Bibliothek & Information International

Jahresbericht 2003

von Ulrike Lang

Bibliothek & Information International, eine Einrichtung der Bundesvereinigung Deutscher Bibliotheksverbände, die in Deutschland den internationalen Knowhow-Transfer des Bibliotheks- und Informationswesens und verwandter Bereiche koordiniert, setzte auch im Jahre 2003 zielstrebig die internationale Kontaktpflege für Bibliothekare und Informationsfachleute fort. Die Mitglieder sind gewählte oder abgeordnete Vertreterinnen und Vertreter aller Mitgliedsverbände der BDB und der DGI.

Wie auch in den Vorjahren erfolgte die finanzielle Förderung durch Projektmittel der Kulturstiftung der Länder und des Auswärtigen Amtes. Die gesamte Verwaltung und planmäßige Einsetzung der Mittel in der Gesamtheit des Organisationsaufwandes führte dabei BI-international häufiger an ihre ehrenamtlichen Grenzen.

Schwerpunkte der inhaltlichen Arbeit waren wiederum in der Vernetzung informationsvermittelnder Kompetenzen und dem Wissenstransfer auf internationaler Ebene zu sehen.

Zu bis zu vierwöchigen Fachaufenthalten konnten Kolleginnen und Kollegen aus Australien, Brasilien, Bulgarien, Großbritannien, Israel, Italien, der Türkei und Weißrussland begrüßt werden. Die Themenvielfalt war ebenso groß wie die Mannigfaltigkeit der besuchten Bibliotheken in Deutschland. Deutlich wurde jedoch, dass es auch für ausländische Kolleginnen und Kollegen immer schwieriger wird, für einen Zeitraum von vier Wochen den Arbeitsplatz zu verlassen, um innovative ausländische Erfahrungen zu sammeln. Für die Zukunft hat BI-international daher die Möglichkeit geschaffen, künftig ein bis vierwöchige Fachaufenthalte im In- und Ausland zu absolvieren. Der zeitliche Rahmen wird sich dabei durch das zu bewältigende Thema und Programm ergeben.

Im Gegenzug konnten deutsche Kolleginnen und Kollegen Einrichtungen in Australien, Dänemark, Großbritannien, Frankreich, Neuseeland und den USA besuchen. Die entstehenden und zum Teil schon bestehenden Bibliothekspartnerschaften werden den Bedarf nach Fachaufenthalten im Ausland weiter anwachsen lassen, wenn auch häufig noch die mangelnde Unterstützung der Partnerseite für den Aufenthalt deutscher Kolleginnen und Kollegen beklagt werden muss.

Die Erkenntnis des Nutzens des Kennenlernens internationaler Einrichtungen überzeugt jedoch viele, so dass die zu erbringende Eigenleistung vielfach auch nicht gescheut wird. Lediglich die Partnerschaft mit Großbritannien und dem British Council klappt problemlos.

Gruppenstudienreisen wurden u.a. mit Hilfe der Goethe Institute organisiert. So besuchte eine Gruppe israelischer Bibliothekare und eine weitere Gruppe von amerikanischen Bibliothekaren unter Begleitung der jeweiligen Kolleginnen und Kollegen aus Tel Aviv und New York die Bundesrepublik. Während die israelische Gruppe den Themenschwerpunkt auf Architektur und neue Bibliotheksbauten gelegt hatte, interessierte sich die amerikanische Gruppe speziell für Serviceleistungen in Bibliotheken.

Organisiert durch Trikolori, einem Zusammenschluss von engagierten Bibliothekaren aus Süddeutschland, Italien und Österreich, fand eine Studienreise durch bayerische Bibliotheken für italienische Kolleginnen und Kollegen zum Thema Digitale Dienste in Bibliotheken mit den Konsequenzen für Organisation und Management statt.

Zum Jahresende erfolgte noch eine Studienreise slowakischer Bibliothekare zu Bibliotheken nach München, Regensburg und Rosenheim.

Auch deutsche Bibliothekare bereisten auf Gruppenstudienreisen das Ausland, wobei in 2003 die Ziele in Finnland, Russland und den USA lagen. Die Sektion 2 des DBV widmete sich bei ihrer Finnland-Reise schwerpunktmäßig den innovativen Entwicklungstendenzen, die in öffentlichen Bibliotheken in Helsinki, Espoo, Lahti, Tampere und Vaasa zu bestaunen waren. Unter der Organisation der Fachhochschule Hannover besuchte eine Gruppe von Dozenten und Studenten Moskau und die dortigen Hochschuleinrichtungen, um sich mit Problemen der Informationserschließung und -vermittlung sowie der Verwaltung von Beständen zu beschäftigen. Wichtiger Aspekt war aber auch die Begegnung zwischen russischen und deutschen Studierenden und Lehrenden und dem Austausch über Lern- und Lehrinhalte. Eine Initiative der Stadt- und Universitätsbibliothek Frankfurt unter Mithilfe des Goethe Instituts New York organisierte für interessierte Kolleginnen und Kollegen eine Reise nach New York, um die Mitarbeiter- und Nutzerschulungsangebote, Öffentlichkeitsarbeit in öffentlichen und wissenschaftlichen Bibliotheken sowie die Funktionalität und Gestaltung der dortigen OPACs kennen zu lernen. Besondere Beachtung fand bei dieser Reise aber auch die soziale Rolle der Bibliotheken, die in zahlreichen Diskussionen und Einzelgesprächen dargestellt wurde.

