Tag der Schulbibliotheken 2004 - Eröffnung der
multimedialen Schulbibliothek am Pestalozzigymnasium in Graz

von Sigrid Reinitzer und Roswitha Karpf

Der Tag der Schulbibliotheken wird Ende Oktober weltweit und seit 2002 auch in ca. 1800 österreichischen Schulbibliotheken gefeiert. Mit dieser Aktion wird die Öffentlichkeit auf die Bedeutung der Schulbibliotheken als zentralem Lernort und auf die Nutzungsmöglichkeiten der Bibliothek innerhalb des Unterrichtsgeschehens hingewiesen.

Besonders erfreulich ist es, wenn es in Zeiten von Sparmaßnahmen gelingt, eine neue Bibliothek zu errichten, da Bibliotheken die Grundlage für das lebenslange Lernen darstellen.

Nach jahrelangem Provisorium und ebenso langen Bemühungen konnte am Tag der Schulbibliotheken 2004 die multimediale Schulbibliothek des Pestalozzigymnasiums in Graz mit einem Fest eröffnet werden, das LehrerInnen und SchülerInnen gestalteten und bei dem VertreterInnen der Schulbehörde, der Schulgemeinschaft sowie der großen Grazer Bibliotheken ihre Glückwünsche überbrachten. Mehrere Faktoren mussten zusammenspielen, um eine moderne, freundliche und zweckmäßige Bibliothek zu schaffen: Engagement und Hartnäckigkeit seitens der Schulgemeinschaft sowie Bereitstellung des erforderlichen Budgets durch das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur, das durch Eigenmittel der Schule und Spenden des Elternvereins aufgestockt wurde.

Der Gesetzgeber gibt Raumgröße, finanzielle Dotierung und Zuweisung von SchulbibliothekarInnen vor, gestaffelt nach drei Größenklassen, die durch die Anzahl der SchülerInnen bestimmt werden.

Vielen österreichischen Schulen ist es gelungen, zusätzlich Raum zu schaffen, wodurch die Bibliothek zu einem beliebten Raum des Lernens und der Kommunikation wurde.

SchulbibliothekarInnen sind in Österreich stets zugleich LehrerInnen an ihrer Schule und haben einen drei- bis fünfsemestrigen Ausbildungslehrgang absolviert, der derzeit für alle Bundesländer vereinheitlicht wird. SchulbibliothekarInnen haben die verantwortungsvolle Aufgabe, an ihren Schulen sowohl den SchülerInnen und den Eltern als auch den Lehrenden und der Schulleitung die Bedeutung der Bibliothek mit ihrem großen Medienangebot bewusst und vertraut zu machen, denn in Bibliotheken finden wir das Fundament der Bildung. Alle Bibliothekstypen veränderten ihr Medienangebot im letzten Jahrzehnt dramatisch. Es werden nicht nur Bücher und gedruckte Zeitschriften bereitgestellt, sondern auch die sogenannten e-Medien, das sind CD-ROMs, DVDs, der Zugang zum Internet mit Datenbanken und Aufsätzen in allen Fachbereichen. Für den schulischen Gebrauch sind beispielsweise Unterrichtseinheiten von österreichischen Bildungsservern abrufbar:

http://www.schule.at
http://www.bildung.at
http://www.schulbibliothek.at
http://content.tibs.at/contake/
http://www.virtuelleschule.at

Die Versorgung der österreichischen Schulen mit Schulbibliotheken ist gut, LehrerInnen leisten hervorragende Arbeit, indem sie die multimediale Schulbibliothek zu einem attraktiven Lernort machen. Das heißt, SchulbibliothekarInnen in Österreich sind nicht nur für die Erschließung und Bereitstellung der Medien verantwortlich, sondern sind als PädagogInnen auch bibliotheksdidaktisch initiativ.

