E-Learning 2004:
Eindrücke von der LEARNTEC in Karlsruhe

von Regine Tobias

Und wieder war es soweit: Die 12. LEARNTEC1, der bedeutende europäische Kongress mit der internationalen Fachmesse für Bildungs- und Informationstechnologie, informierte rund 8700 Besucher über News und Trends des E-Learning-Marktes. Vom 10. bis 13. Februar 2004 wurden in Karlsruhe alle aktuellen Aspekte des E-Learnings in der Bildungsbranche beleuchtet und diskutiert. Die europaweit führende Veranstaltung auf diesem Gebiet hat sich inzwischen fest zum internationalen Treffpunkt für die zuständigen Entscheidungsträger aus Wirtschaft, Politik und Universitäten entwickelt. Die Bildungsverantwortlichen treffen hier auf Vertreter aus freier Wirtschaft und kommerzielle Anbieter von Bildungstechnologie und Multimediaanwendungen. Experten aus Hochschulen und Wirtschaft stellten im Kongress in mehr als 28 Sektionen und 19 Workshops sowie Podiumsdiskussionen und Key-Notes mediengestützte Szenarien für Lern- und Informationsprozesse praxisnah vor. Dabei wurden alle Teilaspekte des E-Learnings vorgestellt, angefangen mit Planung und Evaluierung des Qualifizierungsbedarfs über die nachhaltige Entwicklung von Lernangeboten und technischer Infrastruktur bis zur didaktischen Begleitung und der Bewertung der Weiterbildungsmaßnahmen. Die Veranstalter der LEARNTEC haben dabei über die Jahre hinweg den sich selbst auferlegten Anspruch erfüllt, einen Überblick über aktuelle Trends und zukünftige Entwicklungsperspektiven zu geben. Daher finden alljährlich neue Anwendungsfelder und -formen Einzug in das breitgefächerte Veranstaltungsprogramm. Das Programm 2004 verzeichnete beispielsweise neben den traditionell vorgestellten branchenspezifischen Angeboten eine ganztägige Sektion zum zukunftsträchtigen Thema "Touristik & Hotellerie", in dem Experten aus der Tourismusbranche neu entwickelte E-Learning-Projekte vorstellten. Die LEARNTEC ist laut Prof. Dr. Uwe Beck, einem der beiden Begründer und wissenschaftlicher Leiter, das "Schaufenster der deutschen E-Learningbranche".

Abbildung 1: Eingangshalle der LEARNTEC
Die bereits 2001 begonnene Internationalisierung der LEARNTEC erfuhr somit auch 2004 eine konsequente Fortführung mit Präsentationen vieler europäischer Programme, Projekte und Initiativen. Die Schirmherrschaft hatte 2004 wieder die Europäische Kommissarin für Bildung und Kultur, Viviane Reding, inne.

Parallel zur großen Strategie- und Trenddiskussion auf dem Fachkongress informierte die Fachmesse die Entscheidungsträger der E-Learning-Branche umfassend. Auch dieses Jahr war die Anzahl der Messestände wieder leicht gewachsen auf rund 315 Aussteller aus Deutschland, dem europäischen Ausland und den USA. Im Vergleich zu früheren Jahren hatte sich der rege Besucherverkehr etwas beruhigt, dennoch war hier alles vertreten, was im Bereich der Content-Management-Systeme, Services und Basistechnologien des E-Learnings Rang und Namen hat.

Wie wird 2004 mit E-Learning Geld verdient?

