. (S. IX) Am Anfang stand die Societaets-Bibliothec, es folgten die Bibliothèque de l` Académie, die Akademische Bibliothek und die Hauptbibliothek der Akademie der Wissenschaften, seit 1992 heißt sie Akademiebibliothek der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften.

Der Autor Joachim Rex ist wie kein anderer prädestiniert, diese historische Darstellung zu geben. Er hat 40 Jahre im Bibliothekswesen der Akademie gearbeitet - von 1958 bis 1964 als Leiter einer Institutsbibliothek, ab 1965 als Abteilungsleiter und von 1973 bis zur Pensionierung 1998 als Direktor der Akademiebibliothek - und sich seit 1967 in zahlreichen Beiträgen und Vorträgen zu Geschichte, Stellung, Aufgaben und Arbeitsweise "seiner" Bibliothek geäußert.

Das Buch gliedert sich in zwei Teile. Der erste umfasst die Beschreibung der Geschichte der Bibliothek (195 Seiten) chronologisch in sechs Kapiteln mit folgenden Schwerpunkten:

Der zweite Teil (98 Seiten) umfasst wichtige Dokumente zur Geschichte der Bibliothek im Wortlaut (z.B. Instruktionen für die Bibliothek aus drei Jahrhunderten, eine Denkschrift über die Aufgaben der Bibliothek aus dem Jahr 1949 und Empfehlungen der Kommission "Bibliothekspolitik" der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften), Hinweise auf benutzte Archivalien, ein Literaturverzeichnis sowie je ein Personen- und Sachregister.

Zu den interessantesten Abschnitten gehören die Darstellung der Leistungen unter den Bibliothekariaten Johann Bernhard Merian (1723-1807), Otto Köhnke (1864-1918), Brigitte Millik (1932-1994) und Joachim Rex, das über Jahrhunderte von der Bibliothek gepflegte Sammelgebiet der Akademieschriften, das zu weltweit genutzten seltenen Beständen führte, die Kooperation und Koordinierung der Bibliotheksarbeit im Berliner Raum, die verschiedenen Formen der Bestandserschließung sowie die enge inhaltliche und räumliche Verbindung der Akademiebibliothek zur Königlichen Bibliothek (der späteren Preußischen Staatsbibliothek und heutigen Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz).

Joachim Rex erweist sich als exzellenter Historiker und vorzüglicher kritischer Zeitzeuge. Er legt trotz unterschiedlichster Quellenlage eine in sich geschlossene, mustergültige Geschichte der Berliner Akademiebibliothek vor, die für lange Zeit die Darstellung dieser Bibliothek von ihren Anfängen bis zum Ende des 20. Jahrhunderts bleiben wird. Zugleich ist das Buch ein Beitrag zur Geschichte von Bibliothekssystemen in der DDR, wobei die Bildung und Wirksamkeit von Wissenschaftlichen Informationszentren eine von den Ministerien mit Argwohn verfolgte Form moderner Wissenschaftsorganisation darstellte.

Das Buch liest sich trotz der zahlreich verwendeten Quellen flüssig und keineswegs langweilig.

Leider fehlen Abbildungen zum Bibliotheksgebäude, zu Bibliotheksräumen (insbes. das für die Zeit um 1915 modernste und heute noch genutzte Magazinsystem von Robert Lipman - dazu S. 104) und zu Bibliotheksbeständen sowie tabellarische Zusammenfassungen zu den wichtigsten Stationen der Bibliothek mit einem Verzeichnis der leitenden Bibliothekare. Darüber hinaus hätte der Autor mehr Raum für die ursprüngliche Absicht gebraucht, "Vergleiche mit der Entwicklung anderer Akademiebibliotheken in Deutschland und auch in anderen Ländern anzustellen" (S. IX). Auf diese Weise hätte er eine umfassende Wirkungsgeschichte der Berliner Akademiebibliothek vorlegen können.


(1) Hahn, Gerhard: Die Reichstagsbibliothek zu Berlin - ein Spiegel deutscher Geschichte: mit einer Darstellung zur Geschichte der Bibliotheken der Frankfurter Nationalversammlung, des Deutschen Bundestages und der Volkskammer; sowie einem Anhang Ausländische Parlamentsbibliotheken unter nationalsozialistischer Herrschaft und Dokumenten. Düsseldorf: Droste, 1997. 759 S.

(2) Wahlich, Ulrike: Rückblick mit Zukunft: 100 Jahre Zentral- und Landesbibliothek Berlin. München, 2001. 254 S.

(3) 50 Jahre Universitätsbibliothek der Freien Universität Berlin. Berlin, 2002. X, 609 S.

(4) In der DDR gab es im Bereich des Ministeriums für Hoch- und Fachschulwesen die Informationszentren an der Bergakademie Freiberg und an der Hochschule für Ökonomie Berlin.


Anschrift des Rezensenten

Prof. em. Dr. Dieter Schmidmaier
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