UMTSGPRSWLANGSM oder:
Was macht ein Bibliotheksausstatter auf der CeBIT?

Bericht von der CeBIT 2004, 18.-24. März, Hannover

von Vera Münch

Foto: Vera Münch 
Das Geheimnis aus 15 Buchstaben ist der Deckmantel für das weiterhin uneingelöste Versprechen des Wirtschaftswunders, das der Mobilfunkstandard UMTS der Informations- und Kommunikationsbranche laut eigener Ankündigung bringen sollte. Und er ist Ersatz für bahnbrechende Innovationen, denn damit konnte die CeBIT 2004 nicht aufwarten. Computer, Software und Netze sind alltäglich geworden. Jetzt geht es darum, sie vernünftig, menschengerecht, kontrollierbar, sicher und gewinnbringend anzuwenden.

Der Weg ist zwar noch weit und holprig, aber die Themen sind erkannt, die meisten davon angepackt und viele auch schon gelöst. Die CeBIT 2004 präsentierte sich in einem Geschäftsklima, das den 510.000 Besucherinnen und Besuchern den Eindruck deutlich gestiegener Professionalität und Kompetenz vermittelte. Die über Jahre durch ihren hohen Anteil an Unterhaltungselektronik schrill und schillernd auftretende Informations- und Kommunikationstechnologiebranche (ITK) hat sich zu einem seriösen Wirtschaftszweig gemausert. Sie verspricht keine Utopien mehr, die sich wenig später als Sprechblasen entpuppen, sondern kümmert sich darum, den Kunden Lösungen für ihre ITK-Aufgaben anzubieten. Den 6411 Aussteller der CeBIT 2004 nahm man durchgängig ab, dass es ihnen nicht um Showeffekte, sondern um solide Produkte und echte Problemlösungen ging. Als Grundlage dafür bemühen sich alle gemeinsam, die Kommunikationswege und digitalisierten Arbeitsabläufe durch die Festlegung allgemein anerkannter, technischer Standards durchgängig zu gestalten und Insellösungen zu benutzerfreundlichen, vielseitig kompatiblen Werkzeugen weiterzuentwickeln. Nicht ganz einfach in einem Wettbewerbsmarkt, der klare Unterscheidungsmerkmale verlangt. Doch die Wiederentdeckung der Verbraucherwünsche als Messlatte für die Marktfähigkeit von Produkten hat die Hersteller umdenken lassen. Die neuen Maschinen und Geräte zur Unterstützung des täglichen Lebens und der Arbeit sind hochkomplex in ihrer Funktionalität, aber doch schon relativ einfach zu benutzen. Die Technik bietet dafür immer bessere Möglichkeiten und was die Entwicklerinnen und Entwickler daraus machen, ist beeindruckend. Mit den Mobiltelefonen der jüngsten Generation kann man fotografieren, Musik hören, Filme drehen, Videospiele spielen, sie als Navigationssystem benutzen oder sogar als Herzfrequenzmesser einsetzen. Speicher-Chips und Kameraeinheiten sind so winzig geworden, dass ein solches Wundergerät ganz locker in die Brusttasche passt.

