DigiLink - Die dritte Generation der Linklisten


Abstracts

von Peter Mayr

Anfänge

Seit sich Bibliotheken im Internet präsentieren wird versucht, die bibliothekarische Kompetenz in Bezug auf das Auffinden und Bewerten von Information auch auf die Inhalte des Webs anzuwenden und den Nutzern Wegweiser durch das Internet zu bieten.

Anfangs waren diese Wegweiser einfache statische HTML-Seiten (vgl. Abb. 1). Je größer diese Linksammlungen aber wurden, desto mehr Aufwand floss in die Wartung dieser Seiten statt in den eigentlichen Bestandsaufbau. Beispielsweise mussten die Einträge redundant angelegt werden , um mehrere Einstiegspunkte (z.B. fachlich und alphabetisch) zu ermöglichen.

Nächster Schritt war daher die Einführung von datenbankgestützten Linklisten. Dies erforderte anfangs zwar mehr konzeptionellen Aufwand, der aber durch die vereinfachte Wartung bald wett gemacht wurde. Die Datenbank ermöglichte eine flexiblere Sicht auf die eigenen Links, so dass verschiedene Einstiegspunkte ohne doppelte Datenhaltung realisierbar wurden (vgl. Abb. 2).

Die Redundanz im eigenen Bestand war jetzt zwar minimiert, wenn man allerdings über den Tellerrand der eigenen Bibliothekshomepage hinausschaute war sichtbar, dass es oft große Überschneidungen mit den Linklisten anderer Bibliotheken gab und in diesem Bereich noch Verbesserungspotential bestand. Da die Verbundkatalogisierung konventioneller Medien schon längst bibliothekarischer Alltag war, lag nahe, dieses System - zuerst in kleinem und mittlerem Rahmen - auch auf die Linksammlungen auszudehnen.

Als sozusagen "dritte Generation der Linklisten" etablieren sich deshalb derzeit Systeme zum kooperativen Aufbau von Linksammlungen. Durch die Verteilung der Aufnahmetätigkeit kann so der Aufwand für die Wartung der Seiten nochmals reduziert werden. Eines dieser Systeme ist DigiLink.

Rückblick: Die Geschichte von DigiLink

DigiLink ist eine Eigenentwicklung des hbz1. Das hbz bietet seit 1998 mit seiner Digitalen Bibliothek2 seinen Kunden die Möglichkeit, kostenpflichtige und freie Datenbanken und Kataloge unter einer einzigen, auf die Bedürfnisse des jeweiligen Standorts angepassten Oberfläche zusammenzufassen. Aus technischen Gründen können nicht alle Datenbanken in dieser Metasuche integriert werden. Deshalb entstand schon früh der Wunsch, auch Links zu Datenbanken und Internetquellen in strukturierter Form anbieten zu können. Ein entsprechendes Modul wurde integriert, das sich jedoch nach einiger Zeit als zu unflexibel und zu aufwändig in der Administration erwies.

Als dann im Jahr 2003 der Umstieg auf eine neue Version der "Digitalen Bibliothek" absehbar wurde, bot sich die Gelegenheit, auch diese integrierte Linkverwaltung zu überdenken. Eine Testgruppe mit Vertretern aus verschiedenen Bibliothekstypen wurde gebildet, um ein Anforderungsprofil zu entwickeln. Dabei kristallisierte sich schnell die Idee einer kooperativen Lösung heraus.

Nach Evaluierung verschiedener bereits bestehender Systeme wurde schließlich die Entscheidung zu Gunsten einer Eigenentwicklung gefällt.

Die Software Entwicklung folgte dem "Spiralmodell"3, d.h. iterativ wurden Prototypen erstellt und immer wieder von der Testgruppe evaluiert, um gemeinsam ein Produkt zu entwickeln, das möglichst nahe an den Bedürfnissen der Nutzerinnen und Nutzer liegt.

Im April 2004 wurde DigiLink zum ersten Mal im Produktionssystem eingesetzt, vorerst nur in der hbz-eigenen Sicht, später in den Teilnehmerbibliotheken.

Nutzerkreis

Heute verwenden knapp 70 Standorte DigiLink. Der Nutzerkreis reicht dabei von großen Universitäts- und Fachhochschulbibliotheken bis zu Spezialbibliotheken und kleinen öffentlichen Büchereien (vgl. Abb. 3). Gerade letztere profitieren vom kooperativen System, da oft die personellen Ressourcen fehlen, um selbst intensiven Bestandsaufbau an Internetlinks und elektronischen Ressourcen zu betreiben.

