Elektronisches Publizieren an wissenschaftlichen
Bibliotheken in Österreich


Abstracts

1. Einleitung
2. e-Medien, ihre Archivierung und Wiederauffindung
3. Schlussbetrachtung


von Sigrid Reinitzer

1. Einleitung

Universitätsbibliotheken haben die Aufgabe Medien, zu erwerben, zu bewahren und den BenützerInnen von heute und morgen bereitzustellen. Die Form der Medien wird immer vielfältiger und schwieriger in der Aufbewahrung und insbesondere in der Bereitstellung. Heute haben wissenschaftliche Bibliotheken Bücher, Zeitschriften und Zeitungen in gedruckter Form den Studierenden, Forschenden und Lehrenden und in Österreich seit Maria Theresia auch allen Bürgern des Landes anzubieten, einschließlich der evtl. vorhandenen Altbuchbestände. Im vorigen Jahrhundert kamen zum ersten Mal auch Medien in die Bibliothek, die nicht mehr mit freiem Auge genützt werden konnten, sondern Abspielgeräte benötigten. Dazu gehören Mikrofiches und Mikrofilme, die sich für die langfristige Aufbewahrung von Zeitungen sehr gut bewährt haben. Außerdem kamen audiovisuelle Medien wie Filme, Kassetten, Platten und CD-ROMs (Compact-Discs-Read-Only Memory) in die Bibliotheken. Jede Verbesserung der Technologie erforderte das Umspielen von Medien, die für ältere Geräte entwickelt worden waren.

2. e-Medien, ihre Archivierung und Wiederauffindung

2.1 Formen der e-Medien

In den letzten 10 bis15 Jahren sind elektronische Medien hinzugekommen, die ganz neue Fragen der Speicherung, Wiederauffindung und Langzeitarchivierung aufgeworfen haben. Hierbei unterscheiden wir im Wesentlichen vier Formen der elektronischen Medien:

2.2 Organisationen, die sich mit der Bewahrung und Distribution befassen

Weltweit beschäftigen sich Organisationen wie die UNESCO oder Gremien der EU mit den Fragen der Bewahrung des kulturellen Erbes, dem "Memory of the World" und dem "Information For All"-Programm. Das IFAP befasst sich mit der Entwicklung und Umsetzung von Projekten in den Bereichen Information und Kommunikation. Dazu kann für Österreich mitgeteilt werden, dass im Rahmen der 32. Generalkonferenz der UNO-Organisation für Bildung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO) am 13. Oktober 2003 die Wahlen in die Unterorgane der UNESCO stattfanden. Österreich kandidierte im Rahmen dieser Wahl für einen der drei frei werdenden Sitze im Rat des "Information for All"-Programms (IFAP). Der österreichische Kandidat Dietrich Schüller wurde mit der höchsten Stimmenzahl in den IFAP-Rat gewählt. Dr. Schüller ist ein international anerkannter Experte auf dem Gebiet der Erhaltung, Restaurierung und Digitalisierung von Audio- und Videodokumenten, er wurde von der Österreichischen UNESCO-Kommission vorgeschlagen. Am 24. Mai 2004 wurde ergänzend hierzu das österreichische IFAP-Nationalkomitee ebenfalls unter Vorsitz von Dietrich Schüller ins Leben gerufen. Eine der wichtigsten Aufgaben wird die Sicherstellung der Bewahrung der flüchtigen Medien sein. Das kulturelle Erbe kann nur erhalten werden, wenn man sich weltweit verstärkt und gemeinsam um die Langzeitarchivierung bemüht. Nicht alles kann aufbewahrt werden, aber alles Wichtige muss aufbewahrt werden. Besonders schwierig ist hierbei die Definition des "Wichtigen" - für wen ist was wichtig und erhaltenswert und was bedeutet "langfristig"? Hier haben EDV-Fachleute und Historiker Ansichten, die um Jahrhunderte auseinander klaffen.