Beschränkungen im Cyberluftraum

Nur UMTS - den Mobilfunkstandard Universal Mobile Telecommunications Systems - beherrschen die Mobiltelefone immer noch nicht. So waren die ersten vier Stellen des Geheimcodes von T-Online, der die Überschrift dieses Berichtes bildet, nur dem öffentlichen Start des UMTS-Netzes pünktlich zur CeBIT gewidmet - nicht aber seiner Massennutzung. Hurra Hurra. UMTS liegt jetzt also in der Frühlingsluft. Hinein kommt man in den Cyberluftraum allerdings nur per Mobilcomputer. Die Telekommunikationsunternehmen bieten dafür ab sofort UMTS-Erweiterungskarten an. Laut Pressemitteilung erlauben diese "den Zugriff auf das Internet mit bis zu sechsfacher Geschwindigkeit eines ISDN-Kanals". An Orten, an denen UMTS noch nicht verfügbar sei, würden die Karten den eingeführten Mobilfunkstandard GPRS (General Packet Radio Service) verwenden. Womit die Buchstaben fünf bis acht der Titelzeile entschlüsselt wären. Parallel zur UMTS-Einführung haben mehrere große Netzbetreiber angekündigt, deutschlandweit die Anzahl von öffentlich verfügbaren, lokalen Funknetzen, genannt WLAN (Wireless Local Area Network) weiter zu erhöhen. WLAN ist die Basistechnologie der so genannten Hotspots, jener Orte, an denen man sich über Funk mit dem Mobilcomputer sehr schnell ins Internet einklinken kann. Hotspots gibt es heute schon auf vielen Bahnhöfen, Flughäfen, auf Universitäts- und Messegelände und anderen Treffpunkten vieler Menschen. Die Mobilfunkbetreiber deklarieren WLAN als Ergänzung zu UMTS. WLAN würde zwar eine deutlich höhere Datenübertragungsrate liefern. Diese Funknetze könne man aber nur lokal eingeschränkt einrichtigen. Außerdem sei die maximale Nutzerzahl pro Basisstation bei UMTS höher.

Und weil wir gerade beim Entzaubern des Branchenjargons sind: GSM zu guter Letzt heißt Global System for Mobile Communications und ist auch nichts anderes als ein digitales Funktelefonnetz. Aus Verbrauchersicht also eine weitere Straße für den Mobilfunk; in diesem Fall eine seit Jahren fertiggestellte und weltweit benutzte. Mal ehrlich: Interessieren Sie sich eigentlich so intensiv für Straßenbau?

Der Computer in der Steckdose

Weil es auf der CeBIT 2004 wenig echte Innovationen gab, musste wenigstens eine hübsche Vision her: Man fand sie im Computer aus der Steckdose. Oder besser gesagt, im Computer in der Steckdose. Denn dort hinein will man, geht es nach den Vorstellungen der Branchenvorreiter und Fachverbände, die Probleme verbannen, die heute gang und gäbe sind: inkompatible Softwareversionen, nicht verfügbare Anwendungsprogramme, Sicherheitsfragen, Softwarewartung, Pflegeaufwand usw. usf. Die Zauberformeln zum Computer in der Steckdose heißen Services on Demand und GRID. In deutsch: Dienstleistungen nach Bedarf auf der technologischen Basis eines Netzwerkes aus räumlich verteilter Rechenleistung. Grid ist das englische Wort für Netz und man will damit ausdrücken, dass irgendwann ein Gitter aus miteinander verbundenen Kleinrechnern, die räumlich weit voneinander entfernt sein können, einen virtuellen Supercomputer ergeben wird bzw. ergeben soll.

Das (weltumspannende?) Gitter soll das Internet und seine Derivate zum riesigen Einkaufsladen machen, in dem Software und Rechenleistung von verschiedenen Anbietern rund um die Uhr auf Servicerechnern bereitstehen. Der Benutzer wählt sich mit TV-PC-Alleskönner-Endgeräten, die mit Webbrowser, Kamera, Eingabemikrofon, Lautsprecher, Fernbedienung oder gar virtueller Tastatur aus dem Laserbeamer ausgestattet sind (letzter Schrei der CeBIT 2004) ins Netz ein. Nun kann er surfen, schreiben, rechnen, spielen, zeichnen oder mit einem oder mehreren Partnern sprechen, ohne dass auch nur eines der genutzten Anwendungsprogramme auf seinem eigenen Computer installiert ist.

Hinter der TV-PC-Sprachübertragung der Multifunktionsgeräte steckt übrigens ein weiteres vieldiskutiertes Technikthema der CeBIT 2004: Die Internettelefonie, in der Fachsprache Voice over Internet Protocol (VoIP, Voice over IP). VoIP erlebt in den USA einen explosionsartigen Anstieg. In Deutschland schätzen Experten den Nutzen für Endverbraucher noch nicht so hoch ein, da die Preise für Ferngespräche über herkömmliche Telefonleitungen hierzulande seit Jahren sinken, während sie in den USA stark gestiegen sind. Aber für Unternehmen ist das Telefonieren übers Internet hochinteressant. Es macht die Verwaltung von Telefonanschlüssen deutlich einfacher und rationalisiert so den Organisationsaufwand.

