Leibniz-Briefwechsel für UNESCO-Programm "Memory of the World" nominiert

Der umfangreiche Briefwechsel von Gottfried Wilhelm Leibniz (1646-1716), der als Teil des Nachlasses des Gelehrten in der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek in Hannover aufbewahrt wird, ist vom Deutschen Nominierungskomitee für das UNESCO-Programm "Memory of the World" vorgeschlagen worden. Mit diesem 1992 ins Leben gerufenen Programm verfolgt die UNESCO das Ziel, das dokumentarische Erbe der Menschheit zu erhalten und auf informationstechnischem Wege weltweit zugänglich zu machen.

"Durch die Auszeichnung der Leibniz-Bibliothek wird die Bedeutung der Bibliothek und des Wissenschaftsstandortes Hannover einmal mehr unterstrichen. Der Leitung des Hauses, Dr. Georg Ruppelt, danke ich besonders für sein hervorragendes Engagement", so der Niedersächsische Minister für Wissenschaft und Kultur Lutz Stratmann.

Der Direktor der Bibliothek, Dr. Georg Ruppelt, bezeichnete die Nominierung als das bisher bedeutendste Ereignis für die Bibliothek im neuen Jahrhundert. Ruppelt: "Nicht nur die wissenschaftliche Welt, sondern auch eine breite Öffentlichkeit werden diese für Hannover, für Niedersachsen und für Deutschland so wichtige Nominierung mit besonderer Freude begrüßen." Drei Jahre lang hat die Bibliothek intensiv an der Vorbereitung des Antrages gearbeitet.

Der im Nachlass von Gottfried Wilhelm Leibniz enthaltene Briefwechsel stellt ein einzigartiges Zeugnis der europäischen Gelehrtenrepublik im Übergang vom Barock zur frühen Aufklärung dar. Er umfasst rund 15.000 Briefe mit 1.100 Korrespondenten. Teil des Nachlasses sind auch Leibniz' Bibliothek und das einzig erhaltene Exemplar der von ihm konstruierten Vier-Spezies-Rechenmaschine.

In globaler Sicht liegt die Bedeutung des Briefwechsels in der Weite der darin dokumentierten Beziehungen. Er spiegelt das Hineinwachsen Russlands nach Europa in der Zeit Zar Peters I. ebenso wie den Kulturaustausch mit China wider. Der Briefwechsel markiert einen Wendepunkt in der Entwicklung von Technik und Denken der Zeit. Leibniz etablierte ein weltweites Korrespondentennetz, das Hannover zu einem Mittelpunkt der wissenschaftlichen Gemeinschaft machte. Der Briefwechsel reflektiert aber nicht nur die wissenschaftlichen und politischen Entwicklungen der Zeit, sondern er zeugt auch von den Gedankengängen eines Genies.

Der Briefwechsel stellt ein Gründungsdokument der europäischen Moderne dar. Getragen wurde die Gelehrtenwelt des späten 17. Jahrhunderts von der Utopie einer säkularisierten Weltgesellschaft, innerhalb derer eine von einem rationalen Ethos getragene Weltbürgergesellschaft die intellektuellen Vermächtnisse der Zivilisationen zu einer höheren kulturellen Einheit zusammenführt. In unvergleichlicher Weise zeugt der Briefwechsel von den Bemühungen um die Konstituierung einer Weltgesellschaft des Wissens und der Vernunft.

Der Briefwechsel von Gottfried Wilhelm Leibniz wird durch die Nominierung als Bestandteil des Weltgedächtnisses und somit als besonders schützenswert deklariert. Als Teil des Weltdokumentenerbes wird er in Deutschland u. a. neben der Gutenberg-Bibel, Goethes literarischem Nachlass, Beethovens Neunter Sinfonie sowie weiteren Dokumenten stehen.
(direktion@gwlb.de)