Qualitätsmanagement, Standards und Bewertungskriterien in deutschen Bibliotheken


Abstract

1 Einleitung
2 Qualitätsmanagement und Bibliotheksstandards
3 Einige Praxisbeispiele
4 Zusammenfassung und Ausblick

von Jürgen Seefeldt

1 Einleitung

Die Entwicklung von bundesweit einheitlichen Standards und Bewertungskriterien zur Leistungsmessung und damit der Aufbau eines anerkannten Qualitätsmanagements in Bibliotheken werden in Deutschland erschwert durch zwei politische Faktoren:

1. durch die föderale Struktur der Bundesrepublik Deutschland mit ihren per Grundgesetz verteilten Zuständigkeiten und Verantwortungen im Bereich von Kultur und Bildung auf Bund, Bundesländer und Kommunen (Kulturautonomie)

2. durch das Fehlen eines Bibliotheksgesetzes oder einer Bibliotheksverordnung auf allen drei Ebenen (Bund, Bundesländer, Kommunen).

Diese grundsätzliche Aussage gilt vor allem für Öffentliche Bibliotheken (in Trägerschaft der Städte und Gemeinden) als auch für die Wissenschaftlichen Bibliotheken (des Bundes und der Länder). Insbesondere sind Öffentliche Bibliotheken eine "freiwillige Leistung" der Gemeinden und damit in deren Beliebigkeit gestellt.

In der Bundesrepublik Deutschland gab es in den 1970er Jahren erste Ansätze zur Entwicklung von Bibliotheksstandards: Vorreiter waren das "KGSt-Gutachten `73" (Herausgeber: Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung) und der "Bibliotheksplan `73" als bibliothekspolitisches Positionspapier. 20 Jahre später wurde das Empfehlungspapier von der "Bundesvereinigung Deutscher Bibliotheksverbände" unter dem Titel "Bibliotheken `93" aktualisiert herausgegeben. Einige der dort aufgeführten Standards (Richtwerte) gelten seitdem als freiwillig zu erfüllende "Empfehlungen" für Öffentliche Bibliotheken, so zum Beispiel:

  1. hauptamtlich-fachliche Leitung (z.B. in Orten ab wenigstens 5.000 Einwohnern)
  2. aufgabengerechte Personalausstattung (je nach Umfang des Bibliotheksbestandes in Abhängigkeit von der Einwohnerzahl des Ortes)
  3. EDV-Einsatz und Internet-Anschluss
  4. ausreichender Medienbestand (z.B. zwei Medieneinheiten pro Einwohner des Versorgungsgebiets)
  5. Soll-Erwerbungsetat (in Abhängigkeit von der Einwohnerzahl des Ortes)
  6. gesicherte laufende Finanzierung für Personal- und Sachausgaben
  7. funktionsgerechte Bauten und ausreichend große Räume (z.B. 30 qm Nutzungsfläche pro 1.000 Medieneinheiten)
  8. Kooperation, besonders Teilnahme an Katalogisierungsverbünden, Leihverkehr, arbeitsteiligen Dienstleistungen.

Obwohl einige konkrete Bezugs- und Kennzahlen genannt werden, die teilweise von einzelnen Unterhaltsträgern akzeptiert wurden, gab es für politische Entscheidungsträger aufgrund der rechtlichen Unverbindlichkeit nirgendwo eine Verpflichtung, die vorgeschlagenen Richtwerte auch wirklich umzusetzen. Standards im Sinn von "Planzielen" (zum Beispiel über Etat-, Flächen-, Personalbedarf von Bibliotheken) haben die bibliothekarischen Personal- und Institutionenverbände wiederholt als bibliothekspolitische Argumente vorgetragen, ohne dass sie jedoch durchschlagenden Erfolg gehabt hätten.

