Mit Sicherheit zum Dokument - Die Identifizierung von Online-Publikationen1


Abstracts
1. Einleitung
2. Das Bedürfnis nach Identifizierung
3. URN - Freier Zugang zu freier Information
4. DOI - der kommerzielle Weg von dauerhafter Identifizierung und Transaktion
5. The End

von Cornelia Plott und Rafael Ball

1. Einleitung

Die postmoderne Gesellschaft ist gekennzeichnet durch ein Zuviel an Informationen. Allein die Anzahl wissenschaftlicher Publikationen ist seit Ende des 20. Jahrhunderts explodiert. Die Gründe dafür sind nicht nur in der zunehmenden Anzahl der Wissenschafter oder deren steigender Produktivität zu suchen. Vielmehr ist die Individualleistung des Wissenschaftlers nicht mehr das gesellschaftlich akzeptierte Ziel moderner Wissenschaft. Die Verbreitung der Ergebnisse ist nicht nur im Interesse des Wissenschaftlers und For­schers selbst, sondern eine in jüngster Zeit oft wiederholte Forderung in unserer Gesellschaft, die von der Wissenschaft einen sicht- (und zunehmend) messbaren Return-Of-Investment der öffentlichen Forschungsgelder erwartet. Zudem wird der wissenschaftliche Output zunehmend als Gut der Gesellschaft verstanden und muss verbreitet und veröffentlicht werden.

1.1 Wie die Geschichte des Publizierens begann

Zunächst stand auch der wissenschaftliche Austausch in der oralen Tradition, dem die meist bilaterale schriftliche Kommunikation zwischen einzelnen Wissenschaftlern folgte. Der Austausch von Briefen war gängige Praxis, lange bevor die institutionalisierte Form der wissenschaftlichen Kommuni­kation selbstverständlich wurde.

Mit Gründung der wissenschaftlichen Ver­einigungen und Verbände, etwa der Royal Society in England und den Aka­demien, wurde der wissenschaftliche Austausch institutionalisiert. Die erste wissenschaftliche Zeitschrift (Le Journal des Scavans) wurde 1665 gegründet. Damit wurde ein System konsequenter wissenschaftlicher Kommunikation geschaffen, dessen Auflösungserscheinungen erst aktuell durch die Veröffentlichung von Einzelartikeln außerhalb von abgeschlossenen Zeitschriftenheften in elektronischer Form begonnen hat.

Francis Bacon und der erste Präsident der Royal Society of London

Erst die Veröffentlichung neuen Wissens machen aus der Erkenntnis des "Privatgelehrten" eine in der Fach-Community (oder einer breiteren Öffentlichkeit) diskutierte, evaluierte, (evtl. revidierte) und damit erst akzeptierte wissenschaftliche Erkenntnis. "Each endeavor will remain incomplete until its results have been communicated or reported."2

Zudem ist der Verlust wissenschaftlicher Arbeit zu teuer. Es wird geschätzt, dass 10 bis 20% aller wissenschaftlichen Forschungsarbeiten in den USA und in England nicht hätten durchgeführt werden brauchen, wenn man Informationen über analoge Arbeiten zur Verfügung gehabt hätte. Die entstandenen Verluste durch diese Doppelarbeit betrugen im Jahr 1960 in den USA 1,25 Milliarden Dollar, in Großbritannien 12 Millionen Pfund. In der UdSSR wurden in den 60er Jahren von 1000 angemeldeten Erfindungen nur ein Viertel als Neuerfindung anerkannt.3

Die Notwendigkeit breiter und freier wissenschaftlicher Kommunikation zeigt ein Beispiel aus der Genetik. Der russische Genetiker Lyssenko warb in den 30er Jahren in der Sowjetunion mit seiner phantastischen Vererbungstheorie, die es Russland ermöglichen sollte, gezielt Pflanzen und Tiere für alle möglichen Bedingungen zu züchten. Durch die Schlüsselstellung Lyssenkos als Herausgeber des wichtigsten Genetik-Journals der UdSSR gelang es ihm über Jahre, kritische Beiträge zu seiner Theorie abzulehnen. Er warf damit die gesamte russische Genetik um 25 Jahren zurück.4

Wissenschaft also muss publizieren und entscheidend für den Erfolg sind die frühe Publikation der Ergebnisse und die Nachhaltigkeit ihrer Nachweise. Im 19. Jahrhundert stieg neben der Zahl der Wissenschaftler auch die Anzahl der wis­senschaftlichen Zeitschriften. Seit Anfang des 18. Jahrhunderts stieg sie alle 50 Jahre um den Faktor 10. Heute ist bereits die Marke von 150.000 verschiedenen Zeitschriftentiteln überschritten. Der Wissensfluss, das Pu­blizieren und der wissenschaftliche Austausch sind unab­dingbarer Teil des Wissenschaftsprozesses selbst geworden. Es haben sich eine Reihe von Mechanismen und Maßnahmen herausgebildet, die in den Prozess der wissenschaftlichen Veröffentlichung integriert sind. So etwa die Entstehung von begutachteten Zeitschriften als Qualitätskontrolle, die - trotz Open Access Diskussion - noch immer als essentiell für eine qualitativ hochwertige Veröffentlichung wissenschaftlicher Ergebnisse angesehen werden.

Dieses System hat sich durchaus bis in die 60er Jahre des 20. Jahrhunderts unver­ändert bewährt - trotz Entwicklung immer neuer Fachdisziplinen und der explosionsartigen Zunahme wissenschaftlicher Erkenntnisse.

Erst die Digitalisierung der wissenschaftlichen Informationsversorgung brachte revolutionäre Veränderungen mit sich. Digitale Informationen sind nicht mehr an Raum und Zeit gebunden. Sie sind jederzeit und überall abrufbar und nutzbar. Eine ganze Reihe nützlicher (aber auch überflüssiger) Zusatzfunktionen erlaubt einen gezielten und schnellen Zugriff auf gewünschte Inhalte. Die Weiterverarbeitung digitaler Daten, etwa in eigenen Referenzdatenbanken, ist ohne Medienbruch realisierbar.