Auf der Unternehmensseite hat sich die Katerstimmung der vergangenen zwei Jahre verflüchtigt und insgesamt wird die Stimmung optimistischer bewertet. Relativ kühl und abseits von in Vorjahren bis zum Überdruss diskutierten Fragestellungen wie etwa nach den Kosten des E-Learnings und Sinn und Unsinn der mediengestützten Weiterbildung werden im Jahr 2004 Marktchancen realistisch abgeschätzt und neue Geschäftsfelder abgesteckt. So gesehen hat sich der Trend zur Professionalisierung des Gewerbes weiter fortgesetzt. Düsteren Prognosen, die mutmaßen, dass der Aufschwung, wenn er denn kommt, ohne weitere Investitionen in Personalentwicklung und mediengestützte Weiterbildung stattfinden wird, stehen Fakten gegenüber, die durchaus für zukünftige Vertriebschancen von E-Learning-Anwendungen sprechen. Auf dem US-amerikanischen Markt werden rund 40 Prozent der Weiterbildung mit E-Learning-Modulen praktiziert und ein Großteil der klassischen Fortbildung wurde hier bereits durch E-Learning ersetzt. Heute verbinden die Entscheidungsträger in der Wirtschaft E-Learning eng mit den Inhalten, die vermittelt werden sollen. Dafür wird der Begriff umgetauft und das so resultierende "Learning Management" eng mit der Strategiediskussion in den Unternehmen verknüpft, somit also auf oberster Ebene angesiedelt. Ein ganzheitliches "Learning Management" umfasst die gesamte Prozesskette des E-Learnings von Planung, Steuerung und Analyse bis zur Bewertung der einzelnen Lernprozesse. Die früher vor allem im Vordergrund stehende Kostenevaluierung ist neuen Fragestellungen gewichen, die aus ganzheitlicher Sicht nach dem Beitrag fragen, den das "Learning Management" für die Wertschöpfung der Unternehmung leisten kann. Dadurch ergeben sich auch neue Zielgruppen für den Umsatz. War etwa noch vor einem Jahr vor allem die Personalentwickung eines Unternehmens im Blickfeld der Anbieter von E-Learning-Anwendungen, so kommen heute viele weitere, auch speziellere Ansprechpartner in den Unternehmen in Frage, deren Anwendungen früher eher Pilotcharakter hatten. Zeit war schon immer Geld für Unternehmen und aufwendige Fortbildungen für Mitarbeiter in Tagungshotels in schöner Landschaft weichen immer mehr dem Rationalisierungsdruck. Das neue Konzept des E-Learnings in den Unternehmen zieht ganz bewusst den direkten Bezug zum Mitarbeiter im Kontext seiner Arbeitsumgebung, der selbst seine Stärken und Schwächen abschätzen lernen soll. Stichworte sind hier "Learning on demand", informelles und formelles Lernen durch kleine, direkt auf den Arbeitspozess zugeschnittene Lernmodule. So schlussfolgert Dr. Wolfgang Kraemer von der Firma imc am Ende der Sektion "E-Learning Markt 2004 - auf zu neuen Ufern": "Unternehmen nehmen die betriebsinterne Weiterbildung der Mitarbeiter immer noch ernst, sie wollen das Thema aber den vielfach kritisierten Hochschulen nicht überlassen."

Versiegen oder Verstetigung? - E-Learning an Hochschulen nach dem Ende der Projektförderung

Das sind ganz gewiss keine ermutigenden Worte für die von PISA, Sparzwängen und Elitendiskussion gebeutelten Hochschulen. Zu allem Überfluss sind Ende 2003 die meisten bundes- und länderweit geförderten E-Learning-Projekte ausgelaufen und an neue, üppig ausgestattete Fördertöpfe glaubt in Zeiten permanenter Haushaltssperren kaum noch jemand.

Die Arbeitsverträge vieler qualifizierter Mitarbeiter, die in Projektzeiten multimediale Lernmodule entwickelt haben, sind beendet und man fragt sich, ob deshalb das im LEARNTEC-Programm fest etablierte Forum "Hochschule und Wirtschaft" dieses Jahr so dünn besucht war. Die erste Sektion des Forums stellte sich vor diesem Hintergrund mutig den Zeichen der Zeit und widmete sich ganz dem Thema der Nachhaltigkeit von E-Learning an Hochschulen.