Digital Lifestyle zum Testfühlen

Foto: Deutsche Messe AG, Seewald-Hagen, Hannover 
James Bond lässt grüßen: USB-Stick mit eingebauter Kamera

Und was wird das nun? Der Wirklichkeit gewordene Wunschtraum des geplagten PC-Nutzer, die sich seit Jahren mit Softwareeinkauf, Versionspflege, Wartung und Inkompatibilität der Technik bis hin zur x-ten Steckerausführung an der Hardware herumschlagen muss?. Oder zeigt die Vision nicht gleichzeitig die Horrorvorstellung des gläsernen Menschen, dessen Handeln und Tun permanent protokolliert wird, weil man das für die Abrechnung braucht? Ein weites Feld für Datenschützer, das von verschiedenen Verbänden und Organisationen auf nationaler und europäischer Ebene beackert wird. Lösungen sind aber noch nicht in Sicht. Nur was den betrieblichen Einsatz von Computeranwendungen betrifft, waren Datenschutz- und Sicherheitsfragen ein Thema der diesjährigen CeBIT. Nun ja. Der Computer in der Steckdose muss ja schließlich auch erst noch kommen.

Auch dazu, was man mit der gewonnenen Freizeit anfängt, wenn die Computertechnologie alles effizienter macht und für den Menschen immer weniger Arbeit zu tun bleibt, präsentierten die CeBIT-Aussteller zahlreiche Ideen. Unter dem Stichwort "Vernetztes Wohnzimmer" - auf der Messe trendy abgewandelt zu "Digital Lifestyle"- wurden eine ganze Reihe neuer Produkte vorgestellt, die sich untereinander oder mit dem PC vernetzen lassen: DVD-Player, DVD-Rekorder und Settop-Boxen, die neben den gängigen DVD-Formaten auch Video-Formate aus der PC-Welt verstehen, können über Kabel, WLAN oder LAN mit dem Computer im Arbeitszimmer verbunden werden. Dann kann man Bilder, Filme und Musikstücke vom PC, der im Büro steht, per Knopfdruck auf die Fernbedienung im Wohnzimmer abspielen. So kam es denn, dass auf der CeBIT 2004 viele Messestände mit kuschelige Sofas und Fernsehsessel zum Verweilen einluden, was zunächst irgendwie stutzig machte. Es waren nachgebaute Wohnzimmer zum Testfühlen, wie es denn sein wird, wenn Unterhaltungselektronik und Arbeitswelt in einem allgegenwärtigen Netz verschmelzen, dass es erlaubt, jede geistige Arbeit immer und überall dort zu erledigen, wo man gerade ist. Wenn man es denn will - und dann auch noch bezahlen kann.

Bibliotheksanbieter auf der CeBIT

Internet-Anlaufstellen zum Bericht
www.cebit.de
www.lib-it.de
www.proservgmbh.de
www.smadocument.de (ProServ Vertriebspartner)
www.zeutschel.de
www.e-staude.com
www.imageware.de
www.planet.de
www.i2s-bookscanner.com
www.heutz.de
Was machen nun Bibliotheksanbieter auf so einer Messe? Ausstellen, klar. Aber warum? "Wir müssen da sein, weil viele Fachbesucher kommen, die noch gar nicht mit der Umstellung auf digital begonnen haben und sich informieren wollen", erklärte Klaus Uhrig vom Vertrieb der ProSerV Datentechnik aus Karben bei Frankfurt. Kollege Ralph Fuchs vom Vertriebspartner SMA unterstützt ihn: "Wir haben jedes Jahr neue Kontakte".