Das Lernen in und mit der Schulbibliothek und anderen Bibliothekstypen ist im neuen österreichischen Lehrplan verankert. Das heißt, dass die Lehrenden aller Fächer ihren SchülerInnen Medien- und Informationskompetenz schrittweise und möglichst umfassend vermitteln sollen. Diese Forderungen des neuen Lehrplanes bedeuten innerhalb der schulischen Ausbildung einen wesentlichen Fortschritt, da das eigenständige und selbstverantwortliche Lernen die Grundlage für das heute erforderliche lebenslange Lernen darstellt.

Außer Frage steht, dass die kompetente Nutzung von Medien bereits vom Volksschulalter an trainiert werden soll. Das kann am besten in der Schulbibliothek geschehen. Junge Menschen, die von Kindheit an den Umgang mit Bibliotheken und deren vielfältigen Informationsmedien gewohnt sind, werden später mit Selbstverständlichkeit die notwendigen Informationen aus Bibliotheken nutzen können.

Bibliotheken verändern sich durch den Wandel im Medienangebot immer rascher. Darauf hat das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur mit der Einsetzung der Arbeitsgemeinschaft "Multimediale Schulbibliothek" reagiert. 2003 wurden die neuen Standards veröffentlicht. http://81.223.231.226/sbaktuell/artikel.php?artikelnr=43

Außerdem wird es gemeinsam gelingen, den Kontakt zwischen den verschiedenen Bibliothekstypen zu intensivieren. Das Ausbildungsangebot für alle BibliothekarInnen muss dem jeweiligen Entwicklungsstand angepasst und vereinheitlicht werden.

Neues muss freudvoll und spannend vermittelt werden. Öde und nutzlos erscheinende Theorie, die nicht als brauchbar erkannt wird, kann in der heutigen Zeit der enormen Reizüberflutung nicht aufgenommen und gespeichert werden.

Die Benutzung von Bibliotheken und ihren Informationsmaterialen muss für alle zielorientiert und einfach sein. Die Bibliothek muss auch ein angenehmes Ambiente bieten und sie soll Kommunikationsplatz sein, um eigene Gedanken eventuell mit anderen Menschen austauschen zu können.

Ein Vorteil ist es, wenn eine gleichartige Nutzung der verschiedenen Bibliothekstypen in einem weiteren Umkreis möglich ist. Daher wird in vielen Ländern, wie z.B. in Finnland, das in der PISA-Studie so gut abgeschnitten hat, in allen Bibliotheken ein einheitlicher Online-Katalog angeboten. Das heißt, von den Schulbibliotheken bis zu den Universitätsbibliotheken, von den öffentlichen Büchereien bis zur Nationalbibliothek werden die Bücher und Zeitschriften in gleicher Weise bearbeitet, aufgestellt und in Online-Katalogen gesucht.

Die IFLA hat gemeinsam mit der UNESCO die Bedeutung der Schulbibliotheken mit ihren wichtigen Aufgaben erkannt und in ihrem Schulbibliotheksmanifest definiert. Schulbibliotheken helfen Lern- und Sprachbarrieren abzubauen. Dazu ruft insbesondere das Netzwerk der 7000 UNESCO-Schulen auf, wovon sich 44 in Österreich befinden. Diese Schulen bemühen sich außerdem, Kinder und Jugendliche mit Behinderungen in die Lern- und Klassengemeinschaft zu integrieren. Dadurch werden Lernen und soziale Kompetenz aller SchülerInnen gefördert. In Österreich hat das UNESCO Nationalkomitee im Mai 2004 den IFAP-Fachbeirat (Information for All-Program) gegründet. http://www.unesco.org/webworld/ifap; http://portal.unesco.org/ci/en/ev.php-URL_ID=15885&URL_DO=DO_TOPIC&URL_SECTION=201.html.

Ziele von IFAP sind u.a. die allgemeine Stärkung des Einsatzes von Informationstechnologien im Dienste von Bildung, Wissenschaft und Kultur, der barrierefreie Zugang zur Information für alle sowie die Unterstützung der Aus- und Fortbildung, insbesondere des lebenslangen Lernens in den Gebieten von Kommunikation und Information.

