Antwerpen eröffnet die neue Zentralbibliothek "Permeke"

Einrichtungsplanung und Innenausstattung durch niederländisch-belgisch-deutsche Projektgruppe

Am 22. April 2005 öffnete Antwerpen am De Coninckplein die Türen der neuen Zentralen Öffentlichen Bibliothek "Permeke". Benannt nach Oscar Permeke, dem ehemaligen Eigentümer der Ford-Garage, in der die neue Bibliothek untergebracht ist, aber auch nach seinem Vetter, dem expressionistischen Maler Constant Permeke. Die Namenswahl geht auf den Projektentwurf von Architekt Aat Vos (AEQUO Architecturals), FJ Interieurs, Schulz Benelux und Schulz Speyer zurück. Dieses niederländisch-belgisch-deutsche Team zeichnet verantwortlich für die Einrichtung und das Interieur der größten öffentlichen Bibliothek in Belgien mit ihren 5000 qm Publikumsfläche. In dem Permekegebäude ist zugleich das Stadtbüro untergebracht. Die gesamten Baukosten für das Permeke Projekt betragen 25,9 Millionen Euro.

Die Renovierung des Permekegebäudes am Coninckplein ist Teil des Strukturplans für die langfristige Entwicklung von Antwerpen-Nord. Dieser um den Bahnhof herum gelegene Stadtteil hat einen stark multikulturellen Charakter und gilt seit Jahren als problematisch und rückständig. Das Permekegebäude will eine wichtige soziale Funktion erfüllen und umfasst neben einer Bibliothek und einem Stadtbüro Begegnungszonen wie Lesecafe, Botanischer Garten, Auditorium und Besprechungsräume sowie Räumlichkeiten für die "Impuls"- Beratungsprojekte der Stadt Antwerpen.

Wettbewerb

Letztes Jahr gewann das niederländisch-belgisch-deutsche Projektteam, das für Einrichtung und Innenausstattung von Permeke verantwortlich ist, einen Wettbewerb des Amtes für Sport und Kultur. Hieran beteiligten sich außerdem vier belgische Anbieter. Tragende Säulen wie Integration (die Bibliothek als Begegnungsort für verschiedene Nationalitäten), Selbstorientierung des Kunden (mittels neuer Präsentation und Wegweisung), Flexibilität der Einrichtung (Einrichtung der Räume je nach Aktivität) und verschiedene Nutzungsebenen (kurze oder lange Verweildauer des Nutzers) dominierten diejenige Planung, die den Wettbewerb gewann.

Verbindende Gegensätze

Kontraste spielen - gerade wie in dem Antwerpener Bahnhofsviertel mit seinen aus zwölf Kulturen stammenden Einwohnern - eine große Rolle im Interieur von Permeke. Auffallend der Unterschied zwischen den beiden Ebenen der Bibliothek. "Dem Konzept nach verkörpern sie verbindende Gegensätze: die Nutzer unterschiedlicher Nationalität, aber auch jeden Einzelnen mit seinem persönlichen Geschmack, und auch die Vettern Permeke, die beide in verschiedenen Milieus lebten und arbeiteten. Es geht in dieser Bibliothek sowohl um gesellschaftliche als auch kulturelle Entwicklungen", erklärt Architekt Aat Vos.

Die Besucher der Bibliothek gehen zunächst durch die sogenannte Marktzone. Das wechselnde Angebot in diesem Raum steht meist im Zeichen eines bestimmten Themas oder eines maßgeblichen Autors. Um auch die Einrichtung dieser Marktzone wunschgemäß anpassen zu können, sind vorwiegend flexible Regale auf Rollen eingesetzt, sodass das Bild, das sich dem Besucher dieses Raumes bietet, stets veränderlich ist. Die darüber liegende Ebene 1 erreicht man über eine breite Treppe. Diese Ebene hat lange, feststehende Regalreihen mit einer Gesamtstellfläche von 4000 m und dadurch die Ausstrahlung einer klassischen Bibliothek. In der Mitte sind die Regale verfahrbar, wodurch ein großer offener Raum für beispielsweise Lesungen entsteht. "Die erste Etage ist für Menschen gedacht, die ganz zielgerichtet suchen. Hier geht es um Vertiefung. Deshalb befinden sich hier auch die individuellen Studienplätze, die Gruppenarbeitsräume und die Leseplätze, an denen man etwas länger verweilen kann." Unter der Marktzone befindet sich ein Auditorium, zugänglich auch außerhalb der Öffnungszeiten der Bibliothek.