MINERVA - Ministerial Network for Valorising Activities in digitisation:
http://www.minervaeurope.org/whatis.htm

Die Ministerien der europäischen Mitgliedstaaten besprechen und harmonisieren alle Aktivitäten im Bereich der Digitalisierung von Dokumenten mit kulturell wertvollem und wissenschaftlichem Inhalt. Es soll eine allgemein akzeptierte europäische Plattform entwickelt werden, die Empfehlungen und Richtlinien für die Aufgaben der Digitalisierung, der Metadaten, der Langzeitverfügbarkeit und der Archivierung erarbeitet. Da die Regierungen der Mitgliedstaaten involviert sind, soll auf europäischer Basis sichergestellt werden, dass die nationalen Digitalisierungsprogramme in ein Gesamtkonzept eingebettet sind. Angestrebt werden außerdem Kontakte mit den weiteren europäischen Ländern, mit internationalen Organisationen, Netzwerken, nationalen und internationalen Digitalisierungsprojekten. Grundlage für die weiteren Aufgaben ist der Lund-Aktionsplan, der im Rahmen eines Expertentreffens von DigiCult von IST am 4. April 2001 ausgearbeitet und bis heute bereits in alle europäische Sprachen übersetzt wurde.

http://www.cordis.lu/ist/ka3/digicult/lund_ap_browse.htm
http://www.digital-heritage.at/activities/article.php?l=dt&id=15

In den Grundsätzen dieses Aktionplans von Lund wird betont, dass Kulturinstitutionen (Museen, Bibliotheken, Archive, Galerien, etc.) mit ihren umfangreichen Sammlungen und Beständen eine wesentliche Rolle in der Umsetzung der Aktionslinie "Europäische digitale Inhalte für globale Netzwerke" spielen. Ziel ist es, die Verfügbarkeit von digitalen Inhalten sowohl quantitativ als auch qualitativ massiv anzuheben. Es wurde auf ministerieller Ebene beschlossen, die Digitalisierung kultureller Inhalte in koordinierter und staatenübergreifender Weise voranzutreiben.

In Österreich werden die Aufgaben der Minerva von Salzburg Research wahrgenommen. Die VÖB (Vereinigung Österreichischer Bibliothekarinnen und Bibliothekare) hat gemeinsam mit den VertreterInnen der Archive und Museen Kontakt zu Salzburg Research aufgenommen, um am Sektor der Digitalisierung aktuelle Aufgaben wahrnehmen zu können. Es ist gelungen, dass österreichische VertreterInnen aus dem Bibliothekswesen in die Minerva-Experts Working Group (6) Good Practice and Competence Centers + Cost reduction aufgenommen wurden.

Auch die Bibliotheksorganisationen von LIBER (www.kb.dk/liber) und der IFLA (http://www.ifla.org) haben zum Thema der Langzeitarchivierung Veranstaltungen durchgeführt und Arbeitsprogramme entwickelt.

Weiters bemühen sich die großen Bibliotheksorganisationen wie die ALA (American Library Association), ARL (Association of Research Libraries), ACRL (Association of College & Research Libraries), IFLA (International Federation of Library Associations and Institutions) und LIBER (Ligue des Bibliothèques Européennes de Recherche) mit Hilfe von SPARC (the Scholarly Publishing and Academic Resources Coalition) vor allem in Amerika und Europa ein Gegengewicht zu den kostenintensiven Zeitschriftenverlagen aufzubauen.

http://www.arl.org/sparc
http://www.arl.org/sparc/core/index.asp?page=g36
http://www.sparceurope.org

Motiv für die Gründung von SPARC war, dass die Verlage gedruckte und elektronische Zeitschriften zu immer höheren Preisen herausbringen, obwohl die Zulieferer der Inhalte aus den wissenschaftlichen Einrichtungen kommen, die später diese Zeitschriften über ihre Bibliotheken wieder teuer einkaufen müssen. Im Durchschnitt steigen ja die Zeitschriftenpreise pro Jahr um 10-15%, was ca. das dreifache der durchschnittlichen Jahres-Preissteigerungen ausmacht. Die teuersten Zeitschriften kommen hierbei aus dem STM-Bereich (Science-Technic-Medicine). (s. Periodical price survey; 44th annual report; Lee van Orsdel & Kathleen Born: Closing in on Open Access. In: Library Journal, 15.4.2004, S. 45-50.)

