"Geld ist rund und rollt weg, aber Bildung bleibt."

Kleine Nachlese zum 94. Bibliothekartag in Düsseldorf

von Angelika Beyreuther-Raimondi

Petrus meinte es gut mit den Bibliothekaren! Eine strahlende Sonne und milde Temperaturen begleiteten den 94. Bibliothekartag in Düsseldorf vom 15. bis 18. März 2005. Rund 2.700 Teilnehmer besuchten die zentrale Fortbildungsveranstaltung der Bibliothekare. Eine Programmvielfalt von über 200 Veranstaltungen - Fachvorträge, Arbeitssitzungen der Verbände, ins Programm erstmals voll integrierte Firmenvorträge und ein interessantes Rahmenprogramm - wurden geboten, davon fand ein Großteil im Gebäudeteil 25 der Heinrich-Heine-Universität statt, im regulären Semesterbetrieb die Domäne der Naturwissenschaftler.

So waren die Wege kurz und es herrschte in dem von morgens bis abends heftig belebten Universitätsgebäude eine richtig gute Atmosphäre. "Unser Konzept ist aufgegangen", freute sch die charmante Gastgeberin Dr. Irmgard Siebert, Leiterin der Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf, "es herrscht eine deutlich spürbare Aufbruchstimmung. Motto: Wir wollen nicht klagen, sondern auf unsere Leistungen verweisen und nach vorne blicken!"

Kaum eine andere Einrichtung habe ihr Dienstleistungsangebot in den letzten 25 Jahren so zielgerichtet und maßgeschneidert auf die Wünsche ihrer Kundinnen und Kunden hin ausgerichtet - und sich so positiv verändert - wie Bibliotheken, betonte die Gastgeberin in ihrem Eröffnungsstatement. Umso bedauerlicher, dass es auch weiterhin dieses "verquere Bild der Bibliotheken" in der Öffentlichkeit gebe. Nicht nachlassende, verstärkte Lobbyarbeit, professionelle Öffentlichkeitsarbeit und die Gründung neuer und Belebung existierender Freundeskreisen der Bibliotheken waren entsprechend wichtige Themen des diesjährigen Bibliothekartages.

Klaus-Peter Böttger, nun ehemaliger Vorsitzender des BIB, wartete in Düsseldorf mit griffigen und öffentlichkeitswirksamen Fakten auf. Jeder Bundesbürger besuche durchschnittlich ein Mal im Jahr eine Öffentliche Bibliothek. 2003 waren dies rund 94,2 Millionen Besucher. (Zum Vergleich: Alle Bundesligaspiele dieser Saison hatten zusammen rund 10,7 Millionen Zuschauer.) Die Bürger in rund einem Drittel des Bundesgebiets haben allerdings Pech, denn dort gibt es keine bibliothekarische Versorgung. 2003 wurden von den Bibliotheken 285,8 Millionen Medien entliehen, rund ein Fünftel davon sind keine Bücher. Das kostete den Steuerzahler rund 684 Millionen Euro, davon 68 Millionen Euro an Erwerbungsmitteln für neue Medien, was etwa dem Bau von fünf Kilometern Bundesautobahn entspricht.

"Bildung ist ein hohes Gut, in das der Staat investieren muss", forderte die wiedergewählte Vorsitzende des genau 1.628 Mitglieder starken VDB, Frau Dr. Daniela Lülfing. Die Frage stellt sich allerdings, ob die Tatsache, dass die bei der PISA-Studie am besten abgeschnittenen Länder nicht nur über gute Schulen, sondern auch über optimal ausgestattete und öffentlich anerkannte Bibliotheken verfügen, zu zügigen Konsequenzen in Deutschland führt? Ein kluges Heine-Zitat "Geld ist rund und rollt weg, aber Bildung bleibt" wurde für den 94. Bibliothekartag in der Heinestadt Düsseldorf als Motto gewählt. Dr. Irmgard Siebert fügte dem ein weiteres sinnreiches Zitat John F. Kennedys hinzu: "Es gibt nur eins, was auf Dauer teurer ist als Bildung: keine Bildung".

Klaus-Peter Böttger war erfreut über die positive Medienresonanz auf den Bibliothekartag. "Wir sind bemerkt worden und an dem Strang müssen wir weiter arbeiten", sagte er im Gespräch mit Christoph-Hubert Schütte von Kongress News. Seine Nachfolgerin Susanne Riedel betonte im gleichen Gespräch, dass sie in ihrer Amtsperiode genau da Prioritäten setzen und sich der verstärkten und nicht nachlassenden Lobbyarbeit widmen werde.

Dr. Daniela Lülfing zog am letzten Kongresstag in den Kongress News ein positives Resümee des 94. Bibliothekartages. Es habe sich erneut gezeigt, wie groß "der Bedarf nach Fortbildung und Austausch unter den Kollegen ist. Wir haben ja über 200 verschiedene Vorträge hier in Düsseldorf, die ganz unterschiedliche Themen berühren und ich denke, dass das eigentlich auch der große Erfolg in Düsseldorf ist, dass das klassische Fortbildungsprogramm wirklich den Nerv und den Bedarf unter den Kolleginnen und Kollegen getroffen hat."

Auf "prominente" Redner wurde weitgehend zugunsten dieser Konzentration auf bibliothekarische Fortbildung verzichtet. Das kam an. Lediglich bei der Eröffnungsveranstaltung in der Düsseldorfer Tonhalle präsentierte der als Festredner gewonnene Walther Zimmerli, Präsident der Volkswagen AutoUni, seine Thesen über "Bildung in der Nichtwissensgesellschaft - Wie kommt Geist zu Geld?"; geschliffen, frei und elegant vorgetragen - aber ein eitles Potpourri.

B.I.T.online begleitete mit der täglich frühmorgens ausliegenden Kongresszeitung Kongress News auch diesen Bibliothekartag. Die hochaktuellen Interviews stießen auf reges Interesse. Auch die "Stimmen der Aussteller" sind lesenswert, denn die gute Partnerschaft zwischen Ausstellern und Kongressteilnehmern in Düsseldorf ist für Bibliothekartage einfach unverzichtbar.

Der VDB und BIB haben beschlossen, dass alle Vorträge des Bibliothekartages, die nicht im Tagungsband veröffentlicht werden und bei denen die Verfasser die Zustimmung erteilen, sofort nach der Tagung auf einem OPUS-Volltextserver online veröffentlicht werden (http://www.bib-info.de/opus/). Die Beiträge, die in den gedruckten Tagungsband aufgenommen werden, werden ein halbes Jahr nach dessen Veröffentlichung online freigegeben.

In Düsseldorf wurde die Messlatte hoch gehängt und so darf man gespannt sein, wie die Gastgeber des vom 21. bis 24. März 2006 in Dresden stattfindenden 95. deutschen Bibliothekartages die Herausforderung annehmen werden. Jedenfalls haben sie in Düsseldorf das Stimmungsbarometer schon einmal intensiv getestet, schwärmten mit mehreren Mitarbeitern aus und holten sich an allen Ecken und Enden Anregungen und Tipps für ihren Bibliothekartag in der sächsischen Metropole.