Unsichtbare Botschaften

Auf den ersten Blick ist Permeke eine farblose Bibliothek mit einer straffen, industriellen Einrichtung. Häufig eingesetzte Materialien sind Metall, Stein und verschiedene Plattenmaterialien. Die Farbe Grau gibt den Ton an, wodurch sich die Eigenheit der Farben bei den zum Einsatz gekommenen Materialien erklärt. Aber bei näherer Betrachtung entdeckt man, dass auch die Farbe Rot eine große Rolle in dem Interieur spielt. Aat Vos: "Rot ist die Farbe der Stadt Antwerpen. Deshalb wurde die Farbe der Stadt an zwei Orten in der Bibliothek ausdrücklich sichtbar gemacht: die Treppe und die Wände des Auditoriums sind rot. Aber Rot steht in Permeke wohl vor allem auch für zu kurz gekommene, oft vergessene Emotionen der Stadtbewohner. Es steht für Leben und Wärme, namens der praktisch unsichtbaren und vielleicht etwas versteckten Stadtteilbewohner, den eigentlichen Bürgern der Bibliothek. Diese zwölf Nationalitäten werden eben in dem Moment sichtbar, in dem man den Bezirk betritt und in tatsächlichen Kontakt mit der Stadt kommt, mit der echten Lebensader der Stadt. Diese ist deren Quelle, die aber oft nicht gesehen wird. Bei genauer Betrachtung erkennt man den wahren Reichtum jeder Kultur. Deshalb sind die aufgestellten Bücherregale außen grau, aber innen rot. Und wer beispielsweise unter einen Tisch krabbelt, sieht, dass die Unterseite der Platte auch rot ist. Ebenso sind die Innenseiten der Theken und die Träger der Auskunftsterminals im gleichen Rot gehalten. Dies sind gleichsam die unsichtbaren Botschaften, die es zu entdecken gilt."

Selbstorientierung

Die Bibliothek ist nicht mehr in traditionelle Abteilungen aufgegliedert. CDs und DVDs zum gleichen Thema stehen beieinander. Mittels fortgeschrittener RFID-Technik können die Nutzer ihre Bücher selbst entleihen und zurückgeben, ohne dass das Personal daran beteiligt sein muss. Bibliotheksmitarbeiter machen mittels ihrer veränderten Funktionen - sie üben jetzt mehr die Rolle eines Beraters als eines Archivars aus - Gebrauch von flexiblen und ergonomisch verantwortlichen Arbeitsplätzen. Dabei wird u. a. dankbar Gebrauch gemacht von einem fahrbaren ergonomischen Stuhl der Marke HAC. Traditionelle Theken gibt es denn auch eigentlich nicht in Permeke. Sämtliche kleinen Nutzerservicetheken sind eher eine Art Treffpunkttheke, ausgenommen am Eingang.

Gemeinschafts- und Einzelleistungen

Intensive Zusammenarbeit nimmt im Werk des Architekten Aat Vos von AEQUO Architecturals aus Donderen eine zentrale Stellung ein. Er betreute ebenso die Innenausstattungen u. a. der Bibliotheken in Amstelven, Hoorn und Huizen und arbeitet zur Zeit an der Zentralbibliothek in Den Haag und Den Bosch sowie an der Mediathek Delft, einem Gemeinschaftsprojekt mit der Amsterdamer Architektin Liesbeth van der Pol. Vos entwarf gemeinsam mit Ronald Costeris (FJ Interieurs BV) den Einrichtungsplan für Permeke. Dieses herausfordernde Projekt wurde unter der Schulz Speyer Bibliothekstechnik AG als Gesamtauftragnehmerin unter der Federführung von Erich Hampel ausgeführt. Dabei war Luc Wolfs von Schulz Benelux (Holsbeek, Belgien) für die tatsächliche Kommunikation und Abstimmung mit dem Team zuständig. Die Rolle des übergreifenden Projektverantwortlichen und in dieser Eigenschaft des Ansprechpartners für die Stadt Antwerpen wurde von Justus Steinhart von FJ Interieurs BV (Soesterberg, NL) und Bertil Snijder von BS Bouwmanagement (Groningen, NL) übernommen. Der für das Permekegebäude zuständige Bau-Architekt ist Stramien cvba zu Antwerpen.

(Die Übersetzung aus dem Niederländischen erfolgte durch die Schulz Speyer Bibliothekstechnik AG. Weitere Informationen gibt es unter www.aequo.nl, www.sbnl.be,http://bibliotheek.antwerpen.be und www.abc2004.be/permeke.)