Um es vorweg zu nehmen: Die vermeintliche Lösung für die Hochschulen verläuft analog zu den Trends in den Unternehmen; die neuen Lehrmethoden haben nur dann eine Chance für eine langfristige Etablierung, wenn sie in die gesamtuniversitäre Strategie der Hochschule eingebettet sind und von der Leitungsebene propagiert und gepuscht werden.

Das hört sich überzeugend an, macht nur denjenigen stutzig, der weiß, dass genau das in hiesigen Hochschulen eben keine Selbstverständlichkeit ist. Dazu zunächst ein kurzer

Rückblick

Die Neuen Medien sind heute nicht mehr aus der Hochschullandschaft wegzudenken. Da mögen sich nicht nur viele der potenziell voreingenommenen Besucher der LEARNTEC einig sein, dafür sprechen auch bildungspolitische Empfehlungen jeglicher Art, wie sie in den letzten Jahren veröffentlicht wurden.

Trotzdem sind viele Pionierprojekte nicht in die langfristigen Ausbildungsstrukturen ihrer Hochschulen eingegangen. Nach wie vor gehen vielfältige Berührungsängste und fehlende Erfahrung von Seiten der Lehrenden mit fehlender Unterstützung bei der Umsetzung einher. Eine in der Sektion vorgestellte Analyse ergab, dass nur rund vier Prozent der an deutschen Hochschulen Lehrenden mit E-Learning Kontakt haben; die Überwindung der Fünfprozenthürde nach dem Motto "Flutlicht statt Leuchttürme", scheint noch fern zu sein.

Die noch vor wenigen Jahren beschworene E-Learning-Revolution hat also nicht stattgefunden und der Versuch, die klassische Lehre in Distance-Learning-Angebote umzuwandeln, ist weitgehend gescheitert. Laut Prof. Burkhard Lehmann von der Universität Saarbrücken hat vielmehr der Hype um E-Learning den Blick dafür verstellt, dass im Zentrum der Diskussion das Lernen an sich stehen sollte und damit die Frage, wie die Lehre an den Hochschulen generell abgehandelt werden soll. Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, wenn nun offen die fehlende strategische Ausrichtung als eine der Hauptgründe für das vielfach erfolgte Scheitern der nachhaltigen Verankerung in die Hochschulausbildung beklagt wird. Jahrelang hatte man sich auf technische und didaktische Fragestellungen konzentriert und diese ausufernd diskutiert, ohne die nachfolgende Implementierung umfassend zu überdenken. Vielleicht ist dieses Vorgehen angesichts der vielen Hundert Millionen an Fördergeldern aus Bundes- und Länderkassen der letzten Jahre sowie den allerorts wie Pilze aus dem Boden geschossenen E-Learning-Initiativen und Portalen virtueller Hochschulen auch verständlich. Umso dringlicher ist nun eine Schadensbegrenzung erforderlich, sonst drohen auch positive Entwicklungen, wie sie beispielsweise mit dem Einsatz von E-Learning in der Medizinerausbildung2 entstanden sind, in der allgemeinen Depressionswelle zu versickern.

Abbildung 2: Stand der Universität Karlsruhe (TH)

Was tun?

Heute werden demnach Modelle der Verstetigung gesucht und E-Learning soll von nun an nachhaltig an Hochschulen entwickelt werden. Definiert man Nachhaltigkeit als die Fähigkeit von E-Learning-Produkten, auch ohne Förderprogramme überleben zu können, dann wird damit nicht impliziert, dass sie gänzlich ohne Finanzmittel oder andere Unterstützungsmaßnahmen auskommen müssen. Unter Nachhaltigkeit wird neben einer soliden Finanzierungsgrundlage auch die generelle Verstetigung und Breitenwirksamkeit der mediengestützen Lehr- und Lernumgebungen verstanden. Diese wird erreicht, wenn die Module alltagstauglich entwickelt werden und so die vielfach propagierte "Niedrigschwelligkeit" erreichen. Ebenso erforderlich sind spezifische Beratungs- und Supportstrukturen, die die Umsetzungen direkt in die Arbeitswelt der Hochschullehrer und Studierenden verankern.