Die IFLA hat ein vielfach beachtetes Internet-Manifest herausgegeben (http://www.ifla.org/III/misc/im-g.htm), in dem die Regierungen aufgefordert werden dafür zu sorgen, dass Bibliotheken den Bürgern des Landes den ungehinderten Internet-Zugang ermöglichen. Die IFLA betont außerdem in ihren Arbeitsprogrammen, dass in allen Ländern das Verständnis für die Langzeitarchivierung elektronischer Ressourcen zu vertiefen ist. http://www.ddb.de/professionell/icabs.htm

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft DFG beschäftigt sich ebenfalls in mehreren Projekten mit der Langzeitarchivierung digitaler Medien:
http://www.bsb-muenchen.de/mdz/lzarch.htm

Ferner werden im Internet zahlreiche Link-Zusammenstellungen angeboten, die sich mit Langzeitarchivierung beschäftigen.
http://www.uni-muenster.de/Forum-Bestandserhaltung/konversion/digi-langdat.shtml

In Österreich haben wir das Programm e-Fit-Austria (http://www.efit.at), das sich zur Aufgabe macht, den optimalen, nachhaltigen und breitenwirksamen Einsatz der modernen Informations- und Kommunikationstechnologien in Bildung, Wissenschaft und Kultur gezielt zu unterstützen und zu fördern. e-Fit-Austria bietet eine sich ständig weiterentwickelnde Plattform für zahlreiche Initiativen und Projekte, die sich mit Zukunftsthemen auseinandersetzen. e-Fit-Austria will auch eine Erleichterung im Bildungszugang schaffen: Der verstärkte Einsatz von Online-Studienangeboten soll es Studierenden und an Weiterbildung Interessierten unabhängig von Zeitpunkt und Ort ermöglichen bzw. erleichtern, ein Studium zu betreiben.

Das bedeutet also, dass vermehrt e-Medien für Studierende und an Weiterbildung Interessierte angeboten werden müssen. Zugleich muss aber auch die Nachhaltigkeit dieser Informationen sichergestellt werden. Zusätzlich muss ein verbessertes Retrievalsystem die Werke für alle BenützerInnen leichter auffindbar machen. Zum verbesserten Retrievalsystem gehört aber auch ein fachspezifisches System für die Schlagwortvergabe und die Systematikgliederung zu verwenden.

2.3 Bestrebungen für die Hochschulen in Österreich und Europa

Für alle Universitäten und Fachhochschulen Österreichs soll festgelegt werden, welche Informationen, die an den jeweiligen Einrichtungen erstellt werden, auch oder nur digital angeboten werden (können): dazu gehören:

  1. Dissertationen und Diplomarbeiten der Studierenden
  2. Publikationen der Lehrenden und Forschenden
  3. Skripten, die für die Lehre erstellt werden (zumeist von Studierenden in Zusammenarbeit mit Lehrenden erarbeitet).

Welche Aktionen oder Vorbereitungen sind hierfür in Österreich bzw. in weiteren europäischen Ländern bereits getroffen worden.

Wichtig ist hierbei eine enge Kooperation zwischen Bibliothek und ZID (Zentraler Informatik-Dienst), die Bereitstellung und Betreuung eines Medienservers und die Bereitstellung von Dokumenten in einem einheitlichen Format (pdf, html oder word). Natürlich kann auch eine zentrale EDV-Organisation, wie die OBV.SG (Österreichische Bibliotheken-Verbund-Service-Ges.m.b.H.) diese Aufgabe landesweit für alle Bibliotheken übernehmen.

