Klimastabilität in Archiven, Bibliotheken und Museen


Abstract

1. Einleitung
2. Baukonstruktive Anforderungen an die Gebäudehülle
3. Anforderungen an das Raumklima
4. Aufgabenstellung
5. Das Rechenmodell
6. Baukonstruktive Betrachtungen
7. Betrachtungen unterschiedlicher Klimakonzepte
8. Diskussion der Berechnungsergebnisse
9. Zusammenfassung und Ausblick
10. Literatur


von Hans-Peter Leimer und Jens Bode

1. Einleitung

Das Herzog-Anton-Ulrich-Museum in Braunschweig gehört wie die von Klenze erstellte Alte Pinakothek in München, Sempers Gemäldegalerie in Dresden oder auch das Weimarer Landesmuseum zu den wenigen Bauten, die Ende des 19 Jh. als reine Museumsbauten bzw. Gemäldegalerien geplant und gebaut wurden.

Hierbei galt es, nicht nur Räume für die Repräsentation von Bildern oder Kunstobjekten, sondern auch klimatechnisch geeignete "Behältnisse" zur Aufbewahrung zu schaffen.

Abbildung 1: Historisches Heizungs- und Lüftungssystem des Herzog-Anton-Ulrich-Museum

Gerade von der Tauglichkeit der Raumklimate historischer Museen wird und wurde (zu!)viel erwartet. Um dieses zu beschreiben, wird aus einem Brief des damaligen Museumsdirektors Hermann Riegel zitiert:

In der Gegenwart sind Untersuchungen zum klimatischen Verhalten des Herzog-Anton-Ulrich-Museums wie aber auch anderer Museen notwendig geworden, weil zunehmend Feuchteschäden an der Gebäudehülle und den darin untergebrachten Exponaten aufgetreten sind.

Die Mehrzahl der klimabedingten Schädigungen an Ausstellungsgegenständen in Museen lässt sich auf die folgenden Problembereiche zurückführen:

  1. Kurzzeitige Schwankungen des Innenklimas, insbesondere der relativen Raumluftfeuchte, fördern die künstliche Alterung organischer Materialien und können zum Teil irreversible Schäden verursachen. Ursache dieses Phänomens ist die Eigenschaft aller organischen Materialien, ihren hygroskopischen Wassergehalt in Abhängigkeit der relativen Umgebungsfeuchte zu verändern. Dieser Zusammenhang wird durch die Sorptionsisotherme des jeweiligen Materials beschrieben. Bei Schwankungen der relativen Umgebungsfeuchte kommt es aufgrund der Wassergehaltsveränderung zu Volumenänderungen (Quellen und Schwinden). Hierdurch werden Spannungen im Materialgefüge erzeugt, die insbesondere bei kurzzeitig sich wiederholenden Quell- und Schwindvorgängen zu Schädigungen führen. Zyklische Änderungen des Innenklimas können jedoch auch mit herkömmlichen Klimaanlagen nicht verhindert werden, insbesondere dann nicht, wenn aufgrund baulicher Defizite alle Klimatisierungsaufgaben der Anlagen- und Regeltechnik übertragen werden.

  2. Mängel am baulichen Wärmeschutz in Verbindung mit einer ungünstigen Anordnung der Museumsgegenstände im Raum erhöhen das Schadensrisiko am Bau und am Exponat. So genannte konservatorische Diskomfortzonen entstehen z. B. unmittelbar an "kalten" Außenwänden oder Fenstern. So kann es aufgrund von unmittelbar an der ungedämmten Außenwand angeordneten Möbeln, Bildern, Gemälden o. ä. zu Feuchte- oder Schimmelpilzschäden an der Bauhülle kommen. Die mit Schimmelpilzsporen angereicherte Umgebungsluft fördert dann wiederum das Schadensrisiko am Exponat. Im weiteren können Temperaturschichtungen, denen z. B. ein an der "kalten" Außenwand hängendes Gemälde ausgesetzt ist, ähnlich wie bei einem Bimetall, Spannungen im Materialverbund des Bildträgers auslösen, nicht zuletzt auch wegen der unterschiedlichen relativen Luftfeuchte an Vorder- und Rückseite.

  3. Ein oftmals in historischen Kirchen beobachtetes Phänomen sind Verschmutzungen an Decken- und Wandgemälden. Ursache hierfür ist zumeist die so genannte Thermodiffusion. Hierbei wird Feinstaub über Luftmoleküle in Richtung des Temperaturgefälles an kalte Oberflächen (z. B. ungedämmte Außenbauteile) transportiert.

2. Baukonstruktive Anforderungen an die Gebäudehülle

Die bauphysikalischen Anforderungen an die Baukonstruktion lassen sich ihrer Bestimmung nach in folgende Teilanforderungen unterteilen:

Mit den Mindestanforderungen an den baulichen Wärme- und Feuchteschutz soll die Baukonstruktion dauerhaft vor klimabedingten Beanspruchungen von außen durch Witterungseinflüsse und von innen durch die Gebäudenutzung geschützt und somit vor Feuchtigkeitsschäden an den Bauteilen bewahrt werden. Feuchtigkeit in Form von Tauwasser kann sich sowohl auf den Bauteiloberflächen als auch im Inneren der Bauteilkonstruktion bilden.

Neben den Mindestanforderungen nach DIN 4108 gelten Anforderungen an den energiesparenden Wärmeschutz nach der Wärmeschutzverordnung bzw. künftig nach der Energieeinsparverordnung. Diese Energieeinsparmaßnahmen zielen darauf hin, die zur Aufrechterhaltung eines erforderlichen Raumklimas, insbesondere in der Winterperiode notwendige Heizenergie, auf ein Mindestmaß zu reduzieren und somit eine vom Gesetzgeber vorgegebene Energiebilanz des Gebäudes sicherzustellen. Dieses Anforderungsniveau geht in weiten Teilen über das Anforderungsniveau des Mindestwärmeschutzes nach DIN 4108 hinaus. Eine Befreiung von den Anforderungen der Wärmeschutzverordnung kann nach § 11 WSchV dann geltend gemacht werden, wenn die Wärmeschutzmaßnahmen einen nicht vertretbaren Eingriff in den Bestandsschutz des Gebäudes darstellen oder das Wirtschaftlichkeitsgebot gemäß § 5 des Energieeinspargesetzes verletzt wird.