Vor allem aber sind sie wegen der Internationalität der Messe und ihrer Besucher auf der CeBIT. Darin waren sich alle sechs Bibliotheksanbieter einig, die in Halle 1 ihre neuesten Geräte zum Mikroverfilmen und Digitalisieren vorstellten. Mehr waren es nicht, lässt man die Anbieter für Dokumentenmanagement und Arbeitsflussorganisation weg, die sowohl in Halle 1, als auch versprengt in den anderen 24 Hallen auf dem riesigen Messegelände ausstellten. Sie gehören ja auch mehr zur Kategorie IT-Systemhäuser. Als solches präsentierte sich auch die LIB-IT GmbH in Halle 3. LIB-IT ist in der Bibliotheksbranche durch die Bibliotheksmanagementsoftware Libero bekannt. Auf der CeBIT wurde vor allem das neue webbasiertes Enterprise Information Management System (EIMS) vorgestellt.

Auch für Ralf Jordan, Key Account Manager der Planet intelligent systems GmbH, ist die Internationalität der Messe ein wichtiger Faktor: "Wir sind hier, um uns Auslandsmärkte zu erschließen". Planet ist ein junger Anbieter im Bibliotheksmarkt mit Sitz in Raben Steinfeld nahe Schwerin und in Eldorado Hills, USA. Nach eigenen Angaben ist Planet technologisch der führender Anbieter auf dem Markt für Produkte und Lösungen der intelligenten Bild- und Schrifterkennung. In den Mikrofilm-Scannern, Rollfilmlesern und Videofilmauswertungsanlagen (für Radarfilme der Polizei) arbeitet Künstliche Intelligenz (KI). Laut Prospekt können PLANET-Systeme "bestimmte Erkennungsaufgaben ähnlich intelligent wie eine Mensch lösen". Planet stellte auf der CeBIT 2004 zum ersten Mal in eigener Regie aus. Die Vertriebspartnerschaft, die zuvor mit der mit der Zeutschel GmbH bestanden hatte, wurde vor der Messe offiziell beendet. Zeutschel hat sich für eine neue Partnerschaft entschieden: Erstmals präsentierte sich das Tübinger Unternehmen in Hannover als Exklusivhändler für die auf dem amerikanischen Markt führenden Mekel-Scansysteme. Zeutschel ergänzt mit den Mikrofilm- und Mikrofiche-Scannern der Amerikaner sein eigenes Produktprogramm.

Foto: Deutsche Messe AG, Seewald-Hagen, Hannover 
Das Kino für die Jackentasche: Mobiles Abspielgerät im Miniaturformat 
ImageWare trat diesmal nicht unter eigenem Namen auf, obwohl mit Achim Pfriender dann doch ein Mitarbeiter von Imageware am Image Access Point auf dem Agfa Stand Messedienst tat. Er präsentierte dort einen Bookeye-Scanner sowie das webbasierte Dokumentenliefersystem Medea3 von ImageWare. "Die CeBIT ist wichtig für internationale Kontakte. Aber für den Kontakt zu unseren Kunden in Deutschland sind die Bibliothekarskongresse viel interessanter", erklärte Pfriender. Er sei vor allem auch vor Ort, um Gespräche mit potentiellen Wiederverkäufern auf internationalen Märkten zu führen. Damit nannte er den zweiten wichtigen Grund, warum die Bibliotheksanbieter nach wie vor auf der CeBIT ausstellen. Sie nutzen die Zeit, sich untereinander zu treffen, neue Geschäftsverbindungen anzubahnen und nach potentiellen Vertriebspartnern und Wiederverkäufern Ausschau zu halten.

Mit seinem Auftritt auf der CeBIT 2004 befand der französische Hersteller i2S Land of Vison aus Pessac Cedex bereits auf einem dieser begehrten Auslandsmärkte. i2S zeigte dort Farb- und Graustufenscanner bis hin zum AO Format sowie die Software Book Restorer für die "Darstellung, Organisation, Restaurierung und die Publikation von digitalisierten (gescannten) Büchern". Die Franzosen, so war zu erfahren, wollen sich den deutschen Markt besser erschließen.

