Der Mensch sucht.

Bericht von der Kongressmesse Online Information 2004, London

von Vera Münch

Internet Café in London, 2. Dezember 2004, 17 Uhr 30

Die Leute von der Straße sind zu Suchenden geworden. Informationssuchenden, die sie zuvor nicht waren. Außerdem haben sie ihr Verhalten beim Besuch von Webseiten stark verändert. Anstatt wie zuvor mit einem Wort, suchen sie heute mit zwei Wörtern. Innerhalb von zehn Jahren hat das Internet einen Evolutionsschritt verursacht. Mit diesen Informationen eröffnete Jakob Nielsen die "Online Information Conference 2004".

Nielsen gilt als König des "Usability Engineering", der Wissenschaft, die sich mit der Gestaltung des Dialoges zwischen Mensch und Computer, Mensch und Maschine beschäftigt. Sein Buch "Designing Web Usability: The Practice of Simplicity" wurde in 22 Sprachen übersetzt.

Warum das die rund 900 Konferenzbesucher aus 40 Ländern der Erde interessieren sollte - etwa drei Viertel von ihnen Bibliothekarinnen und Bibliothekare - blieb zunächst ein Rätsel. Spannend war der Eröffnungsvortrag aber sehr. Nielsen erzählte nicht lange, sondern spielte Videoclips ein, die für sich sprachen. Er hat Menschen bei ihren Navigationsversuchen auf Internetseiten gefilmt und beeindruckend dokumentiert, warum sie Eingabeaufforderungen falsch oder gar nicht verstehen und deshalb nicht weiter kommen.

Des Rätsels Lösung lieferten der weitere Verlauf der Konferenz und die parallele Fachmesse: Suchmaschinen sind das große Thema 2005. Der Wettkampf um die Verteilung von Information auf dem Weltmarkt ist mit Macht ausgebrochen; wissenschaftliche Fachinformation dabei ins Zentrum der Begehrlichkeiten gerückt. Auch Google, der Netzgigant, spielt seit kurzem auf dem Fachinformationsmarkt mit. Mit Google Scholar und Google Print hat er 2004 zwei Spezialsuchmaschinen fürs Web entwickelt. Für Google Scholar (http://scholar.google.com) haben große Fachverlage und Bibliotheken ihre elektronischen Archive bis weit hinunter ins tiefe Web geöffnet. Die Spezialsuchmaschine findet wissenschaftliche Fachpublikationen, verlinkt sie mit zitierenden Publikationen, Autoren und dem Web, genauer gesagt, der Websuchmaschine von Google. Entwicklungspartner ist CrossRef, die unabhängige, im Jahr 2000 von großen internationalen Wissenschaftsverlagen gemeinsam gegründete Agentur für die zielgenaue Identifikation von elektronischen Publikationen (Aufsätzen) mittels DOI (Digital Object Identifier). Zu Scholar kommt Google print (http://google.com/print), die Buch-Such-Maschine des Giganten. Nach Herstellerangaben wurde sie "entworfen, um zu helfen, Bücher zu finden, nicht sie von Anfang bis Ende zu lesen". Drei Seiten eines jeden Buches dürfen die Benutzer lesen. Den weiteren Inhalt schützt Google. Mit der Google Search Appliance http://www.google.com/appliance zu guter Letzt bringt Google die bekannte Google-Suchleistung in Intranets. Die kombinierte Hard-/Softwarelösung wird als fertiger Einschub für den Schaltschrank geliefert.

Was empfehlen Sie Ihren Kunden?

Wer letztendlich als Sieger aus dem Kampf um die Informationsverteilung auf dem Weltmarkt hervorgehen wird, hängt im wesentlichen von drei Faktoren ab: 1. Wie zielgenau findet die Suchmaschine die gewünschte Information; 2. wie bedienfreundlich ist die Benutzungsoberfläche und 3. (aus diesen beiden Faktoren resultierend): Welches System wird die Informationsspezialisten in den Bibliotheken und Informationsvermittlungsstellen dieser Welt so überzeugen, dass sie es ihren Kunden empfehlen. Die englische Fachzeitschrift Information World Review hat dazu auf ihrer Internetseite eine Umfrage gestartet. Sie fragt die Leser, ob sie ihre Kunden auffordern werden, Google Scholar zu nutzen; www.iwr.co.uk.