Die Etablierung der elektronischen Datenverarbeitung hat schon sehr früh die Phantasie der Wissenschaft beflügelt. Die Möglichkeit, computerge­stützte Informationen zwischen Wissenschaftlern auszutauschen, nutzte man zunächst innerhalb der Natur- und der Technikwissenschaften. Herkömmli­che Veröffentlichungstechniken bedurften mehrerer Arbeitsgänge, sie waren arbeitsintensiv, langsam und teuer. Es war also nur noch eine Frage der Zeit, bis die elektronische Datenverarbeitung auch für die Herstellung, Bearbei­tung und Distribution wissenschaftlicher Informationen eingesetzt werden sollte. Die Zusammenarbeit zwischen Autoren, Gut­achtern und Verlagen sollte über kompatible Textverarbeitungssysteme ge­steuert und über Computernetze vereinfacht werden. Bereits in den 1970er Jahren gab es theoretische Modelle über die Anwendung derartiger Techni­ken und damit frühe Vorläufer moderner elektronischer Publikationen.5

Das damals noch als "zugegebenermaßen revolutionär" angese­hene Konzept eines "rein elektronischen Veröffentlichungssystems"6, ist heute längst Realität. Dabei sollte es vor allem auch um die Verkür­zung der Zeitspanne7 zwischen der Ergebnisgewinnung und -verbreitung und dem Bereitstellen in der fachlichen und breiten Öffentlichkeit gehen.8

1.2 Höher, schneller, weiter?

Die Digitalisierung hat dabei vor allem die wissenschaftliche Kommunikation der Wissenschaftler, sowie die Aufbereitung und Nutzung der wissenschaftlichen Ergebnisse verändert. So sind die Konsequenzen der Digitalisierung denn auch mehr in einer neuen Kultur­technik (Computer Literacy), einer sich verändernden Medienkompetenz und einer grundlegend veränderten Medienwahrnehmungs- und Rezeptions­struktur des Lesers zu sehen.9 Aus Nutzer- bzw. Lesersicht sind die Kennzeichen elektronischer Information schnell zusammengefasst. Die Informationen (insbesondere im STM-Bereich) sind einem schnellen Veralte­rungsprozess unterworfen, der Nutzwert von Angeboten erhöht sich durch die individualisierten Such- und Nutzungsmöglichkeiten und der Informationswert steigt durch die Einbindung dynamischer Medien.

Für den Wissenschaftler ergibt sich durch die Einfüh­rung elektronischer Publikationen zwar keine gene­relle Veränderung im wissenschaftlichen Erkenntnisprozess, aber den­noch eine Reihe von Veränderungsprozessen in Verbreitung und Auswer­tung der wissenschaftlichen Ergebnisse.

Trotz Elektronik scheint sich aber in den letzten 20 Jahren das Leseverhalten der Wissenschaftler nicht geändert zu haben. Die insbesondere in der Naturwissenschaft, Technik und Medizin (den s. g. STM-Bereichen) vorherrschende Veröffentlichungspraxis in Zeitschriften ist nahezu unverändert.10 Allerdings stammten im Jahre 2001 in den USA bereits 1/3 aller gelesenen wissenschaftlichen Informationen elektronischen Quellen.

Wissenschaftler und viele Doktoranden ziehen, teils neben traditionellen Zeitschriftenveröffentlichungen, zunehmend die Möglichkeit der Online-Publikation vor, denn ein Vorteil des elektronischen Publizierens im Vergleich zu den Printmedien ist die schnellere, direktere und somit aktuellere Publikation der Dokumente. Zum Anderen gewährleistet eine Online-Publikation auch oft eine schnellere und einfachere Verfügbarkeit der Dokumente für Interessierte. Kommerzielle und Non-Profit-Verlage nutzen zunehmend die Möglichkeiten der Online-Publikationen, und sparen so erhebliche Druck- und Vertriebskosten.

2. Das Bedürfnis nach Identifizierung

Dynamische Dokumente im Internet konterkarieren nicht nur die Gefahr der Einseitigkeit der Druckmedien durch das Angebot der digitalen Beliebigkeit und permanenten Veränderbarkeit von Informationen und Konstitutionen der wissenschaftlichen Erfahrung, sondern machen es zunehmend schwerer, die jeweiligen Quellen zweifelsfrei zu identifizieren und nachzuweisen.

Wissenschaftliche Bibliotheken sind für die Aufbereitung und Bereitstellung von wissenschaftlicher Information verantwortlich. Durch die Verbreitung elektronischer Dokumente wird es zunehmend schwieriger, eine eindeutige und verwechslungsfreie Kennzeichnung (die Voraussetzung für das eindeutige Identifizieren und Bereitstellen) zu garantieren, wie es noch bei gedruckten Erzeugnissen nach einem weltweit einheitlichen Standard (ISBN, ISSN) gelang.

Wenn Kommunikation also für den Wissenschaftler essentiell ist ("Effective communication and dissemination of scientific information is therefore crucial"11), dann muss das publizierte Material identifizier- und suchbar sein und archiviert werden können. Dass Bibliotheken sich in dieser Aufgabe seit Jahrtausenden bewährt haben, steht außer Frage. Sie werden diese Aufgabe aber auch im Zeitalter der elektronischen Publikationen erfolgreich leisten können.

2.1 Die Schnelllebigkeit des Internets - Nichts von Dauer?

Als Informationsvermittler nutzen besonders wissenschaftliche Bibliotheken die Möglichkeiten des Internets mit seinen Vor- und Nachteilen zur Informationssuche und Informationsbeschaffung und erweitern damit ihr Angebot über den klassischen gedruckten Bibliotheksbestand hinaus.

Der hier oft verwendete Begriff Online-Publikationen meint besonders wissenschaftliche Berichte, Artikel oder Aufsätze, die vollständig im Internet zu finden sind und oft als elektronische Publikationen, Netzpublikationen, elektronische Dokumente, eArtikel oder elektronische Ressourcen bezeichnet werden.

Wer also eine Online-Publikation sucht und schon eine dazugehörige Internetadresse angegeben findet, wähnt sich schnell am Ziel. Doch weit gefehlt; nicht immer kommt man auch zum gewünschten Dokument und es können böse Überraschungen warten: "Die Seite kann nicht angezeigt werden" (Error 404 - Not Found) oder ein völlig anderes Dokument taucht auf.

