Die Jagiellonen-Universität online

Ein Gespräch mit Professor Krzystof Zamorski, dem Direktor der Jagiellonen-Bibliothek Krakau1

Die elektronische Bibliothek der Jagiellonen-Universität umfasst die Gesamtheit aller digitalen Materialien, die für die Leser auf vielen Ebenen verfügbar sind. Die Grundlage ist dabei der Zugang zur Datenbank der elektronischen Zeitschriften. Aber nicht nur in der elektronischen Version sind die Materialien unentbehrlich für wissenschaftliches Arbeiten, für das Studium und das Schreiben von Magister- und Doktorarbeiten. Zurzeit stehen fast 5000 Titel zur Verfügung. Diesen Bestand kann man gleichzeitig am Arbeitsplatz, in der Bibliothek genau so wie von jedem unmittelbar über die IP-Adressen der Universität geschalteten Computer nutzen. Nahezu alle Computer der Universität auf dem Campus sind angeschlossen. Wenn es irgendwelche Probleme mit der Verbindung des Computers gibt, so kann man Mark Krosniak von der Jagiellonen-Bibliothek anrufen, etwa um seinen PC über IP-Check ins Netz einbinden zu lassen

Es dominieren die Naturwissenschaften, vor allem die Biologie und die Physik. Anders stellt sich die Situation in den Geisteswissenschaften da, wo die Zahl der Zeitschriften, die elektronisch erscheinen, begrenzt ist. Wir gewährleisten dennoch Zugriff auf wichtige Bestände aus dem Bereich der Rechtswissenschaften, der Soziologie, der Religionswissenschaften, der allgemeinen Geschichte und der Philosophie. Anders ist es nur in der Psychologie - da ist der Kreis der elektronischen Zeitschriften um vieles weiter als in den oben genannten Bereichen der Geisteswissenschaften.

Professor Krzystof Zamorski

Es besteht gleichzeitig die Möglichkeit, mit Hilfe der Datenbank EIFL auf einen riesigen Bestand an englischsprachigen laufenden Publikationen zuzugreifen, der aus rund 240 Titeln besteht. Zugang zu dieser Datenbank erhält man ebenso wie zu den übrigen Datenbanken über unsere Homepage www.bj.uj.edu.pl Es genügt auf den Bereich "Willkommen in der Jagiellonen-Bibliothek" zu klicken und dann erscheinen die Zugänge zu allen elektronischen Beständen der Jagiellonen-Bibliothek.

Wir gewähren gleichzeitig Zugriff vor Ort auf wissenschaftliche Informationen auf elektromagnetischen Trägern und auf CD ROM. Ich verweise noch einmal auf unsere Internetseiten, wo sich der gesamte Nachweis der Bibliotheksbestände befindet.

Wenn aber irgendwelche Zweifel auftauchen sollten, dann kann man direkt zu uns kommen, wo in der Abteilung "Wissenschaftliche Informationen" der Bibliothekar zeigt, wie man die Bestände nutzt.

Wir haben leider keinen Zugang zu zwei fundamental wichtigen naturwissenschaftlichen Zeitschriften - Nature und Science. Der Zugang ist teuer aber trotz allem möchten wir den Zugang im nächsten Jahr realisieren.

Im Zusammenhang damit werden wir jedes einzelne Institut bitten, den Kauf gedruckter Versionen dieser Zeitschriften zu reduzieren. Mit den eingesparten Mitteln können wir dann die elektronische Version beschaffen, die dann für alle universitären Einrichtungen zur Verfügung steht. Die Printversion würden wir dann nur noch an zwei Orten archivieren: in der Jagiellonen-Universität und in der Bibliothek des Collegium Medicum. Wir werden diese Frage diskutieren, zurzeit ist das unser Vorschlag.

Das Nutzungsrecht an allen Datenbanken, darin sind die elektronischen Zeitschriften inbegriffen, hat jeder Mitarbeiter und Student der Jagiellonen-Universität, ebenso wie Gäste, die sich bei uns für eine genau definierte Arbeit aufhalten. Wenn wir z. B. einen Studenten haben, dessen Aufenthalt durch irgendeine unserer Stiftungen finanziert wird, ist er formal an der Universität registriert und kann somit auch unsere Services nutzen.