In der Sektion wurden viele interessante Vorschläge gegeben, wie Nachhaltigkeit erreicht werden kann:

Nachhaltigkeit durch Strategie

Nach einer umfassenden Ist-Analyse über den bisherigen Bestand an E-Learning-Anwendungen an der eigenen Hochschule wird es inzwischen als unbedingt erforderlich angesehen, den zukünftigen Medieneinsatz an die strategische Zielplanung der Universitätsleitung für den Aus- und Weiterbildungsbereich zu koppeln. Dabei spielen die an vielen Standorten entstehenden Medienentwicklungspläne eine zentrale Rolle, da sie das Gesamtkonzept für die eingesetzten Medien, den Bedarf vor Ort und einen Überblick über die bereits vorhandene Infrastruktur beinhalten. Auch die Vergabe von Fördergeldern auf ministerialer Ebene wird immer mehr an die Medienentwicklungspläne angeglichen, so dass diese in doppelter Hinsicht an Bedeutung für die Hochschulen gewonnen haben.

Nachhaltigkeit durch Technik

Nach den Festlegungen auf strategischer Ebene werden selbstverständlich Investitionen in Infrastruktur(en) erfolgen müssen, sei es der Kauf einer oder mehrerer Lernplattformen oder der Aufbau von entsprechenden Beratungs- und Supportstrukturen (Hotline), die allesamt in die allgemeine DV-Infrastruktur der Hochschule eingebettet sind.

Nachhaltigkeit durch Curriculare Integration

Die Experten sind sich einig, dass der gewünschte Mix aus präsenter und selbstständiger Lehre durch "Blended Learning" nur dann langfristig von Erfolg gekrönt sein kann, wenn er in die Pflichtveranstaltungen der einzelnen Lehrpläne eingebettet wird. Auf der anderen Seite werden sich auch die Lehrenden vielfach nur dann bei der Fortentwicklung des Einsatzes von E-Learning weiter engagieren, wenn ihnen die Universitätsleitung die entsprechende Anerkennung zukommen lässt.

Preisverleihung E-Learning-Awards

Auf der Learntec erfolgte auch die Preisvergabe des ersten Europäischen E-Learning-Awards "eureleA". Dabei erhielt das "bibweb - Lernforum für Bibliotheken" (http://www.bibweb.de) in der Kategorie Verbände und Stiftungen den 1. Platz. Aus den mehr als 70 Einreichungen in der ersten Wettbewerbsrunde hat eine international besetzte Fachjury die Preisträger ausgewählt, die sich künftig mit dem Titel "Best Practice in E-Learning" schmücken dürfen. Vorgestellt wurden die Finalisten auf dem Learntec-Workshop "EureleA - Preisgekrönte Anwendungen". Seit Einführung des "bibweb", ein gemeinsames Projekt von Bertelsmann Stiftung und ekz.bibliotheksservice GmbH, haben sich bereits über 4500 Teilnehmer aus Deutschland, Österreich und der Schweiz auf die neue Lernwelt eingelassen und die Vorteile des E-Learning, z.B. zeitliche und räumliche Flexibilität und ein frei wählbares Lerntempo, für sich erkannt.

