Bertelsmann Stiftung: Ergebnisse einer infas-Umfrage zur Nutzung Öffentlicher Bibliotheken

Jeder fünfte Deutsche kennt seine Stadtbibliothek nicht, und nur knapp 30 Prozent der Bevölkerung sind aktuelle Kunden. Das zeigt eine repräsentative infas-Umfrage, die im Frühjahr 2004 im Auftrag der Bertelsmann Stiftung unter 2500 Bürgern durchgeführt wurde. Fast jeder Dritte, der seine Bibliothek am Ort kennt, hat sie noch nie besucht. Für ebenso viele Nutzer liegt der Besuch länger als zwei Jahre zurück. Die Ergebnisse gelten im Wesentlichen für kleine und große Kommunen.

Die Mehrheit der Bibliotheksbesucher zählt zu den seltenen oder gelegentlichen Nutzern. Nur zehn Prozent sind treue Kunden, die die Bücherei mindestens wöchentlich besuchen; knapp 40 Prozent kommen im monatlichen Rhythmus. Die Befragung der Bertelsmann Stiftung zeigt, dass in Bibliotheken ein starker Bedarf an Sachliteratur besteht: 57 Prozent der Besucher entleihen Fachbücher. An zweiter und dritter Stelle der Ausleihen liegen Romane mit 47 und Kinderbücher mit 36 Prozent. Neue Medien werden immer öfter nachgefragt - inzwischen entleiht jeder achte Kunde DVDs. Allerdings wird gerade dieses Angebot von etwa jedem zweiten Kunden als verbesserungswürdig bewertet. Gute Noten geben die aktiven Bibliotheksbesucher der Erreichbarkeit, den Räumlichkeiten und der Kompetenz der Mitarbeiterinnen.

Diejenigen Nicht-Nutzer, die grundsätzliches Interesse an einem Bibliotheksbesuch haben, wurden nach den ausschlaggebenden Faktoren gefragt: Weder Nutzungsgebühren noch unattraktive Räumlichkeiten haben sie bisher von ihrer Bibliothek fern gehalten, sondern die Befragten wünschen sich vor allem aktuellere Sachliteratur (74 Prozent), neue Medien (70 Prozent), und erweiterte Öffnungszeiten (67 Prozent). "Dies zeigt, wie schnell der Weg in die Abwärtsspirale führen kann", sagt Petra Klug, Projektleiterin bei der Bertelsmann Stiftung, und warnt vor folgendem Szenarium: Werden Medienetat und Personalressourcen aufgrund knapper kommunaler Mittel gekürzt, können Bibliotheken ihr Angebot nicht aktuell und attraktiv gestalten und ihren Bildungsauftrag nicht erfüllen. Erfolgreiche Kooperationen, beispielsweise mit Schulen zur Leseförderung, können zunehmend schwieriger weiter geführt werden und immer weniger Bürger nutzen die Bibliotheken. Sinkende Nutzerzahlen müssen unter Umständen als Argument für die nachlassende Bedeutung der Einrichtung und für damit verbundene weitere Kürzungen der Mittel herhalten. "Bibliotheken brauchen von den Verantwortlichen in Verwaltung und Kommunalpolitik endlich ein klares positives Votum", so Petra Klug, "denn mit innovativen, kundenorientierten Angeboten und ausreichenden Ressourcen können sie als Informationsprofis in jeder Kommune kompetente Partner sein."

Petra Klug, Projektmanagerin
Bertelsmann Stiftung
E-Mail: petra.klug@bertelsmann.de