Seit dem Jahr 2000 bemühen sich allerdings immer mehr Bibliotheken, darunter auch einige Sonderbereiche des Bibliothekswesens, mit Hilfe von Projekten um die Entwicklung von national gültigen Richtwerten. Zu nennen sind die Krankenhausbibliotheken (Patientenbibliotheken)[1] oder die Kunst- und Museumsbibliotheken. In Bayern wird seit 2005 von staatlicher Seite ein "Gütesiegel für hervorragende Leistungen" im Bereich der Kooperation zwischen Bibliotheken und Schulen vergeben, wobei für die Vergabe die überdurchschnittliche Erfüllung bestimmter "Bildungsdienstleistungen" erforderlich ist. Ein wichtiges Ziel aller Bestrebungen um die Einsetzung von Standards ist es, den Bibliotheken die Möglichkeit zu schaffen, ihr individuelles Qualitätsniveau zu ermitteln und dieses aktiv an ihre Träger und Benutzer weiter zu vermitteln. Standards sollen dabei die Bibliotheken auch vor fachfremden Evaluationen schützen.

2 Qualitätsmanagement und Bibliotheksstandards

Im Zusammenhang mit Bibliotheksstandards gewinnt das Schlagwort "Qualitätsmanagement" in Bibliotheken immer stärker an Bedeutung - ein neues Denken ist gefragt und Handeln nach dem Motto "Die richtigen Dinge richtig tun!". Hierbei gehen einige Hochschulen in Deutschland mit gutem Beispiel voran und integrieren in den Prozess auch ihre Hochschulbibliotheken. Um die Qualität ihrer Dienstleistungen stetig zu kontrollieren und zu verbessern und die Transparenz der Verwaltungstätigkeit zu steigern, führen zahlreiche Hochschulverwaltungen ein Qualitätsmanagementsystem auf der Grundlage der DIN EN "ISO 9001:2000 Normen" ein. In einem QM-Handbuch werden die Geschäftsprozesse (chronologische Auflistung der Arbeitsschritte, ausführende Mitarbeiter, zum Einsatz kommende Hilfsmittel) der wesentlichen Dienstleistungen (Produkte) der Verwaltung verbindlich festgeschrieben. Diese Geschäftsprozesse unterliegen einer kontinuierlichen Kontrolle durch interne bzw. externe Audits: Auswertung von Kundenbefragungen und -beschwerden sowie Kennzahlenmessungen und werden zeitnah optimiert.

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Das übergeordnete Ziel des Qualitätsmanagement muss darin bestehen, in ganz Deutschland zu vergleichbaren Qualitätsniveaus bibliothekarischer Dienstleistungen und zu einem schnellen, effektiven Informationstransfer zu gelangen. Es ist dem Bibliothekswesen eines hochentwickelten Wirtschafts- und Wissenschaftsstandorts wie Deutschland eigentlich unwürdig, dass viele Öffentliche wie Wissenschaftliche Bibliotheken nach wie vor benutzerunfreundliche Kataloge und Öffnungszeiten, stark voneinander abweichende Formen der Medien- und Informationsvermittlung pflegen und noch längst nicht in ausreichendem Maße über moderne Formen und Systeme der Medienbearbeitung bzw. -erschließung verfügen. Die Qualität dieser Bibliotheksdienstleistungen, die unmittelbar der kulturellen Bildung zugute kämen, wäre kontinuierlich zu steigern, wenn die Bibliotheken sich auf verbindliche Qualitätsstandards festlegen würden. Qualitätsstandards müssen in jedem Fall die unterschiedlichen Aufgaben der jeweiligen Bibliothekstypen berücksichtigen. Unter dieser Voraussetzung wäre schon die Formulierung bestimmter Mindeststandards hilfreich, zumindest könnten sie als einheitliche Kriterien für Statistik und Leistungsmessung dienen.