Bibliothekarinnen und Bibliothekare werden so zunehmend zu Testern und Kontrolleuren von Suchmaschinen und Informationslieferdiensten - oder zumindest in diese Rolle gedrängt. Sie müssen die Qualität von Suchergebnissen und Benutzungsoberflächen beurteilen und entscheiden, welche Suchsysteme sie für ihr Haus empfehlen. Weil das so ist, gibt es hier noch eine Zusatzinformation zum eingangs erwähnten Buch von Nielsen: In Deutsch hat es Markt + Technik verlegt. Der Titel klingt weniger danach: "Designing Web Usability". Bei Amazon für 19,95 Euro zu haben.

Elsevier bringt neue Suchmaschine Scopus

Mehr denn je gilt das Interesse der Spieler auf dem Weltinformationsmarkt der Vermittlung des Zuganges zur Fachinformation für Wissenschaft und Technik. Die Entwicklung hat eine schwindelerregende Geschwindigkeit angenommen, der kaum noch zu folgen ist. An neuen Produkten und Produktverbesserungen wurden in London vor allem Suchmaschinen, Spezialsuchmaschinen für bestimmte Fachgebiete und immer bessere Softwarewerkzeuge für ein professionelles Informationsmanagement vorgestellt. Letztere unterstützten den Benutzer durchgängig von der Suche über die Analyse und Aufbereitung bis hin zur Gestaltung des Berichtes. Alles natürlich web-technologiefähig, also ausgelegt für den Einsatz im Internet und in webbasierten Unternehmensnetzen.

Elsevier präsentierte mit Scopus (http://www.scopus.com) eine nagelneue Suchmaschine für wissenschaftliche Fachinformation; laut Herstellerangabe die größte Datenbank der Welt für wissenschaftliche Literatur. Sie wurde in enger Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern und Bibliothekaren entwickelt. Genau wie Thomsons ISI Web of Knowledge, Mitte des Jahres 2004 von Thomson vorgestellt (http://scientific.thomson.com). Sowohl Scopus, als auch ISI Web of Knowledge sind Plattformen der Verlage, für die Benutzerkennung und Passwort notwendig ist. Google funktioniert ohne Identifikation. Zumindest bis hin zum Portal des Verlages, der die Basisinformation in Google hineinfüttert.

Wer bestimmt die Reihenfolge der Treffer?

Eine der entscheidenden Fragen zum Thema Suchmaschinen stellte Dr. Helmut Voigt, Leiter der wissenschaftlichen Bibliothek im Forschungs- und Technologiepark Adlershof, Berlin, bei einer Google Präsentation im messebegleitenden Programm. Voigt wollte wissen: "Nach welchen Kriterien erfolgt das Ranking in Google Scholar?". Leider erhielt er keine Antwort, die darüber Aufschluss gegeben hätte. Wie die komplexen Algorithmen arbeiten, die bestimmen, welche Antworten von der Suchmaschine als relevant ausgewählt werden und in welcher Reihenfolge sie in der Trefferliste erscheinen, darüber schweigen sich die Entwickler aus. Die Antwort ist sicherlich auch nicht trivial. Ein Ansatz ist die Häufigkeit von Zitierungen, also die Zahl, die aussagt, wie oft ein Aufsatz von anderen Forschern in deren Publikationen als Quelle genannt wird; ein zweiter die Aktualität anhand des Publikationsdatums. Beides sagt über Monopole, Oligopole oder freien Wettbewerb auf dem Weltmarkt für wissenschaftliche Fachinformation wenig aus. Die Zahlen können - das liegt im Wesen der elektronischen Informationsbereitstellung - immer nur ein Spiegel dessen sein, was von den Verlagen und Informationsanbietern für den Zugriff durch die Suchmaschinen freigeschaltet wird. In der Welt der Print-Veröffentlichungen gab es das in dieser Form nicht. Da bestimmte man per Abonnement, wie viel Information aus Fachzeitschriften und Referatediensten für die Lehre und Forschung zur Verfügung gestellt werden konnten. Eine Entscheidung, die vom verantwortlichen Bibliothekar, seinen Kunden und seinem Budget abhängig war.