Außer den Anforderungen zum Schutz des Gebäudes vor Bauschäden und zu hohen Heizenergieverlusten lassen sich auch baukonstruktive Anforderungen im Hinblick auf das bauklimatische Gebäudeverhalten formulieren. Diese Anforderungen sind nicht in Normen oder Verordnungen verankert und müssen entsprechend den jeweiligen Nutzungsbedingungen spezifiziert werden. Im vorliegenden Fall werden aus konservatorischen Gründen stabile, d.h. über die Zeit gesehen nahezu konstante Raumklimaverhältnisse gefordert. Insbesondere Schwankungen der relativen Raumluftfeuchte stellen eine Gefährdung der in den Ausstellungsräumen untergebrachten Kunstgegenstände dar.

Die thermische Stabilität eines Gebäudes oder eines Raumes wird im Wesentlichen von folgenden Gebäudeeigenschaften beeinflusst:

Durch die Optimierung dieser Gebäudeeigenschaften soll der Anteil der freien Klimaregulierung des Gebäudes maximiert und der Anteil an anlagentechnischen Eingriffen zur Herstellung des geforderten Raumklimas reduziert werden.

Auf diese Weise können Investitions- und Betriebskosten an der Anlagentechnik eingespart und eventuelle Störfälle der Anlagentechnik besser abgefangen werden. Das konservatorische Schadensrisiko wird dadurch vermindert.

3. Anforderungen an das Raumklima

Die Raumklimaanforderungen in Museen werden in erster Linie von konservatorischen Kriterien bestimmt. Zum Zwecke eines dauerhaften Schutzes der Ausstellungsgüter sind zum einen Grenzwerte für Raumlufttemperatur und relative Raumluftfeuchte, zum anderen Grenzwerte für deren Schwankungsbreite einzuhalten.

Oftmals werden aus konservatorischer Sicht von den Museologen sehr enge Klimabereiche gefordert. Zum Beispiel:

Raumlufttemperatur ϑRL = 18 ... 20 °C
relative Raumluftfeuchte ΦRL = 50 ... 55 %

Ein solches Anforderungsprofil führt zwangsläufig zu einem großen anlagen- und regelungstechnischen Aufwand. Da ständig ein sehr enger Klimabereich angeregelt wird, wird auch das von den Konservatoren gefürchtete Zweipunktverhalten der Klimaanlage provoziert. Werden neben der konservatorischen Motivation auch wirtschaftliche und wärmephysiologische Aspekte mit berücksichtigt, so lassen sich nachfolgende, allgemein anerkannte Klimaanforderungen formulieren [12], [13], [14], [15].

Raumlufttemperatur ϑRL = (19) 20 ... 24 (25...28) °C

Im Jahresverlauf wird ein Temperaturbereich von 20 bis 24 °C als optimal angesehen. In Ausnahmefällen sind auch 19 °C bzw. 25 °C noch akzeptabel. Nach [13] sind sogar Temperaturen zwischen 24 °C und 28 °C an maximal 150 Stunden im Jahr zulässig. Die jahreszeitliche Anpassung der Innentemperatur an die Außentemperatur muss allmählich (saisonal gleitend) erfolgen. Das heißt, für die Regelung der Innentemperatur sind zeitliche Mittelwerte und nicht Momentanwerte der Außentemperatur heranzuziehen. Innerhalb der o.g. Bandbreite werden als maximal zulässige Änderungsgeschwindigkeit 1 Kelvin pro Stunde angegeben.

relative Raumluftfeuchte ΦRL = 45 ... 60 %

Die relative Raumluftfeuchte besitzt von allen konservatorischen Anforderungen die höchste Priorität. Da jedoch jede Materialgruppe (Holz, Textil, Papier, Metall) unterschiedliche hygroskopische Eigenschaften besitzt, ist bei einem Universalmuseum, wie im vorliegenden Fall, nur eine Kompromisslösung möglich. Für Kunstmuseen wird im Allgemeinen ein Feuchtebereich von 45 % bis 60 % als optimal angesehen, wobei auch hier ein saisonales Gleiten der Innenfeuchte berücksichtigt werden sollte. Allerhöchste Priorität besitzt jedoch die Änderung der rel. Feuchte während einer Stunde. Diese Änderung sollte möglichst gering sein und die Schwankungshäufigkeit möglichst klein gehalten werden. Als oberer Grenzwert werden ΔΦRL ≤ 2,5 % pro Stunde angegeben. Als maximale Änderung während eines Tages sind ΔΦRL ≤ 5 % anzustreben.

Saisonale Klimaschwankungen, d.h. Schwankungen zwischen Sommer und Winter, stellen eine geringere Gefährdung der Ausstellungsgüter dar, als kurzzeitige Schwankungen im Tagesgang. In diesem Zusammenhang ist zu prüfen, inwieweit eine Temperaturanhebung in der Sommerperiode über das oben genannte Niveau von 20 °C auf z. B. 25 °C möglich ist. Auf diese Weise könnte teure Kühlenergie eingespart und das Behaglichkeitsempfinden der Besucher verbessert werden. Gemäß den allgemein anerkannten Behaglichkeitsmaßstäben [3] sind in der Sommerperiode Raumtemperaturen (= empfundene Temperaturen) im Bereich von ϑempf = 23 ...26 °C als optimal anzusehen. Desweiteren sind für den Fall, dass eine Raumtemperaturregelung mit Hilfe von RLT-Anlagen erfolgt, in der DIN 1946, Teil 2 [4] Bereiche empfohlener Raumtemperaturen in Abhängigkeit der Außenlufttemperatur angegeben.