Aber wie kann man sonst auf elektronische Dokumente verweisen, sie zitieren und dauerhaft auf sie verlinken? Meist werden doch aus Mangel an Alternativen diese Internetadressen verwendet. Die Adresse, mit der man eine Internetseite aufruft, der so genannte Uniform Resource Locator (kurz URL), sagt zwar etwas über den derzeitigen Standort des Dokuments aus, aber Standorte (URLs) sind nicht dauerhaft und können sich verändern. Selbst wenn sich nur ein kleiner Teil in der Adresse ändert, "verlieren" digitale Informationssammlungen, Katalogeinträge, Zitate und Verweise ihre Quellen. Bei dem Nutzer erscheint dann statt des erwarteten Dokuments die Meldung "Error 404 - Not Found". Wird also der elektronische Standort des Dokuments verändert, sind alle Referenzen auf das Dokument nicht mehr benutzbar.12

Wissenschaftler aus den Vereinigten Staaten fanden heraus, dass bei zitierten Internetadressen in medizinischen und naturwissenschaftlichen Zeitschriften nach gut zwei Jahren bis zu 20 Prozent der zitierten Quellen inaktiv sein können.13

Damit qualitativ hochwertige elektronische Dokumente auch langfristig nutzbar sind, d.h. vernünftig zitiert, referenziert, verlinkt und identifiziert werden können, braucht man dauerhafte Adressierungsmechanismen. Eine Lösung, Online-Publikationen dauerhaft nutzbar zu machen, bieten Persistent Identifier.

2.2 Die "digitale ISBN"

Wie der Name schon verspricht, sind Persistent Identifier mehr als ein dauerhafter Adressierungsmechanismus. Es sind vielmehr eindeutige dauerhafte "Namen", die auf eine Online-Publikation verweisen und diese damit identifizierbar und referenzierbar machen. Zudem sagen URLs nichts über die Authentizität der Dokumente aus. Handelt es sich um das Originaldokument oder handelt es sich um eine Kopie? Da die Vergabe dieser eindeutigen Identifizierer an Verlage, Institutionen oder Hochschulbibliotheken gebunden ist, wird auch gewährleistet, dass es sich um die Originaldokumente der Autoren und Wissenschaftler handelt. Zum Anderen findet eine gewisse Qualitätskontrolle der Online-Publikationen durch den Vergabemechanismus dieser Persistent Identifier über Verlage, Institutionen oder Hochschulen statt.

Durch diese kontrollierte Vergabe und die Eindeutigkeit der Nummer sind Persistent Identifier durchaus vergleichbar mit den ISBNs (International Standard Book Numbers) bzw. ISSNs (International Standard Serial Numbers) in den Printmedien. Wobei die "digitalen ISBNs" zusätzlich in der Lage sind, die Online-Publikationen unabhängig von deren aktueller lokaler Adresse (URL) dauerhaft zugreifbar zu machen.

Dies ist zum einen wichtig für die Anbieter von Online-Publikationen, also in erster Linie Verlage und zunehmend auch in Hochschulbibliotheken und deren Servern. Zum Anderen sollte das Wissen, die entsprechende Nutzung und Weiterentwicklung von dauerhaften Identifizierungs- und Adressierungsmechanismen für Online-Publikationen im Interesse von Bibliothekaren und anderen Information Professionals sein.

2.3 Was sind Persistent Identifier und was können sie?

Die steigende Anzahl von Online-Publikationen, die Probleme durch die Veränderlichkeit und die daraus resultierende Instabilität des "Uniform Resource Locator" (URL), die eingeschränkte Zitierbarkeit der URLs und die mangelnde Authentizität von Online-Publikationen erzwingen geradezu die Verwendung von dauerhaften und eindeutigen Identifizierungs-, Adressierungs- und Referenzierungsverfahren.

Persistent Identifier (PI) sind solche eindeutigen und dauerhaften "Namen" für Online-Publikationen, die die Aufgabe haben, Online-Publikationen unabhängig von deren aktueller lokaler Adresse (URL) zu identifizieren und adressierbar zu machen.

PI ermöglichen also die dauerhafte Auffindbarkeit und Referenzierbarkeit und bieten durch die kontrollierte Vergabe ein gewisses Maß Authentizität.

Zwei bekannte Beispiele für PI-Anwendungen sind zum einen der Uniform Resource Name (URN) aus dem nichtkommerziellen Sektor und zum Anderen der Digital Object Identifier (DOI) aus dem kommerziellen Verlagsbereich.

Die Persistent-Identifier-Systeme funktionieren alle ähnlich und sind nach vergleichbaren Prinzipien aufgebaut. Es gibt für jedes PI-System Standards für Struktur und Syntax der PI, die Vergabe wird von Registrierungsagenturen übernommen. Für jedes System gibt es eine kooperativ geführte, übergeordnete Verwaltung, die die grundlegenden Abläufe und den Resolving-Mechanismus festlegt. Der Resolving-Mechanismus ist nötig, um von dem PI zu einer gültigen URL weitergeleitet zu werden, damit die dauerhafte Adressierung und Referenzierung funktioniert.

Da die Grundidee eine strikte Trennung von Identifikation der Publikation durch eine eindeutige Zeichenkette und der Standortreferenz ist, sollten bei Verweisen anstelle der instabilen URLs Persistent Identifier angegeben werden, die dann in eine gültige URL aufgelöst werden können.

3. URN - Freier Zugang zu freier Information

Der Uniform Resource Name (URN) ist neben dem kommerziellen Digital Object Identifier (DOI) die bekannteste Persistent-Identifier-Anwendung mit allgemeinem Ansatz.

Der Uniform Resource Name existiert bereits seit 1992 und ist Persistent Identifier-Standard der Internet Engineering Task Force (IETF)14. Die IETF ist eine große, offene und internationale Gemeinschaft von Administratoren, Herstellern und Forschern, die sich in Arbeitsgruppen mit der Evolution der Internet-Architektur beschäftigen und für die Entwicklung von Internet-Protokollen, deren Implementierung und Standardisierung verantwortlich sind. So wurde bei den URNs versucht, auf bereits bestehende Strukturen zurückzugreifen und Kosten für die Bereitstellung sowie Nutzung von URNs so gering wie möglich zu halten - vergleichbar mit existierenden Namensräumen wie z.B. URLs.

3.1 URN Anwendungsmöglichkeiten - Für wen?

Angewendet werden können URNs nicht nur für Online-Publikationen, sondern allgemein für elektronische Ressourcen, die dauerhaft und standortunabhängig identifizierbar sein sollen. So werden URNs z.B. in einem eGovernment Projekt in der Schweiz für Formulare eingesetzt15. Jedoch gibt es das Bedürfnis nach Identifizierung besonders in dem Online-Publikationsbereich, vergleichbar mit den ISBNs und ISSNs bei den Printmedien. Deshalb findet man im Bereich der Online-Publikationen die meisten Anwendungen.

Die wahrscheinlich größte Anwendung von URNs entstand auf Initiative der Nationalbibliotheken, die an der Sammlung und dauerhaften Identifizierung von Netzpublikationen interessiert waren. 1999 wurde im Rahmen der CDNL (Conference of Directors of National Libraries) festgelegt, dass Netzpublikationen mittels URN verwaltet werden sollen. Dafür wurde ein eigener Namespace, NBN - National Bibliography Number, beantragt, unter dem alle beteiligten Nationalbibliotheken ihre zu vergebenden URNs verwalten und entsprechend mit "NBN" einleiten. Die Federführung bei der Betreuung des NBN-Bereiches liegt bei der Library of Congress in Washington.