Traditionelle Anbieter setzen auf Qualität und Neutralität

Dr. Rainer Stuike-Prill, Marketingleiter beim Fachinformationszentrum (FIZ) Karlsruhe (www.fiz-karlsruhe.de) sieht in der Frage von Voigt einen wesentlichen Wettbewerbsvorteil für neutrale Informationsvermittlungsplattformen wie STN International. "Wir sind unabhängig, das heißt, wir können uns darauf konzentrieren, Fachinformation nach inhaltlichen Gesichtspunkten aufzubereiten und sie unseren Kunden unter hochwertigen Such- und Analysewerkzeugen anzubieten. So, wie sie es für ihren spezifischen Zweck brauchen", sagte er beim europäischen Nutzertreffen von STN International in London. Inhaltliche Aufbereitung heißt für die Informationsspezialisten beispielsweise, die Suche nach Publikationen von Gensequenzen durch Algorithmen zu unterstützen, die nicht nur Übereinstimmungen, sondern auch ähnliche, vergleichbare Sequenzen finden. Bei der Ausgabe werden die übereinstimmenden Sequenzteile dann optisch hervorgehoben, so dass der Forscher schnell beurteilen kann, ob die ähnliche Sequenz für seine Problemlösung relevant sein könnte. "Wissenschaftliche Fachinformation geht heute weit über den Publikationstitel, den Autor oder eine Referenz hinaus", so Stuike-Prill. "Es geht um die Inhalte und neue Wege zu ihrer Erschließung." Gleiches gelte auch für Patentinformation, die man durch strukturierte Aufbereitung und leistungsstarke Analysewerkzeuge zu einer Goldgrube für Unternehmen machen könnte. "Das ist Mehrwert", so Stuike-Prill. Einen weiteren Knackpunkt sieht der Marketingleiter bei der Qualität der Quellen. Darüber würde derzeit zu wenig gesprochen. Nicht alles, was im Web steht, sei zuverlässig. Stuike-Prill glaubt: "Die Selektion der Informationsquellen wird in den nächsten Jahren immens an Bedeutung gewinnen."

FIZ Karlsruhe gehört zu den Pionieren der elektronischen Fachinformationswelt. Seit 20 Jahren betreibt es gemeinsam mit dem amerikanischen Partner Chemical Abstracts Service (CAS) und der Japan Science and Technology Corp. (JST) das wissenschaftlich-technische Informationsnetz STN International (www.stn-international.de). Der runde Geburtstag von STN International wurde in London mit einem kleinen Festakt auf dem Stand von CAS gefeiert.

Springer sieht Vorteile für Nutzer

Gertraud Griepke, Vizepräsidentin Business & Customer Support beim Springer-Verlag, Heidelberg, sieht in den Entwicklungen bei den Suchmaschinen und Informationsservices Vorteile für die Informationsnutzer. "Mit der Vielfalt der Navigationssysteme entsteht eine bessere Suchumgebung, die unterschiedlichen Zwecken und unterschiedlichen Zielgruppen gerecht wird", sagte sie am Rande der Messe. Unstrukturierte Suche brauche man in der Informationsbeschaffung für ganz andere Zwecke als strukturierte. Die Managerin ist sicher, dass allgemeine Navigationssysteme, spezialisierte Suchmaschinen, Referat- und Indexierdienste (Abstract und Indexing = A & I-Services), aktualitätsbezogene Benachrichtigungsdienste (Alert-Services) und Bibliotheksdienste nebeneinander existieren werden. Griepke: "Für uns als Verlag sind das alles Vertriebskanäle. Die Kunden und die Aufträge kommen in der Webwelt eben über viele verschiedene Wege." A & I-Services, also der Bereich, in den Google Scholar hauptsächlich hinein wirkt, machten dabei "vielleicht 20 Prozent des gesamten Anfrageaufkommens aus". Springer kündigte in London für Anfang 2005 den Start eines Online Zeitschriftenarchivs an, das elektronischen Zugang zu allen englischsprachigen Wissenschaftsartikeln bieten wird, die vor 1997 von Springer publiziert wurden. Zu erfahren war auch noch, dass Springer nun auch wissenschaftliche Fachbücher auf Kapitelebene erschließt und sie so über Springer Link inhaltsbezogen suchbar macht (http://www.springeronline.com).