4. Aufgabenstellung

Vorrangigstes Ziel der Modernisierung ist es, die aus konservatorischer Sicht derzeit unbefriedigenden Klimaverhältnisse in den Ausstellungsräumen zu verbessern, um so optimale Bedingungen für den Erhalt der Kunstgegenstände zu schaffen.

Die Fachplanung auf dem Gebiet der thermischen Bauphysik lässt sich in zwei Aufgabenbereiche untergliedern:

  1. Bauphysikalisch richtige Instandsetzung des Baukörpers

    Dieser Aufgabenschwerpunkt beinhaltet alle planerischen Leistungen zur Sicherstellung der Gebrauchstauglichkeit des Gebäudes unter Berücksichtigung der musealen Nutzung. Hierbei geht es darum, geeignete und dem Stand der Bautechnik entsprechende Lösungen bezüglich des winterlichen und sommerlichen Wärmeschutzes sowie des baulichen Feuchteschutzes zu erarbeiten, um so den Baukörper vor klimabedingten Schäden zu schützen.

  2. Mitwirkung bei der Erstellung eines geeigneten Klimatisierungskonzeptes

    Die raumklimatischen Anforderungen werden in erster Linie von den konservatorischen Vorgaben bestimmt. Behaglichkeitskriterien, ausgenommen hiervon ist die hygienische Behaglichkeit, sind diesem Anforderungsniveau weitestgehend unterzuordnen.

    Von den Museologen wird ein stabiles, sich nur in engen Grenzen veränderndes Raumklima mit sehr geringen Änderungsgeschwindigkeiten gefordert. Um die Auswirkungen der Störgrößen von außen (Außenklima) und von innen (Nutzungsbedingungen) auf das Raumklima so gering wie möglich zu halten, ist eine funktionierende Klimaregulierung erforderlich. Eine klimaregulierende Komponente stellt der Bauköper selbst dar. Erst wenn die Leistungsgrenze der freien Klimaregulierung erreicht ist, wird der Einsatz klimaregulierender Anlagentechnik notwendig.

    Aufgabe der Bauphysik ist es, geeignete baukonstruktive Maßnahmen zu entwickeln, um so den Anteil der freien Klimatisierung möglichst groß werden zu lassen und so den anlagentechnischen Aufwand auf ein Mindestmaß zu reduzieren. Neben der Einsparung an Investitions- und Betriebskosten kann auf diese Weise auch das Schadensrisiko am Ausstellungsgut gesenkt werden. Ein Versagen oder gar ein Ausfall von Anlagenkomponenten kann von einem Baukörper mit großer thermischer Stabilität besser abgefangen werden, ohne dass ein kurzfristiges Klimachaos auftritt.

    Die Untersuchung des thermischen und hygrischen Verhaltens des Gebäudes wird in Form einer Sensitivitätsanalyse mit Hilfe einer dynamischen Gebäudesimulation durchgeführt. Anhand dieser Ergebnisse können verlässliche Aussagen über die Auswirkungen von baulichen Maßnahmen auf das Innenklima getroffen werden.

    Mit Hilfe ergänzender bauklimatischer Untersuchungen kann eine Optimierung des Klimatisierungskonzeptes durchgeführt werden, wobei die Ausbildungen der Baukonstruktion und der Anlagentechnik aufeinander abgestimmt werden. Das Betriebsregime verschiedener Klimatisierungskomponenten ist festzulegen und das System

    Gebäude - Anlage - Nutzung

    auf seine Wirtschaftlichkeit zu überprüfen.

5. Das Rechenmodell

Die Raumklimaberechnungen [8] werden auf der Grundlage eines so genannten Testreferenzjahres [9] durchgeführt (real case). Bezüglich der thermischen Stabilität des Gebäudes stellt der Sommerfall den kritischeren Fall dar, da die ausgeprägten Tagesgänge der Außenlufttemperatur und Sonnenstrahlung eine Destabilisierung des Innenklimas provozieren. Der Sommerfall ist nicht zuletzt auch deswegen interessant, da insbesondere die Klimatisierungsfunktionen Kühlen und Entfeuchten kostenintensive Maßnahmen darstellen und deren Reduzierung oder gar Vermeidung zu den übergeordneten Planungszielen zählt. Aus diesem Grund werden sowohl im Rahmen der Sensitivitätsanalyse als auch im Rahmen der baukonstruktiven Bemessung ergänzende Simulationsberechnungen mit extrem heißen, sonnigen und feuchten Sommertagen durchgeführt (worst case). Die Klimadaten dieses Julitages werden der VDI 2078 [6] entnommen, wobei Braunschweig der Kühllastzone 3 zuzuordnen ist.

Die Umsetzung des Gebäudebestandes in das Rechenmodell erfolgt auf der Grundlage einer zuvor durchgeführten bauphysikalische Bestandsaufnahme. Eine Verifizierung des Gebäudemodells wurde anhand eines Vergleiches zwischen gemessenen und berechneten Raumklimaverläufen durchgeführt. Hier konnte eine ausreichend genaue Übereinstimmung nachgewiesen werden.

Die Simulation der Nutzungsbedingungen beinhaltet im vorliegenden Fall auch die Einbeziehung der künstlichen Beleuchtung und des Besucherverkehrs in das Rechenmodell.

6. Baukonstruktive Betrachtungen

Der bauliche Wärmeschutz der bestehenden Außenwände kann wie folgt beurteilt werden:

Der nachträgliche Einbau von Wärmedämmschichten ist bei historischen Gebäuden oftmals problematisch, da aus denkmalpflegerischen Gründen eine bauphysikalisch günstige Außendämmung meistens von vornherein ausscheidet.