2.31 Dissertationen und Diplomarbeiten

An einigen Universitätsbibliotheken sind mit Dissertationen, die in Digitalisate verwandelt wurden, bereits Tests durchgeführt worden. Wichtig war hierbei, dass die elektronischen Dokumente mit den Metadaten der Bibliothek im Aleph-Verbund verknüpft wurden und die Volltexte angeboten werden konnten. Derzeit werden an vielen Bibliotheken zusätzliche Angaben für das Abstract durch die Studierenden selbst eingegeben. Hierfür müssen an allen Bibliotheken die gleichen Eingabemodalitäten angewendet werden. Für Fachgebiete, die international anerkannte Thesauri haben, sollten ergänzend auch diese Fachbegriffe Verwendung finden. Diese Fachtermini müssen genauso suchbar sein wie die deutschsprachigen Begriffe der RSWK. Anbieten würden sich z.B. der INSPEC-Thesaurus für Physik, die Subject-Headings der AMS (American Mathematical Society), ebenso die Thesauri für Erziehungswissenschaften, Psychologie oder Medizin der Amerikanischen Fachgesellschaften.

Derzeit wird die Papierversion der Dissertationen und Diplomarbeiten von der Nationalbibliothek gesammelt. Allerdings besteht keinerlei Regelung für die Abschlussarbeiten aller österreichischen Fachhochschulen. Es wäre zusätzlich vorstellbar, dass die Volltexte aller Dissertationen und Diplomarbeiten in digitaler Form auch auf einem Server der Österreichischen Nationalbibliothek bereitgestellt werden. Die Studierenden verfassen ihre Dissertationen und Diplomarbeiten ohnehin alle in elektronischer Form, allerdings ist derzeit keinerlei Standard hierfür vorgegeben. Die Verknüpfung mit den Metadaten und dem von den Studierenden erstellten Abstract muss durch die Bibliothek erfolgen, ebenso muss eine Volltextsuche angeboten werden. Natürlich sind hierbei die Copyright-Fragen grundsätzlich zu regeln. Eine missbräuchliche Datenübernahme muss durch Kryptologie bestmöglich ausgeschlossen werden.

Eine Kurzumfrage unter den 21 wissenschaftlichen Bibliotheken der österreichischen Universitäten und der Akademie der bildenden Künste in Wien zielte auf folgende Themenschwerpunkte ab:

Kurzantworten sowie auch Leermeldungen waren erbeten.

Alle Bibliotheken beteiligten sich an der Umfrage, doch insgesamt muss festgestellt werden, dass es für die 21 österreichischen wissenschaftlichen Einrichtungen (20 Universitäten und die Akademie der bildenden Künste Wien) zwar mehrfache Bemühungen aber keinerlei gemeinsame Initiative für die Bereitstellung und Bewahrung von Dissertationen und Diplomarbeiten in digitaler Form gibt. Ebenso ungünstig ist die Situation für Fachhochschulen, für diese gilt aber nicht einmal eine Ablieferungspflicht für die dort erstellten Abschlussarbeiten an die Österreichische Nationalbibliothek in gedruckter Form. Die Approbation dieser Arbeiten - sowohl an den Universitäten wie auch an den Fachhochschulen - wird durch qualifizierte Fachleute durchgeführt, es ist also kein eigenes zusätzliches Prüfverfahren / Peer-Reviewing erforderlich. Aber es gibt keine Regelungen, dass Studierende auch verpflichtet sind, ihre Arbeit elektronisch abzugeben und der Online-Publikation auf einem universitären Medienserver zuzustimmen. Hierfür müssten entsprechende gesetzliche Verordnungen erfolgen oder einzelne Universitäten bzw. Fachhochschulen nehmen diese Aspekte in ihre Statuten auf.

