Judith Andrews and Derek Law (Ed.):
Digital Libraries: Policy, Planning and Practice


- Aldershot u.a.: Gower, 2004. - XX, 263 S.: Ill. und graph. Darst.
ISBN 0-7546-3448-5, GBP 49,95 (ca. € 73,00)

Der Aufbau digitaler Bibliotheken gilt manchen Unkundigen immer noch als Ei des Kolumbus, um mittels einer Digitalisierung umfangreicher Bestände Stellplatz und Finanzmittel zu sparen. Mittlerweile ist aber offenbar, dass auch die Digitalisierung einen nicht zu vernachlässigenden Aufwand bedeutet und das Problem der zukunftssicheren Aufbewahrung auch auf dieser Ebene immer noch nicht gelöst ist. Es ist somit weder einfach noch billig, entsprechende Vorhaben zu verwirklichen und nicht wenige Projekte sind zu einem Investitionsgrab verkommen.

Um so erfreulicher, dass dieser Band nun einen Überblick über die Erfahrungen von koordinierten Forschungsprogrammen in den USA und Großbritannien von 1994 bis ca. 2002 gibt und Einblicke in Politik, Planung, Einrichtung und Handhabung der von diesen Programmen gesponserten Projekten erlaubt und dies aus unterschiedlichen Perspektiven.

Im einleitenden Teil wird in zwei Kapiteln zunächst eine Übersicht über die Entwicklung der Forschungsprogramme in den USA und GB gegeben. Bei der Lektüre wird offenbar, wie viel im angelsächsischen Bereich in diesem Bereich investiert wurde und dass viele bekannte aktuelle Dienste, kostenlose als auch kommerzielle, in ihnen ihre Wurzeln haben. Insbesondere die Abhandlung über die USA sollte deutsche Bibliothekspolitiker interessieren, handelt es sich doch dabei um eine umfangreiche Finanzierung eines föderalen politischen Systems.

Im darauf folgenden ersten Teil werden dann die Themenbereiche Ökonomie und Finanzierung, Inhaltsarten, Open Access, digitale Präservation und Evaluation von elektronischen Informationsdiensten eingehend behandelt. Es werden jeweils die Probleme und "Handlungsfelder" in allen Facetten dargestellt, welche sich beim Aufbau jeder digitalen Bibliothek stellen und gelöst werden müssen.

Teil zwei bietet dann Fallbeispiele für Implementation und Aufbau verschiedener digitaler Bibliotheken, u.a. von städtischen, universitären digitalen Bibliotheken und von solchen, die per Netzwerk erstellt werden. Auch eine digitale Bibliothek, welche Musik beinhaltet und jene der Library of Congress werden vorgestellt.

Im dritten Teil werden dann Aspekte der Zukunft digitaler Bibliotheken am Beispiel der Tilburg University Library vorgestellt. Entwicklungslinien und einige Sackgassen seit 1992 werden herausgearbeitet und die Zukunft als eine Implementation der digitalen Bibliothek in eLearning-Strategien der Trägerorganisation dargestellt. Ein Stichwortregister rundet den Band ab.

Der Band, geschrieben von kompetenten, aus der Praxis kommenden Beiträgern, sollte Pflichtlektüre sein nicht nur für jene, welche Projekte im Bereich der Digitalisierung planen oder durchführen, sondern für alle, welche sich für die Weiterentwicklung des Bibliothekswesens interessieren. Insbesondere der Teil zu den einzelnen Handlungsfeldern bietet gute Zusammenfassungen von Problemstellungen, an denen sich früher oder später jede Bibliothek abmühen muss. Die Vielfalt der aufgeführten Praxisbeispiele ist ebenfalls sehr anregend. Lektüre empfohlen!


Anschrift des Rezensenten

Dr. Jürgen Plieninger
Bibliothek des Instituts für Politikwissenschaft
Universität Tübingen
E-Mail: juergen.plieninger@uni-tuebingen.de