Beschreibung

In Bezug auf Oberflächen und Design bedingt der heterogene Nutzerkreis die große Anpassungsfähigkeit von DigiLink. Einen Einblick geben Abbildungen 2, 4 und 5: Elemente aus der eigenen Seitennavigation können über frei definierbare Kopf- und Fußzeilen eingebunden werden, Farben und Schriften können nach den eigenen Bedürfnissen geändert werden. Auch eigene Logos für bestimmte Kategorien (z.B. lizenzpflichtige Datenbanken) sind möglich. Dadurch ist DigiLink optimal in den eigenen Internetauftritt integrierbar.4 Auch die Hierarchien sind in Namen und Anzahl der Ebenen frei gestaltbar und können somit auf die eigene Institution und deren Nutzerkreis angepasst werden.

Grundbestände

Eine Wartungserleichterung gerade für kleinere Bibliotheken sind die vom hbz gewarteten "Grundbestände". Jeweils eine Linksammlung für die Zielgruppe "Öffentliche Bibliothek" (derzeit 330 Links) und "Hochschulbibliothek" (derzeit 617 Links) wird angeboten. Die DigiLink-Teilnehmer können sich nun mit einem dieser Bestände verknüpfen und somit von den gesammelten Links und allfälligen Neuaufnahmen und Aktualisierungen profitieren. Darüber hinaus besteht für diese Teilnehmer die Möglichkeit, eigene Links und Kategorien einzufügen und bestehende Kategorien zu verschieben.

Dieses Angebot wird derzeit von fast der Hälfte der Bibliotheken genutzt. Eine Sonderform davon ist, dass sich Bibliotheken untereinander vernetzen. So nutzt beispielsweise die Stadtbibliothek Lübeck den Bestand der Hamburger Öffentlichen Bücherhallen, da beide ähnliche Zielgruppen bedienen und auch regionalspezifische Links austauschen.

Administration

DigiLink wird über eine webbasierte Administrationsoberfläche verwaltet, dem sog. "Cockpit" (vgl. Abb. 7). Auf der Startseite befindet sich auf der linken Seite das Menü zum Bearbeiten der Links und zum Anpassen des Standortes. Die rechte Seite ist dreigeteilt: im oberen Drittel werden Nachrichten an die Administratoren angezeigt, üblicherweise Hinweise über Updates oder Wartungstermine. Im mittleren Teil werden neue Links angezeigt, die von anderen Standorten eingepflegt wurden, und im unteren Bereich (auf der Abbildung nicht sichtbar) scheinen Links auf, die von Benutzerinnen und Benutzern zur Aufnahme in die Sicht vorgeschlagen wurden.

Kooperatives Arbeiten

Derzeit werden rund 21.000 unterschiedliche Aufnahmen an den einzelnen Standorten verwaltet. Hinsichtlich der Nutzungsintensität besteht ein starkes Gefälle. Knapp die Hälfte der Logins wird von einigen "Power-Usern" (12% der Standorte) verursacht. Werden neue Links eingestellt, so haben die AdministratorInnen die Möglichkeit, die Aufnahme anderen Teilnehmern zugänglich zu machen. Diese werden beim nächsten Einloggen über die neuen Links informiert (vgl. Abb. 6) und haben die Möglichkeit, einen Verweis auf den bestehenden Eintrag zu setzen ("ansigeln") oder die Beschreibung zu kopieren. Der Unterschied wird in Abb. 8 erläutert: Bibliothek A stellt einen neuen Link in die Datenbank ein, Bibliothek B möchte die Aufnahme übernehmen, findet die von A vergebene Beschreibung passend und "sigelt an". Dadurch verweist sie in ihrer Sicht direkt auf den Eintrag von Bibliothek A, kann diesen verändern und hat die Möglichkeit, eigene lokale Anmerkungen anzufügen, welche nur am eigenen Standort angezeigt werden. Sollte Bibliothek A den Eintrag ändern, weil sich beispielsweise die URL des Links geändert hat, betrifft diese Aktualisierung auch die Sicht von Bibliothek B.