"Qualität" bezeichnet die Gesamtheit von Merkmalen eines Produkts oder einer Dienstleistung, um festgelegte und vorausgesetzte Anforderungen zu erfüllen. Als Ergebnis soll stets eine optimale oder optimierte Kundenzufriedenheit erreicht werden. "Qualitätsentwicklung" bedeutet hierbei die regelmäßige Pflege, Überprüfung und Anpassung des Leistungsniveaus an die sich verändernden Anforderzungen.[2]

Bei der Qualitätsentwicklung und -sicherung ist folgende Vorgehensweise erforderlich:

  1. Festlegung der Aufgaben- und Anforderungsprofile und Abstimmung zwischen Bibliothek und Träger (z.B. in einem "Leitbild")

    - Leistungen klar definieren

    - Eindeutige Ressourcengrundsätze festlegen

    - Organisations-, Führungs- und Personalgrundsätze bestimmen

    - Kooperationen und Partnerschaften planen

  2. Bestimmung einer einheitlichen, unverwechselbaren und für Außenstehende wiedererkennbaren Identität einer Bibliothek
  3. Beschreibung von Standards und Leistungsgarantien, d.h. die Darstellung von Mindestanforderungen an die Bibliotheken, die von außen oder von innen herangetragen und entsprechend überprüfbar sind.

Als wichtige Themenbereiche für Bibliotheksstandards gelten inzwischen:[3]

  1. Formales und Rechtliches
  2. Konzeptionelles (Ziele, Zielgruppen, Medienangebot, Erneuerungsquote)
  3. Organisation und Technik (Systematik, Öffnungszeiten, räumliche und technische Ausstattung, Benutzungsbedingungen
  4. Personelles (personelle Ausstattung hauptamtlich - ehrenamtlich, Qualifikation des Personals, Fortbildung und Teilnahmequoten)

Welche Anforderungen müssen Bibliotheksstandards erfüllen?

  1. Standards müssen messbar sein, d.h. es müssen Indikatoren quantitativer und qualitativer Art gefunden werden, wie z.B. Menge, Zeit, Kosten
  2. Standards müssen ständig angepasst werden, mindestens einmal jährlich, d.h. Verfahren und Zyklen festgelegt werden
  3. Standards müssen durch "Audits" = "Prüfungen" kontrollierbar sein, um Fehler zu finden und zu beseitigen. Die Audits erfordern definierte Verfahren nach einem Punktesystem, vorgenommen von ausgebildeten, qualifizierten "Auditoren" (Prüfern)
  4. Am Schluss des Verfahrens gibt es nach entsprechender Prüfung (Zertifizierungsverfahren) ein "Zertifikat", sofern die vorgeschriebene Mindestpunktzahl erreicht wird.

Welche Fragestellungen sollten bei der Festlegung von Bibliotheksstandards zufriedenstellend beantwortet werden können? Hier eine Auswahl:

  1. Sind die Bestände der Bibliothek ausreichend?
  2. Sind die Materialien in der Bibliothek effektiv organisiert?
  3. Sind genügend Bibliotheksmitarbeiter vorhanden und sind sie ausreichend gut ausgebildet, um ein hohes Maß an Bibliotheksdienstleistung zu erbringen?
  4. Erleichtern die Bibliotheksdienstleistungen den effektiven Gebrauch der Bibliothek?
  5. Ist das Bibliotheksgebäude für die erforderlichen Dienstleistungen adäquat?
  6. Sind die finanziellen Ressourcen der Bibliothek ausreichend und adäquat, um die Aktivitäten der Bibliothek zu unterstützen?
  7. Sind die Organisation und das Management der Bibliothek angemessen?
  8. Gibt es passende Kooperationsaktivitäten mit anderen Bibliotheken?