In Deutschland verwaltet Die Deutsche Bibliothek Frankfurt am Main als Teilmenge der NBN den Subnamespace "de"16. Sie sieht sich verantwortlich für die Koordination eines Vergabeverfahrens, die Administration des Resolvingmechanismus sowie die Sicherstellung der Dauerhaftigkeit der URNs durch eine Langzeitarchivierung der zugehörigen Dokumente.

3.2 URN-Implementierung in Deutschland

In Deutschland wurde Mitte 2001 die URN-Implementierung zunächst nur für Online-Hochschulschriften, besonders elektronische Dissertationen, gestartet.17 Dazu muss man wissen, dass die Online-Hochschulschriften nicht einfach wie andere Publikationen in den Universitätsbibliotheken gesammelt werden, sondern dass die Online-Publikationen erst durch die Universitätsbibliotheken veröffentlicht werden, die Universitäts­bibliotheken also als Verleger fungieren. Ebenso wie gedruckte Publikationen der Deutschen Bibliothek (DDB) gemeldet und zugeschickt werden können, gilt dies auch für Online-Publikationen.

In dem Projekt zur URN-Implementierung wurde das Meldeverfahren zur Registrierung von Online-Hochschulschriften um den Punkt URN erweitert, so dass der Mehraufwand für die am Projekt teilnehmenden Universitätsbibliotheken so gering wie möglich gehalten wird. Die gemeldeten URNs werden als Bestandteil der Titelaufnahme in den Katalog aufgenommen und können so auch im Katalog recherchiert werden.

Quelle: Die Deutsche Bibliothek -
http://www.persistent-identifier.de/?link=540 (Stand 21.01. 04)

Nach dem guten Anlauf der URN-Implementierung bei den Hochschulschriften wurde Anfang 2003 die Vergabe von URNs auch für andere Institutionen außer Universitätsbibliotheken möglich. So auch für Forschungseinrichtungen, entstehende kleine Universitätsverlage etc., wo sich qualitativ hochwertige Publikationen (z.B. Forschungsberichte) befinden.

3.3 Bibliotheken als Verleger - URNs im Forschungszentrum Jülich

So könnten wissenschaftliche Bibliotheken in Zukunft nicht nur Anbieter und Beschaffer von Information sondern auch Verbreiter von wissenschaftlichen Ergebnissen ihrer Nutzer sein. Dies ist allerdings nicht neu und unter dem Namen "Schriftentausch" altbekannt, nur ist die Produktion und Verbreitung bei Online-Publikationen kostengünstiger und weittragender. Auch Publikationen, die sonst nur schwer zugänglich sind und unter dem Begriff "graue Literatur" zusammengefasst werden, könnten über URNs und den damit verbundenen Zugriffsmöglichkeiten, wie über den DDB-Katalog, leichter recherchier- und auffindbar werden.

Die Zentralbibliothek des Forschungszentrums Jülich begann bereits 1960 mit dem Publizieren und Verbreiten von wissenschaftlichen Ergebnissen als "Jül-Berichte". Seit 1990 können die Wissenschaftler in thematisch an den Forschungsschwerpunkten ausgerichteten Schriftenreihen publizieren. Das Besondere an diesen Schriftenreihen ist, dass sie mit einer ISBN versehen, auch über den Buchhandel und andere Plattformen, wie amazon.de bestellbar sind.

Neben der Veröffentlichung von Büchern und Berichten kann die Zentralbibliothek des Forschungszentrums Jülich nun die Vorteile des Internets beim Publizieren nutzen und dennoch mittels URN einen dauerhaften, zitierfähigen Zugriff auf die Publikationen gewährleisten.

Abhängig von den Wünschen der Wissenschaftler und den vorliegenden wissenschaftlichen Ergebnissen bietet das elektronische Publizieren folgende Vorteile. Neben der kostengünstigen "unbegrenzten Auflage" lässt sich die Publikation sehr schnell an viele mögliche Interessenten verbreiten und ist für diese sofort und zu jeder Zeit zugreifbar, d.h. die Publikation muss nicht erst bestellt und verschickt werden, was besonders bei Versendung ins außereuropäische Ausland Zeit in Anspruch nimmt. Der kostenlose Zugriff ist gerade für Studenten, Doktoranden und in Zeiten knapper Bibliothekskassen ein Vorteil für die Interessenten an diesen wissenschaftlichen Ergebnissen. Dies ermöglicht auch allen Ländern, an dem wissenschaftlichen Ergebnisaustausch teilzunehmen. Anders als bei gedruckten Publikationen können auch audiovisuelle Elemente, wie Simulationen, leichter eingebunden werden. Durch die Vergabe der URN kann neben dem schnellen und kostenlosen auch ein sicherer, dauerhafter und zitierbarer Zugriff gewährleistet werden, was sowohl für Autor als auch Rezipient ein großer Vorteil sein dürfte.

Die meisten Online Publikationen sind pdf-Dateien, oder auch html-Seiten. Als Beispiel der Möglichkeiten soll hier kurz eine Online-Publikation mit URN der Zentralbibliothek des Forschungszentrums Jülich vorgestellt werden.

Penkalla, Heinz-Josef: Modern Methods of Specimen Preparation
for TEM including Focused Ion Beam (FIB). urn:nbn:de:0001-00099
[http://nbn-resolving.de/urn/resolver.pl?urn=urn:nbn:de:0001-00099]

Bei dieser Online Publikationen erhält man eine Übersichtswebseite, von dort aus hat man die Möglichkeit, ein Manuskript zu lesen und zum besseren Verständnis die verschiedenen Methoden in drei unterschiedlichen Videos anzusehen.

So übernimmt die Zentralbibliothek des Forschungszentrums Jülich als Verlag die Betreuung der Autoren, unterstützt bei den Online-Publikationen die Veröffentlichung im Internet und die Vergabe der URN. Für die Zuteilung der URN ist eine grundsätzliche Registrierung und dann jeweils die Anmeldung der Netzpublikation bei der Deutschen Bibliothek nötig. Hinzu kommt die Übermittlung auf den Server der Deutsche Bibliothek für die Archivkopie, damit auch so ein dauerhafter Zugriff gesichert ist. So sind die Publikationen dann auch im Katalog der Deutschen Bibliothek recherchierbar. In der Zentralbibliothek des Forschungszentrums Jülich werden die Online-Publikationen dann zusammen mit den anderen Verlagspublikationen bekannt gemacht, wobei der Interessent bei den Online-Publikationen leicht über die URN auf die Publikation zugreifen kann.