Links zum Thema e-Dissertationen / Dokumenten- und Publikationsserver in Deutschland:

Deutsche Initiative für Netzwerkinformation (DINI) - Empfehlungen für elektronisches Publizieren (EPUB) an Hochschulen (Berlin, 10.3.2003): http://www.dini.de/documents/DINI-EPUB-Empfehlungen-2002-03-10.pdf

In dieser Arbeitsgruppe sind Bibliotheken, Medien- und Rechenzentren, sowie die IuK-Initiative der wissenschaftlichen Fachgesellschaften vertreten. Die Wissenschafter an Hochschulen sind sowohl Hersteller als auch Nutzer von Information und daher muss es das zentrale Anliegen der Hochschulen sein, neue Verteilungswege der Information und des Wissens zu finden. In Verbindung mit den Erberbungsrichtlinien der einzelnen Hochschulen ist zu definieren, welche Dokumente auf einen Server der jeweiligen Hochschule gelegt werden, welche Kriterien der weiteren Betreuung angestrebt werden und welche internationalen Standards Verwendung finden. Der beschleunigte Zugang zur Information über das Internet stellt eine deutlich verbesserte Form der wissenschaftlichen Kommunikation dar, allerdings ist es erforderlich, dass sich alle Vertreter der wissenschaftlichen Community der neuen Arbeitsweise anpassen, was aber oftmals durch den steigenden Konkurrenzdruck der wissenschaftlichen Einrichtungen zueinander erschwert wird.

Folgende Punkte sind bei der Errichtung und Betreuung von Dokumentenservern von Bedeutung:

DINI-Zertifikat für Dokumentenserver (Göttingen, 13.11.2003) http://www.dini.de/documents/Zertifikat.pdf

DINI unterstützt alle Entwicklungen, die mit dem Aufbau von Dokumenten- und Publikationsservern an Hochschulen verbunden sind. Diese neue Form des Publizierens ermöglicht eine weltweite Verfügbarkeit von wissenschaftlichen Publikationen und ihre Archivierung. Diese Dokumentenserver müssen untereinander vernetzbar sein und sollen ein Gegengewicht zu den monopolistischen Bestrebungen einzelner Verlage darstellen. Drei wichtige Ziele sollen erreicht werden:

Mit der Vergabe eines Zertifikats ermöglicht DINI eine Qualitätskontrolle für Dokumenten- und Publikationsserver.

DINI-Fragebogen an Anbieter digitaler Dokumente:
http://www.dini.de/fragebogen/tvqval.php4?my_initglobal=digdoc/digdocinitglobal.inc

DINI-Jahrestagung: Rollen, Rechte, Identitäten - Eine Aufgabe des Informationsmanagements (Berlin, 7.u.8.10.2003)
http://appel.rz.hu-berlin.de/Zope/esz/tagungen/programm_dini

Papier des WR - Wissenschaftsrats in Deutschland - "Empfehlungen zur digitalen Informationsversorgung durch Hochschulbibliotheken" (Greifswald, 13.7.2001; 54 Seiten):
http://www.wissenschaftsrat.de/texte/4935-01.pdf

Der Wissenschaftsrat beschäftigt sich in seinem Papier auch mit der Rolle der Hochschulbibliotheken, die auch in Zukunft eine adäquate, zeitlich aktuelle Informationsversorgung zu leisten haben. Bibliotheken bieten auch weiterhin eine wesentliche Voraussetzung für die Sicherung des qualitativen Standards von Forschungsarbeiten und wissenschaftlicher Ausbildung. Mit dem Eintritt in das digitale Publikationszeitalter entwickeln sich neue Verteilungsstrukturen zwischen Autoren, Fachgesellschaften, Fachinformationszentren, Bibliotheken, Verlagen und weiteren Informationsanbietern und -produzenten. Diese neuen Strukturen verursachen einen umfassenden Wandel der Aufgaben der Bibliotheken. Das Berufsbild der BibliothekarInnen muss überdacht und neu definiert werden. Die Hochschulbibliotheken müssen sich vermehrt zu Zentren der Versorgung mit digitalen Informationen und Publikationen entwickeln und die Lehrenden und Lernenden verstärkt in die Nutzung der digitalen Informationen einführen. Festzustellen ist außerdem, dass international (besonders aber in Großbritannien und den USA) digitale Publikationen und Informationssysteme schon intensiv Verwendung finden, vor allem da eine entsprechende Ausstattung der Bibliotheken und eine Schwerpunktsetzung der Universitäten im Bereich der Informationsversorgung stattgefunden hat. Staatliche und private Förderprogramme wurden im großen Umfang eingesetzt und begünstigten damit die Serviceorientierung der Bibliotheken.