Es geht nicht um Erwerbskosten

EBSCO Information Services, seit 60 Jahren Dienstleister für Bibliotheken und heute einer der führender Anbieter von Informationsquellen und Managementlösungen für die Abonnementverwaltung, fürchtet die neue Konkurrenz nicht wirklich (http://www.ebsco.com) EBSCO hätte 2004 das "stärkste Wirtschaftsjahr seit Bestehen - mit zweistelligen Gewinnzahlen" verzeichnet, berichtete Rebecca C. Walden, Koordinatorin für Public Relations bei der englischen Niederlassung. Ihr Kollege Cary Bruce, Büromanager der EBSCO Information Services in Berlin, hat eine Erklärung dafür: "Die Erkenntnis, dass es nicht nur um die Erwerbskosten geht, sondern um die Kosten der gesamte Prozesskette, setzt sich langsam durch. Man muss die richtigen Kennzahlen analysieren. Das ist der springende Punkt." Die Organisation, Bereitstellung und Nutzungsabrechnung gedruckter und elektronischer Veröffentlichungen aus der ganzen Welt sei ein immenser Aufwand und die Komplexität würde ständig steigen. "Viele Kunden haben dafür selbst keine Kapazitäten", so Bruce.

Unsichtbarer Machtkampf um das Wissen der Welt

Der Kampf um den Weltmarkt für Fachwissen hat eine völlig neue Dimension erreicht - und findet doch kaum sichtbar statt. In professioneller Arbeitsatmosphäre, der nichts mehr vom Chaos der Internet-Jahre anhing, gingen die Aussteller der Online Information 2004 ihren Geschäften nach wie immer. Produktneuheiten und -verbesserungen wurden vorgestellt - weniger als in früheren Jahren. (Mehr Informationen dazu finden sich im Messebericht in der Fachzeitschrift Information, Wissenschaft und Praxis.) Kunden beraten - genau so viele wie früher; Kontakte gepflegt und Partnerschaften besprochen. Es könnten aber mehr als früher gewesen sein. Der renommierte britische Wissenschaftsverlag Taylor & Francis hat sich mit Informa zusammengetan. Nach Ansicht der Fachzeitschrift IWR "two rather unlikely partners" - zwei ziemlich ungleiche Partner. Der "high brow" akademische Verlag Taylor and Francis und der Business-to-Bussiness-Wirtschaftsverlag und Konferenzorganisator Informa. Die Fusionspartner betonen die Konvergenz ihrer Geschäfte: "Wir haben beide mit Menschen zu tun, die Informationen zusammentragen und diese dann in irgendeiner Form weiterverbreiten (...) und der Markt auf dem wir uns bewegen ist ein deutlich ansteigender elektronischer Markt." Neuer Name: T&F Informa.

