Von Offline zu Online: Wechsel des integrierten Bibliothekssystems
bei der Erzbischöflichen Diözesan- und Dombibliothek Köln

Mit einem Interview mit dem stellvertretenden Leiter der Bibliothek Prof. Dr. Siegfried Schmidt

von Ulrike Wiedenfels

Die Erzbischöfliche Diözesan- und Dombibliothek geht in ihren Ursprüngen auf die Handschriftensammlung von Erzbischof Hildebold um 800 zurück. Heute ist sie eine der größten theologischen Spezialbibliotheken im deutschsprachigen Raum. Der fachliche Schwerpunkt des Buchbestandes liegt auf Katholischer Theologie, Religionspädagogik, Philosophie, Rheinischer Kirchengeschichte. Er umfasst 460.000 Bände und 1.600 laufende Zeitschriften. Seit September 2000 arbeiten die Diözesanbibliothek und die Professur für historisch-kulturwissenschaftliche Informationsverarbeitung der Universität zu Köln mit Förderung der Deutschen Forschungsgemeinschaft an einem gemeinsamen Forschungsprojekt, dessen Ziel die Erstellung einer "Digitalen Handschriftenbibliothek Köln" (Codices Electronici Ecclesiae Coloniensis CEEC) ist.

Auch in der Erzbischöflichen Diözesan- und Dombibliothek zu Köln ist schon lange das moderne EDV-Zeitalter angebrochen. In den vergangenen Jahren nutzte sie dabei eine Standard-Bibliothekssoftware, die auf einem hausinternen Rechner betrieben wurde. Langfristig war diese Lösung jedoch nicht zufrie­denstellend, da einerseits die bestehenden Systeme hinsichtlich ihrer Leistungsfähigkeit und ihres Funktionsumfanges nicht mehr zu erweitern waren und andererseits eine Unterstützung der Hard- und Software nicht länger gewährleistet werden konnte. Die Diözesan- und Dombibliothek suchte deshalb schon frühzeitig nach einer Möglichkeit, um auf eine neue offene Systemarchitektur zu wechseln. Außerdem wurde die Entscheidung getroffen, einen externen Dienstleister für diesen speziellen Betrieb einzubinden, um kein kostentreibendes eigenes Know-how im Hause aufbauen zu müssen.

Die Erzdiözese als Trägerin der Bibliothek setzte auf das moderne Bibliothekssystem ALEPH500 der Firma ExLibris mit gleichzeitigem Online-Zugang zu den Datenbanken des Hochschulbibliothekszentrums (HBZ) in Köln und beauftragte Steria Deutschland mit dem Betrieb dieser Lösung. Steria, einer der führenden End-to-End-IT-Dienstleister in Europa, ist eines der ersten Unternehmen, die eine solche Bibliothekslösung betreiben.

ALEPH500 ist die integrierte Bibliothekslösung, die mit den Modulen Katalogisierung, Erwerbung, Ausleihe, Zeitschriftenverwaltung und WEB-OPAC den Workflow in einer Bibliothek effizient und vollständig unterstützt. Die Parametrisierbarkeit des Systems ermöglicht die Anpassung an die jeweiligen Anforderungen der Benutzer. ALEPH500 ist ein mehrstufiges Client/Server-System, dessen offene Architektur die Abbildung unterschiedlicher Modelle für Verbünde und Bibliotheken erlaubt und deshalb den Anforderungen der Diözesanbibliothek optimal entspricht.

Als erster Schritt mussten zunächst sämtliche Host-Anwendungen mit Datenhaltung im Filesystem in eine Client-Server-Architektur mit vernetzten relationalen Datenbanken auf Oracle-Basis migriert werden. Anschließend übernahm das Steria Service-Center in Köln den Betrieb der neuen Systeme, die die Hardware, das Unix-Betriebssystem und die Oracle-basierten Applikationen umfassen. Um eine sichere Internetverbindung zwischen dem HBZ in Köln, der Diözesanbibliothek und dem Softwarehaus ExLibris zu gewährleisten, entwickelte Steria für die Diözese eine eigenes Virtual Private Network (VPN).

Für die Erzdiözese bedeutet der Betrieb des Bibliothekssystems heute mehr Effizienz, zentrale Koordination und Kostentransparenz. Vor allem aber kann auf die Beschäftigung teurer Fachspezialisten verzichtet werden. Langfristig kann die Erzdiözese die Rechenzentrumskosten besser kalkulieren und sich eine hohe Flexibilität sichern, um personell und technisch auf veränderte Anforderungen zu reagieren. Darüber hinaus sind Reaktionszeiten und Hochverfügbarkeit durch Service-Level-Agreements garantiert. In regelmäßig stattfindenden Control-Boards stellt Steria sicher, dass den Anforderungen der Diözesan- und Dombibliothek entsprochen wird, um somit deren Zufriedenheit aufrechtzuerhalten.