Ich erwähne auch, dass wir verpflichtet sind, derjenigen Gruppe von externen Personen den Zugang zu verweigern, die nicht mit der Jagiellonen-Universität verbunden sind Es geht darum, dass wir keine Linzenzstrafen erhalten. Außerdem müssen wir Rechenschaft darüber ablegen, dass die Universität für den Erwerb von Zeitschriften und anderen elektronischen Datenbanken in diesem Jahr 2,8 Millionen Zloty (634.000 Euro, Anmerkung des Übersetzers) ausgegeben hat. Im Zusammenhang damit müssen wir unsere eigenen Interessen wahren und von der Annahme ausgehen, dass andere Lehreinrichtungen sich um ihre eigenen Datenbanken kümmern müssten. Der Austausch der Dienste muss in diesem Sektor begrenzt sein. Personen aus anderen Lehranstalten, die unsere Datenbanken nutzen möchten, können sich als Nutzer der Jagiellonen-Universität einschreiben und dann ebenso wie unsere Leser die Dienste nutzen, natürlich unter unserer Kontrolle. Es ist natürlich klar, dass wir unseren Studenten und Mitarbeitern die höchste Priorität einräumen.

Ja, das kann man, aber nur mit Hilfe eines Computers, dessen IP-Nummer als Universitäts-IP-Nummer lizenziert ist. Zum Beispiel haben wir eine Modemverbindung mit JETTA, die durch das Physikalische Institut vergeben ist und die Nummer JETTY ist die IP-Nummer, die als registrierte Nummer der Jagiellonen-Universität lizenziert ist. Wenn wir nun eine Modemverbindung über unseren zentralen Computer der Universität herstellen ist, dann ist es eine einfache Sache. Wir haben aber keine derartige Möglichkeit, wenn jemand über die Telecom Polska S.A. eine Verbindung herstellt, weil dann die verwendete IP die private IP des Computers ist, der nicht an der Universität registriert ist. Der Zugang wird dann nicht freigeschaltet.

Die Datenbanken werden aus Mitteln der Universität finanziert, aber ihr Betrieb ist mit immer höheren Kosten verbunden. Leider können wir unter der momentanen Finanzsituation der Universität nicht davon ausgehen, dass wir im kommenden Jahr mit einer Erhöhung des Etats für diese Erwerbungen rechnen können. Gleichzeitig hat die Jagiellonen-Bibliothek umfangreiche Absprachen mit anderen Bibliotheken in Polen mit guten Konditionen geschaffen. Dank dieser Absprachen verfügen wir über ein breites Angebot von Datenbanken, für die wir nicht die sehr hohen Kosten aufwenden müssen.

Selbstverständlich. Die elektronische Bibliothek funktioniert noch auf einer ganz anderen Ebene. Sie garantiert den Zugang zu Informationen über den Bestand der Jagiellonen-Bibliothek. Das heißt in der Diktion der Bibliothekare "Online-Katalog". Man kann diesen Katalog entweder über das Internet oder vor Ort in der Bibliothek nutzen. Der Online-Katalog enthält alle Publikationen, die wir nach 1994 angeschafft haben. Der Karten-Katalog ist seit diesem Zeitpunkt nicht mehr fortgeführt worden. Wenn es um Bücher geht, so erhält der Online-Katalog Informationen ab dem Jahr 1991. Es kann natürlich passieren, dass der Leser, wenn er den Online-Katalog nutzt, bestimmte Sachen nicht findet. Dann muss er zur Bibliothek gehen und im Karten-Katalog überprüfen, ob es ältere Ausgaben der gesuchten Literatur gibt. Darüber hinaus ist der Online-Katalog von Anfang an gemeinsam mit 22 Institutsbibliotheken bestückt worden. Wer dann ein ganz konkretes Buch bestellen möchte, muss die Angaben über den Standort im Katalog der einzelnen Bibliotheken heraussuchen.