Nachhaltigkeit durch Organisation

E-Learning muss folglich nicht nur zur "Chefsache" werden und auf der Leitungsebene verankert sein, genauso wichtig ist die Anpassung der Ablauf- und Aufbauorganisation für eine breite Medieneinsatzförderung auf organisatorischer Ebene. Hier gibt es eine umfangreiche Palette an Möglichkeiten wie dies bewerkstelligt werden kann. Auf der LEARNTEC wurden dazu unterschiedliche Beispiele aus Hochschulen und Bundesländern vorgestellt. Die erforderlichen neuen Support-Zentren können beispielsweise durch Neugründungen entstehen, aber es ist auch denkbar, sie aus bestehenden Einrichtungen der Hochschule oder einem Netzwerk aus bestehenden Einrichtungen aufzubauen. Die Universität Freiburg hat einen aus Nachhaltigkeitsgesichtspunkten vorbildlichen Weg der Mediennutzung beschritten, indem auf Grund des überarbeiteten Medienentwicklungsplans zwei neue Institutionen gegründet wurden: Ein "New Media Center" unterstützt dabei die konkrete Medienentwicklung und ein ausschließlich virtuell bestehendes "New Media Net" übernimmt die universitätsweite Koordination. Ähnliche Entwicklungen gibt es an der Universität München, wo eine integrierte Lern-Infrastruktur für die gesamte Hochschule erarbeitet wurde. Wie in Freiburg gibt es einen CIO ("Chief Information Officer"), dem das Medienzentrum unterstellt ist und dadurch die Verankerung mit der Führungsebene der Universität und der Gesamtstrategie sicherstellt. Diese Ziele verfolgt auch die Universität Karlsruhe.

Aber auch hochschulübergreifende Kompetenzzentren können gegründet werden. In diesem Kontext ist das in der Sektion vorgestellte Bildungsportal Sachsen zu sehen. Das Landes-Kompetenzzentrum ging auf die Initiative des Staatsministeriums und einiger Trägerhochschulen zurück und stellt eine Mischform aus zentraler Organisation auf Landesebene und dezentralem, autonomen Handeln vor Ort in den Hochschulen dar. Im Kompetenzzentrum sind "Regionalbetreuer" für die inhaltlichen und organisatorischen Koordinierungsaufgaben zuständig. Sie sind daher die Schnittstellen zur Infrastruktur und zur Weiterentwicklung der Neuen Medien in der Lehre an den einzelnen Hochschulen. Diese Organisationsstruktur soll Barrieren abbauen und die nachhaltige Integration von E-Learning in Sachsen fördern3.

Nachhaltigkeit durch Finanzierung

Außer den großen Strategievorgaben und organisatorischen Umwälzungen in den Hochschulen kann hier und da eine Finanzspritze nicht schaden. Dazu gehört auch die Bereitschaft der Hochschulleitung, innovative Projekte im E-Learning-Bereich finanziell zu unterstützen und somit die gesamte Entwicklung weiter voranzutreiben. Dass bereits mit einem verhältnismäßig geringen Mitteleinsatz ein breitenwirksamer Erfolg erzielt werden kann, beweist das Vorgehen an der Universität Stuttgart. Auch hier hat die Universitätsleitung eindeutig kommuniziert, dass sie den breiten Einsatz von E-Learning wünscht und für dessen Förderung bisher drei Programme initiiert. Im Projekt "100 online" wurden im verhältnismäßig kurzen Zeitraum von August 2001 bis Oktober 2002 insgesamt 237 Projekte mit jeweils 5000 Euro gefördert.4 Die Projektergebnisse sind öffentlich zugänglich und im abschließenden "100-online award" wurde das erfolgreichste Projekt gekürt. Heute sind zwei weitere hochschulweite Projekte in Bearbeitung, die den Umbau der Medienentwicklung von der einfachen Anreicherung der Präsenzlehre durch multimediale Elemente über den Ausbau des online-gestützten Selbstlernens bis hin zur Online-Weiterbildung bereiten sollen. Der Erfolg dieser Strategie spricht für sich: Inzwischen praktizieren 60 Prozent der Dozenten der Universität E-Learning und 100 Prozent der Studierenden werden damit erreicht.