3.4 Aufbau - Wie sieht eine URN eigentlich aus?

Der allgemeine Ansatz kommt von der Internet Engineering Task Force (IETF)18 und basiert auf hierarchischem Aufbau von Teilbereichen. Grundsätzlich besteht eine URN aus: urn:nid-niss, kann aber auch so aussehen: urn:nid:snid:snid-niss.

"urn" kennzeichnet den Nummerbereich, "nid" steht für Namespace Identifier, der sich noch aus mehreren Unternamensräumen ("snid"-Subnamespace Identifier) zusammen setzen kann und schließlich der "niss", Namespace Specific String, der das eigentliche Dokument bezeichnet.

Die Nationalbibliotheken haben sich für Ihre Initiative den URN-Namespace "National Bibliography Number" (nbn) eingetragen.19 Damit sich die Nummern der einzelnen Nationalbibliotheken nicht überschneiden und eindeutig bleiben, haben sich die Nationalbibliotheken entschieden, einen weiteren Subnamespace als Länderkürzel zu verwenden. Für Deutschland ist das "de".

Danach ist jede Nationalbibliothek frei in der Vergabe der weiteren Subnamespace für die einzelnen Universitätsbibliotheken, Verlage oder Institutionen. In Deutschland sieht je nach Bibliotheksverbund eine URN für Universitäts­bibliotheken beispielsweise so aus: urn:nbn:de:hebis:30-0000000759. Für die Institutionen, die keine Universitäts­bibliotheken sind, sondern beispielsweise Verlage aus dem Forschungsbereich, wie das Forschungszentrum Jülich, sieht eine URN so aus: urn:nbn:de:0001-00081. In Schweden oder Finnland sehen URNs beispielsweise folgendermaßen aus: urn:nbn:se:uu:diva-3344 oder urn:nbn:fi-fe975025.

Was sich bei allen URNs nach den verschiedenen SNIDs wieder ähnelt, ist das mit einem Bindestrich getrennte Ende der URN, dem NISS, dem spezifischen String, der das Dokument kennzeichnet. Wobei je nach Land wieder unterschiedlich die letzte Ziffer, ähnlich wie bei den ISBNs, eine Prüfziffer sein kann.

3.5 Der Weg vom Identifier zum Dokument

Der Anfang des zweiten Kapitels handelte von dem Problem der instabilen URLs und es wurde angekündigt, dass Persistent Identifier nicht nur zur Identifizierung nützlich sind, sondern auch zur dauerhaften Adressierung, oft Auflösung (Resolving) des PI genannt.

Leider können URNs, das gilt für alle PI, nicht einfach in die Adresszeile des Browsers eingetragen werden und man gelangt zum Dokument, da PI bislang nicht vom Browser interpretiert und von sich aus umgesetzt werden können.

Um dennoch zum Dokument zu gelangen, hat man sich des bestehenden Standards URL bedient. Dazu benutzt man eine so genannte Resolving-Adresse und hängt daran den Persistent Identifier an, in unserem Fall eine URN.

Theoretisch sieht das so aus: http://<resolver-adresse>/PI und praktisch kann das so aussehen: http://nbn-resolving.de/urn/resolver.pl?urn=urn:nbn:de:0001-00081.

Alle PI-Systeme funktionieren nach einem ähnlichen Prinzip. Sehr vereinfacht dargestellt, wird der Persistent Identifier, hier unsere URN, in eine Datenbank eingetragen, in der neben anderen Metadaten auch der derzeitig gültige Standort abgespeichert ist. Diese URLs werden regelmäßig überprüft und bei Veränderungen entsprechend geändert. Wenn man nun die Resolving-URL eingibt, wird die Datenbank abgefragt und leitet den Nutzer weiter zu dem aktuellen Standort.

In unserem Beispiel lautet die URN: urn:nbn:de:0001-00081, die Resolving-URL: http://nbn-resolving.de/urn/resolver.pl?urn=urn:nbn:de:0001-00081 und der gültige Standort: http://www.fz-juelich.de/zb/datapool/page/439/00081_Linz.pdf.

Es ist zu beachten, dass es keinen einheitlichen Resolving-Mechanismus für alle PI-Systeme gibt, da die verschiedenen Systeme aus unterschiedlichen Projekten hervorgegangen sind, lediglich das Prinzip der Auflösung ist ähnlich. Aber selbst innerhalb einiger PI-Systeme, die vom Ansatz sehr frei gestaltet sind, wie die URNs, haben sich verschiedene Auflösungsmechanismen, mit unterschiedlichen Resolver-Adressen etc. gebildet. So hat auch jede Nationalbibliothek, selbst unter dem NBN-Bereich unterschiedliche Resolving-Adressen, was das Auflösen von URNs verkompliziert.

Um die unterschiedlichen Resolver-Adressen zu umgehen und um ohne den Zwischenschritt Resolver-Adresse lediglich mit dem Persistent Identifier (bsp. URN) das Dokument zu erhalten, werden vermehrt Plug-Ins und andere Tools angeboten, um die Auflösung zu vereinfachen.20

3.6 Zitierung mittels URN

Infolge der derzeit noch fehlenden technischen Realisierung einheitlicher Resolving-Mechanismen gibt es bestimmte Empfehlungen zum Verweisen auf eine URN.

In Medien, in denen eine Online-Publikation mittels URN zitiert wird, aber nicht als Link unterlegt werden kann, beispielsweise in Printmedien, kann der eigentlichen URN die Darstellung der Resolving-URL in eckigen Klammern folgen, z.B. urn:nbn:de:0001-00081 [http://nbn-resolving.de/urn/resolver.pl?urn=urn:nbn:de:0001-00081], damit auch Nutzer zum Dokument gelangen, die nicht die Resolving-URLs kennen. Im Internet empfiehlt es sich, die URN direkt mit der Resolving-URL als Hyperlink zu verlinken, da so direkt auf die URN geklickt werden kann. Jedoch schadete es auch dort nicht, gerade in Dokumenten, die sowohl ausgedruckt existieren können, als auch im Internet verlinkt werden, beide Wege zu nutzten.