Candover steigt bei BvD ein

Die Eigentums- und damit Machtverhältnisse auf dem internationalen Informationsmarkt verschieben sich in nie zuvor da gewesener Geschwindigkeit und Größenordnung. Immer häufiger stehen hinter den bekannten Namen renommierter Verlagshäuser und Informationsspezialisten neue Eigentümer, die aus einer ganz anderen Branche in den Weltinformationsmarkt einsteigen. Springer, nach Firmenangaben seit der Fusion mit Kluwer Academic Publishers (KAP) im Juli 2004 zum zweitgrößten wissenschaftlichen Verlagshaus der Welt aufgestiegen, präsentierte sich in London unter seiner eingeführten Marke Springer. KAP ist verschwunden. Der britische Investor Candover, gemeinsam mit dem Risikokapitalgeber Cinven seit anderthalb Jahren Eigentümer von Springer, hat kürzlich auch 60 Prozent Anteil am belgischen Pionier der Online-Wirtschaft, dem Bureau van Dijk (BvD) übernommen. BvD ist ein in der elektronischen Informationswirtschaft bestens eingeführtes Unternehmen, das sich auf Informationsbeobachtung spezialisiert hat, Abstracting-Services und Marktstudien anbietet. Der Einstieg des Investors bei BvD löste in London wenig Aufmerksamkeit aus. Man hat sich daran gewöhnt, dass sich die Eigentumsverhältnisse ständig verändern.

Messe lockt 230 Aussteller

Vier Messestände bestimmten das Erscheinungsbild der Online Information 2004: Thomson Scientific, die Europäische Union, die British Library als Lokalmatador und Wolters Kluwer - Ovid. Insgesamt 230 Aussteller verzeichnete der Veranstalter VNU Exhibitions Europe. 42 davon stellten im Rahmen der integrierten Fachmesse Content Mangement Europe (CME) aus. 10.600 Fachbesucher kamen zur Messe. 2003 hatte VNU die CME erstmals in die Online Information integriert, um die Messehalle trotz des seit Jahren anhaltenden Schrumpfungsprozesses zu füllen. Diesmal wurden noch drei weitere Bereiche als "Fachausstellungen" eingebunden: Enterprise Document & Records Management (EDRM = Dokumentenmanagement für gedruckte und elektronische Publikationen), Enterprise Search Solution (Lösungen für das heiß begehrte Marktsegment Suche in Unternehmensnetzen) und ePublishing Solutions (Ausgabelösungen von der elektronischen Veröffentlichung bis zum Dokumentendruck nach Bedarf). Das alles gehört heute zum professionellen Informationsmanagement. Der Messebesucher tut gut daran, sich auf seinen Rundgang vorzubereiten. Übersicht zu behalten wird ansonsten auch bei 230 Ausstellern sehr schwierig.

Deutsche Aussteller nur noch auf drei Ständen

Deutsche Unternehmen fand man nur noch auf drei Ständen. Insgesamt waren fünf in London vertreten. Der Georg Thieme Verlag bewarb in London sein Chemistry Portfolio. Der Verlag hat den Großteil seiner elektronischen Produkte zu diesem Bereich im Frühsommer 2004 stark überarbeitet (http://www.thieme-chemistry.com). InfoChem, in München beheimateter Spezialist für die Suche und den Umgang mit elektronisch aufbereiteten Struktur- und Reaktionsdaten aus der Chemie, führte wie immer auf dem Stand von Springer seine Kundengespräche (http://www.infochem.de). Auch der dritte deutsche Ausstellungsstand beherbergte zwei Unternehmen. Die Fachinformationszentren FIZ Karlsruhe und FIZ CHEMIE Berlin. Die strategische Kooperation, im Frühjahr 2004 erstmals bekannt gegeben, soll den Informationseinrichtungen Freiraum für eine stärkere Positionierung im europäischen Kontext bieten, so die Geschäftsführungen beider Häuser. "Wir kooperieren überall dort, wo eine engere Zusammenarbeit fachlich sinnvoll ist oder zu inhaltlichen Mehrwerten führt", erklärte dazu Sabine Brünger-Weilandt, Geschäftsführerin von FIZ Karlsruhe. Auf das STN Service Center Europe hätte die Kooperation keinen Einfluss. Peter Schuhe, kaufmännischer Geschäftsführer des FIZ CHEMIE, ergänzte: "Die Zusammenarbeit zwischen unseren Häusern hat ja schon eine lange Tradition. Wir bieten seit vielen Jahren über FIZ Karlsruhe Datenbanken auf STN International an und bei der Datengewinnung und Erschließung arbeiten wir seit vielen Jahren eng mit CAS zusammen. Nun kooperieren wir als deutsche Fachinformationseinrichtungen auch auf Entwicklungs- und Marketingebene".