Die Bibliothek der Jagiellonen-Universität

Allgemeines

Die Jagiellonen-Bibliothek bildet zusammen mit der medizinischen Bibliothek und den Fakultätsbibliotheken das Bibliothekssystem der Jagiellonen-Universität Krakau (zweischichtiges System). Aufgrund der reichen Sammlung alter Drucke hat die Bibliothek den Status einer Nationalbibliothek. Diese Sammlungen sind von besonderer Bedeutung für die Kulturwissenschaften, Sprachwissenschaft, Literaturwissenschaft, Kunst und Religionswissenschaften.

Geschichte

Die Geschichte der Bibliothek ist eng verbunden mit der Geschichte der Jagiellonen-Universität. Die Anfänge der Bibliothek sind im 14. Jahrhundert angesiedelt, Seit 1515 bis 1940 befand sich die Bibliothek im Gebäude des Collegium Majus, das noch heute im Originalzustand zu besichtigen ist. Seit 1536 verfügte die Bibliothek über einen regelmäßigen Erwerbungsetat, der ihr einen geordneten Bestandsaufbau ermöglichte. Den Höhepunkt erreichte die Bibliothek im 19. Jahrhundert, als zeitweise 85.000 Bände jährlich erworben wurden. Nach dem 2. Weltkrieg erhielt die Bibliothek das Pflichtexemplarrecht aller in Polen gedruckten Bücher. Drei Neubauten (1931-39, 1961-193, 1995-2001) mit einem Rauminhalt von 145.000 Kubikmeter, zehn Lesesälen, Ausstellungssälen und Konferenzräumen ermöglichen heute einen modernen Bibliotheksbetrieb (Abbildung).

Die Bibliothek setzt heute auf den weiteren Ausbau der elektronischen Medien und die Umsetzung der electronic library.

Bestand

-Bestand: ca. 4 Millionen Bände, davon 27.500 Handschriften, 105.000 alte Drucke davon 3600 Inkunabeln).

  • rund 27.000 eingeschriebene Benutzer mit ca. 180.000 Ausleihen im Jahr
  • Bestand im OPAC: 420.000
  • Besondere Sammlungen : Handschriften: Michael Kopernikus: De Revolutionibus
  • Autographen von Frederic Chopin
  • Alte Drucke: Simonius Simon.

Katalog

-OPAC-Katalog: VTLS (Virginia Tech Library System), USA seit 1993

  • Image-Katalog der älteren Bestände (siehe Abbildungen)
  • Internet-Verzeichnis der Handschriften mit genauer Erfassung
In diesem Fall muss man sich des Karten-Katalogs bedienen mit den entsprechenden Katalogzetteln. In diesem Zusammenhang erinnere ich noch einmal besonders an eine Verbesserung, die ich zu nutzen empfehle. Und zwar erweitern wir systematisch den Zugang zu unseren ältesten handschriftlichen Katalogen zum besonderen Nutzen für Literaturhistoriker, Rechtshistoriker, Historiker, Philosophen, Religionswissenschaftler und Ethnologen. Es ist ein Katalog, der Bestände bis 1934 enthält. Er heißt im Internet "alphabethischer Katalog der Jagiellonen-Bibliothek" und enthält aktueller Weise 900.000 handschriftliche Katalogkarten. Den "alphabethischen Katalog" im Internet nutzt man so, als ob man in der Bibliothek ist. Die einzelnen Positionen sucht man mit Hilfe des Karteikastens und des entsprechenden Buchstabens.