3 Einige Praxisbeispiele

3.1 Nordrhein-Westfalen

Im März 2006 hat sich - erstmals in Deutschland - ein Verbund von sechs Öffentlichen Bibliotheken im Regierungsbezirk Düsseldorf im Bundesland Nordrhein-Westfalen als gemeinsame Gruppe nach "ISO 9001:2000" zertifizieren lassen. Konkret heißt das: Sie haben ein einheitliches Qualitätsmanagement-System eingeführt und sich von einer staatlich anerkannten Kontrollbehörde, dem TÜV Rheinland (Technischer Überwachungsverein), überprüfen lassen. Mit der Zertifizierung haben sich die Bibliotheken eine dauerhafte Verpflichtung auferlegt, da ab jetzt jährlich überprüft wird, wie kundenfreundlich sie arbeiten. Bisher erfolgte nur eine Überprüfung der Arbeitsabläufe. Um künftig Fehlerquellen aufzuspüren, wurden Überwachungsmechanismen eingebaut und ein professionelles Zufriedenheitsmanagement für die Kunden eingeführt: Durch Umfragen wollen die Bibliotheken möglichst viele Informationen und Anregungen von ihren Kunden sammeln, um den Service weiter zu verbessern.

Mit dem ausgestellten ISO-Zertifikat bescheinigt der TÜV den Bibliotheken, dass ihr Qualitätsmanagement die Anforderungen der ISO-Norm 9001 erfüllt. Dieses Regelwerk kommt in den unterschiedlichsten Branchen zum Einsatz. Ursprünglich vor allem in industriellen Produktionsbetrieben eingesetzt, verbessern seit einigen Jahren auch Dienstleistungsbetriebe auf dieser Grundlage ihre Organisation. In der öffentlichen Verwaltung der Städte und Gemeinden - und damit auch den Öffentlichen Bibliotheken - ist die Einführung eines Qualitätsmanagement-Systems bisher die Ausnahme.

3.2 Südtirol

In der Autonomen Provinz Südtirol (Italien) wurde 2004 ein "Bibliothekskonzept" entwickelt, das in Mitteleuropa auf dem Gebiet der Standards und der Qualitätssicherung von Öffentlichen Bibliotheken am weitesten fortschrittlich ist und als beispielhaft gilt. Aufgrund der ersten Erfahrungen beschreibt es in acht Thesen wichtige "Kernsätze":

3.3 BIX - Bibliotheksindex

Die Auseinandersetzung von Bibliotheken mit ihren Stärken und Schwächen, der Vergleich untereinander in Sinne eines "Benchmarkings" hat im Jahr 1999 zum Projekt BIX ("Bibliotheksindex für Bibliotheken") geführt. Der BIX ist als weiterer Versuch zur Erstellung von vergleichbaren Standards und Bewertungskriterien zu sehen: In Zusammenarbeit der Bertelsmann Stiftung und des "Kompetenznetzwerks für Bibliotheken" (KNB) nehmen seit 2005 auf freiwilliger Basis rund 200 ÖB und 65 WB am BIX teil und unterziehen sich einem Betriebsvergleich, der verschiedene Betriebsdaten in Form von "Zieldimensionen" wie etwa "Auftragserfüllung", "Kundenorientierung", "Wirtschaftlichkeit" und "Mitarbeiterorientierung" abgleicht und in einem Ranking die besten und schlechtesten Ergebnisse dokumentiert und allgemein veröffentlicht. So lässt sich feststellen, welche Bibliothek - unterteilt in fünf verschiedenen Ortsgrößen nach Einwohnerzahl - am besten bzw. am schlechtesten abgeschnitten hat.

Bei der "Auftragserfüllung" wird die Ausstattung der Bibliothek abgebildet: Welche Ressourcen (Medienbestand, Personal, Bibliotheksgebäude u.a.) werden von der Kommune zur Verfügung gestellt. Kennzahlen sind z.B. Publikumsfläche je 1.000 Einwohner oder Mitarbeiter je 1.000 Einwohner.

Bei der "Kundenorientierung" geht es um das Verhältnis von Angebot und Nachfrage, d.h. trifft Art und Umfang des Buch- und Medienbestandes und der anderen Dienstleistungen (Öffnungszeiten, Auskunftsdienst u.a.) die Wünsche der Nutzer und Kunden? Kennzahlen sind hier z.B. Besuche je Einwohner oder Umschlag der Medien (Entleihungen dividiert durch Bestand).