Open Access für 3.000 US-Dollar

Bleibt zu guter Letzt noch zu klären, was aus Open Access (OA) geworden ist, der Frage, die 2003 das Messe- und Kongressgeschehen bestimmte. Auf der Konferenz fand sich OA zwar in vielen Titeln wieder, etwa in "Neuen Modellen für Akademische Informationsvermittlung und den Informationsverbrauch", doch so richtig viel Neues steckte nicht dahinter. Die Suche nach dem richtigen Weg geht weiter. Springer hat derweil gehandelt. Dort entscheidet künftig der Autor, zu welchen Konditionen seine Publikation veröffentlicht werden soll - kostenpflichtig oder kostenlos. Mit "Open Choice" hat der Verlag ein neues Geschäftsmodell für wissenschaftliche Publikationen eingerichtet. Bezahlt der Autor für die Veröffentlichung, wird sein Aufsatz von Springer kostenfrei im Web für den OA-Zugriff bereitgestellt. Möchte der Autor nicht für die Veröffentlichung bezahlen, publiziert Springer den Aufsatz im bekannten Abonnementverfahren. Eine "Open Choice"-Publikation kostet derzeit 3.000 US-Dollar, zahlbar, wenn die Redaktion den Aufsatz verbindlich zur Veröffentlichung angenommen hat.

Irgendwie drängt sich der Eindruck auf, die Zukunft wird gemischt. Open Access wird neben herkömmlichen Subscriptionsmodellen bestehen, allgemeine Suchmaschinen neben spezialisierten Informationsdiensten. Bleibt die große Frage offen: Wer wird den Informationsmarkt in zehn Jahren beherrschen? Wem werden dann die Verlage und Informationsanbieter dieser Welt gehören? Vielleicht hat die Online Information 2014 darauf eine Antwort?

Zunächst findet aber erst einmal die Online Information 2005 statt. Termin: 29. November bis 1. Dezember. Ort: London, Olympia-Messegelände.

DGI-Präsidentin Beger: Berufliche Standards sind Qualitätskriterien

Dr. Gabriele Beger, Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Informationswissenschaft und -praxis e.V. (DGI) hält Vernetzung, Erfahrungsaustausch und Standards für die derzeit wichtigsten und interessantesten Themen der Informations- und Dokumentationsszene. Bei einem Gespräch am Rande der Messe in London sagte Beger: "Wir brauchen mehr Vernetzung, Erfahrungsaustausch und Standards. Die Szene ist immer noch zu sehr in viele Interessensgruppen zersplittert." Zu groß sei die Angst vor Zusammenschlüssen, weil man befürchte, dass dann die hautnahen Probleme nicht mehr Gehör fänden. Dabei, so Beger, würden gerade unterschiedliche Interessensverbände und Sektionen in einem Dachverband die Arbeit und die Außenwirkung befruchten. "Zusammenschluss, das heißt, Vernetzung, bedeutet nicht zwangsläufig, dass man seine Selbständigkeit aufgeben muss. Vernetzung bedeute aber, dass man Synergieeffekte erzielen kann und damit schneller zu manch wichtiger Lösung kommt", gibt sie sich überzeugt. Dazu gehören ihrer Meinung zum Beispiel auch Standards, die Leistungen vergleichbar machen und zu internationaler Anerkennung führen, wie etwa die Beteiligung der DGI am europäischen CERTIDoc-Projekt. "Standards sind für mich aber auch Qualitätskriterien, die uns von Google unterscheiden", so Beger. Die DGI-Präsidentin ist Bibliothekarin bei der Zentral- und Landesbank Berlin.


Zur Autorin

Vera Münch ist freie Journalistin und PR-Beraterin

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