Eine bauphysikalisch geeignete Methode zur Verbesserung des Wärmeschutzes an den Außenwänden kann das Anbringen eines innenliegenden Wärmedämmputzsystemes sein. Die Stoffeigenschaften, insbesondere das hygrische Verhalten von Wärmedämmputz, führen in vielen Fällen dazu, dass der Tauwasserschutz je nach Beschaffenheit der Konstruktion auch ohne zusätzliche Dampfsperre gewährleistet werden kann.

Zu berücksichtigen ist hierbei, dass das Anbringen eines Wärmedämmputzsystemes keine wärmeschutztechnische Erneuerung im Sinne von § 8 der Wärmeschutzverordnung darstellt. Insofern sind die Anforderungen nach Anlage 3 WSchV in diesem Fall von vornherein nicht bindend.

Der Tauwasserschutz soll eine schädliche Durchfeuchtung im Bauteilinnern verhindern. Anforderungen hierzu sind in der DIN 4108, Teil 3 [1] festgelegt. Bei dem Nachweisverfahren nach DIN 4108 (Glaser-Verfahren) handelt es sich um eine Nachweismethode mit relativ großer Planungssicherheit. Dass heißt, ein positiver Nachweis nach DIN 4108 bedeutet eine ausreichend sicher funktionierende Konstruktion. Im Gegensatz dazu bedeutet ein negativer Nachweis nach o.g. DIN nicht automatisch einen ungenügenden Tauwasserschutz des Bauteiles. Gegebenenfalls ist der Nachweis dann mit einem der Realität besser angepassten Verfahren zu führen. Hier stehen unterschiedliche Verfahren zur instationären Berechnung des Wärme- und Feuchtetransportes im zeitlichen Verlauf unter präzisierten Randbedingungen zur Verfügung [10]. Bei diesen Simulationen fließen neben dem Wasserdampf-Diffusionsverhalten der Baustoffe noch weitere feuchtetechnische Parameter, wie z. B. Feuchtespeicher- und Flüssigkeitstransportverhalten, ein.

Im vorliegenden Fall konnte anhand der Berechnungen allein durch wärmeschutztechnische Verbesserungsmaßnahmen im Bereich der massiven Außenbauteile eine Energieeinsparung von bis zu 15% nachgewiesen werden.

Der Fensterflächenanteil an den Außenwänden, die technischen Parameter der Fensterverglasung und die Luftdurchlässigkeit der Fensterfugen beeinflussen die thermische Stabilität eines Raumes oder Gebäudes relativ stark. Raumklimaschwankungen werden insbesondere durch einfallende Sonnenstrahlung aber auch durch eine unkontrollierte Fugenlüftung begünstigt.

Anhand einer Klimasimulation wird der frei schwingende Innenklimaverlauf unter periodisch schwingenden Außenklimabedingungen bei zwei unterschiedlichen Sanierungsstufen an den Außenfenstern nachvollzogen. Als Bemessungs- und Prüfbedingung wird hierzu eine extrem warme und feuchte Außenklimaperiode nach VDI 2078 herangezogen.

Diesen Simulationen ist bereits die oben erläuterte wärmeschutztechnische Nachrüstung der Außenwandkonstruktionen mit Wärmedämmputz zugrunde gelegt.

Variante 1 2 x Einfachverglasung mit innenliegenden Jalousien an den Südfenstern/unkontrollierte Fugenlüftung (Bestand)
Variante 2 2 x Einfachverglasung mit innenliegenden Jalousien an den Südfenstern/bedarfsgerechte Lüftung (20 m³/[h Person])
Variante 3 Reduzierung des Gesamtenergiedurchlassgrades i.V. mit einer Sonnenschutzverglasung / bedarfsgerechte Lüftung

Tabelle I: Ergebnisse der Veränderung der Raumlufttemperatur

Variante Himmels- orientierung Ober- geschoss Max. Raumluft- temperatur Max. Änderungs- geschwindigkeit der Raumlufttemperatur Max. Tages- schwankung der Raumlufttemperatur
1 Süden 1. OG ϑRL,max = 27 °C (dϑ/dt)max = 3 K/h Δϑmax = 5 K
2 Süden 1. OG ϑRL,max = 27 °C (dϑ/dt)max = 3 K/h Δϑmax = 4 K
3 Süden 1. OG ϑRL,max = 25 °C (dϑ/dt)max = 3 K/h Δϑmax = 3 K

 

Tabelle II: Ergebnisse der Veränderung der relativen Raumluftfeuchte

Variante Himmels- orientierung Ober- geschoss Max. rel. Raumluft- feuchte Max. Änderungs- geschwindigkeit der rel. Raumluftfeuchte Max. Tages- schwankung der rel. Raumluftfeuchte
1 Süden 1. OG ΦRL,max = 75 % (dΦ/dt)max = 5 %/h ΔΦmax = 20 %
2 Süden 1. OG ΦRL,max =59 % (dΦ/dt)max = 4 %/h ΔΦmax = 10 %
3 Süden 1. OG ΦRL,max = 61 % (dΦ/dt)max = 4 %/h ΔΦmax = 6 %

Aus den oben zusammengestellten Simulationsergebnissen können folgende Aussagen abgeleitet werden:

  1. Eine Reduzierung der natürlichen Lüftung über Fensterfugen in Verbindung mit einer bedarfsgerechten Lüftung führt zu einer Stabilisierung des Temperaturverlaufes. Unter extrem sommerlichen Bedingungen kann die Tagesamplitude in den Seitenkabinetten durchschnittlich um ca. 1 Kelvin gesenkt werden. Die Auswirkungen auf die relative Raumluftfeuchte sind noch gravierender. Während im Hochsommer die Tagesschwankungen der Raumluftfeuchte bei unkontrollierter Fugenlüftung bis zu 20 % betragen können, sind bei abgedichteten Fenstern nur noch Schwankungen bis maximal 10 % möglich.