Bei der "Wirtschaftlichkeit" werden Auftragserfüllung und Kundenorientierung verknüpft und mit ihnen Ausgaben und Leistungen verglichen. Kennzahlen untersuchen dabei z.B. den Medienetat je Entleihung oder die Besuche je Öffnungsstunde.

Bei der "Mitarbeiterorientierung" steht die Entwicklung des Bibliotheksteams im Vordergrund. Stehen zur Aufgabenerfüllung genügend Mitarbeiter zur Verfügung? Eine Kennzahl ist hier z.B. die Fortbildungsquote.[5]

4 Zusammenfassung und Ausblick

Auch wenn weltweit in den vergangenen 20 Jahren viel Arbeit auf dem Gebiet der Leistungsmessung in Bibliotheken geleistet wurde, so haben diese Maßnahmen für Deutschland bisher relativ wenig gebracht. Sie haben den Bibliothekaren kaum geholfen, einheitliche Qualitätsmaßnahmen zu definieren oder die Arten von Ressourcen festzulegen, die heute gebraucht werden.

Einige Fachleute bemängeln: "Was in Deutschland offenkundig fehlt, ist die Entschiedenheit, durchaus sinnvoll anerkannte Instrumentarien anzuwenden. Die Entwicklung wird behindert, weil eine weit verbreitete Skepsis gegenüber dem mit diesen Methoden verbundenen Aufwand besteht, der zusätzlich zum Alltagsgeschäft zu leisten ist."[6]

Bewertungen von Bibliotheken und Bibliotheksdienstleistungen führen unvermeidlich zu Vergleichen. Die Forderung nach größerer Rechenschaft wird auch in Deutschland in den meisten Organisationen und Institutionen lauter. Die Bemühungen, Leistung von Bibliotheken zu messen und zu bewerten, gehen weiter, wie auch der letzte Deutsche Bibliothekartag in Dresden mit seinen verschiedenen Vorträgen zum Thema zeigte. Es ist klar, dass Bibliotheken weiterhin bessere Methoden suchen werden, ihre Leistung zu bewerten und zu messen. Dabei ist dringend notwendig, dass die Bibliotheksverbände zusammen mit den Bibliotheksfachleuten die Verantwortung für die Entwicklung der Kriterien übernehmen und einzelne Bibliotheken dabei unterstützen müssen, diese Kriterien auf Bewertung und Entscheidungsfindung anzuwenden.

Öffentliche Bibliotheken in Trägerschaft der Städte und Gemeinden sind dabei, sich in Anlehnung an die ISO-Normen 9000 ff. freiwillige Qualitätsstandards im bibliothekarischen Managementbereich zu geben. Das ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. Als mögliche "Qualitätsstandards" lassen sich beispielsweise festlegen:

  1. Höchstens 10 % der Ausleihen dürfen infolge einer schriftlichen Vorbestellung erfolgen, während 90 % der Ausleihen stets direkt aus dem Regal heraus entstehen sollen, d.h. es sollen immer genügend Bücher/Medien vorrätig und entleihbar sein.
  2. Wenn schon eine schriftliche Vorbestellung erforderlich ist, dann sind mindestens 50 % der Vorbestellungen binnen 14 Tagen positiv zu erledigen.
  3. Die Wartezeit an der Verbuchungstheke darf bei 90 % der Jahresöffnungsstunden nicht länger als 1 Minute betragen.
  4. Am Auskunftsplatz sollen mindestens 60 % der Benutzer eine sofort zur Beratung verfügbare fachliche Mitarbeiterin antreffen. Je 10.000 Besucher darf höchstens eine einzige Beschwerde im Kummerkasten stecken.
  5. Das Personal soll bei der jährlichen Benutzerbefragung zur Feststellung der Benutzerzufriedenheit für Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft mindestens die Schulnote 1,5 erhalten, für Kompetenz und Medienvermittlung mindestens die Schulnote 1,7.