Es besteht jedoch weiterhin Handlungsbedarf innerhalb der einzelnen PI-Systeme, sowie auch übergeordnet. Besonders für die URNs ist es wünschenswert, dass es zu mehr Vereinheitlichungen, technischen Weiterentwicklung und übergeordneteren Retrievalmöglichkeiten kommt.21

4. DOI - der kommerzielle Weg von dauerhafter Identifizierung und Transaktion

Nun noch zum Pendant der URN: dem bekanntesten kommerziellen PI-System, dem Digital Object Identifier, kurz DOI22. Durch den Mitte der 90er Jahre aufkommenden Handel mit digitalen Inhalten, wie Artikel in eJournals, hatten die Verleger das Bedürfnis, die digitalen Inhalte für den Handel und Transaktionen eindeutig zu identifizieren und dazugehörige Informationen, wie Urheberschaft, Rechte, Version der Dokumente, vorzuhalten. 1996 kam es zu einer DOI-Initiative, die von der American Association of Publishers ausging, aus der sich dann 1998 die International DOI Foundation (IDF) gebildet hat.

4.1 DOI Anwendungsmöglichkeiten - Für wen?

Die Entstehungsgeschichte zeigt, dass die DOIs als Identifier für digitale Inhalte angewendet werden, die meist kommerziell genutzt werden. Dies geschieht zur Zeit besonders für Artikel in eJournals23, ist aber auch für andere Online-Publikationen, eLearn Produkte24 bis hin zu Bildern und Musik25 anwendbar.

Bei allen DOI-Anwendungen liegen folgende Zielsetzungen zugrunde: Kunden und Content-Anbieter standortunabhängig miteinander zu vernetzen und eCommerce zu erleichtern, geistiges Eigentum zu identifizieren, zu schützen und eine Basis für eine automatisierte Verwaltung von Urheber- und Lizenzrechten zu schaffen. Gleichzeitig werden mit dem DOI technische und organisatorische Rahmenbedingungen bereitgestellt, die diese Verwaltung digitaler Inhalte sowie die Verknüpfung der Content-Anbieter mit den Kunden erlauben. Dadurch wird die Möglichkeit geschaffen, Dienste für elektronische Ressourcen, die aufgrund von Copyrights, Lizenzierungen oder aus weiteren kommerziellen Gründen eingeschränkt zugänglich sind, auf der Basis von DOIs zu entwickeln und zu automatisieren.

4.2 Die Verwalter der DOIs - Administration und Registrierung

Die International DOI Foundation (IDF)26 ist die übergeordnete Organisation, die die Entwicklung der DOIs überwacht und die Lizenzen zur Vergabe von DOIs an so genannte Registrierungsagenturen vergibt. Vergleichbar mit den URNs der Nationalbibliotheken (NBN-Bereich), wo die Library of Congress übergeordnet die Administration übernimmt, die einzelnen Nationalbibliotheken aber die URNs vergeben. Der Unterschied ist jedoch, dass es sich bei den DOIs um ein kostenpflichtiges PI-System handelt, da die DOIs im Rahmen kommerzieller Anwendungen entwickelt wurden. Zu erwähnen ist, dass die DOI-Foundation eine Non-Profit-Organisation ist und lediglich ihre Kosten durch Mitgliedsbeiträge, den Verkauf von DOI-Präfixen und den vergebenen DOI-Nummern kompensiert und dafür aber mit dem DOI einheitliche technische27 und organisatorische Rahmenbedingungen bereitstellt.

Die DOIs selbst werden von Registrierungsagenturen28 vergeben, die dafür eine Lizenz von der IDF bekommen haben, zur Zeit gibt es sieben Verschiedene29, teils mit geographischen, teils mit thematischen Schwerpunkten bei der Vergabe der DOIs. Zusätzlich legen die Agenturen die Metadaten-Standards fest und betreiben die Datenbanken zur Metadatenverwaltung. Zu jedem DOI werden also Metadaten vorgehalten (Urheber, Titel, Umfang, derzeitiger Standort, Zugriffsberechtigte etc.). Die Metadaten können verändert werden (Wechsel der Eigentumsrechte, neuer Standort etc.), wobei der DOI mit dem Dokument dauerhaft ist. Auch die Registrierungsagenturen erheben Gebühren, das kann z.B. für die Vergabe von DOI-Präfixen (Produzenten­kennung), einzelne DOIs (pro Dokument) oder das DOI-Retrieval sein.

4.3 DOI Struktur - Wie ist ein DOI aufgebaut?

Ein DOI ist standardisiert30 und besteht immer aus einem Präfix und einem Suffix. Der erste Teil, der Präfix, beginnt immer mit "10.", was den Namensraum "DOI" kennzeichnet, nach einem Punkt folgt dann eine meist vierstellige Nummer für die vergebende Institution (z.B. Verlag, Körperschaft, Produktlinie), die diese Nummer von einer Registrierungsagentur zugewiesen bekommt. Nach einem Schrägstrich beginnt der zweite Teil. Dieser Suffix ist der eindeutige Identifikator für den jeweiligen Content, unabhängig von Größe, Dateityp und Art (Buch, Artikel, Bild etc.) und kann von der Institution (Verlag, Körperschaft etc.) frei gebildet werden, er muss nur eindeutig sein, darf sich also nicht wiederholen.

Ein DOI sieht dann theoretisch so aus: Präfix/Suffix und praktisch: 10.1016/S0168-1656(02)00137-2, so: 10.1007/s00468-002-0161-y oder so: 10.1045/march99-bunker.

4.4 Vom DOI zum Dokument

Ähnlich wie bei den URNs funktioniert auch bei den DOIs die Auflösung (Resolving) über den bestehenden, von den Browsern interpretierbaren Standard URL. Vereinfacht dargestellt wird durch die dauerhafte Resolving-URL wieder eine Datenbank abgefragt, die den Nutzer zu der derzeitigen URL weiterleitet.

Anders als bei den URNs gibt es für alle DOIs einen übergeordneten Resolving-Mechanismus mit einer einheitlichen Resolver-Adresse für alle DOIs, egal von welcher Registrierungsagentur in welchem Land sie vergeben wurden.31 Der Aufruf des Resolving-Dienstes der International DOI Foundation (IDF) geschieht immer über: http:// dx.doi.org/<DOI>32 und man gelangt, wenn man die Zugangsberechtigung33 hat (z.B. eJournal abonniert) zum Dokument. Um z.B. einen elektronischen Artikel aufzufinden, braucht man nicht mehr unbedingt einen Journaltitel, ISSN, Volume, Seitenzahl, Autoren etc., der DOI mit der Resolver-URL würde ausreichen! Dennoch sollten solche Daten beim Zitieren zumindest als Zusatzinformationen für die Leser angegeben34 werden. Da das Auflösen von DOIs mit einem einheitlichen Resolving-Dienst geschieht, ist es bei der Zitierung auch nicht so notwendig wie bei den URNs, die Resolver-Adresse anzugeben, schadet aber auch nicht, gerade für Nutzer, die nicht oft mit DOIs arbeiten.