Papier der deutschen HRK - Hochschul Rektoren Konferenz (Bonn, 5.11.2002): http://www.hrk.de/de/download/dateien/Empfehlung_Bibliothek.pdf

Informationsmanagement an Hochschulen: Ziele, Wege Beispiele
(Tagung an der Universität Duisburg-Essen, 26.6.2003)
http://www.uni-duisburg.de/HRZ/aktuelles/events/20030626/ppt/

2.32 Publikationen der Lehrenden und Forschenden

Die wissenschaftlichen Publikationen der Lehrenden und Forschenden werden über sehr kompetente Redaktionsteams in Verlagen geprüft. Zeitschriften mit hohen Impactfaktoren nehmen nur Beiträge auf, die Neues im jeweiligen Fachbereich vermitteln oder umfassende Darstellungen eines Themas bringen (Review). Für Beiträge, die nun nicht zu dieser Qualitätskontrolle gelangen, müssen neue Prüfkriterien gefunden werden, individuell an den einzelnen Universitäten und Forschungseinrichtungen oder ein globales System für die verschiedenen Fachgebiete. Es müssen also neue, verlässliche und nachhaltige Strategien für Qualitätskontrolle von Online-Publikationen gefunden werden.

Online Technical Writing: Strategies for Peer-Reviewing and Team-Writing; http://www.io.com/~hcexres/tcm1603/acchtml/team.html

Ergänzend zur Qualitätsprüfung muss auch das Thema der Langzeitarchivierung aufgegriffen werden. Noch gibt es keine Paradelösung, doch mehrfach beschäftigen sich wissenschaftliche Einrichtungen mit diesen Fragen.

In Deutschland ist es das Projekt Nestor - Network of Expertise in longterm STOrage and availibility of digital Resources in Germany (Kompetenznetzwerk Langzeitarchivierung und Langzeitverfügbarmachung digitaler Ressourcen in Deutschland).

http://www.langzeitarchivierung.de

Ziel des Projektes Nestor ist der Aufbau eines Kompetenznetzwerks zur Langzeitarchivierung und Langzeitverfügbarkeit digitaler Quellen für Deutschland in einer dauerhaften Organisationsform sowie die Abstimmung über die Übernahme von Daueraufgaben. Zu den grundlegenden Aufgaben gehören u.a. die Erarbeitung von Kriterien für vertrauenswürdige digitale Archive, Zertifizierungsverfahren für Archivserver, Auswahlverfahren für die Archivierung digitaler Quellen, Grundsätze für die Langzeitarchivierung sowie die Einbindung der Museen und Archive. Konferenzteilnahme, Gremienarbeit und einige Workshops sind geplant. Außerdem wird das Konzept für eine dauerhafte Organisationsform des Netzwerks erarbeitet. Das Kompetenznetzwerk bietet Synergieeffekte durch Nachnutzungsmöglichkeiten und best-practice-Informationen. Zugleich ist es ein Forum, in welchem man sich über Standards und die nachhaltige Übernahme von Daueraufgaben verständigt.

Die Laufzeit des Projekts beträgt drei Jahre (1.6.2003 - 31.5.2006). Nestor gilt als bereichsübergreifende kooperative Initiative, die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung getragen wird.

Langzeitarchivierung im digitalen Kontext bedeutet für die Bestandserhaltung digitaler Ressourcen die verantwortungsbewusste Entwicklung von Strategien, die den ständigen Wandel, der vom Informationsmarkt verursacht wird, positiv bewältigt. Damit ist nicht fixiert, dass die digitalen Objekte eine bestimmte Zahl von Jahren tatsächlich erhalten bleiben. Der Erhalt der digitalen Dokumente schließt dabei auch die dauerhafte Verfügbarkeit dieser Ressourcen mit ein. Dauerhafte Verfügbarkeit ist nur möglich, wenn Daten nicht untrennbar mit ihrem Datenträger verbunden sind, da ein Kopierschutz eine Speicherung auf ein neues Trägermedium unmöglich macht.