Bibliothekstechnik auf der CeBIT

"Der Trend geht zu digital. Aber das analoge wird noch lange nicht tot sein", ist Tobias Beck von Zeutschel überzeugt. Es käme immer darauf an, was man machen wolle. Zum Archivieren eigneten sich Mikrofilme nach wie vor am besten. Für den schnellen Zugriff und die Verfügbarkeit der Information über Netze sei Digitalisierung gefragt. Zeutschel bietet deshalb, wie die meisten Mitbewerber auch, Lösungen für beides an. Im Hybrid-Kamerasystem OK 300 Hybrid color ist das Ganze auch noch kombiniert. Vorlagen können damit gleichzeitig gescannt und mikroverfilmt (16 und 35 mm Filme) werden. Außerdem lassen sich neben Schwarz/Weiß auch Graustufen und Farben digitalisieren. Zum digitalen Auslesen der Mikrofilmen bietet Zeutschel wie schon erwähnt jetzt Mekel-Scansysteme an. Beim Mikrofiche-Scanner OM 1100 handelt es sich nach Herstellerangaben um das weltweit meistverkaufte Gerät. Er arbeitet unter anderem mit einem automatischen Mikrofiche-Ladesystem, wodurch das Wechseln von einzelnen Kassetten entfällt. Der Mikro-Rollfilm-Scanner OM 1200 zum Lesen von 16 und 35 Millimeter-Rollfilmen kann mit einer Scangeschwindigkeit von bis zu 150 Seiten pro Minute aufwarten. Der Preis für die Mekel-Scansysteme liegt zwischen 33.500 Euro für schwarz/weiß und 57.500 Euro für ein Farb-Komplettsystem. Graustufensysteme sind für 44.500 Euro zu haben. Als ein Highlight der CeBIT 2004 bezeichnete Zeutschel außerdem seine neue, modular aufgebaute Omniscan Software OS11 mit vielfältige Funktionen zur Steuerung und Bildbearbeitung, u.a. auftragsbezogene Jobverwaltung, Herstellung von Bildminiaturen (Thumbnails) und Multimasking-Funktionen. Letztere erlauben dem Anwender, beliebig viele Ausschnitte aus einem Bild zu wählen und in einem Arbeitsgang zu scannen. Den zweiten Hingucker am Stand lieferte der nagelneue Hochleistungs-Farbscanner Onmiscan 10000 (A0). Er verarbeitet Vorlagen bis zum Format DIN A0.

Der Mikrofilm hat noch eine lange Zukunft

Thomas Ritter, Kundenbetreuer im technischen Service von Staude digitale analoge Archivierung, Wölfersheim, geht noch einen Schritt weiter als Beck: "Der Trend geht zur Langzeitarchivierung auf Mikrofilm. Man hat klar erkannt, dass man Mikrofilme auch noch in hundert Jahren wird lesen können, was man von den digitalen Medien derzeit nicht erwarten kann". Staude zeigte nach Meinung von Ritter mit codufidex mudis das "einzig wirklich echte Hybridsystem" auf der CeBIT 2004. codufidex mudis erlaubt die freie Wahl zwischen scannen, gleichzeitig scannen und verfilmen oder nur verfilmen. Das mikroprozessorgesteuerte Hybrid-System verfilmt und entwickelt in wenigen Minuten im Durchlaufverfahren einen Mikroplanfilm (Mikrofiche) im Simplex- oder Duplexmodus. Gleichzeitig - das heißt, wirklich im selben Arbeitsgang - wird das digitale Image erzeugt. Das gibt laut Ritter die Sicherheit, dass das Original immer das Original bleibt und als solches zu erkennen sei. Die Digitaldaten können dann zur weiteren Informationsverarbeitung an unterschiedliche Netzwerke übergeben werden. Staude ist traditionell stark im Industriekundengeschäft (Chemiekonzerne, Banken, Versicherungen). Aus dieser Erfahrung heraus kümmert sich der Anbieter auch um die Anbindung seiner Geräte an Systeme zur Organisation des digitalen Arbeitsflusses (Workflow- und Dokumentenmanagementsysteme) wie zum Beispiel FileNet- oder SAP-Lösungen.