B.I.T.online: Herr Professor Schmidt, was gab den Ausschlag für die umfangreiche Modernisierung der Erzbischöflichen Diözesan- und Dombibliothek?

Prof. Schmidt: Die Erzbischöfliche Diözesan- und Dombibliothek hatte Ende der 80-iger Jahre für alle Arbeitsbereiche von der Erwerbung über die Katalogisierung bis hin zur Ausleihe Datenverarbeitung eingeführt. Es handelte sich hierbei um das Softwaresystem BIS der Firma DaBIS, das auf einem BS 2000 Rechner in unserer eigenen DV-Abteilung betrieben wurde. Damit konnte die Bibliothek ihre Bestände ab dem Erwerbungsjahr 1986 und auch einen Teil des Altbestandes vollständig erfassen. Mit dem alten System hatte die Bibliothek jedoch eine lokale Datenverarbeitung aufgebaut, d.h. sie konnte ihre Daten zwar im Hausnetz des Erzbistums Köln, des Generalvikariats und der angeschlossenen Dienststellen anbieten, eine Fremddatenübernahme war aber aufgrund des technischen Standes Ende der 80-iger Jahre nicht vorgesehen. Darüber hinaus war es nicht möglich, diesen Katalog anderen Benutzern über das Erzbistum und über die Verwaltung hinaus online zur Verfügung zu stellen. Es war ganz klar abzusehen, dass die Bibliothek früher oder später mit ihrer Hard- und Software ins Abseits geraten wäre. Der Handlungsbedarf war also ein mehrfacher: zum einen wurde die Software nicht länger gepflegt und es war auch abzusehen, dass der Rechner ersetzt werden musste, zum anderen gab es Handlungsbedarf aufgrund der neueren technischen Entwicklungen - hier ist insbesondere das Internet zu nennen. Benutzer erwarten heutzutage selbstverständlich, dass der Katalog der Bibliothek rund um die Uhr zur Verfügung steht.

B.I.T.online: Welche Bedeutung hat Web-OPAC für Ihre Benutzer?

Prof. Schmidt: Wir haben viele Benutzerinnen und Benutzer nicht nur vor Ort, sondern in der ganzen Region verteilt. Als Diözesanbibliothek sind wir quasi so etwas wie eine Regionalbibliothek, die die interessierten Leserinnen und Leser im gesamten Erzbistum Köln, das sich immerhin von Essen bis in den nördlichen Landesteil von Rheinland-Pfalz und von Wuppertal bis nach Zülpich erstreckt, mit theologischer und geisteswissenschaftlicher Spezialliteratur versorgen will. Während der Woche haben wir zwar großzügige Öffnungszeiten, aber es ist für Benutzer natürlich viel bequemer, erst einmal von zu Hause aus zu recherchieren, ob die sie interessierende Literatur in der Bibliothek auch tatsächlich vorhanden ist, ehe sie sich möglicherweise umsonst auf den Weg machen würden.

B.I.T.online: Welche Lösungsalternativen für Hard- und Software gab es und warum entschied sich die Diözesan- und Dombibliothek für die Lösung von ALEPH500?

Prof. Schmidt: Es gibt natürlich eine größere Anzahl von Bibliothekssoftwareprodukten auf dem Markt, eigentlich erstaunlich viele Produkte, wenn man das relativ kleine Marktsegment Bibliotheken analysiert. Die Entscheidung für ALEPH500 hatte mehrere Gründe. Es handelt sich bei ALEPH500 um eine sehr leistungsfähige, ausgebaute Bibliothekssoftware, die in vollem Umfang den Erfordernissen einer Spezialbibliothek entspricht - besonders in bezug auf eine sachgerechte Katalogisierung. Weiterhin spielte bei der Entscheidung eine Rolle, dass die Firma ExLibris, die dieses Produkt vertreibt, sozusagen ein Nachfolger von DaBIS ist. Mit diesem Unternehmen bestanden bereits seit über zehn Jahren sehr gute Kontakte. Drittens wurde die Entscheidung für ALEPH500 sicher auch dadurch beeinflusst, dass dieses Produkt die Software ist, die im Verbund der Nordrhein-Westfälischen Bibliotheken unter Führung des Hochschulbibliothekszentrums (HBZ) maßgeblich eingesetzt wird. Die Diözesan- und Dombibliothek ist mit dem Wechsel auf ALEPH500 dem HBZ-Verbund nun auch beigetreten. Dadurch kann sie sowohl für die Katalogisierung der Neuerwerbungen als auch für die rückwärtige Altbestandskatalogisierung im großen Umfange Fremddaten übernehmen.