Die Infrastruktur digitaler Archive muss standardisiert sein. Derzeit gilt hierfür der ISO-Standard 14721:2003 - Reference Model for an Open Archival Information System (OAIS); TC20/SC 13; ICS 49.140; Stage 60.60; Stage date: 2003-02-24; liegt dzt. in engl. Sprache vor, umfasst 156 Seite, Preis: 208 CHF

http://www.iso.ch/iso/en/CatalogueDetailPage.CatalogueDetail?CSNUMBER=24683

Die Benutzung und Verwaltung von elektronischen Dokumenten und ihre dauerhafte Verfügbarkeit ist von bleibenden und eindeutigen Kennungen abhängig. Mit dieser Thematik beschäftigt sich EPICUR - Enhancement of Persistent Identifier Services - Comprehensive Method for unequivocal Resource Identification

http://www.persistent-identifier.de/?link=330

Gegenwärtig haben sich vereinzelt Persistent-Identifier-Dienste etabliert, es besteht jedoch weiterhin ein allgemeiner Handlungsbedarf hinsichtlich der Einführung von Persistenten Identifiern (PI), der technischen Weiterentwicklung von PI-Diensten sowie der Schaffung organisatorischer Rahmenbedingungen.

Die Deutsche Bibliothek hat im Rahmen des Projektes CARMEN (Arbeitspaket 4) ein "Uniform Resource Name" (URN)-Management eingeführt. Ziel des Projekts EPICUR ist die technische Weiterentwicklung des bestehenden PI-Dienstes, um eine komplementäre Anwendung verschiedener PI-Systeme wie z. B. Digital Object Identifier (DOI) und URN zu ermöglichen. Einen weiteren Schwerpunkt bildet der Aufbau einer Infrastruktur zum Bereich Persistente Identifier in Deutschland. Auf internationaler Ebene wird versucht, in Kooperation mit der Nationalbibliothek Finnlands ein URN Information Centre aufzubauen.

Projektträger

Die deutsche Bundesregierung fördert mit dem Aktionsprogramm "Innovation und Arbeitsplätze in der Informationsgesellschaft des 21. Jahrhunderts" verschiedene Aktivitäten, die im Zuge des Wandels zur Informationsgesellschaft eine beschleunigte Nutzung und Verbreitung moderner Informations- und Kommunikationstechnologien zum Ziel haben. EPICUR ist ein Teilprojekt des Vorhabens "Kompetenznetzwerk Neue Dienste, Standardisierung, Metadaten", das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert wird.

Projektdauer 2002 - 2004

Erpanet - Electronic Research Preservation and Access
http://www.erpanet.org/php/erpadirectory/index.php?t=-1
http://www.erpanet.org/php/vienna/training.htm

Das Projekt Erpanet ist von der europäischen Kommission finanziert und baut ein erweiterbares europäisches Netzwerk auf, das Informationen, Best Practice und Kompetenzen im Gebiet der digitalen Erhaltung von Objekten des Kulturerbes und der Wissenschaft allgemein zugänglich macht. ERPANET will Gedächtnisinstitutionen (BAM - Bibliotheken-Archive-Museen), die Informations- und Kommunikationstechnologieindustrie, Forschungsinstitutionen, Stellen der öffentlichen Verwaltung, Firmen der Unterhaltungsindustrie und solche anderer Wirtschaftssektoren (z.B. Pharmaindustrie, Petrochemie und die Finanzdienstleister) zusammenbringen. Wesentliches Merkmal von Erpanet ist die Bereitstellung einer virtuellen Umschlagstelle und Wissensbasis über den aktuellen Stand der Erhaltung digitaler Daten und die Vermittlung dieses Wissens an Einzelpersonen und Institutionen.