Auf Scansysteme, an denen man bei normalem Tageslicht ohne zusätzliche Beleuchtung arbeiten kann, legte die ProServ Datentechnik den Ausstellungsschwerpunkt. Laut Herstellerangabe können die Geräte ebenfalls in einem Arbeitsschritt scannen und verfilmen. Als zweite Neuentwicklung präsentierte das Systemhaus für Speziallösungen im Bereich Scannen und Archivieren den Mikrofilmkopf PS 2002. Er arbeitet mit Bildfeldprojektion, das bedeutet, er nimmt nur den ausgeleuchteten Bereich auf. Die Lichtbelastung wird geringer und Filmmaterial gespart. Auch ProServ hält den Mikrofilm für die derzeit beste Lösung zur Langzeitarchivierung. Man ist überzeugt, dass "derzeit kein digitales Speichermedium auch nur annährend diese Haltbarkeitsdauer erreichen wird".

Hybridsysteme und schnelle Rollfilm-Digitalisierer

Aus der einhelligen Meinung der Profis lässt sich ableiten, dass die Zukunft hybrid ist, also digital und analog in friedlicher Koexistenz nebeneinander, je nachdem, für welchen Zweck man die Informationen aufbereitet. Das dürfte den Hybrid-Systemen zu einem Aufschwung verhelfen und den Markt für schnelle Rollfilm-Digitalisierer öffnen. Planet zeigte in Hannover, was man hier zur Zeit erwarten darf. Der Mikrofilm-Scanner µScan digitalisiert 30 Meter Rollfilm mit 600 - 700 Grauwert-Bildern in circa 20 Minuten. Wenn das erste Vorschaubild eingestellt ist, kann man den Highspeed-Scan ohne Aufsicht durchlaufen lassen. Ist der Film zu Ende ist, stoppt das Gerät automatisch. Tritt ein Fehler auf, alarmiert es den Bediener akustisch. Das Profi-Tool unterstützt den Benutzer außerdem durch eine Speichermöglichkeit für Job-Profile, so das einmal eingerichtete Einstellung auf Knopfdruck aktiviert werden können. Eine bequeme Funktionalität, die aber auch schon von den meisten anderen Herstellern bereitgestellt wird.

RFID? - Lieber gehe ich nackt!

Bis in die Tagesthemen schafften es die neuen, auf Transponder-Funktechnologie basierenden Barcode-Identifizierungssysteme, die unter dem Kürzel RFID zur Zeit allerorts diskutiert werden. Die Techniker und die Logistiker sehen darin die neue Wunderwaffe für einen hocheffizienten Warenfluss und Transport. Die Gegnern befürchten die endgültige Totalüberwachung des Menschen. RFID heißt Radio Frequenz Identifikation. Das Kürzel steht für ein neues Verfahren zur Barcode-Markierung von Waren aller Art. Durch einen Chip werden die Waren berührungslos sozusagen im Vorbeigehen erkannt. Die eigentliche Sensation aber ist das Codierungssystem. Es erlaubt eine unverwechselbare Erkennung jedes einzelnen gekennzeichneten Stückes - also jedes Paketes, aber auch jedes einzelnen Hemdes und jeder einzelnen Milchtüte. Ähnlich wie bei der Domainvergabe im Internet mit ihren individuellen URLs sollen die Herstellerbezeichnungen (Teil des Codes) zentral vergeben und in einer Riesendatenbank gespeichert werden. Anhand des RFID-Codes kann dann der Ursprung einer Ware auch nach Jahren noch zweifelsfrei festgestellt werden. Dr. Hans-Peter Schüler, Redakteur der Computerfachzeitschrift c’t und Spezialist für RFID berichtete auf der CeBIT, dass ein großer amerikanischer Bekleidungshersteller Unterwäsche einer bestimmten Marke mit verdeckt eingenähten RFID-Labels auf den Markt bringen wollte; als Test, und auch, um festzustellen, ob sich damit ein neuer Lifestyle-Trend etablieren ließe. Das totale Gegenteil sei der Fall gewesen. Mit einer riesigen Anzeigenkampagne unter dem Slogan "I’d rather go naked" (lieber gehe ich nackt) hätten sich amerikanische Verbraucherschutzorganisationen so massiv gewehrt, dass der Hersteller seine Pläne fallen ließ. Nichts desto trotz sei die Technologie für viele sehr unterschiedliche Einsatzgebiete hochinteressant. Derzeit seien sie noch zu teuer, weil die Chips noch nicht im Druckverfahren hergestellt werden könnten. Daran werde aber fieberhaft entwickelt.

