Bibliometrische Analysen - ein Beitrag für
ein gerechtes Notensystem in der Forschung?

Konferenz "Bibliometric Analysis in Science and Research"
in der Zentralbibliothek des Forschungszentrums Jülich

von Edith Salz

Jülich, November 2003. Forschungsgelder sind knapp - immer lauter wird die Frage, nach welchen Kriterien sie gerecht vergeben werden. Zunehmend in den Blickpunkt geraten dabei Methoden, mit denen die wissenschaftliche Leistung von Nationen, Forschungsinstitutionen und Wissenschaftlern scheinbar objektiv anhand ihrer Publikationen gemessen werden kann. Über die "bibliometrische Analyse in Wissenschaft und Forschung" diskutierten 130 Teilnehmer aus 15 Ländern auf einer Tagung, die das Forschungszentrum Jülich ausgerichtet hat.

Bibliometriker analysieren Publikationen und deren Beziehungen untereinander; ihre "Werkzeuge" sind mathematische und statistische Verfahren. Sie haben eine Reihe von Indikatoren entwickelt, die immer häufiger herangezogen werden, um wissenschaftliche Leistung zu bewerten.

Einig waren sich die Teilnehmer der Jülicher Konferenz darüber, dass die bibliometrische Analyse andere etablierte Bewertungsmethoden nur ergänzen, nicht aber ersetzen kann. Zu diesen zählt beispielsweise das "peer review", ein Gutachterverfahren: Hier entscheidet jeweils ein Gremium renommierter Fachkollegen darüber, ob ein Forschungsprojekt gefördert oder ob ein Beitrag in einer Fachzeitschrift aufgenommen werden sollte. Kritiker sind überzeugt, dass eine objektive Betrachtung nicht immer gegeben ist.

Doch auch die Zitationsanalyse - eine wichtige bibliometrische Methode - ist nicht unumstritten. Wie häufig eine wissenschaftliche Arbeit zitiert wird, muss nicht unbedingt etwas über ihre Qualität aussagen: So zitiert ein Wissenschaftler die These eines Kollegen möglicherweise nur, um sie zu widerlegen. Weltweit führender Anbieter bibliometrischer Daten ist das amerikanischen Institute of Scientific Information (ISI) mit dem "Science Citation Index", der weltweit größten Datenbank mit bibliometrisch verwertbaren Daten.

Zu den bibliometrischen Indikatoren gehört auch der "Impact-Faktor", der Auskunft darüber gibt, wie häufig die Artikel einer bestimmten Fachzeitschrift in anderen Publikationen zitiert werden. Immer wieder warnten die Tagungsteilnehmer davor, die Bedeutung dieses Faktors zu überschätzen. Eine Problem ist beispielsweise die Vergleichbarkeit von verschiedenen Forschungsrichtungen. So haben biomedizinische Fachzeitschriften nahezu immer einen höheren Impact-Faktoren als Zeitschriften, in denen Ergebnisse aus der physikalischen Grundlagenforschung publiziert werden - ohne dass sich ein Unterschied in Qualität oder Bedeutung feststellen lässt. Der reine Vergleich des Impact-Faktors ist also nur innerhalb eines Fachgebiets möglich - alles andere hieße, Äpfel mit Birnen zu vergleichen.

Die Jülicher Konferenz hat erstmals alle Beteiligten - Wissenschaftler, Forschungsmanager und Informationsfachleute - zusammengebracht. Veranstaltet wurde die Tagung von der Zentralbibliothek des Forschungszentrums, eine der größten außeruniversitären Spezialbibliotheken in Deutschland. Dazu Dr. Rafael Ball, Leiter der Zentralbibliothek: "Die Forschungsförderung braucht ein Notensystem, das die Wissenschaft gerechter als bisher bewertet. Dazu kann die Informationswissenschaft mit der Durchführung bibliometrischer Analysen Hilfestellung leisten."

Fazit der Jülicher Tagung: Die bibliometrische Analyse kann einen wesentlichen aber begrenzten Beitrag für die Evaluierung von Wissenschaft leisten. Wichtige Faktoren für den Erfolg der Bibliometrie sind eindeutige Vorgaben der Auftraggeber, Transparenz der ermittelten Daten und praxisorientierte Vorgehensweise. Bleibt als Resümee festzuhalten: man darf die Veröffentlichungen nicht nur zählen, man muss sie lesen!

Der Proceedingsband der Tagung kann im Eigenverlag des Forschungszentrums Jülich (Kontakt: R. Relius, Forschungszentrum Jülich GmbH, Zentralbibliothek, Fax: 02461/61-6103; www.fz-juelich.de/zb/verlag) schriftlich bestellt werden.


Zur Autorin

Edith Salz

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