Mit dem DOI wird also ein technisch abgeschlossenes System zur Identifizierung und Verwaltung von Ressourcen bereitgestellt, während der technische Ansatz für URNs grundsätzlich offen gestaltet ist.

4.5 DOI goes Europe

Während mehrere europäische Nationalbibliotheken URNs zur Identifizierung und für den dauerhaften Zugriff auf Online-Publikationen nutzen, findet man die DOIs zur Zeit nur bei wenigen, sehr großen europäischen Verlagen, besonders im naturwissen­schaftlichen Zeitschriftenbereich. Damit DOIs für kleine und mittlere Verlage erschwinglich werden und auch für andere elektronische Inhalte genutzt werden können, startete im Juli 2002 ein Projekt namens mEDRA (Multilingual European DOI Registration Agency)35. Das Projekt läuft im Rahmen des eContent-Programms der Europäischen Kommission, wurde von der Europäischen Kommission als besonders förderungswürdig beurteilt und läuft noch bis Juni 2004. Schon jetzt ist mEDRA als Registrierungsagentur bei der IDF eingetragen und hat im Rahmen des Projekts schon erste DOIs vergeben. Beteiligt sind fünf Partner-Organisationen aus der Verlagswelt bzw. Verlegerverbände in den vier Ländern Italien36, Spanien37, Frankreich38 und Deutschland39. Die Koordination hat der italienische Verlegerverband übernommen. Vorab gab es Umfragen bei Verlagen zu Anforderungen an eine zukünftige DOI-Agentur. Einige dieser Wünsche (Verlinkungsmechanismen, Katalog, gesamteuropäische Erweiterung etc.) werden mittel- oder langfristig in zusätzlichen Services und Möglichkeiten neben der reinen DOI-Vergabe münden, je nachdem wie das Projekt und die zukünftige Agentur angenommen werden, was sicherlich auch davon abhängen wird, ob die DOIs auch für kleinere und mittlere Verlage bezahlbar werden.

5. The End

Um den Bogen zum Anfang zu spannen: Wir können nicht wissen, ob durch den Einsatz elektronischer Medien in Wissenschaft und Biblio­thek die von McLuhan vorhergesehene "Einlinearität der Schrift und die Verengung in Fachdisziplinen" wieder aufbrechen wird40 und als "vielköpfige Hydra" in einem Ideen-Netzwerk die wissenschaftliche Kommunikation verändert41 oder ob electronic publishing nichts anderes bedeutet als die Unmöglichkeit einer sichtenden Auswahl und ein Mangel an dauerhafter Bereitstellung wie von Klostermann 1997 be­hauptet42. Die Tatsache allein, dass elektronische Medien und elektronisches Publizieren heute bereits Realität sind, muss die Bibliotheken, Forschung und Lehre zu einer sinnvollen, intelligenten und zukunftsorientierten Entschei­dung auch über eine adäquate und eindeutige Nachweismöglichkeit zwingen.43

Durch Persistent Identifier wurden im Vergleich zu 1997 große Fortschritte im Bereich Identifizierung von Online-Publikationen und deren Ansatz zur dauerhaften Bereitstellung gemacht. Die Vergabepraxis von PI durch Institutionen, wie Verlage und Bibliotheken, gewährleistet ein gutes Maß an Qualität und Authentizität von Online-Publikationen. Dennoch sind Weiterentwicklungen, eine größere Verbreitung und vor allem Vereinheitlichungen von PI-Systemen, sowohl für die URNs als auch für die DOIs, notwendig. Damit Online-Publikationen nicht wie eine Nadel im Heuhaufen gesucht werden müssen, sondern selbst in einem noch so großen Heuhaufen mittels der Persistent Identifiers schnell gefunden werden können, sollte deren Anwendung, Verbreitung, Weiterentwicklung und Vereinheitlichung auch und besonders von Bibliotheken und Information Professionals vorangetrieben werden.


Zu den Autoren

Dr. Rafael Ball ist Leiter der Zentralbibliothek und

Cornelia Plott ist Diplom-Dokumentarin
im Bereich E-Publications, Eigenverlag der

Zentralbibliothek des Forschungszentrums Jülich GmbH
D-52425 Jülich
E-Mail: r.ball@fz-juelich.de


Anmerkungen

1. Dieser Beitrag ist die veränderte Fassung eines Vortrags auf der Bobcatsss-Konferenz 2004 in Riga. This is the modified version of a contribution at the Bobcatsss-Conference 2004 in Riga. Cet exposé est la version modifiée d’une communication présentée à la Conference Bobcatsss 2004 à Riga

2. Ebel, H. F., Bliefert, C., Russey, W.: The Art of Scientific Writing. VCH, Weinheim, 1987, S.3

3. Dobrow, G. M.: Wissenschaftswissenschaft. Akademie-Verlag, Berlin 1970, S. 31

4. Garvy, W. D.: Communication: The Essence of Science, facilitating information exchange among librarians, scientists, engineers and students. Pergamon Press: Oxford N.Y., 1979

5. Page, John R. U.: Anwendung von Textverarbeitungs-, Computernetz- und Satellitentechnologien zur Veröffentlichung wissenschaftlicher und technischer Primärinformationen. In: Maurice, M. (Hrsg.) u.a.: Die Auswirkungen neuer Technologien auf das Verlagswesen. Bericht über das Symposium in Luxemburg, LU, 06.11.-07.11.1979. KEG, Generaldirektion Wissenschaftliche und Technische Information und Informations-Management. München, DE: Saur. 1980, S. 17-31

6. Page, John R. U.: a. a. O., S. 18

7. Kinne, O.: Electronic publishing in science: Changes and Risks. In: Marine Ecology, Progress Series, Volume 180, 1999, S. 2

8. Ob der Zeit­faktor wirklich eine bedeutende Rolle spielt, ist angesichts der Zeitspanne von durchschnittlich dreizehn Jahren, die es braucht, bis wissenschaftliche Ergebnisse in das gesellschaftliche Bewusstsein eingedrungen sind, von untergeordneter Relevanz. Sicher­lich wird dieser Zeitaspekt häufig überschätzt.