B.I.T.online: Warum entschied sich die Diözesan- und Dombibliothek für den IT-Dienstleister Steria? Gab es keine Vorbehalte gegenüber dem Outsourcing-Modell?

Prof. Schmidt: Der Betrieb der Software ALEPH500 setzt einen UNIX-Rechner voraus und war damit von der Hardwareseite für unsere DV-Abteilung innerhalb des Erzbistums Köln eine Sonderlösung, die auch personell Spezialisten vorausgesetzt hätte. Wir hatten keinerlei Vorbehalte gegenüber dem Outsourcing-Modell. Im Gegenteil: Die Unternehmensleitlinie des Generalvikariats des Erzbistums Köln war zum Zeitpunkt der Entscheidung für eine neue Software, dass derartige Sonderlösungen nach Möglichkeit an externe qualifizierte Firmen vergeben werden sollten, um das eigene Personal in der DV-Abteilung für andere Hauptanwendungen, insbesondere den Betrieb des Hausnetzes und die Internetanwendungen zu bündeln. Die Umsetzung erfolgte durch eine begrenzte Ausschreibung, es wurden verschiedene in Frage kommende Partner für den Betrieb des Bibliotheksrechners aufgefordert, ein Angebot abzugeben. Von allen Angeboten, die seinerzeit vorlagen, erwies sich das Angebot von Steria als das Qualifizierteste mit dem besten Preis-/Leistungsverhältnis.

B.I.T.online: Gab es bei der Umsetzung Schwierigkeiten und wie wurden sie bewältigt?

Prof. Schmidt: Wir hatten keinerlei Schwierigkeiten. Schon in der Ausschreibungsphase hatten wir den Eindruck, dass Steria sich intensiv mit der Problemstellung auf der fachlichen Seite auseinandergesetzt hat und dieser Eindruck wurde bei der Umsetzung voll bestätigt. Von Anfang an läuft der Betrieb des Rechners reibungslos und störungsfrei, was für uns ausgesprochen wichtig ist. Darüber hinaus ist die Kommunikation zwischen der Bibliothek und Steria in einem geregelten Verfahren durch regelmäßig stattfindende Service-Control-Boards vorbildlich geregelt. Hier besteht u.a. die Möglichkeit zwischen den zuständigen Steria-Mitarbeitern, den Systembibliothekaren der Bibliothek bzw. der Bibliotheksleitung, alle aktuellen und künftigen Anforderungen zu besprechen und Maßnahmen abzustimmen.

B.I.T.online: Welche Kosten- bzw. Nutzeneffekte gab es?

Prof. Schmidt: Der Betrieb des Rechners läuft seit September 2001 bei Steria. Nach inzwischen eineinhalb Jahren können wir von Seiten der Bibliothek sagen, dass es keinerlei Ausfälle gegeben hat. Ein sehr stabiler und jederzeit reibungsloser Betrieb rund um die Uhr ist gewährleistet. Sowohl was die Verfügbarkeit des Internet-OPACs für die Benutzer als auch die Verfügbarkeit der Datenbank für unsere Katalogisierer und andere Mitarbeiter der Bibliothek anbelangt. Der Nutzen liegt neben dem reibungslosen Ablauf vor allen Dingen darin, dass sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bibliothek - insbesondere die beiden Systembibliothekare - in den DV-Fragen auf die bibliothekarische Anwendungsseite konzentrieren können. Außerdem werden alle DV-technischen Fragen und Lösungen durch die Spezialisten von Steria abgewickelt. Wir entlasten auf diese Art und Weise unser Personal und müssen es nicht in extremer Weise spezialisieren. Hier ist auch ein Kostenfaktor zu benennen, der zum Tragen käme, wenn wir eigene DV-Spezialisten in der Bibliothek beschäftigen müssten.

B.I.T.online: Welchen Mehrwert könnte dieses Projekt anderen Bibliotheken liefern, die ein solches Projekt erfolgreich realisieren wollen?