Bibliothek C ist ebenfalls an dieser Ressource interessiert, bedient aber eine andere Klientel als Bibliothek A und möchte daher die Beschreibung anpassen. C erstellt eine Kopie der Aufnahme, kann alle Felder editieren und ist damit aber auch unabhängig von Änderungen in der Erstaufnahme.

Erfassen von neuen Links

Auch wenn neue Links angelegt werden, können die Teilnehmer von den Beständen der anderen profitieren. Bei der Aufnahme gibt es die Möglichkeit eines Doublettenchecks, bei dem anhand der URL in der eigenen Sicht und im gesamten Datenbestand gesucht wird.

Im Aufnahmeformular gibt es auch noch weitere Zusatzfunktionen wie z.B. die Möglichkeit, Metadaten (Meta-Tags und Dublin Core) automatisch aus den Internetressourcen zu extrahieren.

Zur Erfassung der Links und Datenbankbeschreibungen existieren die üblichen Felder wie Name, Kurzbeschreibung, Lizenzstatus, URL5 etc. Zusätzlich gibt es noch die Möglichkeit, die einfache Suche durch die Angabe von Suchtermen zu gewichten oder einen Sortiertitel für die alphabetische Darstellung anzugeben. Innerhalb der fachlichen Kategorien kann der Link ohnehin frei platziert werden. Die ermöglicht es, bestimmte Ressourcen noch einmal besonders hervorzuheben.

Ob die Präsentation funktioniert hat, kann mit dem integrierten Statistikmodul überprüft werden. Damit ist eine Auswertung nach besuchten Links und Kategorien sowie die Erstellung von Null-Listen, d.h. nie angeklickten Links und Kategorien, möglich.

Technik und Schnittstellen

DigiLink wurde mit Open Source-Technologien entwickelt. Grundlage ist eine MySQL-Datenbank6, auf die mit Perl7 zugegriffen wird. Für Perl spricht die hohe Anzahl von frei verfügbaren Modulen8, welche die Entwicklung beschleunigen können.

Mit Perl war es auch mit verhältnismäßig geringem Aufwand möglich, Importroutinen für Daten aus bestehenden Systemen zu schreiben. So konnten Inhalte aus anderen Datenbanken und sogar HTML-Seiten mit Linklisten importiert werden.

Für den Datenexport besteht die Möglichkeit, die vorhanden Links als CSV-Dateien9 herunterzuladen oder die integrierte OAI 2.0-Schnittstelle10 zu nutzen.

Zukünftiges

Nächste Schritte in der Entwicklung von DigiLink sind der Ausbau der mehrsprachigen Oberflächen, der Einbau von RSS Feeds für Neueinträge sowie Verbesserungen an der Arbeit mit verknüpften Standorten.

Im letzten Jahr ist DigiLink erwachsener geworden. Anfangs primär als Modul der "Digitalen Bibliothek" geplant, wird das System jetzt auch immer häufiger außerhalb dieser verwendet und nur in die Homepage der jeweiligen Teilnehmer integriert. Auch Bibliotheken, die nicht oder noch nicht Nutzer der "Digitalen Bibliothek" sind, steht damit ein flexibles und einfach zu nutzendes Linkverwaltungssystem als Stand-alone-Lösung zur Verfügung, das sich nahtlos in den eigenen Webauftritt einfügt. Die Attraktivität von DigiLink hat sich inzwischen bis ins benachbarte Ausland herumgesprochen: unlängst konnte die erste Bibliothek aus Österreich als Teilnehmer begrüßt werden.


Zum Autor

Peter Mayr

hbz
Postfach 270451
D-50510 Köln


Anmerkungen

1. http://www.hbz-nrw.de

2. http://www.digibib.net

3. Vgl. http://en.wikipedia.org/wiki/Spiral_model

4. Siehe z.B. die Homepages der StadtBibliothek Köln (http://www.stbib-koeln.de) und der Rheinischen Landesbibliothek Koblenz (http://www.rlb.de).

5. Die URL ist kein Pflichtfeld, d.h. es können also auch CD-ROM-Datenbanken aufgenommen werden.

6. http://www.mysql.com

7. http://www.perl.com

8. http://www.cpan.org

9. "comma seperated values" , Textdateien, in denen die einzelnen Felder durch Kommata getrennt werden

10. "Open Archives Initative" (http://www.openarchives.org), DigiLink kann dabei als data provider fungieren