  2. Der Einsatz einer hochwertigen Sonnenschutzverglasung in Verbindung mit einem Sonnenschutz bewirkt eine Reduzierung der Raumlufttemperatur. Auf diese Art können die Tagesmaxima der Raumlufttemperatur in den Südkabinetten um ca. 2 Kelvin und in den Nordkabinetten um ca. 1 Kelvin gesenkt werden. Unter den oben erläuterten extremen Außenklimabedingungen betragen die Maximalwerte der Raumlufttemperatur ohne Anlagenkühlung nur noch 25 °C anstatt 27 °C.

  3. Der Einfluss von Fugenabdichtung und Sonnenschutz auf die Änderungsgeschwindigkeit der Innenklimaparameter ist marginal. Bezüglich der Raumlufttemperatur beträgt die maximale Änderungsgeschwindigkeit in den Seitenkabinetten des 1. OG 2...3 K/h (Einfluss der Veranstaltung im Oberlichtsaal) und im 2. OG 1...2 K/h, bei Sonnenschutzverglasung max. 1 K/h. Die Änderungsgeschwindigkeit der rel. Raumluftfeuchte beträgt ca. 3...5 %/h.

  4. Die unkontrollierte Fugenlüftung über die Fenster muss durch eine kontrollierte und bedarfsgerechte mechanische Lüftung ersetzt werden. Es wird empfohlen den Außenluftvolumenstrom bis auf den hygienisch erforderlichen Außenluftwechsel zu reduzieren und bedarfsgerecht, z. B. über den CO2-Gehalt der Raumluft, zu regeln. Der bauklimatische Vorteil dieses Lüftungskonzeptes besteht darin, dass der Störgrößeneinfluss des Außenklimas, insbesondere der unerwünschte Feuchteeintrag in der Übergangs- und Sommerperiode, reduziert werden kann. Positiv wirkt sich eine kontrollierte Lüftung auf niedrigem Niveau auch auf die Heizenergiekosten aus, da die Lüftungswärmeverluste zurückgehen. Die Heizenergieeinsparung beträgt alleine als Folge der abgedichteten Fenster in Verbindung mit einem bedarfsgerechten Außenluftvolumenstrom von V = 20 m³/(h Person) (ohne Wärmerückgewinnung) bereits ca. 60 %.

  5. Die Fensterverglasung und der Sonnenschutz müssen die Transmissionswärmeverluste im Winter reduzieren, durch die Verringerung der Sonneneinstrahlung die Strahlungsgewinne im Sommer verringern und so weit wie möglich Infrarot-Strahlung eliminieren und UV-Strahlung ausfiltern. Gleichzeitig wird eine möglichst hohe Farbneutralität angestrebt und eine gewisse Transparenz zur Außenwelt erwünscht.

Um die Anforderungen im Bereich der Fenster/Verglasungen zu erfüllen, stehen folgende Möglichkeiten zur Verfügung:

  1. Außenliegende Fensterebene

    Die außenliegende Fensterebene prägt im Wesentlichen das äußere Erscheinungsbild eines Gebäudes mit und unterliegt demzufolge denkmalpflegerischen Zwängen. Eine Veränderung der bestehenden Außenverglasung wird daher nicht in Erwägung gezogen.

  2. Innenliegende Fensterebene

    Für die innenliegende Fensterebene wird eine wärmetechnische Nachrüstung empfohlen. Hierbei sollte eine farbneutrale Sonnenschutzverglasung mit einem Gesamtenergiedurchlassgrad von g ≈ 0,20...0,34 zum Einsatz kommen. Je kleiner der g-Wert der Verglasung ist, desto größer ist die stabilisierende Wirkung auf das Raumklima und desto geringer wird die zur Aufrechterhaltung eines vorgegebenen Temperaturniveaus erforderliche Kühlleistung. Die bauklimatisch günstigen Auswirkungen einer Sonnenschutzverglasung sind auch bei den nach Norden orientierten Fenstern noch spürbar.

  3. Zwischenebene

    Im Zwischenraum der Kastenfenster können Jalousien zur Abschirmung angeordnet werden.

    Als weitere Lösungsvarianten mit verbesserten Abschirmeigenschaften stehen zur Verfügung:

    1. Verwendung einer metallisch reflektierenden Blendschutzfolie. Die Blendschutzfolien werden bevorzugt beweglich an den Flügelrahmen der Fenster befestigt. Unter Umständen ist ein motorischer Antrieb mit Grenzwertsteuerung nach der Strahlungsintensität geeignet.

    2. Einsatz eines thermotropen Beschichtungssystems. Hierbei handelt es sich um einen thermooptischen variablen Polymerwerkstoff (TOP), der bevorzugt auf eine Kunststoffverglasung aufgebracht wird. Die TOP-Beschichtung bewirkt eine temperaturabhängige Strahlungstransmission in der Art, dass sich die beschichtete Scheibe bei ansteigender Oberflächentemperatur eintrübt (ähnlich wie Milchglas) und einen größer werdenden Anteil der Strahlung reflektiert. Insbesondere die kurzwellige UV-Strahlung kann auf diese Weise effektiv zurückgehalten werden. Die infolge der Eintrübung reduzierte Lichteinstrahlung führt zu einer homogenen, diffusen Ausleuchtung des Raumes ohne Schlagschatten oder ähnlichem. An Tagen mit geringerer Strahlungsintensität läßt die Eintrübung nach und die Transparenz nach außen nimmt zu. Der Temperaturbereich, bei dem der Selbstregulierungseffekt einsetzt, ist einstellbar. Darüber hinaus kann die TOP-Beschichtung auch regelbar ausgeführt werden. Eine variable Installation einer mit thermotroper Beschichtung versehenen Glasscheibe kann in den Zwischenraum der Kastenfenster eingesetzt werden.