Prof. Schmidt: Diese Frage kann man sicher in zwei Richtungen beantworten, zum einen können wir als Bibliothek zusammen mit unseren drei Partnern dem Hochschulbibliothekszentrum als Verbundzentrale sowie den Unternehmen ExLibris und Steria auf ein erfolgreiches Outsourcing-Modell verweisen. Alle Bibliotheken, die keinen eigenen Bibliotheksrechner betreiben, sondern diese Dienstleistung an einen Spezialisten vergeben wollen, können prinzipiell davon profitieren. Zum anderen ist aber unser konkretes Projekt durchaus auch offen für andere Bibliotheken, die selber keine eigene Datenbank aufbauen können. Die Diözesanbibliothek versteht sich auch als eine Bibliothek, die in ihrer Datenbank weitere Bestände von kirchlich-wissenschaftlichen Spezialbibliotheken in Trägerschaft der Erzdiözese oder Bestände anderer kirchlicher Bibliotheken, die über die Diözese hinaus gehen, nachweist. Das heißt, dass unsere Datenbank und unser Datenbestand umso interessanter für jeden Nutzer wird, je mehr Bestände dort nachgewiesen sind. Zur Zeit sind bereits Bestände des historischen Archivs der Erzdiözese nachgewiesen, im Gespräch sind einige weitere Bibliotheken mit Spezialbeständen.

B.I.T.online: Mit welchen Themen sieht sich die Diözesan- und Dombibliothek in der Zukunft konfrontiert?

Prof. Schmidt: In den nächsten Monaten werden wir an der Übernahme eines größeren Altdatenbestandes in unsere Datenbank arbeiten. Bei diesem Altdatenbestand handelt es sich um konvertierte Zettelkatalogaufnahmen innerhalb des Hochschulbibliothekszentrums. Sie sind nur teilweise als Datensätze in unserer Datenbank bereits vorhanden. Ein nicht unwesentlicher Teil der Altdaten ist in unserer Bibliothek bisher nur in einem Zettelkatalog nachgewiesen. In unserem Plan sind außerdem Digitalisierungsprojekte, wie wir sie zur Zeit etwa im Bereich unserer mittelalterlichen Domhandschriften für eine wissenschaftliche Aufarbeitung unserer Kernbestände durchführen.

Es zeichnet sich ab, dass durch die Nutzung von ALEPH500 und das Outsourcing des Rechnerbetriebes eine Entlastung bibliothekarischer Arbeiten im Bereich der Erwerbung und Katalogisierung, aber auch im Bereich der DV-Leistungen stattfinden wird. Es ist unser Ziel, diese Arbeiten möglichst rationell und effizient zu erbringen, da jedes Jahr bis zu 10.000 Titel neu erworben bzw. katalogisiert werden. Diese Entlastung kommt anderen Aufgabenfeldern der Bibliothek zu gute: Zu unserer Arbeit gehört es beispielsweise auch, Ausstellungen zu Themen, die die Erzdiözese Köln und ihre Geschichte betreffen, durchzuführen, was sich in wissenschaftlichen Publikationen der Bibliothek niederschlägt.

Die Arbeit einer wissenschaftlichen Spezialbibliothek wie der unsrigen darf sich eben nicht nur im alltäglichen Ausleih- und Katalogisierungsgeschäft erschöpfen, sondern sie muss für den Unterhaltsträger einen erkennbaren Mehrwert haben und auch für die Benutzerinnen und Benutzer neue Impulse und Nutzen erbringen.

B.I.T.online: Herr Professor Schmidt, wir danken Ihnen für dieses Interview


Zur Autorin

Ulrike Wiedenfels

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E-Mail: bibliothek@erzbistum-koeln.de


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Steria positioniert sich als End-to-End-IT-Dienstleister mit Expertise in den drei Kernbereichen Consulting, Systemintegration und Managed Services. Die Gruppe zählt zu den Top-10-IT-Service-Unternehmen in Europa. Steria verfügt über ausgeprägtes Know-how bei der Realisierung von Großprojekten sowie über ein umfangreiches Portfolio industrialisierter Lösungen. Damit bietet das Unternehmen seinen Kunden einen zuverlässigen Service bei gleichzeitiger Kosten- und Risikokontrolle. Die Gruppe verfügt über langjährige Erfahrung in den Sektoren Öffentliche Verwaltung, Finanzwirtschaft, Industrie, Energieversorgung, Transport und Telekommunikation.

Standort: Hauptsitz in Issy les Moulineaux, Frankreich, deutsche Niederlassung in Langen
Umsatz 2002: 1018 Millionen Euro weltweit, 60 Millionen Euro in Deutschland
Mitarbeiter: 8.500 Mitarbeitern in zwölf Ländern, davon 350 in Deutschland
Gründungsjahr: 1969
Internet: www.steria.de