Alles hängt vom Geld ab. Zurzeit haben wir dafür nicht die Mittel. Die Jagiellonen-Bibliothek besitzt einen der größten, wenn nicht die größte bibliographische Datenbank in Polen. Das ist sehr wesentlich. Die Jagiellonen-Bibliothek ist gleichfalls Teilnehmer am Programm der vollständigen Katalogisierung im gesamt-polnischen Maßstab. Das Programm ist im Juli des vergangenen Jahres gestartet worden. Wir bauen also an den Fundamenten der Informationen über die Publikationen in Polen. Wenn jemand erfahren möchte, ob die allerneueste Publikation irgendwo in unserem Land zugänglich ist, muss man im Internet suchen und das Wort NUGAT schreiben. Man kommt dann zu einer Datenbank, die alles erfasst, was in den polnischen Bibliothekskatalogen vorhanden ist und was in den letzten Jahren herausgegeben worden ist. Es ist also sehr wichtig, gute PC-Arbeitsplätze mit einem Zugang zum Internet in der ganzen Universität zu haben. Ich weiß, dass viele unserer Studenten zu Hause keinen Computer haben. Alle Studenten-Wohnheime müssten Computer-Arbeitsplätze mit einem Zugang zur Universität haben. Wir arbeiten also daran, dass man gerade mit Hilfe des Internets einen Zugang zur Jagiellonen-Universität erhalten kann, sei es zur Ausleihe eines Buches oder für eine Information, wo sich das gesuchte Buch befindet. Das ist die wirkliche elektronische Bibliothek.

Die Zukunft der Bibliotheken liegt tatsächlich in der so genannten Digitalisierung oder der Übertragung der Bibliotheksmaterialien in die digitale Form. Leider hat dieser Prozess in unserem Land verspätet begonnen. Ich hatte die Hoffnung, dass die polnische Internetbibliothek das ändert, aber es zeigte sich, dass es nicht genügend Sponsoren für diese Aktivitäten gibt. Vielleicht gelingt es uns, ein Digitalisierungs-Projekt der EU zu gewinnen. Wir suchen ständig nach derartigen Möglichkeiten. Das ist kein billiger Prozess, aber zweifellos eine Herausforderung für die gegenwärtige Zivilisation.

In der Jagiellonen-Bibliothek kann man schon einen dieser proaktiven Bestände finden - z. B. das Werk von Kopernikus, einige alte Drucke und Teile der Zeitschrift "Vorwärts". Diese Dinge sind im Internet zugänglich. Das ist allerdings beschämend wenig für ein Land am Beginn des 21. Jahrhunderts.

Die Universität selbst ist nicht in der Lage, diese Mittel zur Verfügung zu stellen, und die Art und Weise, wie in Polen die Digitalisierung angegangen wird, weckt ernste Zweifel.

Damit man überhaupt beginnen kann, benötigt man am Anfang für die reine Ausrüstung zusammen mit dem Konzept sowie den ersten Installationsarbeiten 300-350 Tausend Zloty (68.000-80.000 Euro, Anmerkung des Übersetzers). Die spätere Aufbereitung des Materials ist dann schon nicht mehr so teuer. Wir haben in dieser Angelegenheit ein konkretes Projekt vorbereitet, wir würden dabei gerne zwei Wege gehen: Erstens das Scannen der allerwertvollsten Dinge - die wir dann an die Schatzkammer übergeben und dort sichern. Der zweite ist das Scannen von Zeitschriften des 19. Jahrhunderts, Materialien, die besonders wertvoll sind für Polonisten und Historiker. Alle Publikationen wären nach der Digitalisierung im Internet zugänglich. Zurzeit können wir gerade noch die Betriebskosten für die automatisierten Bibliotheksdienste aufbringen, aber das ist viel Geld. Mit Bedauern muss ich feststellen, dass die Unterstützung, die wir zu diesem Ziel von Seiten derjenigen Institutionen erhalten haben, die dazu berufen worden sind, z. B das Wissenschaftskomitee des Bildungsministeriums, natürlich zu Beginn groß war, aber im Laufe der Zeit immer kleiner wurde. Zurzeit hat das Wissenschaftskomitee die Unterstützung eingestellt.

Leider muss ich feststellen, dass die polnischen privaten Geldgeber entweder für kulturelle Ziele einfach kein Geld haben, oder davon nur sehr wenig ausgeben. Ich habe die Hoffnung, dass sich das in allernächster Zeit ändert.


Anmerkung

1. Das Gespräch führte Anna Witkowska von der Universitätszeitschrift Alma Mater der Jagiellonen-Universität Krakau (50.2003, S.11-13). Die Übersetzung und das Copyright besorgte Dr. Rafael Ball, Forschungszentrum Jülich.