7. Betrachtungen unterschiedlicher Klimakonzepte

Aufgrund der Tatsache, dass zur Klimastabilisierung in den klimatisch sensiblen Ausstellungsräumen ein hohes Dichtheitsniveau an den Außenfenstern gefordert wird, ist zur Deckung des hygienisch erforderlichen Außenluftaustausches eine mechanisch betriebene Lüftung (RLT-Anlage) erforderlich. Dieser mechanisch erzwungene Außenluftvolumenstrom kann bedarfsgerecht geregelt und kontrolliert den Ausstellungsräumen zugeführt werden. Es ist naheliegend, der ohnehin vorhandenen Lüftungsanlage weitere Klimatisierungsfunktionen wie Heizen, Kühlen, Be- und Entfeuchten schrittweise zuzuordnen, sofern diese erforderlich werden.

Allen Berechnungen wird bereits der bauliche Zustand nach einer Gebäudeinstandsetzung, wie zuvor erläutert, zugrunde gelegt.

Diese gewählten Klimatisierungskonzepte unterscheiden sich durch

Tabelle III: Zusammenstellung der Berechnungsvarianten

Variante Thermodynamische Luftbehandlung Sollwertbereich des Raumklimas
1a Heizen ϑRL ≥ 18 °C (Vorgaben lt. Museum)
2a
 
Heizen
Befeuchten
ϑRL ≥ 18 °C (Vorgaben lt. Museum) ΦRL = 50 % ... 55 % (Vorgaben lt. Museum)
2b
ϑRL ≥ 20 °C... 22 °C (saisonal gleitend)
ΦRL = 50 % ... 60 %
3a
 
Heizen
Befeuchten
Kühlen
Entfeuchten
ϑRL = 19 °C ± 1 K (Vorgaben lt. Museum)
ΦRL = 50 % ... 55 % (Vorgaben lt. Museum)
3b
ϑRL = 21 °C ± 1 K ... 23 °C ± 1 K (saisonal gleitend)
ΦRL = 45 % ... 55 %
ϑRL ... Raumlufttemperatur, ΦRL ... relative Raumluftfeuchte

 

Verläufe Raumlufttemperatur im Jahresgang

Variante 1a: Beheizung auf 18 °C, keine Kühlung

Variante 2b: Beheizung auf 20-22 °C, keine Kühlung

Variante 3b: Beheizung auf 20-22 °C, Kühlung auf 22-24 °C

 

Verläufe Raumluftfeuchte im Jahresgang

Variante 1a: Beheizung auf 18 °C, keine Kühlung

Variante 2b: Beheizung auf 20-22 °C, keine Kühlung

Variante 3b: Beheizung auf 20-22 °C, Kühlung auf 22-24 °C

Tabelle IV: Berechnungsergebnisse Jahresenergieverbrauch
je m² Ausstellungsfläche in kWh/(m² a)

Variante Heizen Kühlen Befeuchten Entfeuchten
1a 70 - - -
2a 90 - 5 -
2b 98 - 7 -
3a 71 4 5 2
3b 97 0,6 5 0,7

Bei den im Rahmen der Gebäudesimulation ermittelten Energiemengen handelt es sich ausschließlich um die für Heizung, Befeuchtung, Kühlung und Entfeuchtung erforderlichen Wärme bzw. Kälte. Nicht enthalten ist die elektrische Energie zum Antrieb von Ventilatoren.

8. Diskussion der Berechnungsergebnisse

a. Variante 1a

Ausgangspunkt der Betrachtungen ist die so genannte Basis- oder Minimalvariante. Das Klimatisierungskonzept dieser Variante beinhaltet lediglich die thermodynamische Luftbehandlungsfunktion Heizen. Heizen ist die Grundvoraussetzung, um das Gebäude für den Zeitraum eines gesamten Jahres nutzbar zu machen.

Während der Heizperiode wird die Raumlufttemperatur auf + 18 °C angehoben. Im Zeitraum von Mai bis September beginnt die Raumlufttemperatur frei zu schwingen. Hierbei wird die vom Museum vorgegebene Obergrenze von + 20 °C überschritten. Die maximale Raumlufttemperatur in der Sommerperiode liegt im Bereich von + 23 °C ... + 24 °C. In den Seitenkabinetten wird die 24 °C-Grenze an wenigen Tagen kurzzeitig überschritten. Die erweiterten Anforderungen an die Raumlufttemperatur werden jedoch eingehalten.

Bezüglich der relativen Raumluftfeuchte kann anhand der Simulationsergebnisse festgestellt werden, dass, bis auf kurzzeitige Ausnahmen in der Übergangsperiode, die geforderten Kennwerte nicht eingehalten werden können. Auch die erweiterte Bandbreite, wonach sich die rel. Feuchte im Bereich von 45 % ... 60 % bewegen darf, wird zum überwiegenden Teil unter- bzw. überschritten.

Bewertung der Variante:

b. Varianten 2a und 2b

In einem nächsten Schritt erfolgt neben dem Beheizen eine Befeuchtung der Luft. Die notwendige Entfeuchtung der Raumluft während der Sommerperiode wird mittels Aufheizen der Luft realisiert. Auf diese Weise kann die kostenintensive Luftbehandlungsfunktion "Entfeuchten" umgangen werden.

Interessant ist in diesem Zusammenhang die Frage, auf welche Temperatur im Sommer geheizt werden muss, um die geforderte Obergrenze der relativen Raumluftfeuchte nicht zu überschreiten.

Die Ergebnisse zeigen, dass die vom Museum gewünschte Obergrenze von + 20 °C erwartungsgemäß von Mai bis September überschritten wird. Die Maximalwerte der Raumlufttemperatur bewegen sich im Bereich von 25 °C ... 26 °C. An wenigen Tagen im Jahr wird auch die 26 °C-Grenze überschritten. Die Sommerheizung bewirkt also eine um ca. 2 Kelvin höhere Raumlufttemperatur im Vergleich zu Variante 1. Die Raumlufttemperatur von 24 °C wird an ca. 500 Stunden im Jahr überschritten. Aus konservatorischer Sicht sind die sommerlichen Temperaturen in dieser Häufung nicht akzeptabel.