2.33 Skripten, die für die Lehre erstellt werden (zumeist von Studierenden in Zusammenarbeit mit Lehrenden)

Diese dritte Gruppe von Publikationen, die an Universitäten entsteht, zeigt zusätzliche Schwierigkeiten. Sie sind, wie dies für Skripten (Mitschriften von Vorlesungen) und viele Lehrbücher zutrifft, von kurzfristiger Relevanz. Sie sollten als Grundprodukte für das e-Learning bereitgestellt werden und der Aus- und Fortbildung dienen, doch eine langfristige Aufbewahrung (Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte) ist nicht erforderlich. Es ist anzunehmen, dass hier jede Universität und Fachhochschule individuelle Regelungen treffen wird.

Für alle drei Publikationstypen, die an Universitäten und Fachhochschulen erstellt werden

müssen bei der Digitalisierung rechtliche Grundsätze Beachtung finden. Die Weitergabe von digitalen Dokumenten unterliegt Restriktionen, die zeigen, dass nicht alles erlaubt ist, was technisch möglich ist. Ein Beispiel hierfür sind die derzeitigen Auseinandersetzungen zwischen dem Börsenverein des Deutschen Buchhandels und dem Dokumentenlieferdienst subito in Berlin.

http://www.heise.de/newsticker/meldung/48024
http://www.hbz-nrw.de/literatur/fernleihe

Vordergründig geht es in dem Streit um den Versand von Aufsätzen und Auszügen aus Büchern in digitaler Form ins Ausland. Doch der Kern der Auseinandersetzung dreht sich um die Frage, inwiefern einzelne Buch- und Zeitschriftenbeiträge im digitalen Zeitalter künftig jeweils individuell lizenziert werden müssen. Dadurch würden sich die elektronischen Dienste stark verteuern und durch die Einzelverhandlungen sehr aufwendig gestalten, fürchten Bibliothekare und Bildungspolitiker. Die Leidtragenden wären in erster Linie die Wissenschafter und Forschenden, die zumeist selbst wieder Produzenten der digitalen Beiträge sind.

Gerade dieses Beispiel zeigt deutlich, wie wichtig die Eigenverantwortung der Wissenschafter und der Universitäten für die von ihnen erstellten Publikationen ist. Der teure Rückkauf, das Verbot, diese Informationen in kürzester Zeit auch anderen Wissenschaftlern in digitaler Form zukommen zu lassen, ist grundsätzlich von den Betroffenen zu überdenken.

3. Schlussbetrachtung

e-Europe und e-fit-Austria mit den Rahmenprogrammen von MINERVA und IFAP der UNESCO muss auch von den Universitäten verstärkt umgesetzt werden, obwohl es hierfür keine gesetzlichen Voraussetzungen gibt. Im UG02 werden Publikationen in digitaler Form noch nicht angesprochen. Die Abgabe der Dissertationen, Diplom- und Magisterarbeiten an die Bibliothek der jeweiligen Universität ist verpflichtend. Ebenso die Abgabe der Dissertation an die Österreichische Nationalbibliothek. Denn all diese Arbeiten werden am PC hergestellt, dennoch wird nur die Papierform zur Aufbewahrung abgegeben. Hier besteht also ein dringender Nachholbedarf, damit e-fit-Austria auch auf dieser Ebene Berücksichtigung findet.

Die Österreichische Nationalbibliothek hat gemeinsam mit der Kommission für EDV-Anwender der VÖB (Vereinigung Österreichischer Bibliothekarinnen und Bibliothekare) dieses Thema in Österreich anlässlich einer Tagung im Juni 2004 zum ersten Mal aufgegriffen. Diese Veranstaltung zeigte auf, dass das Bibliothekswesen im digitalen Zeitalter begonnen hat neue Wege zu beschreiten.


Zur Autorin

Hofrätin Dr. Sigrid Reinitzer

Strategisches Management für Bibliotheken, Archive und Museen an der

Universitätsbibliothek der Karl-Franzens-Universität
Universitätsplatz 3
A-8010 Graz
E-Mail: sigrid.reinitzer@uni-graz.at