Nachhaltigkeit durch Wettbewerb

Aber auch Wettbewerbe können die Nachhaltigkeit fördern. Ein einleuchtendes Beispiel für diese These ist der seit dem Jahr 2000 von der Gesellschaft für Medien in der Wissenschaft vergebene internationale MEDIDA-PRIX5. Er kann zwar die Projektförderung nicht generell ersetzen, aber schafft durch seine hohe Reputation in der Scientific Community entsprechende Anreizstrukturen für die Entwicklung innovativer Anwendungen. Einige prämierte Produkte sind aufgrund der großen Resonanz in den Regelbetrieb der Hochschulen übernommen worden. So hat die Lernsoftware Statistiklabor aus dem BMBF-Projekt "Neue Statistik"6 aufgrund des internationalen Erfolgs nach Förderungsende seinen festen Platz in der Grundausbildung an der FU-Berlin gefunden. Hier hatte die Öffentlichkeitswirksamkeit einen großen Einfluss auf die Nachhaltigkeit des Projekts.

Nachhaltigkeit durch Kompetenz und Akzeptanz

Ein weiteres Erfolgsrezept für die Verstetigung der entwickelten Module ist sicherlich auch die Berücksichtigung von psychologischen und bildungspädagogischen Faktoren wie etwa eine rollenadäquate Beratung der Lehrenden. In vielen Fällen unternehmen Professoren nicht Seite an Seite mit ihren Studierenden die ersten Schritte in der digitalen Lernumgebung. Alle an den Hochschulen in der Ausbildung involvierten Gruppen müssen daher bedarfsgerecht im Umgang mit E-Learning geschult und weiter betreut werden. Anreize intrinsischer und extrinsischer Art sollten in der Gesamtstrategie enthalten sein.

Nachhaltigkeit durch Öffentlichkeitsarbeit

E-Learning an die breite Öffentlichkeit innerhalb und außerhalb der Hochschule zu bringen, ist sehr wichtig. Das kann in Form von einfachen Flyern oder Portalen geschehen bis hin zu E-Learning-Tagen wie der "100-online award" der Universität Stuttgart oder der Multimedia-Tag an der Universität Karlsruhe7, die auch überregionale Bedeutung erlangt haben.

Ausblick

Die Technik für die Erstellung von E-Learning-Modulen wird von Jahr zu Jahr einfacher in der Handhabung. Ebenso wird für die Hochschulen der Nachfragedruck nach digitalen Weiter- und Ausbildungsmaßnahmen weiter zunehmen sowie der generelle Wettbewerbsdruck um Studierende. Das alles spricht für den breiten Einsatz an alltagstauglichen, niedrigschwelligen digitalen Lehr- und Lernplattformen.

Allerdings können sich die Hochschulen nicht mehr wie bisher in erster Linie auf die Unterstützung von Seiten ihrer Träger verlassen. Vielmehr sind sie heute aufgefordert, die Entwicklung durch strategische und organisatorische Maßnahmen selbst in die Hand zu nehmen. Die Lehre aus den vergangenen Projektjahren zeigt auch, dass dies in Bezug auf die nachhaltige Verankerung die bessere Alternative ist.

Die in der Sektion vorgestellten äußerst positiven Ansätze aus den Hochschulen Freiburg, München und Stuttgart stellen jedoch (noch) keinen allgemein verbreiteten Strategieumschwung in der deutschen Hochschullandschaft dar. Vielmehr herrscht momentan eine Art Pattsituation, in der viele Entscheidungsträger an den Hochschulen in einer abwartenden Haltung verharren. Die Sektionen der nächsten Jahre auf der LEARNTEC werden zeigen, wie die Hochschulen weiterhin den neuen Anforderungen gerecht werden und ihren Ressourceneinsatz entsprechend in der Zukunft planen.


Zur Autorin

Dipl.-Volksw. Regine Tobias

Universitätsbibliothek
Postfach 6920
D-76049 Karlsruhe
E-Mail: tobias@ubka.uni-karlsruhe.de


Anmerkungen

1. http://www.learntec.de

2. Auf der LEARNTEC gab es speziell dazu eine gut besuchte Sektion zum Thema E-Learning in der Medizin

3. http://www.bildungsportal.sachsen.de

4. http://www.uni-stuttgart.de/100-online/

5. http://www.medidaprix.org

6. http://www.neuestatistik.de

7. http://www.rz.uni-karlsruhe.de/~MM-Tag/