Um das, infolge der Sommerheizung, relativ hohe Temperaturniveau zu senken, wird in Varainte 2b die zulässige Obergrenze der relativen Raumluftfeuchte von 55 % auf 60 % angehoben. Gleichzeitig erfolgt in Variante 2b eine Abänderung des Sollwertbereiches für die Raumlufttemperatur in der Art, dass eine allmähliche Anpassung der Innen- an die Außentemperatur erfolgt (saisonales Gleiten). Hierdurch wird u.a. auch dem Behaglichkeitsbedürfnis der Besucher Rechnung getragen.

Wie die Ergebnisse zeigen, kann mit der Aufweitung des zulässigen Feuchtebereiches um 5 % rel.F. das sommerliche Temperaturniveau um ca. 1 Kelvin gesenkt werden. Die Anzahl der Stunden im Jahr, an denen eine Raumlufttemperatur von 24 °C überschritten wird, liegt in allen Ausstellungsbereichen unterhalb der in [13] angegebenen 150-Stunden-Grenze.

Dies würde bedeuten, dass es sich bei Variante 2b um eine Lösung handelt, bei der mit moderatem technischem Aufwand befriedigende Raumklimaverhältnisse erzeugt werden können.

Bewertung der Varianten 2a und 2b:

Die jahreszeitliche Anpassung der Innentemperatur an die Außentemperatur bewirkt eine Stabilisierung des Temperaturverlaufes im Tagesgang, insbesondere in der Übergangsperiode.

c. Varianten 3a, 3b

Die Varianten 3a und 3b beinhalten Klimakonzepte, bei denen neben den Luftbehandlungsfunktionen Heizen und Befeuchten auch die Zustandsänderungen Kühlen und Entfeuchten enthalten sind.

Auf diese Weise wird es möglich jeden gewünschten Raumklimazustand anzusteuern. Von technischen Grenzen auf dem Gebiet der Regelung abgesehen, können also mit einer derart komplexen Luftaufbereitung prinzipiell alle Klimaanforderungen befriedigt werden.

Eine Kausalität besteht zwischen dem Anforderungsprofil an das Raumklima und dem sich daraus ergebenden anlagen- und regelungstechnischen Aufwand und dem Energieverbrauch bzw. den Betriebskosten der Anlage.

Die Fragestellung lautet also: Welche Auswirkungen haben unterschiedliche Klimaanforderungen auf die Last- und Energiegrößen und damit auf die Investitions- und Betriebskosten? Hierzu werden zunächst die Auswirkungen der vom Museum vorgegebenen Klimaanforderungen nach (Variante 3a) mit den Auswirkungen des abgeänderten Anforderungsprofils (Variante 3b) verglichen.

Der Vergleich der Heiz- und Kühllasten zeigt zunächst, dass die Lastspitzen in etwa gleich groß sind. Während die maximale Heizlast bei beiden Varianten etwa 30 W/m² beträgt, lässt sich für die maximale Kühllast jeweils ein Wert von ca. 8 W/m² ermitteln. Das heißt die Auswirkungen beider Varianten auf die Anlagendimensionierung sind relativ gering. Die Ursache, weshalb sich die Kühllast bei einer Kühlung auf + 24 °C (Variante 3b) gegenüber der Kühllast bei einer Kühlung auf + 20 °C (Variante 3a) nur unwesentlich reduziert, liegt darin begründet, dass der Kühllastanteil infolge Transmission relativ gering ist. Es überwiegen die innere Kühllast und die Strahlungslast durch die Fenster, also Lastanteile, die auf das bestehende Temperaturniveau im Raum aufsatteln.

Deutliche Unterschiede lassen sich jedoch bei den jährlichen Energieverbräuchen erkennen. Variante 3b weist gegenüber Variante 3a einen

Mehrverbrauch an Heizenergie von Δ ≈ 26 kWh/(m² a)

auf. Ursache dafür ist die Anhebung des Temperaturniveaus während der Heizperiode von + 18 °C (Variante 3a) auf + 20 °C in Verbindung mit einer jahreszeitbedingten Erhöhung der Innentemperatur (Variante 3b). Diese Abänderung wird aus bauklimatischer Sicht als sinnvoll angesehen. Die Vorteile sind:

Den Berechnungen zufolge kann bei einer Aufweitung des Temperaturbereiches im Sommer auf + 24 °C eine

Einsparung an Kühlenergie von Δ ≈ 3,4 kWh/(m² a)

erzielt werden. Außerdem wird deutlich, dass es sich bei der Luftkühlung nach Variante 3b nur um ein zeitlich gesehen punktuelles Abdecken von Lastspitzen und keine Dauerkühlung handelt.

Während der erforderliche Energiebedarf zum Luftbefeuchten in etwa gleich groß bleibt, lässt sich bei Variante 3b gegenüber Variante 3a eine

Energieeinsparung zur Luftentfeuchtung von Δ ≈ 1,3 kWh/(m² a)

ermitteln.

Auch unter Berücksichtigung, dass die Energiekosten der Luftbehandlungsfunktionen Kühlen und Entfeuchten um ca. 3- bis 4-mal höher liegen als bei einer Luftbeheizung, ergibt sich für Variante 3b gegenüber Variante 3a eine etwas ungünstigere Betriebskostenbilanz. Der Grund hierfür liegt in erster Linie an dem um 2 Kelvin höheren Temperaturniveau in der Heizperiode. Mit Rücksicht auf die sich in den Ausstellungsräumen aufhaltenden Mitarbeiter, wird jedoch eine Mindesttemperatur von ϑRL = + 20 °C empfohlen (siehe auch [15]).

9. Zusammenfassung und Ausblick

Die Ergebnisse der durchgeführten Berechnungen lassen sich wie folgt zusammenfassen:

  1. Die Außenwände der Ausstellungsräume bei bestehenden Museen bedürfen i.A. einer wärmeschutztechnischen Nachrüstung. Eine bauphysikalisch sichere Variante ist das Aufbringen eines innenliegenden Wärmedämmputzsystemes. Auf diese Weise wird das Schadensrisiko bezüglich Oberflächenfeuchte und Schimmelbelagbildung deutlich vermindert. Gleichzeitig werden Bau- und Nutzungskosten, die Heizungsanlage betreffend, eingespart.