9. Lehr, Thomas: Tageszeitungen und Onlinemedien: Elektronisches Publizieren als produktpolitisches Instrument der Verlage. Deutscher Universitätsverlag Wiesbaden, 1999, S. 14

10. Die Zahl der wissenschaftlichen Beiträge ist dabei enorm gestiegen, gleichzeitig aber auch die Zahl der Wissenschaftler. Die Zahl der Beiträge pro Wissenschaftler ist somit recht konstant. Auch die Anzahl der Artikel, die von einzelnen noch gelesen werden (können), ist seit 20 Jahren nahezu unverändert (Tenopir, C., King, Donald W.: Lessons für the future of journals. In: Nature, 413, 18.October 2001, S. 672-674)

11. Ebel, H. F., Bliefert, C., Russey, W. a.a.O., S. 57

12. Felker, K.: The State-of-the Art: Link Resolvers in the Trenches. In: Library Hi Tech News, 2003 (9), S. 23-25

13. Dellavalle, R. P., Hester, E. J., Heiling, L.F., Darke, A. L., Kuntzman, J.W., Graber, M., Schilling, L.M.: Going, going, gone : Lost internet references. In: Science, 302, October 2003, S. 787-788 - doi:10.1126/science.1088234 [http://dx.doi.org/10.1126/science.1088234]

14. http://www.ietf.org - RFC 2141

15. http://www.iwv.ch/GuVi/Dokumente/2001-06-19_Spahni.pdf

16. In anderen Ländern, wie beispielsweise Finnland, Norwegen oder Schweden, haben die dortigen Nationalbibliotheken die URN-Vergabe und Auflösung übernommen.

17. http://www.bis.uni-oldenburg.de/carmen_ap4/

18. http://www.ietf.org - RFC 2141

19. http://www.ietf.org - RFC 3188

20. http://www.doi.org/tools. - Für Handles und DOIs ist aus Nutzersicht das Web Browser Plug-In für Internet Explorer und Netscape hervorzuheben.

Auflösungsmöglichkeiten von URNs im NBN-Bereich: http://nbn-resolving.de/ResolverDemo.php - http://www.persistent-identifier.de/?link=550

21. In Deutschland läuft zur Zeit ein Projekt, EPICUR (Enhancement of Persistent Identifier Services - Comprehensive Method for Unequivocal Resource Identification), welches sich um die Weiterentwicklung, Verbreitung und Vernetzung von bestehenden PI-Systemen bemüht. - http://www.persistent-identifier.de/?link=335

22. http://www.doi.org

23. Die bekannteste Registrierungsagentur für die DOI-Vergabe für wissenschaftliche Zeitschriftenartikel und verwandte Gebiete ist "CrossRef": http://www.crossref.org

24. Anmeldungen von DOIs für eLearn Produkte können über die Registrierungsagentur "Learning Objects Network" erfolgen: http://www.learningobjectsnetwork.com

25. Anmeldungen von DOIs für digitale Inhalte von Büchern über Bilder (Images) bis hin zu Musik kann über die Registrierungsagentur "Content Directions" erfolgen: http://www.contentdirections.com

26. Mehr Informationen zur IDF sind unter http://www.doi.org/handbook_2000/governance.html zu finden.

27. Die technische Entwicklung geht zurück auf das "Handle-System" der Corporation for National Research Initiatives (CNRI): http://www.cnri.reston.va.us oder http://www.handle.net

28. http://www.doi.org/handbook_2000/registration_agencies.html

29. http://www.doi.org/idf-member-list.html

30. Die DOI-Struktur wurde als ANSI/NISO Z39.84 2000 Standard eingetragen. Mehr Informationen sind unter http://www.doi.org/handbook_2000/appendix_1.html zu finden.

31. Im Gegensatz dazu werden selbst innerhalb der URNs der einzelnen Nationalbibliotheken unterschiedliche Resolving-Dienste zum Auflösen der URNs benötigt, in Deutschland beispielsweise: http://nbn-resolving.de/urn/resolver.pl?urn=<urn>

in Schweden jedoch: http://urn.kb.se/resolve?urn=<urn>

32. z.B.: http://dx.doi.org/10.1000/186; http://dx.doi.org/10.1016/S0168-1656(02)00137-2; http://dx.doi.org/10.1045/march99-bunker

Zudem wird die Auflösung von einzelnen DOIs durch Eingabe in ein Feld direkt auf der DOI-Webesite (http:www.doi.org) angeboten. Dem technischen Ansatz der Auflösung des "Handle-System" der CNRI (s.o.) entsprechend, können DOIs auch direkt über ein kleines Programm ohne eine Eingabe der Resolver-Adresse aufgelöst werden.

33. Da es sich um ein kommerzielles PI-System mit kostenpflichtigen Inhalten handelt, hängt die Auflösung auch von der Rechtesituation ab. Der Schutz von elektronischen Inhalten war ein Ziel bei der Gründung der DOI-Initiative.

34. http://www.doi.org/handbook_2000/enumeration.html

35. http://www.medra.org

36. Die italienischen Partner sind zum einen die italienische Verlegervereinigung, Associazione Italiana Editori (AIE) - http://www.aie.it - , zum anderen CINECA, ein Universitätskonsortium aus 15 italienischen Universitäten mit dem italienischen nationalen Forschungsrat (CNR) - http://www.cineca.it/indexe.html.

37. Editrain S.L. ist der spanische Partner. Das Ziel der Firma mit Sitz in Madrid ist es, Schulungen für die Buchindustrie, Informationen und Online-Dienste zur Verfügung zu stellen.

38. Syndicat National de l'Edition (SNE) ist die Berufsvereinigung der französischen Buchverleger und der französische medra-Partner: http://www.sne.fr

39. Deutschland wird durch die Marketing- und Verlagsservice des Buchhandels GmbH (MVB), einem Tochterunternehmen des Gesamtverbands Börsenverein des Deutschen Buchhandels, in dem Projekt vertreten: http://www.mvb-online.de

40. McLuhan, M.: Die magischen Kanäle; "Understanding Media" (übersetzt von Meinrat Aman) Düsseldorf; 1992

41. Eggen, B., Ewels, C.: Vielköpfige Hydra: neue Medien verändern die wissenschaftliche Kommunikation. In: Zeitschrift für Kulturaustausch, 1995, 4. Jhg. 45, S. 550-555

42. Klostermann, Vittorio: Verlegen im Netz. Zur Diskussion um die Zukunft des wissenschaftlichen Buches. Frankfurt a. M.: Klostermann 1997

43. Einen umfassenden Einblick über die von elektronischen Zeitschriften betroffenen Bereiche und Prozesse in Bibliotheken geben: Buckley, C., Burnight, M., Preudergast, A. et al. In: "Electronic Publishing of Scholarly Journals: A Bibliographic Essay of Current Issues. http://www.library.uscb.edu/istl/99-spring/article4.html