Dies sind rudimentäre Anfänge einzelner Bibliotheken. Das Management einer Bibliothek bedeutet für die Leitung, die Mitarbeiter zu führen und Abläufe zu steuern, um die gesetzten Ziele zu erreichen. Aber wie erkennt ein Bibliotheksleiter, ob sein Managementstil effektiv ist und die Bibliothek sich in die richtige Richtung entwickelt? Dafür gibt es noch keine griffigen Instrumente, außer dem Heranziehen von Zahlenmaterial. Hier erfüllt der BIX eine gewisse Hilfsfunktion.

Ziel der nächsten Jahre muss es sein, die vorhandenen ausländischen Beispiele aus Skandinavien, Großbritannien und den USA auf deutsche Verhältnisse zu übertragen und die ansatzweise realisierten Managementinstrumente mit Hilfe der Verbände publik zu machen. Andere Vorbilder auch aus anderen Ländern werden gern gesucht! Anhand von fachlich sowie politisch anerkannten Bewertungskriterien für die Qualitätssicherung müssen die Führungskräfte in den Bibliotheken Anhaltspunkte für ihre Entscheidungen erhalten. Solche Führungsinstrumente sind neben Kostenrechnungs- und Informationssystemen auch eine durchdachte innerbetriebliche Organisation und Mitarbeiterbeteiligung. Hierbei spielen informelle Zusammenkünfte, der Einsatz interner Berater, Klausursitzungen als sog. "Entwicklungstage" und - wenn auch schwierig durchführbar - ein Leistungsprämiensystem für Bibliothekspersonal eine wichtige Rolle. Mit Hilfe der Bewertungskriterien können Bibliotheken ihre Arbeit selbst evaluieren, kritische Bereiche aufdecken und Verbesserungsmaßnahmen einleiten

All das fehlt in Deutschland oder ist nur in Ansätzen vorhanden. Der bisherige "Bundesangestelltentarifvertrag" (BAT), der rund 40 Jahre galt, wurde für Kommunen und Bund durch den TVÖD ("Tarifvertrag Öffentlicher Dienst") ersetzt. Darin finden sich neue Steuerungs- und Anreizinstrumente, die erstmals auch Leistungsprämien im öffentlichen Dienst zulassen. Wie sich das neue System auf die Arbeit in Bibliotheken auswirkt, bleibt abzuwarten.


Zum Autor

Jürgen Seefeldt ist Standortleiter der Büchereistelle Koblenz

Landesbibliothekszentrum Rheinland-Pfalz
Bahnhofplatz 14
D-56068 Koblenz
E-Mail: seefeldt@lbz-rlp.de


Literatur

[1] Standards für Krankenhausbibliotheken in Deutschland / Arbeitsgemeinschaft für Medizinisches Bibliothekswesen e.V. (AGMB) unter Mitarbeit von Dr. Peter Arentz. - November 2004. 5 Seiten. (agmb@agmb.de)

[2] Schmidmaier, Peter: Qualitätsmanagement in Bibliotheken - Vortragsskript. Berlin: Humboldt-Universität, Institut für Bibliothekswissenschaft, 2000. - 17 Seiten.

[3] Klaassen, Ute; Wiersma, Chris: Qualitätsmanagement in Öffentlichen Bibliotheken, in: Internationales Netzwerk Öffentlicher Ergebnisse. Gütersloh: Bertelsmann Stiftung, 1997.

[4] Bibliothekskonzept Südtirol / Amt für Bibliothek und Lesen. Volker Klotz, Johannes Andresen, Bozen; vgl. Web-Seite: http://www.provinz.bz.it/kulturabteilung/bibliothekswesen

[5] BIX - Der Bibliotheksindex. Heft 5. Gütersloh: Bertelsmann Stiftung, 2005. - 42 Seiten.

[6] Bilo, Albert; Klug, Petra: Bibliotheken auf dem Weg zu mehr Qualität. Faktoren für eine Optimierung der täglichen Arbeitspraxis, in: BuB, 57 (2005) Heft 6, S. 447-453.