Die Technologie selbst ist nichts Sensationelles. Das Verfahren und die Hardware gibt es zur Diebstahlsicherung schon seit zehn Jahren. RFID arbeitet mit passiven oder aktiven Chips. Aktive Chips sind mit einem eigenen Sender versehen und brauchen Energie - noch zu viel für den Masseneinsatz.. Die passiven Chips werden von einem RFID-Lesegerät (Besucherschleuse, Kassensystem, Selbstverbucher o.ä.) angesprochen und abgefragt. Dabei liefert der Sender des Abfragegerätes dem passiven Chip gleichzeitig mit der Abfrage die die Energie zum Antworten. Was RFID jetzt so ins Blickfeld der Öffentlichkeit hat rücken lassen, sind vor allem die Marktprognosen. Da wird von einer Billion Chips gesprochen, die bis zum Jahr 2020 pro Hersteller verkauft werden könnten. Und natürlich hat auch die - Verbraucherschutzdiskussion das Thema hochkochen lassen.

Für Bibliotheken sind RFID-Chips derzeit kein Thema. Oder zumindest kein wichtiges, sagt Walter Heutz. Der Hersteller und Anbieter von Selbstverbuchungssystemen für Bibliotheken stellte nicht auf der CeBIT, sondern in Leipzig aus, wo die Deutschen Gesellschaft für Informationswirtschaft und Informationspraxis (DGI e.V.) und die Bundesvereinigung Deutscher Bibliotheksverbände (BVB) der Leipziger Buchmesse einen Kongress mit Ausstellung vorgeschaltet hatte, der sich terminlich mit der CeBIT überschnitt. Auf der Fachausstellung in Leipzig traf man alle Bibliotheksanbieter von der CeBIT wieder - und auch die, die nicht in Hannover waren, zum Beispiel ImageWare.

Aber zurück zu RFID und warum es für Bibliotheken nicht so wichtig ist. Ein Punkt ist sicherlich die Belastung durch Funkstrahlen und Magnetfelder, die bei dieser Technologie gegeben ist. Walter Heutz macht auf weitere Punkte aufmerksam: "Buchsicherung, wie sie mit heutigen Medienetiketten schon machbar ist, geht nicht mehr". Ein Stück Alupapier reiche zur Abdeckung des Chips aus. Für Spezialbibliotheken, so Heutz, in denen die Benutzer ihre Bücher selbst aus den Regalen holen, könne die Technologie in Kombination mit intelligenten Aufbewahrungssystemen interessant sein. Für alle anderen aber sehe er wenig Vorteile. Heutz hat zur Beratung seiner Kunden Kontakt- und Distanzverbuchungssystemen gegenübergestellt und Vorteile und Nachteile bei der täglichen Arbeit analysiert. Übrigens: Die Selbstverbuchungsanlagen, die er anbietet, können nach seiner Aussage RFID-Medienetiketten lesen. Es hat nur keine Vorteile gegenüber den normalen Etiketten.

 


Zur Autorin

Vera Münch ist freie Journalistin und PR-Beraterin

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