Abschließend kann auf die Ergebnisse einer internationalen Studie hingewiesen werden: Menschen, die frühzeitig gelernt haben Bibliotheken zu nutzen, haben nicht nur in der Schule mehr Erfolg, sondern können auch im gesamten weiteren Leben besser mit Information umgehen und auf komplexe Lebenssituationen in geeigneter Weise positiv reagieren.

Daten zur "multimediale Schulbibliothek unter Mithilfe von Schülerinnen und Schülern" des Pestalozzigymnasiums in Graz (ca. 500 SchülerInnen, das entspricht dem kleinsten Schulbibliotheksmodell): http://bibliothek.pestalozzi.at

Öffnungszeiten und Nutzungsmöglichkeiten

15 Stunden pro Woche und die großen Pausen (2 pro Unterrichtstag); 9 Stunden hiervon werden finanziell abgegolten, 6 Stunden werden ehrenamtlich geleistet. Außerdem ist die Benützung der Bibliothek während der Unterrichtszeit gemeinsam mit LehrerInnen jederzeit möglich. Lesestunden, Gruppenarbeiten, Projektarbeiten und Präsentationen werden regelmäßig in der Bibliothek durchgeführt.

Raum

109 m²; direkter Durchgang von der Bibliothek zu einem Unterrichtsraum mit 14 PCs und Regalen, dadurch erweiterbar auf 163 m².

Einrichtung

220 Laufmeter Regale, z.T. auf Rollen verschiebbar, für 6000-7000 Medien; 6 große verschließbare Schrankelemente; 1 großzügig dimensionierte Entlehntheke; Tische und Stühle (30 Sitzplätze); Sitzstufen (ca. 30 Sitzplätze); Rednerpult/Präsentationspult; Präsentationsmöglichkeiten: Beamer, gesteuert von PC; DVD-Player, ausfahrbare Leinwand; eigener Server für die Bibliothek, Vernetzung mit dem Schulserver; CD-ROM-Server; 3 PCs mit Internet-Anschluss für BenutzerInnen; 1 Verwaltungs-PC mit dem Bibliotheksprogramm Littera-Windows (Generallizenz für österreichische Schulen); Schwarz/weiß- und Farbdrucker.

Medien

Die Bibliothek ist im Aufbau begriffen. Stand Dezember 2004: ca. 4000 Medien. Im Endausbau sind mindestens 5000 gefordert.

Personal

2 SchulbibliothekarInnen (bezahlt für 6 "Werteinheiten", das sind 12 Arbeitsstunden, davon 9 Stunden Öffnungszeit); Freiwillige und ehrenamtliche BibliothekshelferInnen und BibliotheksassistentInnen aus Unter- und Oberstufe (=Sekundarstufe I und Sekundarstufe II)

Ausbildungskurs für BibliothekshelferInnen und -assistentInnen

8 Stunden Theorie und Praxis in zwei Modulen, angeschlossen jeweils ein dreiwöchiges Praktikum. Jedes Modul wird mit einem kleinen theoretischen und praktischen Test abgeschlossen. Ziel ist es, den SchülerInnen die Organisationsform Bibliothek nahe zu bringen, sie in die notwendigen alltäglichen Arbeiten einzuführen (Ausleihe, Buchrückstellung, Buchbearbeitung u.a.m.) und sie als BeraterInnen zu schulen.


Zu den Autorinnen

Hofrätin Dr. Sigrid Reinitzer

Strategisches Management für Bibliotheken, Archive und Museen an der

Universitätsbibliothek der Karl-Franzens-Universität
Universitätsplatz 3
A-8010 Graz
E-Mail: sigrid.reinitzer@uni-graz.at

Mag. Dr. Roswitha Karpf

Professorin am Bundesgymnasium und Bundesrealgymnasium
BG & BRG Pestalozzi
Pestalozzistraße 5
A-8010 Graz
E-Mail: roswitha.karpf@pestalozzi.at