  2. Die Außenfenster schwächen die thermische Stabilität der Ausstellungsräume. Maßnahmen zur Verringerung der Fugendurchlässigkeit und zur Verbesserung des Sonnenschutzes wirken sich auch an Nordfenstern sehr günstig auf den Innenklima- sowie Wärmelastverlauf aus.

  3. Zusätzliche Sonnenschutzvorkehrungen an Oberlicht- und Dachverglasungen sind aus raumklimatischer Sicht nicht sehr effektiv. Mit Hilfe eines noch zu präzisierenden Lüftungskonzeptes im Dachraum über vorhandene Oberlichter kann überschüssige Wärme an die Umgebung abgeführt werden.

Der Einfluss des Besucherverkehrs auf den Innenklimaverlauf ist relativ gering, wenn sich der Besucherstrom zeitlich und örtlich gleichmäßig verteilt. Auch der störende Einfluss von Besuchergruppen hält sich in vertretbaren Grenzen. Lediglich Großveranstaltungen führen zu einer drastischen Verschlechterung der raumklimatischen Situation. In diesem Zusammenhang ist die Frage zu beantworten, ob für kurzzeitige Veranstaltungen eine anlagentechnische Aufrüstung wirtschaftlich und konservatorisch zu rechtfertigen ist.

Es wurden unterschiedliche Klimatisierungskonzepte sowohl raumklimatisch als auch energetisch näher untersucht. Diese Klimatisierungskonzepte unterscheiden sich durch

Bei der Variation der technischen und klimatischen Rahmenbedingungen zeigt sich, dass bei Zulässigkeit des Raumklimas innerhalb tolerierbarer Grenzen, hier saisonal gleitend, wirtschaftliche Möglichkeiten, gerade auch bei Reduzierung der Anlagentechnik, zu erzielen sind.

Die vorliegende Veröffentlichung stellt das Ergebnis einer baukonstruktiven und bauklimatischen Untersuchung dar, bei der es zunächst darum ging, eine Entscheidungsvorlage für ein in allen Belangen sinnvolles Klimakonzept zu liefern.

Weitere Aufgabenstellungen sind aus bauphysikalischer Sicht zu bearbeiten:

10. Literatur

[1]DIN 4108 "Wärmeschutz im Hochbau", Teile 2 und 3 (Ausgabe 08/81) und Teil 4 (Ausgabe 11/91)

[2]E-DIN 4108-20 "Wärmeschutz im Hochbau", Teil 20: Thermisches Verhalten von Gebäuden - sommerliche Raumtemperaturen bei Gebäuden ohne Anlagentechnik (Vorschlag für eine Europäische Norm); Ausgabe 07/95

[3]DIN EN ISO 7730 "Ermittlung des PMV und des PPD und Beschreibung der Bedingungen für thermische Behaglichkeit", Ausgabe 09/95

[4]DIN 1946 "Raumlufttechnik", Teil 2: Gesundheitstechnische Anforderungen (VDI-Lüftungsregeln); Ausgabe 01/94

[5]DIN EN ISO 10211-1 "Wärmebrücken im Hochbau - Wärmeströme und Oberflächentemperaturen", Teil 1: Allgemeine Berechnungsverfahren (Ausgabe 11/95)

[6]VDI-Richtlinie 2078 "Berechnung der Kühllast klimatisierter Räume (VDI-Kühllastregeln)", Ausgabe 10/94

[7]Verordnung über einen energiesparenden Wärmeschutz bei Gebäuden (Wärmeschutzverordnung WSchV) vom 16.08.1994 mit Anlagen

[8]TRNSYS, Version 14.2
A Transient System Simulation Program; Solar Energy Laboratory University of Wisconsin-Madison, Madison WI 53706 U.S.A.; 04/97

[9]Testreferenzjahr TRY 2: Nord- und westdeutsches Tiefland mit Repräsentanzstation Hannover-Langenhagen (Klimaregion 2); Deutscher Wetterdienst Offenbach - Geschäftsfeld Klima- und Umweltberatung; Datum der Erstellung: 11/84

[10]WUFI, Version 2.0
PC-Programm zur Berechnung des gekoppelten Wärme- und Feuchtetransportes; Fraunhofer-Institut für Bauphysik Holzkirchen; 1997

[11]Leimer, H.-P.: Beitrag zur Bestimmung des wärme- und feuchtetechnischen Verhaltens von Bauteilen bei der Sanierung historischer Fachwerkgebäude, Dissertation Hochschule für Architektur und Bauwesen Weimar; 1991

[12]Hinweise zur Planung und Ausführung von Raumlufttechnischen Anlagen für öffentliche Gebäude (RLT-Anlagen-Bau-93); Aufgestellt und herausgegeben vom Arbeitskreis Maschinen- und Elektrotechnik staatlicher und kommunaler Verwaltungen (AMEV); Bonn 1993

[13]Raumklima in Museen; Eine Informationsschrift des Fachinstitutes Gebäude-Klima e.V.; Bietigheim-Bissingen 1999

[14]Huber, A.: Klimaschwankungen und ihre Auswirkungen auf Kunst- und Kulturgut in öffentlichen Sammlungen. Aus: Linzer Werkstattgespräche (3. Auflage) 1992

[15]Hilbert, G.S.: Sammlungsgut in Sicherheit; Teil 2: Lichtschutz - Klimatisierung; Gebr. Mann Verlag Berlin 1987


Zum Autor

Prof. Dr.-Ing. Hans-Peter Leimer

Hochschule für Angewandte Wissenschaft und Kunst (HAWK) Hildesheim


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Dipl.-Ing. Jens Bode ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter im

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