Ein deutlicher Schwerpunkt der Arbeit von BI-international lag jedoch in der Vorbereitung und Durchführung der IFLA General Konferenz 2003 in Berlin. Die Einladungen an Stipendiatinnen und Stipendiaten aus Entwicklungsländern, die noch nicht an einer IFLA-Tagung teilgenommen hatten, ist als voller Erfolg zu bezeichnen. Die Organisationsarbeit wäre jedoch durch das ehrenamtliche Gremium nicht leistbar gewesen, ohne die Unterstützung des IFLA 2003 Generalsekretariats, besonders in Gestalt von Frau Courzakis.

Mehr als 600 Bewerbungen wurden gesichtet und daraus 25 Vollstipendiaten aus aller Welt ausgewählt. Die Organisation der Flüge und Aufenthalte war extrem aufwendig, da zahlreiche Hindernisse wie komplizierte Flugrouten, Visabestimmungen u.ä. zu beachten waren. Zusätzlich wurden Kolleginnen und Kollegen aus osteuropäischen Nachbarländern zur Konferenz eingeladen. Ihnen wurde allerdings nur der Tagungsbeitrag finanziert, was jedoch einigen erst die Teilnahme ermöglichte.

Die Reaktionen und nachfolgenden Berichte zeigen deutlich, wie wichtig derartige Fördermöglichkeiten für viele Länder sind. Das Antragsaufkommen für 2004 spiegelt auch deutlich eine Zunahme von Anträgen für 2004 aus Ländern, die durch die IFLA 2003 auf bei uns bestehende Fördermöglichkeiten aufmerksam geworden sind.

Neben der IFLA-Tagung wurden für deutsche Kolleginnen und Kollegen auch weitere Teilnahmen an internationalen Konferenzen in aller Welt finanziell unterstützt, so zur AIBM-Tagung nach Tallinn, zur Liber-Tagung nach Rom, zu einem IFLA-Roundtable und einem internationalen Seminar nach Bournemouth.

Unterstützt wurden ebenfalls zwei litauische Studentinnen bei der Realisierung eines Praktikums in der Phantastischen Bibliothek in Wetzlar.

Die Erfahrungen der Kolleginnen und Kollegen sind auf der Homepage von BI-international unter der URL www.bi-international.de hinter dem Button Berichte nachzulesen.

Auch das Internationale Bibliotheksstipendium in Kooperation mit der Bertelsmann Stiftung konnte in 2003 erfolgreich fortgeführt werden. Der erste Zyklus wurde erfolgreich abgeschlossen. Alle Stipendiatinnen haben äußerst Erfolg versprechende Ergebnisse inzwischen vorgelegt und die Nachfrage nach schriftlichen Berichten oder auch ihre Präsenz auf Tagungen und Workshops europaweit zeigen, dass die richtigen Themen ausgewählt worden sind.

Und auch für den zweiten Zyklus wurden Auswahlgespräche geführt und die ausgewählten drei Bibliothekarinnen und ein Bibliothekar zu Best practice-Recherchen ins Ausland geschickt. Inzwischen läuft die Implementierungsphase und erste Berichte wurden auf dem Bibliothekskongress in Leipzig präsentiert.

Die Vorsitzende arbeitete auch in diesem Jahr weiter im British-German Think Tank des British Council mit. Die Treffen fanden anlässlich der IFLA in Berlin und im Dezember in München statt.

Der Think Tank verfügt über einen Internetauftritt unter der URL http://www.britishcouncil.de/d/infoexch/thinktank.htm

Im September folgte die Vorsitzende einer Einladung des British Council zur TISA 3 Konferenz in Paris als Berichterstatterin für Deutschland. Der ausführliche Bericht ist auf der Homepage des British Council und in BuB Heft 2,2004 nachlesbar.

Durch das Auswärtige Amt wurde BI-international wieder aufgefordert, Protokollformulierungsvorschläge für Kulturkonsultationen zum Bereich Literatur und Bibliotheken zu erstellen.

Im Herbst endete die erste dreijährige Amtszeit der Mitglieder von BI-international. Bis zur endgültigen Aufgabenklärung zwischen Kompetenznetzwerk und BI-international wurden die bisher nominierten Mitglieder von ihren Verbänden weiter berufen.

Durch die Auswirkungen von IFLA 2003 und einer weiteren Etablierung von Bibliothek & Information International im Feld der internationalen Bibliothekarbeit hat sich der zeitliche Aufwand zur Bearbeitung von allgemeinen Anfragen, den Förderanträgen und Finanzierungsanträgen gegenüber dem Vorjahr wiederum erheblich gesteigert.

Die derzeitigen Mitglieder von BI-international sind:

Dr. Rafael Ball, Jülich für den VDB
K.-P. Böttger, Mülheim für den BIB
Dr. H. Fuchs, Göttingen für den VDB
H. Grube, Reutlingen für die ekz
U. Lang, Hamburg für BIB
Dr. H. Neißer, Köln für DGI
S. Reddel-Heymann, München für GIIN
B. Schleihagen, Berlin für DBV
Dr. R. Schmolling, Bremen für DBV
Dr. U. Welscher, Gütersloh für Bertelsmann Stiftung


Zur Autorin

Ulrike Lang ist Vorsitzende von BI-international

Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg
Von Melle Park 3
D-20146 Hamburg
E-Mail: lang@bi-international.de